„Auch ich blieb mit diesem großen Dichter und sonderbaren Menschen Bert Brecht bis zu seinem allzufrühen Tod – wenn auch immer nur von Zeit zu Zeit etwas näher – verbunden, und zu meinem fünfzigsten Geburtstag veröffentlichte er dieses Widmungsgedicht an mich:
DIE BÜCHERVERBRENNUNG
(Für Oskar Maria Graf)
Als das Regime befahl, Bücher mit schädlichem Wissen
öffentlich zu verbrennen und allenthalben
Ochsen gezwungen wurden, Karren mit Büchern
zu den Scheiterhaufen zu ziehen, entdeckte
ein verjagter Dichter, einer der besten, die Liste der
Verbrannten studierend, entsetzt; daß seine Bücher
vergessen waren. Er eilte zum Schreibtisch,
zornbeflügelt, und schrieb einen Brief an die Machthaber.
„Verbrennt mich!“ schrieb er mit fliegender Feder:
„Verbrennt mich!
Tut mir das nicht an! Laßt mich nicht übrig.
Habe ich nicht
immer die Wahrheit berichtet in meinen Büchern?
Und jetzt
werd ich von Euch wie ein Lügner behandelt!
Ich befehle Euch:
Verbrennt mich!“
Es erschien in New York im Juli 1944, als wir beide - weit voneinander lebend - schon lange Jahre des Exils hinter uns hatten, und es bezog sich auf meinen Protest gegen die Hitlerregierung, die damals bei ihrem berüchtigten Autodafé im Jahre 1933, dem die Bücher aller mißliebigen, regimefeindlichen Schriftsteller und Wissenschaftler zum Opfer fielen, ausgerechnet meine Bücher auf die Liste der „empfohlenen Werke“ gesetzt hatten. Der Erfolg war, daß nun die Münchner Studentenschaft in der Aula der Universität unter Beisein der Professoren meine Bücher gesondert verbrannte und ich von der Hitlerregierung „aus dem deutschen Reiche ausgebürgert“ wurde.“
Oskar Maria Graf, der vor 125 Jahren geboren wurde, war tatsächlich „einer der besten“ Dichter dieses Landes und mensch wird Schwierigkeiten haben, einen ähnlich Konsequenten und moralisch Integren wie ihn zu finden.