Mit dem Regenwurm ist es so eine Sache. Meist nimmt ihn keiner wahr und ernst nehmen tut ihn kaum jemand. Und doch: meist ist er da und oft auch wichtig. Ein eigenes Leben hat er allemal, wenn auch überwiegend unter der Erde - da wühlt und gräbt er sich durch alles durch und kommt mit allem in Kontakt, was es da so gibt im Wurzelbereich und drunterhinaus. Was dahin gerät - und das meiste kommt früher oder später mal da an - betrifft ihn und seine Freunde. Ab und zu kommt Rupert (so der Name des Regenwurms) an die Erdoberfläche, um zu sehen, was die da oben schon wieder alles treiben. Und gibt Kunde davon seinen staunenden Kumpels im Erdreich und jenen über der Erde, die sich für ihn interessieren.
„Normale“ Menschen gibt es mehr als genug. Da sollte es kein Schaden sein, wenn es auch solche gibt, die etwas abseits der Norm sind (und die niemandem schaden). Und in der Tat haben eher ungewöhnliche Charaktere gute Chancen im kulturellen oder sportlichen Bereich. Und sogar in der Religion werden solche nicht selten angebetet.
Wehe, wenn so jemand aber im Alltag auftaucht. Menschen sind Gruppenwesen und nur wenige dulden ein „Anderssein“, auch wenn es ihnen überhaupt nicht schadet. Mensch hat sich angepasst zu verhalten, ansonsten ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass er Probleme bekommen wird.
Die Bundestagswahlen stehen an. Zeit darüber, nachzudenken, wohin das Land gehen soll, welche Ziele es sich setzen soll.
Anfang der 1970er Jahre lautete die Antwort der SPD auf diese Frage: Wir wollen dahin, wo Schweden jetzt schon ist.
Das ist lange her und Schweden als Ziel sagt so gut wie niemandem etwas. Und wurm hat manchmal den Eindruck, die aktuelle SPD steuert mehr in Richtung Manchester denn nach Stockholm.
Dabei lohnt ein Vergleich mit Schweden bzw. ganz Skandinavien. Dankenswerterweise hat Joachim Jahnke da schon ordentlich Vorarbeit geleistet.
Wer ist Joachim Jahnke? Hier ein Auszug aus seiner Homepage: „Ich war zuletzt für zehn Jahre in internationalen Funktionen im Management der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung in London, davon sechs Jahre als Vorstandsmitglied und Vizepräsident. In früheren beruflichen Phasen gehörte ich dem Kabinett eines der Vizepräsidenten der Europäischen Kommission an und arbeitete im Bundesministerium für Wirtschaft als Ministerialdirigent und Stellvertretender Leiter der Außenwirtschaftsabteilung. Auch war ich während einiger Jahre für die deutsche finanzielle Förderung des internationalen Airbusprojekts verantwortlich.“
Der Mann sollte also wissen, worüber er spricht. Hier ein Auszug aus seinem Skandinavien-Schwerpunkt:
Die Menschen sind schon merkwürdige Wesen: Über 100.000 Tote und mehrere Millionen Flüchtlinge interessieren die meisten nicht. Erst nachdem ein Einsatz von Giftgas bekannt wird, bei dem es etwa 1% zusätzliche Tote gibt, die Massenmedien aber groß damit aufmachen, weiss jetzt jeder, dass es in Syrien einen Bürgerkrieg gibt.
Um die irrationalen Menschen halbwegs zu verstehen, haben wir Bewohner des Erdreiches mehrere Arbeitsgruppen gegründet. Eine davon heisst MMM (Macht, Medien, Manipulation), die von Bonifaz Breitmaulfrosch geleitet wird. Eine Erkenntnis dieser Arbeitsgruppe lautet: Sei misstrauisch, wenn bei einem wichtigen Thema alle das Gleiche behaupten. Und: Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.
Den Mut haben wir und waren uns seit Mitte 2011 darüber im Klaren, dass sich in und um Syrien was Gewaltiges zusammenbraut. Denn da ist durch Wikileaks durchgesickert, dass „die Widerspenstigen unter den Arabern entweder eingekauft oder gestürzt werden sollten. Ziel ist ein „Neuer/Größerer Mittlerer Osten“, in dem ethnische und religiöse Gruppen gegen nationale arabische Politik gestärkt werden sollen. Der Plan stammt aus den Denkfabriken diverser Geheimdienste in den USA und Saudi-Arabien und wurde 2006 von der damaligen US-Außenministerin Condoleezza Rice öffentlich gemacht.“
Maßgeblich am Plan beteiligt ist Jeffrey Feltman. Wer den Namen nicht kennt: Jeffrey Feltman war zuletzt US-Botschafter im Libanon, Staatssekretär für den Nahen Osten im US-Außenministerium und ist seit 2012 „Berater“ von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon für den Nahen Osten.
In Deutschland stehen die Bundestagswahlen an. Was wir Bewohner des Erdreiches uns fragen: was wählen die Menschen und warum tun die das?
Mal davon abgesehen, wie der aktuelle Zustand der jeweiligen Parteien ist oder welche Koalitionen möglich und wünschenswert scheinen, dürfte es eigentlich nur zwei Motive für das Wählen einer bestimmten Partei geben.
Das eine Motiv ist rational-egoistisch: wer sorgt dafür, dass es mir am besten geht? Wie viel Geld muss ich an staatliche oder halbstaatliche Organisationen zahlen, welche Leistungen bekomme ich von diesen? Wer bewahrt oder verbessert die Qualität der Sachen, die mir wichtig sind, z.B. Schulen, Krankenhäuser, Straßen.
Das andere Motiv ist rational-altruistisch und lautet ungefähr so: wer sorgt dafür, dass das größt-mögliche Glück für die größt-mögliche Zahl an Menschen eintritt? Für diesen Gedankengang muss mensch noch nicht mal selbstlos sein – je mehr unkontrollierbare Unzufriedene es gibt, umso egaler ist es ihnen, was sie kaputt machen. Also: je zufriedener die Menschen, umso mehr lassen sie die anderen in Ruhe.
Da die Menschen aber alles andere als vernünftig sind, ignorieren sie diese rationalen Gründe und lassen sich von Emotionen beeinflussen. Und da uns bekannt ist, dass die meisten Menschen weder zuhören können noch wollen, wissen wir auch, dass menschliche Kommunikation zum größten Teil kein Austausch von Inhalten ist, sondern von Emotionen. Mensch weiss zwar nicht, was der andere gesagt hat, aber die zwei verstehen sich.
Letzten Sonntag war das große Fernsehduell zwischen der Kanzlerin und ihrem Herausforderer um das Kanzleramt. Und was war das alles beherrschende Thema danach? Krieg? Wirtschaft? Energie? Soziales? Innere Sicherheit? Das alles interessiert die wohl nicht. Was die interessiert, ist die Halskette der Kanzlerin.
Wenn wir Regenwürmer unseren Kumpels in Bayern einen Besuch abstatten, besuchen wir meistens in München das Grabmal des unbekannten SPD-Wahlkämpfers, an dem wir einen Kranz nieder legen. Einige können dann ihre Tränen nicht zurück halten, denn die Existenz der bayerischen SPD ist für uns so etwas wie ein Sinnbild der Sinnlosigkeit. Vielleicht ist das jetzt etwas übertrieben, aber unser Mitleid haben die bayerischen Genossen allemal verdient.
Na ja, für die Genossen im restlichen Bundesgebiet gilt unser Mitleid aber auch. Zwar dürfen die dort manchmal mitregieren, aber was die dann in der Regierung machen, treibt die einfachen Mitglieder dann auf diesem Wege in die Verzweiflung.
Einer, der seit Jahrzehnten an das Gute im Menschen und in der SPD glaubt, ist der Grafikdesigner und (seit 2006) Präsident der Akademie der Künste in Berlin, Klaus Staeck. Berühmt wurde er durch Plakate und Postkarten, die größtenteils aus Fotomontagen und einem kurzen Text bestehen. Oft mit sehr direkter politischer Aussage und manchmal hintergründig (über „Deutsche Arbeiter! Die SPD will euch eure Villen im Tessin wegnehmen“ werden manche Menschen etwas länger nachgedacht haben).
Natürlich eignen sich die Werke von Klaus Staeck wunderbar für den Wahlkampf. Aktuell gibt es große Aufregung über ein Postkatenmotiv von Klaus Staeck, das die Jusos in 100.000-facher Vervielfältigung vor den Fußballstadien verteilen. Zu sehen sind Angela Merkel und Uli Hoeneß mit dem Text „Glückwunsch, Uli! Wir Steuern das schon.“ Erst beschweren sich alle über den langweiligen Wahlkampf, dann über solch eine Aktion. Dem Gejaule nach muss damit wohl ein wunder Punkt getroffen worden sein.