Vor 200 Jahren wurde Karl Marx in Trier geboren.
Für viele eine Hass-Figur – aber nicht für den Wurm. Es wäre bitter notwendig, dass er in der heutigen Zeit da wäre.
Karl Marx „für Kinder und Jugendliche“
von Roland Detsch:
„Karl Marx
Im späten 18. Jahrhundert begann in England die industrielle Revolution. So nennt man die Zeit, als das Handwerk von Fabriken verdrängt wurde, als sich die Agrargesellschaft in eine Industriegesellschaft wandelte. Die industrielle Revolution griff bald auf das europäische Festland über und verwandelte auch dort Gesellschaft und Lebensverhältnisse total: Die wenigen Fabrikbesitzer wurden immer reicher – die große Masse der Arbeiter wurde immer ärmer und verelendete immer mehr. Überall erschienen nun Schriften und Zeitungsartikel, die sich darüber empörten, wie schamlos sich die Fabrikbesitzer auf Kosten der Arbeiter bereicherten. Es gab einige Denker, die daran zweifelten, dass ein Ende dieser Ausbeutung ohne grundlegende Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse möglich ist. Der bedeutendste von ihnen war Karl Marx. Seine revolutionären Ideen veränderten die Welt.
Leben
Karl Heinrich Marx wurde am 5. Mai 1818 in Trier als Sohn eines Rechtsanwalts geboren. Seine Eltern entstammten jüdischen Familien und waren zum christlichen Glauben übergetreten. Karl besuchte das Gymnasium mit hervorragendem Ergebnis und ging dann an die Universität. Dort studierte er erst Rechtswissenschaften, entschied sich dann aber für die Fächer Philosophie und Geschichte. Weil er sich außerdem sehr für Politik und Wirtschaft interessierte, arbeitete er als Journalist für die Rheinische Zeitung. Weil er aber in seinen Artikeln die gesellschaftlichen Verhältnisse scharf kritisierte, bekam er bald Schwierigkeiten mit der Obrigkeit. Viele seiner Artikel wurden verboten. Um wieder frei arbeiten zu können, ging er 1843 nach Paris. Dort lernte er einige berühmte Schriftsteller und Denker kennen, die ähnliche Meinungen vertraten wie er.
1844 befreundete sich Karl Marx mit dem Fabrikantensohn Friedrich Engels, der öffentlich immer wieder mutig die Not der Arbeiter angeprangert hatte. 1845 wurde Karl Marx aus Frankreich ausgewiesen. Er zog nach Brüssel, doch Belgien wollte diesen Aufrührer ebenfalls loswerden. Während der Revolution von 1848/49 kehrte Karl Marx für kurze Zeit nach Deutschland zurück und leitete bis zu ihrem Verbot die Neue Rheinische Zeitung. 1849 zog Karl Marx nach England. Hier lebte er als Staatenloser bis zu seinem Tod am 17. März 1883.
Der Freund Engels
Friedrich Engels und Karl Marx waren ideale Partner. Nie ließ Engels einen Zweifel aufkommen, wer von ihnen der Chef war - nämlich Marx. Er umsorgte seinen Freund wie eine Ersatzmutter. Der Fabrikantensohn fand es völlig normal, dem mittellosen Marx ständig mit Geld unter die Arme zu greifen. Und er beklagte sich nicht, wenn dieser sich nicht einmal bedankte.
Sozialismus
In der Zeit der industriellen Revolution machten sich viele Menschen Gedanken darüber, wie die bestehenden Missstände behoben werden könnten. Die radikalsten unter ihnen riefen dazu auf, den eigennützigen Fabrikbesitzern die Produktionsmittel (die Maschinen und Rohstoffe) einfach wegzunehmen. Sie sollten in den Besitz des Staates übergehen, damit sie der gesamten Gesellschaft zugute kämen. Da dieser Vorgang auf eine „Sozialisierung” (von lateinisch socialis: kameradschaftlich, gesellig), also eine Vergesellschaftung von Privateigentum, hinauslaufen würde, werden solche Ideen als sozialistisch und ihre Anhänger als Sozialisten bezeichnet.
Kommunismus
Die höchste Entwicklungsstufe des Sozialismus ist der Kommunismus (von lateinisch communis: gemeinschaftlich): eine Gemeinschaft gleichgestellter Menschen, die sich vom Gemeineigentum nehmen können, was sie zum Leben brauchen.
Klassenkampf
Zusammen mit Friedrich Engels hat Karl Marx als Erster den Versuch unternommen, die geschichtliche Notwendigkeit des Kommunismus wissenschaftlich zu beweisen. Zu diesem Zweck untersuchten sie die Entwicklung der Beziehung zwischen Mensch und Wirtschaft in der Geschichte.
Die Menschheitsgeschichte begann mit einer paradiesischen Urgesellschaft, in der alle gleich waren. Doch dann kam das Eigentum auf, und der Klassenkampf zwischen Besitzenden und Besitzlosen wurde zum Motor der weiteren Entwicklung. In der Antike kämpften die Sklaven gegen die Sklavenhalter, im Mittelalter die Leibeigenen gegen die Adligen. Und nun im Industriezeitalter kämpft eben die Klasse der Proletarier (Lohnarbeiter) gegen die Klasse der Kapitalisten (Eigentümer von Geld, Fabriken und Produktionsmitteln). Damit sich der Kreislauf auf einer höheren Stufe schließen kann, laufe die Entwicklung automatisch auf die paradiesische klassenlose Gesellschaft des Kommunismus zu, meinten Marx und Engels.
Kapitalismus
Karl Marx sah den Klassenkampf also als eine Folgeerscheinung ungerechter Besitzverhältnisse und Ausbeutung. Der Staat war für ihn nur ein Machtwerkzeug der jeweils herrschenden Klasse zum Zweck der Ausbeutung und Unterdrückung der anderen. In einer Industriegesellschaft besitzen die Kapitalisten alle Produktionsmittel und beherrschen damit den Markt. Die Proletarier dagegen besitzen nichts weiter als ihre eigene Arbeitskraft. Um überleben zu können, müssen sie diese auf dem Arbeitsmarkt anbieten. Die Kapitalisten kaufen die Arbeitskraft zum geringstmöglichen Preis. Aus der Arbeit, die die Proletarier mit ihrer billigen Arbeitskraft in den Fabriken verrichten, entstehen Waren. Und die sind viel mehr wert als der Lohn, den sie dafür erhalten. Dieser „Mehrwert” macht die Kapitalisten reicher und reicher. Sie bauen davon neue Fabriken, in denen sie weitere Arbeiter ausbeuten können, und so weiter und so fort.
Diktatur des Proletariats
Nun stehen die Kapitalisten aber untereinander in einem mörderischen Wettbewerb. Da sich nur diejenigen durchsetzen, die am meisten Kapital haben, beuten sie die Proletarier immer brutaler aus. Eines Tages werden die Zustände so unerträglich, dass es zur Revolution kommt. Die verelendeten Massen werden sich dann gegen die Kapitalisten erheben und eine Diktatur des Proletariats errichten. Die Produktionsmittel werden enteignet und vergesellschaftet, die Klassengegensätze beseitigt. Das ist in Kurzform die Lehre des Karl Marx, der „Marxismus”.
Kinderarbeit
In einem englischen Parlamentsbericht wird die Aussage eines Mädchens wiedergegeben: „Habe hier 2 Jahre gearbeitet, bin jetzt 14, arbeite 16 1/2 Stunden am Tag. Kürzlich war ich krank und bat, um 8 Uhr aufhören zu dürfen, und man sagte mir, wenn ich ginge, brauche ich nicht mehr zurückkommen.”
Revolution
Doch Marx und Engels ließen es nicht bei ihren wissenschaftlichen Untersuchungen bewenden. Sie wollten auch Taten sehen. Sie waren in kommunistischen Gruppen aktiv, gründeten Arbeitervereinigungen und unterstützten revolutionäre Bewegungen. Und in ihrem Kommunistischen Manifest riefen sie offen zum Umsturz auf. Darin steht geschrieben: „Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern! Die Proletarier haben nichts zu verlieren als ihre Ketten. Proletarier aller Länder, vereinigt euch!” Das Kommunistische Manifest erschien übrigens 1848, und es gehört zu den meistgelesenen Büchern der Welt. In dem Manifest legten Marx und Engels in kurzer und allgemein verständlicher Form ihre Ideen nieder. Ausführlich beschrieben und wissenschaftlich untermauert hat Marx seine Lehre in seinem dicken, dreibändigen Hauptwerk Das Kapital.
Wirkung des Marxismus
Karl Marx und Friedrich Engels wurden zu Helden der Arbeiterbewegung. In den meisten kapitalistischen Ländern gelang es der Arbeiterbewegung auch ohne Umsturz, die Lebens- und Arbeitsverhältnisse zu verbessern. Marx und Engels wurden aber auch zu Idolen von Revolutionären, die den Umsturz wagten. Überall dort, wo in den folgenden 150 Jahren der Sozialismus herrschte, wurden für Marx und Engels Denkmäler gebaut. Gemessen an der Zahl seiner Anhänger und den Auswirkungen seines Werkes für den weiteren Verlauf der Geschichte ist Karl Marx wohl der bedeutendste und einflussreichste Staatsphilosoph. Aber: Vieles, was im Namen von Marx und Engels, von Marxismus und Kommunismus geschah, hatte mit den eigentlichen Lehren von Marx und Engels nicht mehr viel zu tun. Der Sozialismus und Kommunismus, der z. B. in der DDR und der Sowjetunion herrschte, war meilenweit vom ursprünglichen Marxismus entfernt.“
http://www.cpw-online.de/kids/karl_marx.htm
Gesellschaftliche Situation
Trier
Trier war Jahrhunderte lang die Hauptstadt des Kurfürstentums Trier, also eine sehr katholische Stadt.
Um 1800 von den Franzosen erobert, genoss die Stadt bürgerliche Freiheiten, die sich in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft bemerkbar machten.
Jonathan Sperber in seinem Buch „Karl Marx – Sein Leben und sein Jahrhundert“: „Die verbrieften Privilegien der Ständegesellschaft wurden ersetzt durch eine Verfassung, in der alle Bürger vor dem Gesetz gleich waren und in der nicht mehr die Erblinie eines Monarchen, sondern der Wille der Nation Grundlage der Souveränität war. Die Zünfte wurden abgeschafft und die Freiheit der Berufswahl eingeführt; feudalrechtliche Abgaben fielen weg. Der Grundbesitz von Klöstern und Adel wurde konfisziert und versteigert - das betraf in Trier und Umgebung rund 9.000 Hektar (die Einführung des metrischen Systems gehörte zu den revolutionären Maßnahmen) oder 14 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche, darunter die meisten der allerbesten Weinberge.“
Nach dem Wiener Kongress fiel Trier an Preußen. Jonathan Sperber: „Der Wiener Kongress von 1814/15, der Europa nach der Niederlage Napoleons neu organisierte, sprach Trier und den größten Teil Deutschlands westlich des Rheins dem Königreich Preußen zu. In Trier erwies sich die preußische Herrschaft während der ersten Jahrzehnte als ausgesprochen unpopulär. Die Franzosen mochten gottlose Umstürzler gewesen sein, aber zumindest waren sie katholische gottlose Umstürzler. Das preußische Herrscherhaus und seine führenden Beamten und Generäle waren Protestanten, eine Konfession, der die meisten Einwohner des stockkatholischen Trier mit Argwohn und Feindseligkeit begegneten. In den ersten dreißig Jahren der preußischen Herrschaft kam es immer wieder zu großen und kleinen Zwischenfällen, bei denen die Vertreter des protestantischen Königreichs die Empfindungen ihrer katholischen Untertanen kränkten.
Zu den geistlichen kamen profanere Motive hinzu, die die Ablehnung der preußischen Herrschaft anfachten. Napoleon hatte schon hohe Steuern genommen, aber die Preußen überboten ihn noch. Die Grundsteuer wurde verdoppelt, was besonders böses Blut ergab, weil der Grundbesitz der adligen Großgrundbesitzer in den östlichen Provinzen der preußischen Monarchie von der Steuer befreit war. Eine Verbrauchssteuer auf Nahrungsmittel, die in die Stadt eingeführt wurden, verteuerten den Grundbedarf. Nachdem 1834 der von Preußen geführte gesamtdeutsche Zollverein entstanden war, gerieten die Moselweine unter starken Konkurrenzdruck von klimatisch günstigeren Weinbauregionen in Süddeutschland, was zu einem Einbruch der Weinpreise führte. Die Weinsteuer sank jedoch nicht in gleichem Maß wie die Preise. Bedeutete die Niederlage Napoleons eine lange Phase des Friedens in Europa, so knüpften die Preußen an die Praxis der Franzosen an, was die Wehrpflicht betraf, doch waren sie weniger großzügig, denn der Wehrpflichtige konnte sich nicht mehr freikaufen, indem er für einen Ersatzmann zahlte, der an seiner Stelle diente.
Die preußische Herrschaft in Trier war kolonialer Natur, die repressive Herrschaft einer fremden Regierung, gestützt auf eine hochgerüstete Garnison, im Dienste der wirtschaftlichen Ausbeutung zugunsten der Bewohner der östlichen Kernprovinzen Preußens.“
Heinrich Marx, Vater von Karl Marx konvertierte wahrscheinlich 1819 vom jüdischen zum protestantischen Glauben, um in seinem Beruf als Rechtsanwalt keine Nachteile zu haben.
Vor und nach Napoleon
Die Große Französische Revolution machte deutlich, dass eine komplette Umwälzung der Dinge möglich ist.
War die Revolution zuerst rein bürgerlich, ging sie später auf die unteren Schichten über, was dazu führte, dass das Bürgertum erst eine Militär-Diktatur unter Napoleon befürwortete und später das Königtum wieder einführte.
Die Befreiungskriege gegen vor allem deutsche Mächte führten zu einem inneren Zusammenhalt der Franzosen.
In Deutschland machten sich nach den Napoleonischen Befreiungskriegen ca. 20 Jahre später unter den deutschen Intellektuellen nach der ersten Euphorie Enttäuschung breit, da die versprochene nationale Einigung nicht erreicht und von den Fürstenhäusern noch nicht mal angestrebt wurde.
Die bürgerlichen Freiheiten wurden zu großen Teilen zurückgenommen und politisch mehr oder weniger repressive Systeme errichtet. Das wurde deutlich durch die Karlsbader Beschlüsse 1819 und die „Heilige Allianz“ mit Russland als stärkstem Teil. Sollten Preußen oder Habsburg gegen Revolutionäre drohen zu fallen, würde Russland eingreifen (griff zumindest im Falle von Habsburg tatsächlich ein und hätte auch in Preußen eingegriffen). Siehe auch http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/187-heilige-allianz.html
Auswirkungen auf Karl Marx
Große Umwälzungen sind machbar, starke Opposition gegenüber dem repressiven preußischen Staat kennzeichnen Karl Marx.
Er kämpft zeit seines Lebens gegen diesen Staat. Die soziale Frage interessiert ihn anfangs recht wenig. Da das Bürgertum wie in der Französischen Revolution sich bei Bedarf gegen die unteren Schichten mit den zuvor beharrenden Kräften verbünden wird (und 1848 in der deutschen Revolution genau dies getan hat), fällt dieses für Karl Marx als Träger einer Revolution aus und er „erfindet“ das Proletariat, das das alte System hinweg fegen wird.
Damit eine Revolution in Deutschland siegreich sein kann und damit die Massen mobilisiert werden, wird er Jahrzehnte lang einen deutschen Krieg gegen Russland befürworten und freut sich über alles, was Russland schwächt. Bei ihm und allen deutschen Demokraten führen etwa die polnischen Freiheits-Bestrebungen gegenüber Russland vor allem in den 1830er Jahren, aber auch später, zu einer wahren Polen-Euphorie.
Die Person Karl Marx
Nach der Schulzeit in Trier studierte Karl Marx Rechtswissenschaften in Berlin, wechselte dann aber in die Fächer Philosophie und Geschichte und endete schließlich als Doktor der Philosophie. Wg. eigenständigen unerwünschten Denkens wurde ihm die Professur im Staatsdienst verweigert.
Fortan arbeitete er als Journalist erst in Köln und musste wg. Repressalien mit Frau und Kindern ins Exil. Zuerst nach Paris, dann nach Brüssel und London.
Karl Marx hatte einen unersättlichen Wissens-Drang und Hochachtung vor Kunst und Wissenschaft.
Den größten Teil seines Exilanten-Lebens hatte er große finanzielle Probleme, die zu massiven Einschränkungen und ständigen Sorgen führte.
Eher ungewöhnlich für seine Zeit war er ein Familien-Mensch, der seine wenige freie Zeit dazu nutzte, um mit seinen Kindern zu spielen.
Intensiven Kontakt (wenngleich nicht immer derselben Meinung) hatte er neben Friedrich Engels unter anderem mit Ludwig Feuerbach, Heinrich Heine, Arnold Ruge, Georg Herwegh, Ferdinand Freiligrath, Ferdinand Lasalle, Wilhelm Liebknecht, Pierre-Joseph Proudhon und Michail Bakunin.
Und mit sehr vielen anderen. Wer sich als rational denkender Mensch unter Linken befindet, ist gestraft. Da gibt es weltfremde Spinner, Dummschwätzer, Dogmatiker, die einen Wurm oder Menschen an den Rand der Verzweiflung bringen.
Extrem gut zeigt der Film „Das Leben des Brian“, wie es da so zugeht. Aus „Wikipedia“: „Dass Dogmatismus in den Reihen der politischen Linken Ziel des Spotts ist, ging in der Kontroverse meist unter. Laut John Cleese entstanden damals im Vereinigten Königreich schier unüberschaubar viele linke Organisationen und Parteien, die eher sich gegenseitig bekämpften als den politischen Gegner – weil es ihnen so wichtig war, „dass ihre Lehre rein war“. Der Anführer der „Volksfront von Judäa“ macht im Film klar: „Die einzigen, die wir noch mehr hassen als die Römer … sind die von der Scheiß „Judäischen Volksfront““. Verstrickt in ständige Debatten und deren genaue Protokollierung lesen diese „recht vertrottelten Revolutionäre“ schließlich Brian am Kreuz eine ausgefeilte Erklärung vor, anstatt ihn zu retten. So akzeptieren sie indirekt die Besatzer und deren Hinrichtungsmethoden als Schicksal, das man zu ertragen hat.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Leben_des_Brian
Um überhaupt vorwärts zu kommen oder zu verhindern, dass wohlmeinende Wirrköpfe irgend einen Blödsinn verbreiten, ist es ab und zu nötig, mit der Faust auf den Tisch zu schlagen und zu sagen, wo es lang geht.
Das musste auch Karl Marx tun, was ihm bisweilen den Ruf der Rechthaberei eintrug.
Er war alles andere als politisch korrekt. Mensch will lieber nicht wissen, was er gegenüber seinen Mitmenschen so alles vom Stapel gelassen hat. Mensch könnte das dann aber eher als „salopp“ denn als „ernst“ bezeichnen.
Manchmal ist er aber auch ungerecht gegenüber anderen und kann sich regelrecht darin verbeissen, anderen in umfangreichen Schriften ihre Denkfehler nachweisen zu müssen.
Allerdings schreibt Franz Mehring in seinem Buch „Karl Marx – Geschichte seines Lebens“ auch Folgendes: „Marx und ebenso Engels - dieser noch mehr als jener - haben namentlich in ihrer Jugend die kommenden Dinge immer in viel zu naher Ferne gesehen, oft schon die Frucht pflücken zu können gehofft, wo sich kaum erst die Blüte zu entfalten begann; wie oft sind sie deshalb falsche Propheten gescholten worden! Und ein falscher Prophet zu sein, gilt nicht eben als der feinste Ruhm eines Politikers. Aber man muss dabei unterscheiden, ob falsche Prophezeiungen aus der kühnen Zuversicht eines klaren und scharfen Denkens entspringen oder aus der eitlen Selbstbespiegelung in frommen Wünschen. In diesem Falle wirkt die Enttäuschung entnervend, indem ein Blendwerk spurlos verschwindet, in jenem anderen Falle aber stärkend, indem der denkende Geist den Ursachen seines Irrtums nachspürt und dadurch neue Erkenntnis gewinnt.
Vielleicht niemals hat es Politiker gegeben, die in dieser Selbstkritik von so unerbittlicher Wahrhaftigkeit gewesen sind wie Marx und Engels. Von jener elenden Rechthaberei, die sich der herbsten Enttäuschung gegenüber noch selbst zu täuschen sucht, indem sie sich vorspiegelt, dass sie doch Recht behalten hätte, wenn nur dies oder jenes anders gekommen wäre, wie es tatsächlich gekommen ist, waren sie völlig frei. Ebenso frei waren sie aber von allem wohlfeil weisen Absprechen, von allem unfruchtbaren Pessimismus; sie lernten aus der Niederlage, um mit verstärkter Kraft den Sieg vorzubereiten.“
Als Wissenschaftler
Auch, wenn es überraschend sein mag: den Wurm interessieren seine wirtschafts-theoretischen Erkenntnisse recht wenig. Nichtsdestotrotz hat Karl Marx Bedeutendes für die Wissenschaft geleistet.
Ulrike Herrmann in „Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung“: „Marx hat sich zwar in manchem geirrt, aber seine zentralen Fehler hat er alle geerbt: Auch Ricardo und Smith vertraten die Arbeitswertlehre; auch Ricardo ging davon aus, dass die Massen verelenden würden - und eine vernünftige Geldtheorie hatten weder Smith noch Ricardo. Nobelpreisträger Paul Samuelson hat daher gespottet, Marx wäre nur „Ricardo plus Klassenkampf“.
Dieses Fazit ist unfair. Marx war einer der innovativsten Theoretiker aller Zeiten, was schon seine immense Resonanz bezeugt. Der US-amerikanische Ökonom John Kenneth Galbraith schrieb ironisch: „Hätte sich Marx vor allem geirrt, wäre sein Einfluss schnell verflogen. Die vielen Tausend, die sich hingebungsvoll dem Nachweis seiner Fehler gewidmet haben, hätten sich andere Beschäftigungen gesucht.“
Marx bleibendes Verdienst ist, dass er die Dynamik des Kapitalismus erstmals richtig beschrieben hat. Die moderne Wirtschaft ist ein permanenter Prozess - und kein Zustand. Besitz existiert nicht per se, sondern ihn gibt es nur, wenn er sich ständig verwertet. Einkommen ist niemals garantiert, sondern entsteht nur, wenn unablässig investiert wird.
Der moderne Kapitalismus hatte sich noch nicht vollständig entfaltet, als Marx lebte. Trotzdem erkannte er bereits, dass der Kapitalismus zur Konzentration neigt und dass immer größere Konglomerate die kleinen Firmen verdrängen - bis die Konkurrenz weitgehend ausgeschaltet ist. Der Kapitalismus ist also gerade keine Marktwirtschaft, in der viele Firmen miteinander im Wettbewerb stehen. Stattdessen dominiert das Oligopol, und die wichtigen Branchen werden von wenigen Konzernen beherrscht.
Zudem hat Marx als Erster verstanden, wie entscheidend die Technik ist. Maschinen sind nicht nur Hilfsmittel der Produktion - technische Innovationen definieren den Kapitalismus. Jeder Unternehmer muss unablässig in neue Verfahren und Produkte investieren, wenn er überleben und seinen Profit erhöhen will.
Marx' Erkenntnisse waren so epochal, dass sie sogar noch einen weiteren Ökonomen berühmt gemacht haben - Joseph Schumpeter (1883-1950). Dem konservativen Theoretiker wird bis heute attestiert, „eine der einflussreichsten Interpretationen des Kapitalismus“ geliefert zu haben. Doch tatsächlich hat Schumpeter die Theorien von Marx nur detaillierter ausgeschmückt, mit einprägsamen Metaphern versehen, den Mehrwert weggelassen - und einen neuen Helden eingeführt: den Unternehmer.
Hatte Marx nur summarisch festgehalten, dass die Kapitalisten ihre Produkte oder Produktionsverfahren verbessern, unterschied Schumpeter nun fünf Varianten, was als Innovation gelten kann: neue Waren, neue Technik, Öffnung neuer Märkte, neue Rohstoffe oder eine neue Organisationsstruktur. Dank dieser Innovationen können Unternehmer zusätzliche Gewinne erwirtschaften, die bei Schumpeter „Extraprofite“ hießen und nicht mehr „Extramehrwert“ wie noch bei Marx. Ganz wie bei Marx kann sich der Unternehmer nicht lange an seinen Monopolgewinnen freuen, denn prompt folgt der „Schwarm“ der Nachahmer, die diese Erfindung übernehmen, so dass der Extraprofit verschwindet. So weit, so bekannt.
Abweichungen gab es jedoch beim Personal. Bei Marx war der Kapitalist letztlich nur eine „Charaktermaske“, der die systemimmanenten Kräfte personifiziert. Schumpeter hingegen adelte die Unternehmer zur schöpferischen „Elite“. Sein „Entrepreneur“ ist ein Erfinder, ein kreativer Geist, ein energischer Führer, der „ein privates Reich“ gründen will. Er ist eine Kämpfernatur, will seine Überlegenheit beweisen, hat „Siegerwillen“ und „Freude am Gestalten“. Als Außenseiter löst er jenen „Sturm der kreativen Zerstörung“ aus, der den Kapitalismus immer wieder durcheinanderwirbelt und vorantreibt.
Diese hemmungslose Überhöhung der kreativen Elite ist nicht nur befremdlich, sie war noch nicht einmal originell. Sie war nur die Antithese zu Marx und wäre ohne dessen Theorie gar nicht denkbar gewesen. Schumpeter hat versucht, „Marx von den Füßen auf den Kopf zu stellen“, wie es ein Biograph formulierte.
Allerdings ist Schumpeter zumindest eine wichtige Ergänzung zu verdanken: Er hat die Rolle des Kredits richtig beschrieben und herausgearbeitet, dass es Wirtschaftswachstum nur geben kann, wenn Geld „aus dem Nichts“ entsteht. Trotzdem ist es auch ihm nicht gelungen, eine umfassende Kredittheorie zu entwickeln, obwohl er jahrelang an einem Buch über Geld gearbeitet hat. Erschienen ist es nie. Das Thema war zu kompliziert.
Schumpeter hat nie geleugnet, dass er seine zentralen Ideen von Marx übernommen hat, sondern lobte den Vorgänger ausgiebig: „Als ökonomischer Theoretiker war Marx vor allem ein sehr gebildeter Mann ... Er war ein unersättlicher Leser und ein unermüdlicher Arbeiter. Er übersah sehr wenige Beiträge von Bedeutung … und stieß immer auf den Grund der Materie vor ... Marx beschrieb den Prozess des industriellen Wandels deutlicher und erkannte dessen zentrale Bedeutung weitaus klarer als jeder andere Ökonom seiner Zeit.“
Auch Schumpeter wird nicht mehr an den Universitäten gelehrt. Er teilt das Schicksal von Smith, Marx und Keynes, prominent ignoriert zu werden. Stattdessen hat sich eine naive Sicht auf die Ökonomie durchgesetzt, die den „Markt“ absolut setzt. Es geht nur noch um Preise und um Tauschgeschäfte, als würde der Kapitalismus nicht existieren. Es werden statische Gleichgewichte konstruiert, als ob es keine Technik, kein Wachstum, keine Gewinne und kein Geld gäbe. Diese künstliche Welt der „Neoklassik“ dominiert jedes Lehrbuch und heißt oft auch „neoliberal“.“
Historischer Materialismus
Wesentlich mehr interessieren den Wurm die geschichts-philosophischen Erwägungen von Karl Marx. Stark verkürzt: die wirtschaftlichen Bedingungen sind entscheidend. Karl Marx ist nicht der Erste, der diese Idee vertritt, aber derjenige, der sie am Fundiertesten formuliert.
Politik, Kriege, Religion, Kunst, Wissenschaft, Erziehung – alles richtet sich nach der Wirtschaft bzw. der Schicht, die die wirtschaftlichen Entscheidungen trifft und jener von unten, die von Aufmüpfigkeit abgehalten werden soll.
Die gegenteilige Meinung wurde noch Ende des 19. Jahrhunderts vom einflussreichen Historiker Heinrich von Treitschke formuliert: „Männer machen Geschichte“. Das glauben auch heute die meisten Menschen und das wird so zu einem großen Teil in den Geschichts-Büchern vermittelt.
Menschen machen tatsächlich Geschichte – aber sie vertreten die Interessen derjenigen, die sie in die entsprechende Position gebracht haben.
Ein paar Beispiele: die ganze Geschichte hindurch, ob in der Antike, im Mittelalter oder zu anderen Zeiten gibt es andauernd soziale Aufstände, die nur selten erwähnt werden.
Athen in seiner Blütezeit
Das antike Athen ist heute noch durch seine hohe Kultur (vor allem Philosophie, Architektur, Bildhauerei und Theater) berühmt. Bedingt durch seine politische und militärische Stärke. Dass das alles erst durch die Ausbeutung der nahe gelegenen Silberminen möglich wurde, wissen nur wenige.
Aus „Wikipedia“: „Im 6. Jahrhundert v. Chr. begann unter Peisistratos die systematische Ausbeutung der Bodenschätze. Im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. waren Privatunternehmer als Pächter des Staates tätig, sie beschäftigten dabei wohl gegen 20.000 Sklaven, meist nichtgriechischer Herkunft.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Lavrio
Genau diese Zeit, das 6. bis 4. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, war die Blütezeit Athens. Ist genug Geld vorhanden, kommt alles andere automatisch.
Protestantische Reformation
Da, wo die Reformation Fuß fasste, tat sie dies vor allem beim städtischen Bürgertum. Theologische Differenzen waren zweitrangig. Wichtig waren vor allem wirtschaftliche und politische Vorteile.
Aus einem früheren Beitrag des Wurms: „Luise Schorn-Schütte: … Der Konflikt in den Städten schwelt seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert. Die Ratsoligarchien streben nach Ausweitung ihrer Macht: Der genossenschaftliche Schwurverband, der die Herrschaft in den Städten bislang im Konsens legitimierte, soll einem stärker hierarchischen Verhältnis zwischen Stadtobrigkeit und Untertanen weichen. Dagegen formiert sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts der Widerstand der Zunftbürger und anderer stadtbürgerlicher Schichten. Immer dann, wenn wirtschaftliche oder finanzpolitische Probleme zu lösen sind, brechen diese Konflikte auf.
Zwischen 1520 und 1540 bekennen sich fast alle Reichs- und Hansestädte zur Reformation, nur Köln entzieht sich der Bewegung.“
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/302-hass-prediger.html
Französische Revolution
Nach der bürgerlichen Geschichtsschreibung zeichnet die Aufklärung für den Ausbruch der Französischen Revolution verantwortlich.
Für die marxistische Geschichtsschreibung ist es das wirtschaftlich immer stärker werdende Bürgertum (das zu einem großen Teil die Aufklärer bezahlt), das neben der wirtschaftlichen Macht endlich auch die politische Macht haben will.
Steve Jobs
Gibt es unter den Lesern des Wurms welche, die den „Apple“-Gründer Steve Jobs für ein Genie halten? Wird Geschichte doch von einzelnen Menschen gemacht?
Nein – auch im Falle des Steve Jobs sind die wirtschaftlichen Strukturen entscheidend. Aus einem früheren Beitrag des Wurms: „… dafür hat Noam Chomsky in mehreren Büchern darauf hingewiesen, dass der US-amerikanische Steuerzahler über Jahrzehnte hinweg mit Milliarden-Beträgen die Grundlagenforschung an den Universitäten finanziert hat. Und damit überhaupt erst die Grundlagen zu marktfähigen Produkten in den entsprechenden Bereichen geschaffen hat.
In der Fußballer-Sprache ausgedrückt: 99% der Arbeit waren getan. Der Gegner ausgespielt, der Ball liegt vor dem leeren Tor. Irgendeinen wird es da wohl geben, der den Ball ins Tor schießt. Ob der jetzt Steve Jobs, Bill Gates, Rupert Regenwurm oder Berta Kruzdibum heisst. Anstatt Steve Jobs ein Denkmal zu bauen, sollte dem US-amerikanischen Steuerzahler ein Denkmal gebaut werden.“
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/197-igod.html
Der Erlöser
Karl Marx sieht einen geschichtlichen Entwicklungsprozess. Ausgehend von der Urgemeinschaft, versuchen bei Gelegenheit diejenigen, die an den Schalthebeln der wirtschaftlichen Produktion sitzen, sich immer größere Vorteile zu verschaffen. Verkürzt ausgedrückt, geht es über die Sklavenhalter-Gesellschaft und den Feudalismus zum Kapitalismus.
Das ist bislang noch einleuchtend und wurm fragt sich, warum das nicht allgemein so gesehen wird.
Der Analyse der Vergangenheit mögen ja noch viele zustimmen, aber nicht zwangsläufig der Prognose der Zukunft. Die heisst: durch Klassenkampf der unteren Schichten wird durch die „Diktatur des Proletariats“ mit dem Endziel des Kommunismus eine klassenlose Gesellschaft errichtet. Im Endstadium gibt es keine Unterdrückung mehr und es heisst „jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“.
Anders ausgedrückt: für alle diejenigen, die wirtschaftlich unterdrückt werden, entsteht ein Paradies auf Erden, wo alles gut wird und wofür es sich zu kämpfen lohnt.
So ziemlich alle „Befreiungs“-Bewegungen des 20. Jahrhunderts werden sich auf Karl Marx berufen. Weil es ein gemeinsames Ziel gibt.
Für die große Welt-Revolution bedarf es jedoch zweier Voraussetzungen: die bisherigen geschichtlichen Stadien müssen durchlaufen und das Elend der unteren Schichten unerträglich geworden sein.
So ist Karl Marx skeptisch gegenüber den aufkommenden Arbeiter-Parteien, Gewerkschaften und dem Genossenschafts-Wesen, da dadurch die Arbeiter ihr eigentliches Ziel des Klassenkampfes aus den Augen verlieren.
Und er befürwortet Kolonialismus und Kapitalismus in bislang unterentwickelten Ländern. Jonathan Sperber: „Die prominenteste Gelegenheit, seine theoretischen Überlegungen an der Realität zu erproben, ergab sich für Marx mit der Artikelserie über die britische Kolonialherrschaft in Indien, die in der New York Daily Tribune unmittelbar anschließend an den zitierten Briefwechsel erschien und direkt aus den dort entwickelten Ideen schöpfte. Indien war zwar nach dem Verlust der meisten nordamerikanischen Besitzungen und nach der Abschaffung der Sklaverei in den britischen Karibikkolonien der wirtschaftlich und politisch bedeutsamste Teil des britischen Empire, aber noch nicht das Kronjuwel, zu dem es in der späteren viktorianischen Ära werden sollte. Regiert wurde Indien zu der Zeit noch von der Ostindischen Kompanie, einem privaten, wenn auch staatlich geförderten Unternehmen, das zu gleichen Teilen Kolonialbehörde, Handelsgesellschaft (mit Interesse an Wirtschaftsförderung) und Diebesbande war, ein zunehmend anachronistisches Überbleibsel des 18. Jahrhunderts.
In seinen diversen Darstellungen der Verhältnisse in Britisch-Indien rückte Marx die verschiedenen Facetten der Herrschaft der Ostindischen Kompanie abwechselnd in den Vordergrund. 1853 porträtierte er die Briten als die bislang letzten in einer langen Abfolge von Eroberern, die „Hindustan“ rücksichtslos ausgebeutet und geplündert hatten. Freilich sei „das von den Briten über Hindustan gebrachte Elend wesentlich anders geartet und unendlich qualvoller ... als alles, was Hindustan vorher zu erdulden hatte“. Die britische Herrschaft gehe mit einer kapitalistischen Umwälzung der Gesellschaft einher, gekennzeichnet durch die Einführung des Privateigentums an Grund und Boden und durch die Beseitigung der staatlichen Bewässerungssysteme. „Englische Dampfkraft und englische Wissenschaft zerstörten in ganz Hindustan die Bande zwischen Ackerbau und Handwerk ... Dieser Verlust ... zieht einen Trennungsstrich zwischen dem von England beherrschten Hindustan und den ehrwürdigen Überlieferungen seiner ganzen geschichtlichen Vergangenheit.“
Erstaunlicherweise mutierte dieses vernichtende Urteil über die britische Kolonialherrschaft dann jedoch zu einem Plädoyer für deren historische Legitimität. Wie Marx den Lesern der Tribune in seinem deutlich teutonisch angehauchten Englisch erläuterte, hatte die brutale Abtrennung Indiens von seiner Vergangenheit auch ihre positiven Seiten:
Sosehr es nun auch dem menschlichen Empfinden widerstreben mag, Zeuge zu sein, wie Myriaden betriebsamer patriarchalischer und harmloser sozialer Organisationen zerrüttet und in ihre Einheiten aufgelöst werden ..., wie zu gleicher Zeit ihre einzelnen Mitglieder ihrer alten Kulturformen und ihrer ererbten Existenzmittel verlustig gehen, so dürfen wir doch darüber nicht vergessen, dass diese idyllischen Dorfgemeinschaften, so harmlos sie auch aussehen mögen, seit jeher die feste Grundlage des orientalischen Despotismus gebildet haben, dass sie den menschlichen Geist auf den denkbar engsten Gesichtskreis beschränkten, ihn zum gefügigen Werkzeug des Aberglaubens ... machten ... Wir dürfen nicht vergessen, dass diese kleinen Gemeinwesen durch Kastenunterschiede und Sklaverei befleckt waren, dass sie den Menschen unter das Joch äußerer Umstände zwangen, statt den Menschen zum Beherrscher der Umstände zu erheben, dass sie einen sich naturwüchsig entwickelnden Gesellschaftszustand in ein unveränderliches, naturgegebnes Schicksal transformierten.
Eine solche Zivilisation sei, so führte Marx aus, eine leichte Beute für ausländische Aggressoren. „Die Frage ist daher nicht, ob die Engländer ein Recht hatten, Indien zu erobern, sondern ob ein von den Türken, den Persern, den Russen erobertes Indien dem von den Briten eroberten vorzuziehen wäre.“
Was die Briten paradoxerweise zu „segensreichen“ Eroberern mache, seien just die extremen Verwerfungen, die sie in der statischen indischen Gesellschaft anrichteten, schüfen sie damit doch die Voraussetzungen für die Entstehung einet dynamischeren gesellschaftlichen und politischen Ordnung. Auch wenn „Spuren einer Erneuerung ... unter den Trümmern noch kaum bemerkbar“ seien, habe diese doch „bereits begonnen“. Das Privateigentum an Grund und Boden werde die wirtschaftliche Entwicklung vorantreiben; der Eisenbahnbau werde einen industriellen Aufbruch in Gang setzen. Unter den Bedingungen einer freien Presse und eines höheren Bildungswesens nach europäischem Muster könne Indien eine Generation von Staatsbeamten und Naturwissenschaftlern hervorbringen und habe damit sogar bereits angefangen. Die Briten seien dabei, einen zukunftsfähigen indischen Staat für die Inder aufzubauen: Die politische Einheit, ein Netz von Telegraphenverbindungen und eine rein indische Armee seien zwar ein Resultat des britischen Kolonialismus, zugleich aber das „sine qua non für Indiens Selbstbefreiung und dafür, dass Indien künftig nicht mehr dem ersten besten fremden Eindringling als Beute anheimfällt“.
Marx' Einschätzung des Imperialismus hatte wenig mit den Auffassungen seiner Anhänger und Epigonen im 20. Jahrhundert gemein, die die negativen, gesellschaftlich und wirtschaftlich lähmenden Auswirkungen einer kapitalistischen Kolonialherrschaft unterstreichen und im Allgemeinen die vorkoloniale Gesellschaft positiver beurteilen. Marx schöpfte seine Erkenntnisse aus den Debatten europäischer, vor allem britischer Pioniere einer noch in den Kinderschuhen steckenden Sozialwissenschaft. Der Soziologe Herbert Spencer, der Rechtshistoriker Henry Maine und der Anthropologe Edward Tylor hielten die asiatischen Gesellschaften, wie Marx, für statisch und für unfähig, ein Fortschrittstempo wie die Europäer anzuschlagen. Nur die Übernahme westlicher Institutionen werde asiatische Gesellschaften in die Lage versetzen, sich zu wandeln. Die genannten Gelehrten fragten sich allerdings skeptisch, bis zu welchem Grad europäische Institutionen sich in asiatische Länder verpflanzen lassen würden. Selbst Tylor, der die Entwicklungschancen der Nichteuropäer optimistischer beurteilte als die anderen, sprach von der Notwendigkeit einer ständigen Injektion westlicher Ideen.
Marx stimmte mit seinen Zeitgenossen sicherlich darin überein, dass die asiatischen Gesellschaften statisch und veränderungsunfähig waren - eine Auffassung, die schon Hegel im frühen 19. Jahrhundert vertreten und die spätere Sozialwissenschaftler bekräftigt hatten. Andererseits war Marx der Meinung, die Asiaten würden, wenn sie erst einmal kapitalistische Institutionen hätten, ziemlich große Schritte nach vorne tun. Er referierte die Einschätzung eines britischen Beobachters, „dass die große Masse des indischen Volkes eine große industrielle Energie besitzt, wohl fähig ist zur Akkumulation von Kapital und sich durch mathematische Klarheit des Kopfes, Gewandtheit im Rechnen und Talent für exakte Wissenschaften auszeichnet“. Der Fortschritt werde sich freilich, genau wie im kapitalistischen Europa, weder reibungslos noch angenehm gestalten. „Hat die Bourgeoisie“, fragte Marx, „je einen Fortschritt zuwege gebracht, ohne Individuen wie ganze Völker durch Blut und Schmutz, durch Elend und Erniedrigung zu schleifen?“
Marx' Plädoyer für den britischen Kolonialismus in Indien erinnerte stark an sein Eintreten für den Freihandel 1847; er hatte damals die destruktiven Auswirkungen des Freihandels begrüßt, der den Kapitalismus voranbringen und dadurch den Boden für eine künftige Revolution bereiten würde. Imperialistische Herrschaft sei, so belehrte Marx die Leser der New York Daily Tribune, ein integraler Bestandteil des kapitalistischen Systems und seiner globalen Mission, der „Zentralisation des Kapitals“. Ihre historische Aufgabe bestehe darin, „die materielle Grundlage einer neuen Welt zu schaffen: einerseits den auf der gegenseitigen Abhängigkeit der Völker beruhenden Weltverkehr und die hierfür erforderlichen Verkehrsmittel, andererseits die Entwicklung der menschlichen Produktivkräfte und die Umwandlung der materiellen Produktion in wissenschaftliche Beherrschung der Naturkräfte“. Diesem Ausblick ließ Marx die bedingte Prognose folgen: „Erst wenn eine große soziale Revolution die Ergebnisse der bürgerlichen Epoche, den Weltmarkt und die modernen Produktivkräfte, gemeistert und sie der gemeinsamen Kontrolle der am weitesten fortgeschrittenen Völker unterworfen hat, erst dann wird der menschliche Fortschritt nicht mehr jenem scheußlichen heidnischen Götzen gleichen, der den Nektar nur aus den Schädeln Erschlagener trinken wollte.“
Diese kraftvolle und symbolgeladene Passage, die in vielerlei Hinsicht Marx' Verständnis des historischen Prozesses resümierte, war zugleich ein Appell zugunsten einer besseren, aufgeklärten und sozialistischen Kolonialpolitik - man beachte den Verweis auf eine Zukunft, in der der Weltmarkt unter der Kontrolle der am „weitesten fortgeschrittenen“, will sagen der europäischen Völker stehen würde. Andererseits sah Marx auch die Möglichkeit einer Revolution in Indien mit dem Ziel der nationalen Unabhängigkeit, angeführt von der neuen Kapitalisten- und Akademikerklasse, die die britische Kolonialherrschaft hervorbrachte und weiter hervorbringen würde. In seinem Bericht über den 1857 ausgebrochenen Aufstand der Inder gegen diese Herrschaft war von einer solchen indischen Bourgeoisie noch nichts zu erkennen. Marx konzentrierte sich hier vielmehr auf die Herrschaft der Ostindischen Kompanie und deren parasitäre Aspekte.“
Entwicklung von Wirtschaft und Arbeiterschaft
In der Wirtschaft gab es Entwicklungen, die Karl Marx so nicht vorgesehen hatte: Mehr und mehr greift der Staat in das Wirtschaftsgeschehen ein, unter anderem in den Bereichen Transport, Energie und Kommunikation. Auch Genossenschaften und Gewerkschaften werden wirtschaftlich aktiver.
Mehr und mehr wird der Konsument interessant, für den immer mehr Werbung gemacht wird, damit er die angepriesenen Produkte kauft.
Neben den Verdammten dieser Erde gibt es immer mehr Arbeiter, denen es relativ gut geht und die keinen Wert auf Revolution legen. Dafür auf die Reform von Staat und Kapitalismus setzen. Eduard Bernstein ist einer der Haupt-Vertreter der „revisionistischen“ Strömung, die die Debatten in der SPD ab Ende des 19. Jahrhunderts bestimmen wird.
Karl Marx heute
Aus einem früheren Beitrag des Wurms: „Was hält mensch von Jesus und seinen Ideen?
Sehr wahrscheinlich hat Jesus ein positives bis sehr positives Image bei den meisten Menschen. Ob zu Recht oder nicht, mag dahin gestellt sein.
Aber: wurden in Jesu Namen nicht brutalste Kriege geführt mit Millionen von Toten? Häufig bei allen Kriegsparteien? Wurden nicht Christen durch Christen getötet, nur weil sie Jesu Worte anders interpretierten? Folterten Christen nicht? Töteten sie nicht? Hatten sie keine Völkermorde begangen? Alles im Namen der Nächstenliebe?
Die meisten Menschen werden sagen, dass böse Taten von Jesus nicht gewollt waren und der nichts dafür kann, was böse Menschen in seinem Namen getan haben. Das Christentum will nur das Beste für die Menschen.
Wer so argumentiert, der sollte bei Karl Marx und dem real existierenden Sozialismus genau so argumentieren.
Während sich der Gegenspieler des Sozialismus, der Kapitalismus, ausnahmslos alles erlauben kann, werden vermeintliche oder tatsächliche Verfehlungen, die im Namen von Karl Marx begangen werden, auf‘s Schärfste gebrandmarkt. Die Verbrechen, die unter Stalin begangen wurden, diskreditieren den Sozialismus zutiefst.
Die Verbrechen, die unter Adolf Hitler begangen wurden, werden nicht im Entferntesten dem Kapitalismus angelastet, obwohl es hier den Kapitalismus in ausgeprägter Form gab: die Wirtschaftspolitik des Nationalsozialismus war von Anfang an daraus ausgerichtet, andere Länder überfallen zu müssen, um dort große Beute machen zu können; wirtschaftlich „unnütze“ Menschen wie geistig Behinderte wurden getötet. Menschen überfallener Länder wurden als Arbeitssklaven beschäftigt und mit industriell Getöteten wurden noch Geschäfte gemacht, indem Teile ihres Körpers etwa zu Seife oder Seilen (Haare) verarbeitet wurden.
Wenn Verbrechen, die im Namen von Jesus oder dem Kapitalismus begangen werden, nicht nennenswert sind, dafür alles, was auch nur entfernt mit Karl Marx zu tun haben könnte, stark verdammt wird, hat dies natürlich mit Propaganda zu tun.
Dass Karl Marx eine große Bedeutung hatte und hat, ist unbestritten. Dennoch frage sich jeder, der im Westen Deutschlands aufgewachsen ist, wie viele Filme er über Karl Marx schon gesehen hat. Von Dokumentationen abgesehen wahrscheinlich keinen einzigen.“
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/272-ziemlich-beste-freunde.html
Pro Marx
An derselben Stelle hatte sich der Wurm folgendermaßen geäußert: „Der Wurm ist nun wahrlich kein Freund von „Autoritäten“. Wer auch immer etwas gesagt oder geschrieben hat – es ist kein Grund, bedingungslos das alles zu glauben und nachzuplappern, wie es viele Menschen tun.
Einzig und allein die Qualität des Argumentes zählt, egal, von wem es auch immer kommen mag. Ob von einem ansonsten unbedarften Menschen, ob von einem zutiefst unsympathischen Menschen oder einem Über-Intellektuellen: Bildung und Wortgewandtheit schützen nicht vor Dummheit.
Wer etwa einen Friedrich Engels zum Halbgott erklären möchte, wird feststellen, dass auch dieser sich irren kann, wie der obige Text zeigt.“
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/272-ziemlich-beste-freunde.html
Entsprechend hat der Wurm auch kein Interesse an den Gralshütern marxistischer Schriften, die sich anmaßen, die heutige Zeit mit der Auslegung von Schriften von vor 150 Jahren erklären zu wollen, sich um Marxens Bart streiten und verächtlich auf jene herab schauen, die nicht jedes Wort von Karl Marx gelesen haben.
Diese Gralshüter mögen bitte aus ihrem Elfenbeinturm heraus kommen und jenen zur Seite stehen, die sich für die Verdammten dieser Erde einsetzen. Vom Treiben Pseudo-Linker abgesehen, sind die Linken weltweit unterwandert von solchen Menschen, die sich für alles einsetzen, nur nicht für die arbeitende (bzw. arbeitswillige) Bevölkerung am unteren Rand der Gesellschaft. Siehe unter anderem http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/310-links.html
Contra Marx
Um zu verhindern, dass sich Menschen näher mit Karl Marx und seinen Ideen beschäftigen, gibt es im Wesentlichen drei Methoden.
Die primitive Kritik, die bei einfacher strukturierten Menschen sehr erfolgreich ist, geht dahin, zu behaupten, dass Karl Marx ein Massen-Mörder ist, der Unglück über die gesamte Menschheit gebracht hat. Wenn nicht er, dann seine Ideen. Der Wurm hat im Vergleich Marx – Jesus dargestellt, was er davon hält.
Gegen alles, was „links“ ist und sich auch nur ein wenig auf Karl Marx beruft, wird eine größere Hetze betrieben. In Deutschland gehört die „Bild“-Zeitung zu den medialen Hauptvertretern dieser Richtung.
Wenn argumentativ nichts hilft, ist die persönliche Kritik da, um die Gutmenschen in Wallung zu versetzen. Im Falle von Karl Marx heisst das vor allem, dass er ein uneheliches Kind hatte und ein Antisemit bzw. ein „sich selbst hassender Jude“ gewesen sei.
Ein uneheliches Kind hatte er tatsächlich mit seiner Haushälterin – da war er aber nicht er einzige in der Weltgeschichte und ein Zeugnis für generelle Bösartigkeit war das auch nicht.
Das Judentum verbindet Karl Marx tatsächlich mit dem frühen Kapitalismus in einer unangenehmen Weise. Allerdings hatte der Begriff „Jude“ bei ihm wie generell in seiner Zeit etwas mit Religion oder Kultur zu tun – auf keinen Fall mit „Rasse“. Die Verbindung „Jude – Rasse“ kam erst mit dem Sozial-Darwinismus Ende des 19. Jahrhunderts auf.
Wie der Wurm bereits weiter oben geschrieben hatte: „Er war alles andere als politisch korrekt. Mensch will lieber nicht wissen, was er gegenüber seinen Mitmenschen so alles vom Stapel gelassen hat. Mensch könnte das dann aber eher als „salopp“ denn als „ernst“ bezeichnen“.
Die manipulative Kritik ist für die Aufgeschlossenen. „Eigentlich gut, letztendlich aber doch schlecht“ soll der Inhalt der Botschaft sein. Peter Schwarz zeigt, wie so etwas gemacht wird: „Das eineinhalbstündige Dokudrama „Karl Marx – der deutsche Prophet“, das am 28. April auf Arte und am 2. Mai zur besten Sendezeit im ZDF lief, ist ein Gegenentwurf zu Raoul Pecks Spielfilm „Der junge Karl Marx“, den wir ebenfalls auf der WSWS besprochen haben.
Stellt Peck den jungen Marx, seine Ablehnung von Ausbeutung und Unterdrückung, seine revolutionäre Energie, seine fruchtbare Zusammenarbeit mit Friedrich Engels und die epochale Bedeutung seines Werk ins Zentrum seines Films, nimmt die Arte/ZDF-Produktion ihren Ausgangspunkt beim alten Marx, dessen letztes Lebensjahr von einer schweren Lungenerkrankung und zwei Schicksalsschlägen, dem Tod seiner Frau und seiner ältesten Tochter, geprägt war.
Die Rahmenhandlung beginnt mit einem Kuraufenthalt von Marx in Algiers und endet mit seinem Tod. Dazwischen finden sich Rückblenden auf wichtige Ereignisse seines Lebens sowie kurze Zitate aus seinen Schriften, die teilweise interessant, aber derart kurz und aus dem Zusammenhang gerissen sind, dass sie eher gängige Vorurteile bedienen, als zum Verständnis von Marx‘ Werk beitragen. Auch angebliche Marx-Experten kommen zu Wort, die Details aus seinem Leben kennen, aber Marx‘ Werk weder gründlich studiert noch verstanden haben.
Dargestellt wird der alte Marx vom bekannten Schauspieler Mario Adorf, der Marx bewundert und diese Rolle seit langem spielen wollte. Adorf bemüht sich, Marx mit viel menschlicher Wärme zu präsentieren. Doch nicht nur der große Altersunterschied – Marx starb mit 64, Adorf ist 87 –, die stets gerunzelte Stirn, die sorgenvolle Miene und die sanfte, in rheinischem Akzent leiernde Stimme zeichnen ein verzerrtes Bild des Revolutionärs, vor allem das Drehbuch (Peter Hartl) und die Regie (Christian Twente) sorgen dafür, dass der Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus in völlig falschem Licht erscheint.
Marx‘ monumentales Lebenswerk verschwindet hinter der kranken Person. Er erscheint als verzagter, politisch isolierter Greis, der sich mit Selbstvorwürfen und Zweifeln quält. Das ist historisch falsch. Tatsächlich blieb Marx bis zum Ende seines Lebens seinen revolutionären Grundsätzen treu. Er konnte in seinen letzten Lebensjahren erleben, wie die Ideen, die er und Engels unter großen Entbehrungen ausgearbeitet hatten, die Massen ergriffen und zur materiellen Kraft wurden.
In Deutschland und Frankreich entwickelten sich unter dem Einfluss des Marxismus mächtige sozialdemokratische Massenparteien, mit deren Führern Marx und Engels in engem brieflichen und persönlichen Kontakt standen. Auch in den USA und im rückständigen Russland, wo die Arbeiterklasse 34 Jahre später unter marxistischer Führung als erstes die Macht erobern sollte, entstanden unter dem direkten Einfluss von Marx und Engels die Keime zukünftiger Arbeiterparteien.
Es ist bekannt, dass Marx die Entwicklung dieser Parteien äußerst kritisch begleitete, immer bemüht, sie von bürgerlichen und opportunistischen Einflüssen abzugrenzen. Aber das ändert nichts daran, dass sich die SPD unter dem Banner des Marxismus zur mächtigsten sozialdemokratischen Massenpartei der Welt entwickelte. Marx und Engels standen mit ihren Führern August Bebel und Wilhelm Liebknecht in ständigem Gedankenaustausch.
All das sowie der Inhalt von Marx‘ theoretischen und politischen Konzeptionen werden in dem Film weitgehend ausgeblendet. Stattdessen konzentrieren sich lange Passagen auf die bittersten Momente in Marx‘ Leben – den Tod des Sohnes Edgar im Alter von acht Jahren in der bitteren Not der Londoner Emigration, die hartnäckige Krankheit, den Tod der Tochter Jenny in Frankreich – und schüren unterschwellige Vorurteile gegen Marx‘ persönliche Integrität.
Zu diesem Zweck wird Marx‘ jüngste Tochter Eleanor missbraucht, deren Stimme das Geschehen aus dem Off kommentiert. So bemerkt Eleanor, nachdem sie ihrem Vater die Nachricht vom Tod Jennys überbracht hat: „Vier seiner geliebten Kinder und seine Frau fürs Leben waren ihm in den Tod vorausgegangen, wie ein Sinnbild für das Scheitern nach so viel Drangsal in seinem Leben.“
Gegen Ende des Films hält Engels eine bewegende Rede an Marx’ Grab. Er würdigt ihn als Revolutionär, den Regierungen und Bourgeois hassten und verleumdeten und den „Millionen revolutionärer Arbeiter von den sibirischen Bergwerken über ganz Europa und Amerika bis Kalifornien hin verehrten, liebten und betrauerten“. Eleanors Stimme kommentiert hämisch: „Der gute treue Engels mühte sich redlich, seinem Freund bereits am Grab das Monument eines bedeutenden Weltgeistes zu errichten.“
In Wahrheit zählte Eleanor zu den engsten Genossinnen von Marx. Sie unterstützte ihren Vater zu seinen Lebzeiten bei der internationalen Korrespondenz und spielte nach seinem Tod eine führende Rolle in der englischen Arbeiterbewegung und bei der Verwaltung von Marx‘ Nachlass.
Peter Arens und Stefan Brauburger, die als Leiter der für Geschichte zuständigen ZDF-Redaktionen für den Film verantwortlich sind, machen in einem Beitrag auf der Website des ZDF deutlich, dass dieser Versuch, Marx persönlich zu diskreditieren, auf einem bewussten Konzept beruht.
Es „lag uns besonders daran, den berühmten Denker in seiner Zerrissenheit und Widersprüchlichkeit zu zeigen“, schreiben sie. „Einerseits ist der ‚Jubilar‘ der noch immer bestaunte Deuter des Welt- und Wirtschaftsgeschehens weit über seine Epoche hinaus. Andererseits hatte er als Zeitgenosse für das praktische Leben nur wenig Sinn und Geschick. Da ist zum einen der hingebungsvolle treusorgende Familienvater, zum anderen der völlig auf sein Werk fixierte weltferne Egomane.“ Der Haushälterin habe Marx einen verborgen gehaltenen Sohn beschert. „Er erhob die Stimme für das ‚geknechtete Proletariat‘, wusste aber selbst einen gutbürgerlichen Lebenswandel durchaus zu schätzen und zeigte sich im Umgang mit Geld wenig besonnen.“
Den Fernsehverantwortlichen war klar, dass man Marx angesichts der tiefen Krise des globalen Kapitalismus, der historisch beispiellosen sozialen Ungleichheit und der wachsenden Kriegsgefahr nicht mehr mit plumpen antikommunistischen Vorurteilen beikommen kann. Niemand habe „soziale Konflikte in ihrem historischen Prozess so umfassend analysiert, den Kapitalismus in seiner Schwäche so treffend entlarvt, seine Krisenanfälligkeit und die Gefahr der Verelendung ganzer Schichten oder Weltregionen aufgezeigt“, schreiben sie. Im „Hinblick auf die Globalisierung oder die internationalen Finanz- und Wirtschaftskrisen unserer Tage“ erscheine manche Marx‘sche Analyse geradezu visionär. „Die Stimmen mehren sich, nach denen der Kapitalismus womöglich doch nicht das letzte Wort der Geschichte sei.“
Sie bemühen sich daher, den „menschlichen“ Marx vom unversöhnlichen Kämpfer, den „Propheten“ vom Revolutionär, die Sozialkritik, die im Rahmen der bestehenden Ordnung akzeptabel und sogar nützlich ist, von ihren revolutionären Schlussfolgerungen abzutrennen.
„Manche Inkonsequenz oder Lücke in der Marx‘schen Weltsicht ließ Raum für vielfältige, zum Teil gegensätzliche Interpretationen“, schreiben Arens und Brauburger. „Humanistisch motivierte Sozialreformer“ hätten sich ebenso auf ihn berufen, „wie menschenverachtende Tyrannen. Sozialdemokraten, die für eine freiheitliche Republik stritten, ebenso wie gewaltbereite Revolutionäre, die eine kommunistische Diktatur verfochten.“ Das „Manifest“ habe das Rüstzeug für sozialdemokratisch orientierte Parteien, „aber auch das ideologische Fundament totalitärer Regime“ geboten.
Tatsächlich haben die „sozialdemokratisch orientierten Parteien“ Marx bis zur Unkenntlichkeit verfälscht und sich in Krisen- und Kriegszeiten stets auf die Seite der Konterrevolution gestellt. Dasselbe gilt für die „totalitären Regime“ Stalins und Mao Tsetungs, die die Macht im Arbeiterstaat im Interesse einer privilegierten Bürokratie usurpierten.
Es ist bezeichnend, dass die letzten Szenen des Arte/ZDF-Films den Regimen von Stalin und Mao Tsetung gewidmet sind. Lenin, der Führer der Oktoberrevolution, wird in eine Reihe mit diesen Diktatoren gestellt. Leo Trotzki, der engste Verbündete Lenins, sozialistische Gegner Stalins und führende Marxist des zwanzigsten Jahrhunderts, wird dagegen nicht erwähnt.
In Wirklichkeit ist Marx' tiefe „Menschlichkeit“, die von zahlreichen Zeitzeugen, darunter Heinrich Heine, bezeugt wird und die auch im ZDF-Film immer wieder durchscheint, untrennbar mit seiner Entschlossenheit verbunden, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“, die er im Alter von 25 Jahren formulierte. Seither widmete er sein gesamtes Lebenswerk der Aufgabe, die historische Notwendigkeit der sozialistischen Revolution nachzuweisen und die internationale Arbeiterklasse politisch und theoretisch auf diese Aufgabe vorzubereiten.
Das macht den Marxismus, der heute von der trotzkistischen Weltbewegung, dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale verkörpert wird, 200 Jahre nach Marx‘ Geburt derart aktuell.“
https://www.wsws.org/de/articles/2018/05/04/marx-m04.html
Kapitalismus heute
„Die Dramatik, wie sie zu Karl Marx‘ und Friedrich Engels‘ Zeiten geherrscht haben mag, ist heute so nicht mehr gegeben (zumindest in den industriealisierten Ländern) – aber es geht immer mehr in die Richtung. Der Wurm hat mehrere Beiträge zu dieser Thematik geschrieben und seiner Empörung freien Raum gelassen. Wer selbst zu den heutigen Bourgeois zählt und in seiner Filterblase lebt, in der er das Elend unter ihm nicht mitbekommt, wird hier fündig werden …
Es ist sehr notwendig, sich mit der sozialen Frage zu beschäftigen. Wenn schon nicht aus Gründen der Solidarität, so doch deshalb, um größere Unruhen zu vermeiden, damit der Besitzende sich keine größeren Sorgen um seinen Besitz machen muss.“
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/272-ziemlich-beste-freunde.html
De te fabula narratur!
Jonathan Sperber: „Ganz zu Anfang des Kapital, im Vorwort zur ersten deutschen Auflage, verteidigt Marx seinen deutschen Lesern gegenüber den ständigen Rückgriff auf englische Beispiele und mahnt: „Sollte jedoch der deutsche Leser pharisäisch die Achseln zucken über die Zustände der englischen Industrie- und Ackerbauarbeiter oder sich optimistisch dabei beruhigen, daß in Deutschland die Sachen noch lange nicht so schlimm stehn, so muß ich ihm zurufen: De te fabula narratur!“ Wenn Marx hier ins Lateinische verfällt, so um durch diese Erinnerung – „Von dir wird hier berichtet!“ - zu unterstreichen, dass die englischen Beispiele kapitalistischer Entwicklung, Ausbeutung, Unterdrückung und schließlicher Selbstzerstörung keine Besonderheiten des Inselkönigreichs darstellen, sondern die allgemeine Richtung der Menschheitsgeschichte illustrieren.“
Es herrscht Klassenkrieg
Aus einem früheren Beitrag des Wurms: „Der Wurm hört schon die Menschen sagen „Ja, das war einmal; heute ist das ganz anders.“
Ein Beispiel dafür, wie es ist, wenn es gar keine staatliche Ordnung gibt, ist Nigeria (siehe http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/96-westliche-erziehung-ist-suende.html ).
Malte Daniljuk schreibt dazu einen schaurigen Artikel, der folgendermaßen beginnt: „Nigeria kann ein Szenario für den Post-Neoliberalismus anbieten, als Beispiel dafür, dass sich maximale Gewinne am besten ohne jegliche öffentliche Verantwortung realisieren lassen. Teile des Landes weisen deutliche Züge einer Kriegsökonomie auf, bei der sich internationale Unternehmen, regierende Parteien und bewaffnete Milizen die Einnahmen aus dem Ölgeschäft teilen. Ein Zukunftsmodell für Failed States?“
http://www.heise.de/tp/artikel/43/43024/1.html
Wer nach diesem Artikel immer noch an das Gute im Menschen oder im Kapitalisten glaubt, muss entweder sehr gute Nerven haben oder muss sehr naiv sein.
„Was passiert, wenn ein Land alles auf den Markt bringt? Wenn oberstes Kriterium die Privatisierung und Liberalisierung der Wirtschaft ist? Nach dem Sturz Allendes haben unter Diktator Pinochet vier chilenische Wirtschaftswissenschaftler, die bei Milton Friedman in Chicago studiert hatten, radikale Wirtschaftsreformen durchgesetzt. Das neoliberale Wirtschaftssystem der sogenannten "Chicago Boys" funktioniert bis heute. Ob Wasserrechte, Bergbaukonzessionen, Energiewirtschaft, Renten-, Gesundheits- oder Bildungssystem - alles ist in privater Hand.
Schulen und Universitäten sind größtenteils private Wirtschaftsunternehmen, die Familien müssen 20 bis 30 Prozent ihres Einkommens für die Bildung ihrer Kinder ausgeben, was sich in Deutschland und Frankreich auf weniger als ein Prozent beläuft. Da sie das nicht mehr mittragen wollen, sind Schüler und Studenten, Lehrer und Eltern 2011 auf die Straße gegangen. Längst ist aus den Bildungsdemonstrationen mehr geworden: die Forderung nach einem Ende der Chile AG.“
Hier sind der Hinweis zur Sendung und der ganze Film:
http://www.arte.tv/guide/de/047514-000/chile-oder-die-diktatur-des-freien-marktes
https://www.youtube.com/watch?v=IRqYsc45Mxk
„„Es herrscht Klassenkrieg, richtig. Aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt. Und wir gewinnen.“ so der Multimilliardär Warren Buffett, Hedgefonds-Manager und drittreichster Mensch der Welt …
Buffett spricht in seinem Brief von einem Klassenkampf der unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten – auf der einen Seite die Vielverdiener und Großkonzerne, denen durch zahllose Schlupflöcher in der Steuergesetzgebung massive Geschenke gemacht würden, auf der anderen Seite die Mittel- und Geringverdiener, denen nichts anderes übrig bliebe, als klaglos und schlupflochfrei zu zahlen.
Wir befinden uns mittendrin in einem knallharten, skrupellosen Wirtschaftskrieg … aber gerade wir Deutschen weigern uns, ihn wahr zu nehmen, dabei zählen wir zu den großen Verlierern. Das … sagt man uns aber nicht. Man sagt es gelegentlich den Managern, den Frontkämpfern der Umverteilung von unten nach oben, damit die ihr Geld noch schnell ins Ausland schaffen können …
Dieses klassische Zitat von Warren Buffett erwähnt auch Georg Schramm bei einer Veranstaltung der GLS-Bank in diesem Jahr …
Bei seinem GLS-Bank-Auftritt zitiert er auch aus einem Artikel vom kurz vorher verstorbenen Frank Schirrmacher, einem der Vordenker des Bürgertums. Hier einige Passagen von diesem Artikel aus dem Jahr 2011 mit dem Titel „Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat“:
„Im bürgerlichen Lager werden die Zweifel immer größer, ob man richtig gelegen hat, ein ganzes Leben lang. Gerade zeigt sich in Echtzeit, dass die Annahmen der größten Gegner zuzutreffen scheinen.
Ein Jahrzehnt enthemmter Finanzmarktökonomie entpuppt sich als das erfolgreichste Resozialisierungsprogramm linker Gesellschaftskritik. So abgewirtschaftet sie schien, sie ist nicht nur wieder da, sie wird auch gebraucht. Die Krise der sogenannten bürgerlichen Politik, einer Politik, die das Wort Bürgertum so gekidnappt hat wie einst der Kommunismus den Proletarier, entwickelt sich zur Selbstbewusstseinskrise des politischen Konservatismus …
Es geht darum, dass die Praxis dieser Politik wie in einem Echtzeitexperiment nicht nur belegt, dass die gegenwärtige „bürgerliche“ Politik falsch ist, sondern, viel erstaunlicher, dass die Annahmen ihrer größten Gegner richtig sind.
„Die Stärke der Analyse der Linken“, so schreibt der erzkonservative Charles Moore im „Daily Telegraph“, „liegt darin, dass sie verstanden haben, wie die Mächtigen sich liberal-konservativer Sprache als Tarnumhang bedient haben, um sich ihre Vorteile zu sichern. ,Globalisierung‘ zum Beispiel sollte ursprünglich nichts anderes bedeuten als weltweiter freier Handel. Jetzt heißt es, dass Banken die Gewinne internationalen Erfolgs an sich reißen und die Verluste auf jeden Steuerzahler in jeder Nation verteilen. Die Banken kommen nur noch ,nach Hause‘, wenn sie kein Geld mehr haben. Dann geben unsere Regierungen ihnen neues“ …
Das politische System dient nur den Reichen? Das ist so ein linker Satz, der immer falsch schien, in England vielleicht etwas weniger falsch als im Deutschland Ludwig Erhards. Ein falscher Satz, so Moore, der nun plötzlich ein richtiger ist. „Denn wenn die Banken, die sich um unser Geld kümmern sollen, uns das Geld wegnehmen, es verlieren und aufgrund staatlicher Garantien dafür nicht bestraft werden, passiert etwas Schlimmes. Es zeigt sich – wie die Linke immer behauptet hat –, dass ein System, das angetreten ist, das Vorankommen von vielen zu ermöglichen, sich zu einem System pervertiert hat, das die wenigen bereichert.“ So Moore. Er geht es alles durch: Murdoch, von dem er sagt, dass ihn die Linke schon durchschaute, als die Rechte Populismus noch für Demokratie hielt, die Kredit- und Finanzkrise, den Rechtsbruch europäischer Regierungschefs, den Primat des ökonomischen Diskurses und schließlich die Krise der Eurozone selbst. Ein linker Propagandist, so Moore, hätte eine Satire, wie Geld die Welt regiert, nicht besser erfinden können …
Kritik am Kapitalismus in seiner jetzigen Form ist also nicht nur eine „linke“ Angelegenheit. Dass alleine in Deutschland jährlich 50 Milliarden Euro hinterzogen werden und dem Staat jährlich 160 Milliarden Euro durch legale Steuertricks verloren gehen (in Europa ca. eine Bilion Euro jährlich), dürfte auch konservativen Menschen nicht gefallen. Dies hatte schon der Wurm thematisiert und letzte Woche „Die Anstalt“:
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/117-diebstahl-ungeheuren-ausmasses.html
https://www.youtube.com/watch?v=3WRAEwVamwQ
… Ein kurzer Blick in die USA: Michael Moore stammt aus Flint, Michigan. So ziemlich die ganze Stadt arbeitet direkt oder indirekt für „General Motors“. Die Firma verdient seit Jahrzehnten gut in Flint, beschließt aber Ende der 1980er, die Produktion ins Ausland mit billigeren Arbeitskräften zu legen. Die katastrophalen Folgen der Kündigung von ca. 30.000 Arbeitnehmern für die Menschen und die Stadt beschreibt Michael Moore sehr eindrücklich auf seine eigene Art und Weise (siehe http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/112-maschinenpistolen-fuer-kinder.html ):
http://moviezr.net/watch/Roger_And_Me_1989
http://de.wikipedia.org/wiki/Roger_%26_Me
Und ein Film mit dem Titel „Broken Dreams - Amerikas Mittelschicht kämpft ums Überleben“ aus dem Jahr 2013:
https://www.youtube.com/watch?v=stvwDuu8JvY
Seit den letzten 30 Jahren hat sich einiges geändert. Mehr und mehr zeigt der Kapitalismus auch im westlichen Europa sein wahres Gesicht und so ziemlich alle Parteien machen mit und unterstützen das auch noch …
„Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen.
Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein. Durch eine gemeinschaftliche Ordnung soll das deutsche Volk eine Wirtschafts- und Sozialverfassung erhalten, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau unseres Volkes dient und den inneren und äußeren Frieden sichert.“
http://de.wikipedia.org/wiki/Ahlener_Programm
Dieses Zitat stammt aus dem Ahlener Programm der CDU von 1947.
Es könnte auch von heute stammen.“
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/120-reichtum-fuer-alle.html
Verschärfte Krise des Kapitalismus
Die weltweiten Verteilungskämpfe um Rohstoffe und Märkte nehmen auch unter „Bündnispartnern“ immer mehr zu. Siehe auch http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/306-schwerpunkt-verlagerung.html
Je größer die Unternehmen, umso größer der Betrug. Aktuell vor allem in den Bereichen Banken und Autos zu sehen. Letztendlich auch der legale und illegale Steuerbetrug, an dem selbst die kapitalistisch orientierten Staaten beteiligt sind, siehe unter anderem http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/218-oh-wie-schoen-ist-panama.html , http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/145-schandfleck-des-jahres.html , http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/197-igod.html
Funktionierende Staaten werden in den Ruin getrieben, siehe http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/269-machtinstrument-der-finanzelite-iwf.html oder http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/175-die-siechen-griechen.html
Eine Insel der Seligen ist noch Deutschland, das als solches (bzw. dessen große Unternehmen) von all den Krisen profitiert, was vor allem im Fall Griechenland sehr schön zu sehen ist http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/175-die-siechen-griechen.html
Nichtsdestotrotz: De te fabula narratur!
Der Wurm hat als Chronist seiner Zeit mehrfach die Zustände beschrieben, die schon jetzt alles andere als rosig sind:
Entwicklung der letzten 20 Jahre: http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/264-butterwegge.html
Politische Weichenstellungen: http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/176-personifizierter-drecksack.html
Niedergang „linker“ Parteien: http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/214-schlechte-alternative.html , http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/310-links.html
Niedergang der Gewerkschaften und mediale Diffamierung noch funktionierender Gewerkschaften: http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/119-niedere-beweggruende.html
Niedriglöhne: http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/211-der-gefangene-von-landsberg.html
Leiharbeit: http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/280-leiharbeit.html
Niedergang des Renten-Systems: http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/273-verraten-und-verkauft.html
Wohnungsnot: http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/263-der-geheimdienst-die-stadt-und-die-not.html
Die sozialen Prinzipien des Christentums sind die sozialen Prinzipien des Kapitalismus
Karl Marx: „Die sozialen Prinzipien des Christentums haben die antike Sklaverei gerechtfertigt, die mittelalterliche Leibeigenschaft verherrlicht und verstehen sich ebenfalls im Notfall dazu, die Unterdrückung des Proletariats, wenn auch mit etwas jämmerlicher Miene, zu verteidigen.
Die sozialen Prinzipien des Christentums predigen die Notwendigkeit einer herrschenden und einer unterdrückten Klasse und haben für die letztere nur den frommen Wunsch, die erste möge wohltätig sein.
Die sozialen Prinzipien des Christentums setzen die konsistorialrätliche Ausgleichung aller Infamien in den Himmel und rechtfertigen dadurch die Fortdauer dieser Infamien auf der Erde.
Die sozialen Prinzipien des Christentums erklären alle Niederträchtigkeiten der Unterdrücker gegen die Unterdrückten entweder für gerechte Strafe der Erbsünde und sonstigen Sünden oder für Prüfungen, die der Herr über die Erlösten nach seiner unendlichen Weisheit verhängt.
Die sozialen Prinzipien des Christentums predigen die Feigheit, die Selbstverachtung, die Erniedrigung, die Unterwürfigkeit, die Demut, kurz alle Eigenschaften der Kanaille, und das Proletariat, das sich nicht als Kanaille behandeln lassen will, hat seinen Mut, sein Selbstgefühl, seinen Stolz und seinen Unabhängigkeitssinn noch viel nötiger als sein Brot.“
http://www.al-adala.de/Neu/auszug-karl-marx-die-sozialen-prinzipien-des-christentums/
David North: „Hat es jemals eine herrschende Klasse gegeben, die so offenkundige Symptome von sozialem Parasitismus, politischer Desorientierung, geistiger Erschöpfung und moralischem Zusammenbruch zeigte? Verglichen mit der heutigen internationalen Mafia der Oligarchen, die einen riesigen Anteil des durch die Arbeit von Milliarden Menschen produzierten Reichtums kontrolliert und konsumiert, erscheint die Bourgeoisie aus der Zeit von Marx geradezu wie ein Wohltätigkeitsverein. Die Behauptungen altersschwacher Reformisten vom Schlage Sanders und Corbyn, man könne die kapitalistischen Oligarchen durch gutes Zureden zu einer gerechteren Verteilung des Reichtums bewegen, ist völlig illusionär. Um Trotzki zu zitieren, inwiefern sind weinerliche Appelle an den Anstand der Reichen besser als das Anflehen der Götter um Regen? Mit der Klasse, die die Produktionsmittel und die globalen Finanznetzwerke besitzt und kontrolliert und die über gigantische Militärapparate, Geheimdienste und Polizeitruppen verfügt, kann man nicht anders abrechnen als durch eine sozialistische Revolution. Aber ist das möglich?“
https://www.wsws.org/de/articles/2018/05/07/dnma-m07.html
Mit gut zureden oder mit Wattebäuschchen werfen wird nichts zu erreichen sein. Es bedarf schon des Kampfes.
Gemeinwohl-Ökonomie als Ausweg?
Aus einem früheren Beitrag des Wurms: „Jetzt unterstellt der Wurm nicht jedem Wirtschaftstreibenden, dass er unmoralisch handelt. Im Gegenteil: der Wurm weiss es durchaus zu schätzen, wenn ein Unternehmer oder ein Unternehmen sich anständig gegenüber seinen Lieferanten, Kunden, Mitbewerbern, Mitarbeitern und der Gesellschaft gegenüber verhält und gönnt ihm auch seinen ganzen Gewinn: http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/55-goetz-zitate.html
Es geht nicht darum, die Kuh zu schlachten, sondern sie zu melken. Zum eigenen Wohl und zum Wohl der Kuh. Allerdings: die Gesellschaft sollte die Kuh (= Wirtschaft) melken. Und nicht umgekehrt.“
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/120-reichtum-fuer-alle.html
Wie auch immer die Zukunft aussehen wird – sie wird brutal werden.
Zumindest theoretisch könnte die Gemeinwohl-Ökonomie eine Lösung sein, die unter anderem die Einkommens- und Vermögensungleichheiten drastisch reduzieren will: wer etwa das zehnfache des Mindestlohns erhält oder dessen Vermögen auf etwa 10 Millionen Euro beschränkt ist, wird immer noch gut davon leben können.
Siehe dazu http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/325-gemeinwohl-oekonomie.html
Zum Schluss
Wer die Schriften von Karl Marx und Friedrich Engels online lesen möchte (und viel Zeit hat) – hier ist der Link:
http://www.mlwerke.de/me/default.htm
Kritik an den Auswüchsen des Kapitalismus war vor 150 Jahren äußerst wichtig und ist es heute immer noch. Karl Marx hat in seiner Zeit wertvolle Arbeit geleistet und Millionen von Menschen Hoffnung auf eine bessere Zukunft gegeben. Trotz aller gegenteiligen Propaganda ist er einer der großen Menschen der Geschichte.
Hier die Grabrede von Friedrich Engels: „Am 14. März, nachmittags ein Viertel vor drei, hat der größte lebende Denker aufgehört zu denken. Kaum zwei Minuten allein gelassen, fanden wir ihn beim Eintreten in seinem Sessel ruhig entschlummert - aber für immer.
Was das streitbare europäische und amerikanische Proletariat, was die historische Wissenschaft an diesem Mann verloren haben, das ist gar nicht zu ermessen. Bald genug wird sich die Lücke fühlbar machen, die der Tod dieses Gewaltigen gerissen hat.
Wie Darwin das Gesetz der Entwicklung der organischen Natur, so entdeckte Marx das Entwicklungsgesetz der menschlichen Geschichte: die bisher unter ideologischen Überwucherungen verdeckte einfache Tatsache, daß die Menschen vor allen Dingen zuerst essen, trinken, wohnen und sich kleiden müssen, ehe sie Politik, Wissenschaft, Kunst, Religion usw. treiben können; daß also die Produktion der unmittelbaren materiellen Lebensmittel und damit die jedesmalige ökonomische Entwicklungsstufe eines Volkes oder eines Zeitabschnitts die Grundlage bildet, aus der sich die Staatseinrichtungen, die Rechtsanschauungen, die Kunst und selbst die religiösen Vorstellungen der betreffenden Menschen entwickelt haben, und aus der sie daher auch erklärt werden müssen - nicht, wie bisher geschehen, umgekehrt.
Damit nicht genug. Marx entdeckte auch das spezielle Bewegungsgesetz der heutigen kapitalistischen Produktionsweise und der von ihr erzeugten bürgerlichen Gesellschaft. Mit der Entdeckung des Mehrwerts war hier plötzlich Licht geschaffen, während alle früheren Untersuchungen, sowohl der bürgerlichen Ökonomen wie der sozialistischen Kritiker, im Dunkel sich verirrt hatten.
Zwei solche Entdeckungen sollten für ein Leben genügen. Glücklich schon der, dem es vergönnt ist, nur eine solche zu machen. Aber auf jedem einzelnen Gebiet, das Marx der Untersuchung unterwarf, und dieser Gebiete waren sehr viele und keines hat er bloß flüchtig berührt - auf jedem, selbst auf dem der Mathematik, hat er selbständige Entdeckungen gemacht.
So war der Mann der Wissenschaft. Aber das war noch lange nicht der halbe Mann. Die Wissenschaft war für Marx eine geschichtlich bewegende, eine revolutionäre Kraft. So reine Freude er haben konnte an einer neuen Entdeckung in irgendeiner theoretischen Wissenschaft, deren praktische Anwendung vielleicht noch gar nicht abzusehen - eine ganz andere Freude empfand er, wenn es sich um eine Entdeckung handelte, die sofort revolutionär eingriff in die Industrie, in die geschichtliche Entwicklung überhaupt. So hat er die Entwicklung der Entdeckungen auf dem Gebiet der Elektrizität, und zuletzt noch die von Marc Deprez, genau verfolgt.
Denn Marx war vor allem Revolutionär. Mitzuwirken, in dieser oder jener Weise, am Sturz der kapitalistischen Gesellschaft und der durch sie geschaffenen Staatseinrichtungen, mitzuwirken an der Befreiung des modernen Proletariats, dem er zuerst das Bewußtsein seiner eigenen Lage und seiner Bedürfnisse, das Bewußtsein der Bedingungen seiner Emanzipation gegeben hatte - das war sein wirklicher Lebensberuf. Der Kampf war sein Element. Und er hat gekämpft mit einer Leidenschaft, einer Zähigkeit, einem Erfolg wie wenige. Erste 'Rheinische Zeitung' 1842, Pariser 'Vorwärts' 1844, 'Brüsseler Deutsche Zeitung' 1847, 'Neue Rheinische Zeitung' 1848-1849, 'New-York Tribüne' 1852-1861 - dazu Kampfbroschüren die Menge, Arbeit in Vereinen in Paris, Brüssel und London, bis endlich die große Internationale Arbeiterassoziation als Krönung des Ganzen entstand - wahrlich, das war wieder ein Resultat, worauf sein Urheber stolz sein konnte, hätte er sonst auch nichts geleistet.
Und deswegen war Marx der bestgehaßte und bestverleumdete Mann seiner Zeit. Regierungen, absolute wie republikanische, wiesen ihn aus, Bourgeois, konservative wie extrem-demokratische, logen ihm um die Wette Verlästerungen nach. Er schob das alles beiseite wie Spinnweb, achtete dessen nicht, antwortete nur, wenn äußerster Zwang da war. Und er ist gestorben, verehrt, geliebt, betrauert von Millionen revolutionärer Mitarbeiter, die von den sibirischen Bergwerken an über ganz Europa und Amerika bis Kalifornien hin wohnen, und ich kann es kühn sagen: Er mochte noch manchen Gegner haben, aber kaum noch einen persönlichen Feind.
Sein Name wird durch die Jahrhunderte fortleben und so auch sein Werk!"
http://www.mlwerke.de/me/me19/me19_335.htm
Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm