Banksy

Das berühmte Banksy-Schredderbild wird seit Dienstag erstmals in Deutschland präsentiert. Die erste Gelegenheit nutzten in Baden-Baden viele Besucher.

Vier Wochen lang wird das Werk im Museum Frieder Burda kostenlos in Baden-Baden gezeigt. Damit wolle das Museum Banksys Ansätzen einer Demokratisierung der Kunst folgen, so Direktor Henning Schaper. Danach zieht es weiter in die Staatsgalerie Stuttgart.

Am Abend zog das Museum eine erste Bilanz: Nach Angaben einer Sprecherin habe es einen großen Besucherandrang gegeben. Man hoffe nun auf etwa 20.000 zusätzliche Besucher in den kommenden vier Wochen.

Das Kunstwerk, auf dem ein kleines Mädchen mit wehendem Rock einen roten Herzballon steigen lässt, entstand bei einer medienwirksamen Kunstauktion im Herbst vergangenen Jahres: Nach dem Verkauf für 1,2 Millionen Euro wurde es in einem im Rahmen eingebauten Schredder eingezogen und zur Hälfte zerschnitten. Der Künstler gab dem Bild eine Woche später einen neuen Namen, es heißt nun "Love is in the bin", zu deutsch, "Die Liebe ist im Eimer" ...

Bereits gegen 10 Uhr hatten sich vor dem Museum die ersten Warteschlangen gebildet. Besucher kamen aus der Region, manche sogar aus dem europäischen Ausland angereist.“

https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/Schredderbild-erstmals-in-Deutschland-Banksy-Kunst-im-Burda-Museum-Baden-Baden,banksy-106.html

 

 

Streetart

 

Wikipedia“ über Streetart: „Als Streetart (auch: Street Art, seltener, da missverständlich Straßenkunst; vgl. dort) werden verschiedene, meist nichtkommerzielle Formen von Kunst im öffentlichen Raum bezeichnet, die nach der Absicht der Verursacher durchaus dauerhaft dort verbleiben sollten. Unter Streetart versteht man selbstautorisiert angebrachte Zeichen aller Art im urbanen Raum, die mit einem weiteren Personenkreis kommunizieren wollen. Die engere oder weitere Auffassung des Begriffes Streetart ist an deren kommerzielle Verwertbarkeit geknüpft. In Gegensatz zu Graffiti überwiegt oft der Bildteil, nicht das kunstvolle Schreiben/Malen des eigenen Namens …

Die Künstler bedienen sich verschiedener Medien (Marker, Pinsel und Malerrollen, Sprühdosen, Aufkleber, Poster etc.), um ihre Werke zu präsentieren. Häufig werden Wände bemalt und beklebt, doch auch Stromkästen, Laternen, Verkehrsschilder, Telefonzellen, Mülleimer, Ampeln und andere Stadtmöbel, sowie Bürgersteige und Straßen an sich und sogar Bäume – im Prinzip alle erdenklichen Untergründe – werden gestaltet. Dabei beschränkt sich die Streetart im Regelfall auf die Gestaltung von vorhandenen Flächen. Da sich die Techniken der Streetart mit denen des Graffiti oftmals überschneiden, ist es heutzutage schwierig, zwischen den beiden Begriffen zu unterscheiden.

Obwohl auch Auftragsarbeiten durch private Grundstückseigentümer oder auch Gemeinden wie etwa Blek le Rat, Tribute to Tom Waits in Wiesbaden (1983) entstehen, sind die Werke meist illegal angebracht. Deshalb ziehen es die meisten Künstler vor, anonym zu bleiben – oft kennen sich Mitglieder der Szene nur mit ihren Pseudonymen.

Die Motivation liegt für viele im Spaß an der Sache und der Möglichkeit, das eigene Umfeld auf anarchistische und/oder kreative Weise visuell mitzugestalten (vergleiche Reclaim the Streets), sowie einen künstlerischen Gegenpol zur omnipräsenten Werbung oder Gentrifizierung zu schaffen; für viele spielt wohl auch der egozentrische Hang, seinen (Künstler-)Namen möglichst oft zu verbreiten eine Rolle. Streetart wendet sich inhaltlich oft gegen Konsumismus, Kapitalismus und Öffentliche Ordnung. Die meisten Künstler verzichten jedoch auf eine konkrete Botschaft – „the medium is the message“.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Streetart

 

 

Banksy

 

http://www.banksy.co.uk/menu.asp

  

 

 

Banksy ist der wohl bekannteste und gleichzeitig mysteriöseste Graffiti-Künstler unserer Zeit: Er agiert seit jeher anonym, Name, Geburtsort, Biografie und Hintergrund des Street-Art-Künstlers sind nicht bekannt. Vermutet wird, dass der Künstler 1974 in Bristol geboren wurde, bestätigt wurde dies natürlich nie. Das einzige Bild, das man sich von Banksy machen kann, ist über seine Kunst.

Satirische und kritische Schablonen-Graffiti sind Banksys Markenzeichen: Eine Schere mit gestrichelter Linie zum "Ausschneiden" auf der Grenzmauer von Israel und Palästina, ein kleines Mädchen mit Gasmaske in Barcelona, ein Kriegs-Helikopter mit rosa Schleife in Shoreditch, passioniert knutschende Polizisten in Soho und immer wieder Ratten: Erstmals tauchten diese Bilder in den Neunzigern in den Straßen von Bristol auf, mittlerweile sind sie über die ganze Welt verteilt.

Für seine Kunst hat sich Banksy mit der Zeit immer neue Wege erschlossen, als nur Häuserwände und Brücken. So installierte er auf eigene Faust und zeitweise unbemerkt in berühmten Museen wie dem Londoner Tate Modern oder dem Metropolitan Museum of Art seine eigene Kunst – häufig blieb dies lange unbemerkt. 2005 wurde etwa im British Museum eine "Höhlenmalerei" entdeckt, die einen jagenden Menschen mit Einkaufswagen zeigt. Acht Tage hing das Werk, bevor es entdeckt wurde. Später ist das "Fake rock painting" in den Bestand des Museums übergangen.

Neben diesen Guerilla-Aktionen ist Banksy für jede Menge Dinge bekannt: Er hat 10-Pfund-Noten gedruckt, auf dem das Angesicht von Prinzessin Diana anstatt der Queen zu sehen ist unter dem Namen Banksy of England, und die mittlerweile auf Ebay für das zwanzigfache versteigert werden. 2006 hat er eine Version des Debütalbums von Paris Hilton in Plattenläden verteilt, bei der er das Artwork und der berühmte DJ Danger Mouse die Musik komplett verfremdet haben.

Ebenfalls 2006 installierte er die Figur eines Guantanamo-Häftlings in Disneyland – immerhin über eine Stunde lang stand die Installation. 2010 veröffentlichte er einen als Dokumentarfilm aufgemachten Film ("Exit Through The Gift Shop"), in dem der Streetart-Künstler Thierry Guetta versucht, eine Dokumentation über Banksy zu drehen. Natürlich erzählt der Film nichts über Banksy, sondern dokumentiert vielmehr, wie Guetta selbst unter dem Pseudonym Mr. Brainwash zum Streetart-Künstler wird. 2017 eröffnete Banksy ein Hotel in Bethlehem an der Grenzmauer, das mit "der schlechtesten Aussicht der Welt" wirbt. 2015 initiierte Banksy im Südwesten Englands Dismaland den wohl deprimierensten Vergnügungspark, den die Welt je gesehen hat. In dem "Familien-Freizeitpark, der für Kinder ungeeignet ist" waren etwa überladene Flüchtlingsboote zu sehen, die man zwar bewegen, aber nicht an Land bringen konnte oder eine Cinderella, die nach einem Unfall aus ihrer Kutsche hängt. Die Ausstellung mit den düsteren Kunstwerken war nur fünf Wochen geöffnet und mit nur 4.000 Tickets pro Tag ständig ausverkauft.

Banksy ist selbst mittlerweile ein Star des Kunstbetriebs, auch wenn er diesen in seinem Elitarismus verachtet. Seiner generellen Abneigung gegen den Kunstbetrieb hat er 2018 mit einer spektakulären Aktion Ausdruck verliehen: Bei einer Auktion von Sotheby’s wurde eines seiner berühmtesten Bilder versteigert: "Girl with Balloon". Als der Hammer bei umgerechnet 1,8 Millionen Euro fällt, zerstörte sich das Bild durch einen im Rahmen eingebauten Shredder bis zur Hälfte selbst. Der Plan war, wie Banksy später auf seinem Instagram- und YouTube-Kanal bekanntgab, dass sich das Bild komplett zerstörten sollte.

Eins ist klar: Streetart à la Banksy ist mittlerweile äußerst rentable Kunst. Trotzdem kann man sich als Sprayer treu bleiben. Oder wie er selbst sagt: "Eine Wand war schon immer der beste Ort, um Kunst zu präsentieren." ("Wall and Piece", Banksy, 2006)“

https://web.de/magazine/unterhaltung/thema/banksy

 

 

 

Politische Kunst

 

 

 

So politisch ist Banksys Kunst: Bankys jüngstes Graffito in London reiht sich ein in die Reihe seiner politischen Kunstwerke. Ein Überblick in Bildern (Januar 2016):

Ein Passant vor dem jüngsten Banksy-Werk in London. Das Graffito befindet sich gegenüber der französischen Botschaft und zeigt die Figur Cosette aus Victor Hugos Roman "Les Miserables" - umhüllt von Wolken aus Tränengas. Es ist eine Anspielung auf den Einsatz der französischen Polizei, die in einem Flüchtlingscamp in Calais Tränengas gegen dessen Bewohner eingesetzt hatte.“

https://www.sueddeutsche.de/kultur/street-art-so-politisch-ist-banksys-kunst-1.2834857

Schon im letzten Jahr hatte Banksy die Bedingungen in Calais kritisiert. An eine Wand des Flüchtlingscamps sprühte er ein Bild von Steve Jobs, der einen Apple-Computer in der Hand trägt und einen Müllbeutel auf dem Rücken. Banksy äußerte sich dazu: "Wir werden oft dazu gebracht zu glauben, Migration belaste die Ressourcen des Landes, aber Steve Jobs war der Sohn eines syrischen Migranten (...) Apple ist das profitabelste Unternehmen auf der Welt - und es existiert nur, weil ein junger Mann aus Homs reingelassen wurde."“

https://www.sueddeutsche.de/kultur/street-art-so-politisch-ist-banksys-kunst-1.2834857-2

Im Spätsommer 2015 eröffnete Banksy in Weston-super-Mare bei Bristol "Dismaland" - eine Parodie auf den Freizeitpark Disneyland. Auch in dieser bisher größten Ausstellung des Künstlers gab er sich politisch. Das Bild zeigt eine Skulptur von einem Flüchtlingsboot.“

https://www.sueddeutsche.de/kultur/street-art-so-politisch-ist-banksys-kunst-1.2834857-3

 

 

 

Einen plakativeren Ort für seine Kunst hätte sich Banksy wohl kaum aussuchen können: in Bethlehem, unweit der Mauer in der West Bank, die Israel und Palästina voneinander trennt. Oder wie Banksy selbst sagt: "Das ultimative Urlaubsziel für Graffiti-Künstler."“

https://www.sueddeutsche.de/kultur/street-art-so-politisch-ist-banksys-kunst-1.2834857-4

Eines der berühmtesten Werke von Banksy findet sich ebenfalls im Westjordanland, in Bethlehem. Ein junger Mann im Straßenkampf, das Gesicht halb verhüllt mit einem Halstuch. Doch statt eines Molotow-Cocktails oder Steins hält er einen Strauß bunter Blumen in der Hand. Die Botschaft ist simpel: Hoffnung statt Hass, Leben statt Zerstörung. Damit hat es Banksys Werk auf T-Shirts, Bücher und iPhone-Hüllen geschafft.“

https://www.sueddeutsche.de/kultur/street-art-so-politisch-ist-banksys-kunst-1.2834857-5

"Gerechtigkeit für Gaza!" Unter dieses Motto stellte Banksy im Februar vergangenen Jahres eine Reihe von Graffiti im Gaza-Streifen. An einer Hausecke prangt das Bild eines Wachturmes, der sich in ein Kettenkarussell verwandelt hat. Zu den Wandgemälden veröffentlichte er einen Videoclip, der den kriegsgeplagten palästinensischen Küstenstreifen in bitterböser Satire als neues Touristen-Ziel anpreist.“

https://www.sueddeutsche.de/kultur/street-art-so-politisch-ist-banksys-kunst-1.2834857-6

Als würde die Katze entspannt mit einem Wollknäuel spielen - der ist aber aus Rost- und Drahtstäben. Banksy verknüpft auf diesem Bild Cat Content mit einer politischen Botschaft. Er schreibt dazu in seinem Blog: "Ein Einheimischer hat gefragt, was das bedeuten soll und ich erklärte ihm, dass ich mit Bildern auf meiner Website auf die Zerstörung in Gaza hinweisen möchte - aber im Internet achten die Menschen nur auf Bilder von Katzenbabys."“

https://www.sueddeutsche.de/kultur/street-art-so-politisch-ist-banksys-kunst-1.2834857-7

März 2017: „Der britische Street-Art-Künstler Banksy hat am Freitag ein Hotel im Westjordanland eröffnet.

Die Unterkunft mit dem Namen "The Walled Off Hotel" in unmittelbarer Nähe zur israelischen Grenzanlage verfügt über zehn Zimmer, von denen einige mit Arbeiten des anonymen Künstlers verziert sind und von denen man teilweise auf die Grenzmauer schaut. Laut Banksy-Website soll am Samstag Elton John im Hotel auftreten, später Fatboy Slim und 3D von Massive Attack.

Laut "Guardian" ist das Hotel mehr als eine Kunstinstallation und soll tatsächlich in Betrieb gehen. Der Ort wird von Israel kontrolliert, kann also auch von Israelis besucht werden, die mehr über das Leben der Palästinenser erfahren möchten.“

https://www.monopol-magazin.de/banksy-er%C3%B6ffnet-hotel-bethlehem

 

 

 

Mai 2017: „Der britische Street-Art-Künstler Banksy hat ein monumentales Brexit-Kunstwerk an einer Hauswand in der britischen Hafenstadt Dover hinterlassen.

Das Wandbild tauchte am Sonntag in der Stadt am Ärmelkanal auf. Es stamme tatsächlich von Banksy, bestätigte eine Sprecherin des Künstlers der Deutschen Presse-Agentur. Es wurde offenbar über Nacht gemalt.

Darauf zu sehen ist eine mehrere Meter hohe quadratische EU-Flagge, aus der ein Handwerker einen Stern heraus meißelt. Ein Foto davon erschien am Sonntag auch auf dem verifizierten Instagram-Account Banksys. Der Hafen von Dover gilt seit jeher als Tor nach Großbritannien.“

https://www.monopol-magazin.de/banksy-hinterlaesst-brexit-kunstwerk-dover

Januar 2019: „Wenn Banksy auf deiner Garage ein Werk sprüht, kann das Fluch und Segen sein: Nach stressigem Rummel hat ein walisischer Stahlarbeiter ein Wandbild des Streetart-Künstlers für eine sechsstellige Summe verkauft …

Das Graffiti war kurz vor Weihnachten an der Garagenwand eines Stahlarbeiters aufgetaucht. Darauf zu sehen ist ein kleiner Junge mit einem Schlitten, der mit ausgebreiteten Armen und herausgestreckter Zunge vermeintliche Schneeflocken auffängt. Blickt man um die Ecke, wird klar, dass es sich nicht um Schnee, sondern um einen Ascheregen aus einem brennenden Container handelt, der auf den Jungen herabrieselt. In Port Talbot steht das größte Stahlwerk Großbritanniens.

20.000 Menschen sollen schon zur Garage gepilgert sein, um sich das Werk anzusehen, einige davon mit Hammer und Meißel ausgestattet, um es abzuklopfen. Für den Garagenbesitzer Ian Lewis war dieser Andrang "sehr surreal und stressig." Deshalb sei er jetzt sehr erleichtert, so der Arbeiter, dass er dieses "Gewicht auf seinen Schultern" los sei.

Laut Brandler habe Lewis höhere Angebote abgeschlagen und sei nur deshalb auf seine Offerte eingegangen, weil das Werk so in Talbot bleibe. Der Galerist will es aber an einem anderen Ort, ins Zentrum der Stadt bringen, wo der Besucheransturm niemanden störe.“

https://www.monopol-magazin.de/banksy-werk-garagenwand-wales-fuer-sechsstellige-summe-verkauft

 

Die Auktion

 

 

 

Jamin Schneider: „Stellt euch vor, Banksy macht was und keiner geht hin oder schreibt gezwungen kritisch darüber. Seit eines seiner Gemälde bei Sotheby’s für eine Million Pfund versteigert wurde und nur Sekunden nach dem Hammerschlag durch einen Schredder ging, zerreißen sich Kritiker und Feuilletonisten fleißig die Mäuler, um ihre kritische Sicht auf die Aktion publik zu machen (niemand will ja einen Artikel lesen, in dem man einfach mal lobt).

Natürlich kann man schnell ein paar Schlüsse ziehen und die ganze Nummer als populistischen Sell-out betrachten. Quasi als Nagel in Banksys Sarg. Die Aktion, mit der er das Ruder übersteuert hat. Aber es lohnt sich, an ein paar wesentliche Kritikpunkte einen zweiten oder auch dritten Gedanken zu verschwenden – und dann zu erkennen, wie genial Banksy immer noch ist.

Kritikpunkt 1: „Wie absurd der Kunstmarkt mittlerweile ist!“

Ja eben! Jemanden wie Banksy zu unterstellen, dass er die Mechanik des Konzepts Kunstmarkt nicht versteht, ist naiv. Das zerstörte Kunstwerk (Girl With a Balloon) war binnen kurzer Zeit am Markt doppelt so viel wert wie zum Zeitpunkt der Versteigerung (nämlich ca. zwei Millionen britische Pfund). Die Aktion (meiner Meinung nach ist es viel eher eine glorreiche Performance) hat Aufsehen erregt, das öffentliche Interesse ist gewaltig, der reiche Käufer wird noch reicher und der Kunstmarkt freut sich ein Loch in den verwöhnten Bauch.

Wäre der Wert durch das Schreddern nicht gestiegen oder gar stark gesunken, hätte Banksy seine Kunst vor der Kommerzialisierung gerettet und ,nur‘ ein symbolisches Zeichen gesetzt. Durch die Wertsteigerung hingegen führt er uns die Absurdität des Kunstmarktes vor Augen: absolute Wertsteigerung durch eigentliche, objektive Wertminderung (Zerstörung des Objekts).

Kritikpunkt 2: „Das war eine populistische Aktion!“

Banksy hat auf Instagram ein Video mit inzwischen über acht Millionen Views gepostet, in dem man sieht, wie er (angeblich vor Jahren) einen Schredder in einen Rahmen mit dem Gemälde einbaut, „falls es mal versteigert werden sollte“. Vorangestellt ist ein Zitat von Picasso: „The urge to destroy is also a creative urge“.

Ja, das kann man einfach populistisch finden, vor allem, wenn man Banksy kritisieren will, weil alle ihn immer kritisieren wollen. Aber diese Engstirnigkeit verhindert vielleicht, dass man das riesige Ironie-Schild sieht, mit dem der Künstler einem vor dem Gesicht herumwedelt. Er hätte ja auch ein anderes Zitat auswählen oder selbst etwas Schickes sagen können. Er hat sich aber für ein bekanntes Zitat eines noch bekannteren Künstlers entschieden. Um sein bekanntes Gemälde bei einem der bekanntesten Auktionshäuser zu versteigern. Das ist kalkulierter Populismus, um eben jenen zu kritisieren. Was Banksy hier parodiert ist, dass der Kunstmarkt Künstler immer mehr zu Unternehmern macht und vor Kommerz strotzt. Hauptsache groß, viel und mehr. Weiter, schneller, besser. Romantik? Fehlanzeige.

Kritikpunkt 3: „Sotheby’s muss doch davon gewusst haben!“

Na und? Hier kommt doch gerade Banksys wahre Glanzleistung ins Spiel. Dass Sotheby’s von dem Streich gewusst haben muss, steht für viele außer Frage. Und einige Punkte sprechen ganz klar dafür. Das darf man aber nicht zu voreilig mit einem negativen Etikett versehen und als Ausverkauf Banksys interpretieren.

Dass das traditionsreiche Londoner Auktionshaus seinen ganz eigenen Nutzen aus den Geschehnissen zieht, ist offensichtlich. Die Nachbeben der Auktion haben eine PR-Maschinerie in Gang gesetzt, wie sie nur unsere durch Social Media diktierte Medienwelt hervorrufen kann. Das öffentliche Interesse ist wahnsinnig. Es hagelt Likes, Klicks und Links.

Aber kann es nicht sein, dass Banksy Sotheby’s reingelegt beziehungsweise vorgeführt hat? Dass er das alles köstlich, ironisch und aufschlussreich findet? Dass eine Institution auf dem Kunstmarkt, die das Medium eigentlich lieben und schätzen sollte, Nutzen aus der wortwörtlichen Zerstörung eines Werkes zieht? Die Beteiligung von Sotheby’s macht das Ganze nur umso grandioser. Denn wenn Verantwortliche von Banksys Vorhaben wussten, dann entschieden sie sich bewusst dazu, Aufmerksamkeit gegen Kunst zu tauschen. Mehr Symbolismus geht kaum: der totale Ausverkauf der Kunstwelt. Und jetzt spielt die weltweite Kulturelite wegen der absoluten Nichtigkeit ein paar Tage verrückt.

Und, last but not least, das kleine Meisterstück: Banksy hat die Geschichte so inszeniert, dass Zweifel über die Involviertheit des Auktionshauses bestehen bleiben können. Anfangs sieht es nach einer Ein-Mann-Arbeit aus. Stimmen werden laut. Ein kleines Detektivspiel fängt an. Storytelling auf höchstem Niveau. Publikumswirksamkeit a là carte. Populismus vom Feinsten. Aus den richtigen Gründen. Von vielen leider falsch verstanden.“

https://www.jetzt.de/kultur/banksy-aktion-bei-sotheby-s-bloedsinn-oder-genial

 

 

 

Fragen an den Bilderkritiker Georg Seeßlen: Ein Mädchen, das einem Herzballon hinterherschaut – das ist ja nun eigentlich ziemlich kitschig. Wie kann es sein, dass ein Bild, das eher an die IKEA-Dekoabteilung erinnert, für knapp eine Million Pfund verkauft wird?

Das erinnert ein wenig an den "Ist das Kunst oder kann das weg?"-Kalauer. Aura und Charisma eines Kunstwerks speisen sich aber aus sehr unterschiedlichen, manchmal sogar widersprüchlichen Impulsen. Was für den einen nichts als ein Pop-Zitat gebrauchsgrafischer Konvention ist, das ist für den anderen eine Wiedergewinnung von Direktheit und Unschuld in der Kunst, oder für die dritte ein kolossal gelungener Witz, für die vierte ein hoch selbstreferenzieller Akt der Appropriation und so weiter. Jedes Kunstwerk ist eine doppelte Frage an die Adressaten: Was bedeute ich (euch)? und: Was bin ich (euch) wert? Die Frage ist nun: Wer antwortet? Ist es ausschließlich ein exklusiver Kunstmarkt, der Werke wie Kapitalanlagen mit Risiken und Chancen der Wertsteigerung behandelt? Ist es ein "Kunstbetrieb", die so genannte artworld aus Kuratoren, Journalisten, Galeristen, die in geschlossenen Zirkeln Bedeutung und Wert eines Kunstwerks ausdiskutieren (Irrtümer und Sackgassen eingeschlossen)? Oder ist es eine mehr oder weniger kunstaffine Öffentlichkeit, also eine demokratische Resonanz, die sich nach Geschmack und Wissen ein mittleres Urteil bildet (und an den Rändern immer wieder Raum lässt für ganz und gar abweichende Meinungen)? Wahrscheinlich ist es ein kompliziertes Ineinander der drei Instanzen. Banksy freilich hat eine ganz eigene Formen- und Themensprache entwickelt (in der Humor eine wichtige Rolle spielt). Man erkennt eine Arbeit von ihm sofort. Bedeutung und Wert eines Banksy sind daher immer auch in Beziehung zu anderen Banksys, zu einer Künstler-Biographie namens Banksy zu sehen. Banksy macht nicht nur Kunst, er ist Kunst. Jedes Bild, jeder Auftritt ist Teil dieses Meta-Kunstwerkes, Teil von etwas, das Joseph Beuys wahrscheinlich unter seine Vorstellung von der "sozialen Plastik" eingereiht hätte. Das kann man mögen oder nicht. Nur ignorieren kann man es nicht.

Kunstmarktexperten gehen inzwischen davon aus, dass sich der Wert des Bildes durch seine "Zerstörung" nun mindestens verdoppelt hat – ist das realistisch?

In einer Fetischisierung des "Originals" ist das sich selbst zerstörende Kunstwerk vermutlich zugleich die Erfüllung der Fantasie vom "Einmaligen" als auch ihr Ende. Was indes den Wert so nachhaltig steigert, ist vielleicht der Umstand, dass die Zerstörung nicht vollständig gelang (oder gelingen sollte). Im jetzigen Zustand zeigt das Bild sowohl sich selbst als auch den Prozess der Zerstörung. Es ist also weder ein "fertiges" Bild (das man fälschen, reproduzieren oder verleihen kann) noch ist es ausschließlich temporäres Ereignis, eine surrealistische oder dadaistische Performance, ein Gestus der Anti-Haltung, sondern etwas zwischen alledem, ein Höhepunkt von "Authentizität". Ob das so intendiert war? Banksy sagt nein. Daran, dass man nun einen gefrorenen Augenblick einer künstlerischen Performance hat, was übrigens nicht nur für einen mehr oder weniger irrationalen, mehr oder weniger "perversen" Kunstmarkt von Bedeutung ist, sondern durchaus auch als Ausstellungsstück im Museum oder sogar für den Kunstunterricht, ändert das wenig. Wie man es auch dreht und wendet: Das Stück sagt etwas aus über die Widersprüche zwischen Kunstmarkt, Kunstbetrieb und Kunstinteresse von uns normalen Menschen. Würde man da allerdings eine eindeutige Aussage erwarten, würde man das falsche von der Kunst erwarten.

Die Käuferin möchte das Bild behalten und begreift es als "ein Stück Kunstgeschichte" – ist das nicht ein bisschen übertrieben?

Warum sollte das übertrieben sein? Jedes Bild, auch das verkorkste, ruinierte oder veränderte, ist Teil der Kunstgeschichte. Vielleicht ist aber auch gemeint, dass es ein Stück im Kunst-Diskurs ist. Dann ist die Frage sehr einfach zu beantworten, nämlich dahingehend, ob die Beziehung zwischen Kunst, Kunstmarkt und Kunstbetrieb vorher und nachher anders gesehen wird, oder ob alles beim alten bleibt. Die Antwort liegt also nicht im Bild selbst, sondern in der Reaktion darauf. Dass wir, einschließlich vieler Menschen, die ansonsten gar nicht übermäßig an Kunst-Diskussionen interessiert sind, so angelegentlich über die ganze Angelegenheit streiten, zeigt zumindest die Möglichkeit auf, dass uns da irgend etwas von tieferem Interesse begegnet.

Das Aktionshaus Sotheby's wiederum feiert das sich selbst zerstörende Bild als "erstes Kunstwerk der Geschichte, das während einer Auktion live entstanden ist". Ist die Idee wirklich so neu?

Nein, schon William Turner hat an seinen Bildern noch während der großen Kunstausstellung in London gearbeitet, und das galt damals nicht weniger als provokativ. Tatsächlich ging es auch damals schon darum, zu belegen, dass ein Kunstwerk einerseits sowieso nie "fertig" ist (auch Michelangelo, van Gogh oder Paul Klee werden immer wieder neu gesehen und verändern sich durch den Zusammenhang, in dem sie gesehen werden) und das andererseits etwas davon immer noch dem Künstler "gehört". Spätere Eingriffe des Künstlers sind Teil der Kunst-Mythologie, bis hin zu E.T.A. Hoffmanns Gruselgeschichte vom "Cardillac", der sich von seinen Werken nicht trennen konnte. Worum es geht, ist, dass Kunstwerke nicht einfach nur Objekte sind, die den Besitzer wechseln.

Nach der Aktion kommentierte Banksy ein Bild von der Aktion auf Instagram mit den Auktionatorworten "going, going, gone" – wie ist das wohl gemeint?

Poetischer kann man ja kaum den Zusammenhang von Verkaufen und Zerstören ausdrücken.

Sotheby’s gibt sich ahnungslos, will weder in die Aktion eingeweiht noch daran beteiligt gewesen sein. Den im Rahmen versteckten Schredder habe man nicht bemerkt, weil Banksy darum gebeten habe, den Rahmen als Teil des Kunstwerkes nicht zu entfernen. Glauben Sie das?

Sotheby's selbst inszeniert sich vollkommen widersprüchlich, nämlich zugleich als ahnungsloses Opfer und als komplizenhafter Mit-Künstler. Das hat sicher mit der Doppelfunktion in Markt und Betrieb zu tun. Ein Auktionshaus ist ein Ort, an dem dies und jenes gesagt werden kann und darf, die Wahrheit gehört meiner Ansicht nicht unbedingt dazu. Auf jeden Fall hat man es geschafft, nicht als "blamiert" da zu stehen. Vielleicht nimmt das der Sache ein wenig die satirische Schärfe, es hilft uns andererseits aber auch dabei, sie nicht auf ein bloßes "Des Kaisers neue Kleider"-Narrativ zu reduzieren. Wenn es nur darum gegangen wäre, den Kunstmark "bloßzustellen", wäre der Aufwand wohl vergeudet.

Den Zuschlag erhielt die angebliche Bieterin über Telefon. Inzwischen geht das Gerücht um, Banksy selbst wäre sowohl Einlieferer als auch Käufer gewesen. Was sagen Sie dazu?

Alle Gerüchte werden Teil des Meta-Kunstwerks Banksy.

Sie haben Künstler wie Banksy 2011 in einem Beitrag für das Magazin "konkret" "Genie der Selbstvermarktung", aber auch "Genie des Selbstverrats"genannt. Wie ist das gemeint?

Es entsteht ein neuer Widerspruch dadurch, dass Künstler nicht mehr allein primäre Produzenten sein wollen, sondern über ihren Weg in die Öffentlichkeit und über ihre Wert-Bestimmung auf dem Markt zumindest mitbestimmen wollen. Dabei entsteht ein neuer Künstler-Typus, der zugleich Produzent, Vermittler, Performer, Agent und Unternehmer in eigener Sache ist (natürlich nicht ohne einschlägige Beratung bei alledem); was einen Aspekt der Emanzipation hat, hat konsequenterweise auch einen der Korruption. Wenn vorher die Kunst die Frage nach ihrer Vermarktbarkeit in sich trug (die Erzeugung von "unverkäuflicher Kunst" ist dabei durchaus als Ideal entstanden), dann wird nach dieser Wandlung, die bezeichnenderweise in der Brit Art der Thatcher-Ära am eindrücklichsten geschah, die Vermarktung selbst zum Teil der Kunst. Wahrscheinlich passiert das meiste davon zwischen den Antipoden Damien Hirst und Banksy. Keiner von ihnen hat eine endgültige Lösung zu bieten, beide sind, gerade in ihrer Unterschiedlichkeit, gute Fragesteller. Beide parodieren den Kunstmarkt, wenn auch von verschiedenen Seiten her. Der eine wie ein "Animator", der die Blödheit seiner Kunden selber kaum fassen kann, der andere als "Aktivist", der immer wieder zu einem politischen und moralischen Bewusstsein der Kunst zurückkehrt.

Hat Banksy mit seiner Schredder-Performance inklusive Wertsteigerung den Kunstmarkt denn nun erfolgreich persifliert, oder im Grunde nur selbst ziemlich clever bedient?

Aus dieser Falle kommt höchstens jemand wie Herbert Achternbusch heraus, der ganz radikal einfach nichts mehr macht. Wer widerspruchsfrei in der artworld leben will, muss auf Kunst verzichten oder so tun, als gebe es die Widersprüche nicht. In der Kunst ist ja nur verschärft, was im Alltag und im Beruf für jeden von uns gilt: Kritische Distanz und "Mitmachen", um des eigenen Überlebens willen, Teil von etwas zu sein, das man kritisieren und verändern möchte, Ideen haben, die von falschen Personen und falschen Institutionen zu falschen Zielen verwendet werden usw. Einer wie Banksy macht diesen Widerspruch immerhin sichtbar: Kreativität, sogar kritische Energie ist der Rohstoff unserer Zeit. Auch in der "Kreativwirtschaft" gilt das Rezept, dass die besten Ideen für das System von jenen stammen, die das System im Grunde ihres Herzens ablehnen. Jede Idee zum Kunstmarkt, und sei sie noch so kritisch, muss es irgendwie zu diesem Kunstmarkt schaffen, um überhaupt zur Kenntnis genommen zu werden. Dass er mit seiner Aktion eine Öffentlichkeit geschaffen hat, die über den engen Zirkel der artworld hinaus geht, diesen vielleicht sogar kritisch beobachten kann, ist ein Erfolg. Im übrigen ist die Kritik an der Kapitalisierung der Kunst keineswegs die Forderung danach, dass Künstlerinnen und Künstler sich durch Hunger und Selbstausbeutung legitimieren sollen.

Banksys Arbeiten bestehen meist aus sehr plakativen Aussagen zu aktuellen, oft politischen Themen. Eine zweite Ebene, die über das unmittelbar Abgebildete hinausgeht, beinhalten sie selten. Ist das eigentlich wirklich Kunst oder nur stilvoller Aktionismus?

Die Beziehung zwischen Kunst und Aktivismus wird, will mir scheinen, derzeit neu definiert. Der Raum der Kunst verändert sich ebenso wie das, was man "Öffentlichkeit" nennt. Die Kunst ist immer, allerdings derzeit in einem schon prekären Stadium, eine Art kulturelles Schlachtfeld zwischen privater Aneignung und öffentlicher Wirkung. Und um den Kreis zu schließen: Was "wirklich Kunst" ist, wird in ziemlich komplizierten Beziehungen und Verhandlungen bestimmt. Es ist wichtig, diesen Prozess nicht einfach fatalistisch zu akzeptieren, oder, umgekehrt, sich einfach ausgeschlossen zu fühlen, von einer artworld, die macht was sie will. Gerade in ihrer Uneindeutigkeit, ihrer Widersprüchlichkeit sehe ich in Banksys Aktion eine Einladung, an dem Diskurs teil zu haben, die Fetischisierung und Kapitalisierung in der Kunst nicht unwidersprochen hinzunehmen. Wirklich Kunst ist das, was uns als solche gilt. Meine persönliche Meinung: Ja, Banksy macht wirklich Kunst."

https://www.monopol-magazin.de/banksy-macht-nicht-nur-kunst-er-ist-kunst

 

 

 

Jubiläum

 

Der Wurm freut sich über diese, die 300. Ausgabe seiner kleinen Kolumne und feiert in den Worten von Ion Creanga (siehe http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/130-subversiver-maerchen-erzaehler.html ):

 

Und der Wurm hatte fertig und sah, dass es gut war.

 

Um sein Glück zu sehen, kam nun alle Welt,

Mond und Sterne lachten ihm vom Himmelszelt.

 

Zum Abendmahl hat er geladen

 

Eidechs, Habicht und Juchtenkäfer,

Hoher Tiere auch nicht wenig

Und auch der, der dies erzählt.

Armer Teufel ohne Geld.

Unter ihnen allen herrschte große Freude,

Aßen doch und tranken selbst die armen Leute.

 

Und dieser Jubel dauerte Jahre und hält auch heute noch an. Bei uns aber trinkt und ißt nur der, der Geld hat; wer aber keins hat, sieht zu und darbt.

 

 

Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm