Risse im Meinungs-Kartell

https://www.youtube.com/watch?v=EErlgvoveew

 

Wg. aussichtsloser Lage hat Frauke Brosius-Gersdorf ihren Verzicht zur Kandidatur als Verfassungs-Richterin bekannt gegeben. Beschädigt sind SPD und Union.

Im Blickfeld umso mehr steht die Frage für die Zukunft, wer Verfassungsrichter werden kann oder soll bzw. wer darüber bestimmen kann.

 

Blamage im 1. Anlauf

 

Ralf Schuler: „Wenn man versucht das Fazit des „Brosius-Gersdorf-Skandals“ zu ziehen, fällt in der Tat ein Teil der auslösenden Verantwortung auf die Unionsfraktion zurück, die den Sprengstoff in der Personalie hätte ERkennen und die Stimmung an der eigenen Basis nicht so krass hätte VERkennen dürfen. Die mit der Personalfindung betrauten Juristen der Fraktion hätten die Potsdamer Professorin intensiver prüfen und rechtzeitig Alarm schlagen müssen. Die Fraktionsspitze hätte der SPD kein OK geben dürfen und schon gar nicht bei sich abzeichnendem Scheitern noch den Unionsleuten im Richterwahlausschuss die Zustimmung empfehlen sollen.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich Koalitionäre nicht wissentlich und willentlich gegenseitig überfordern sollen. Mit anderen Worten: Die SPD wusste, dass sie der Union eine politische Zumutung als eine Art Gefolgschaftstest abverlangte. Genau an dieser Stelle legt der Eklat die diametral entgegengesetzte und dem gemeinsamen Regieren nicht zuträgliche Gemütslage der Koalitionspartner schonungslos offen: Die Union geht von einem gemeinsamen Projekt der „demokratischen Mitte“ aus, die SPD hat die Union längst als Ziel im „Kampf gegen Rechts“ in ihren Argwohn eingeschlossen oder gar ins Visier genommen …

Wie wichtig die Besetzung der Verfassungsrichterposten mit linken Aktivisten für die Macht-Strategie der SPD ist, kann man ebenfalls an den wütenden Reaktionen auf die Blockade durch die Union ablesen. FAZ-Redakteur Daniel Deckers fasst den Vorgang so zusammen: „Zu diesem als Husarenstück gedachten Teil eines von der SPD gemeinsam mit Grünen und Linkspartei angezettelten Kulturkampfs hätte die Union allein aus Gründen der Selbstachtung niemals ihr Einverständnis geben dürfen. So aber hat die Parlamentsfraktion mit der Verhinderung der Richterwahl die Ehre der Partei gerettet – auch wenn der Preis, den die Beteiligten dafür zahlen mussten, ein hoher ist.“ Und man kann hinzufügen: Der Preis wird steigen und noch in vielen Raten der koalitionären Unterwerfung zu zahlen sein.“

https://www.nius.de/politik/news/fall-brosius-gersdorf-fuer-union-nicht-ausgestanden/d761547c-32cb-43cc-9b61-738870142e37

 

Boris Reitschuster: „Manchmal schreibt sich der Wahnsinn von selbst. Oder besser: Er wird geschrieben – von Journalisten, die offenbar völlig vergessen haben, wie oft sie selbst in eben jenem Modus agieren, den sie anderen jetzt empört vorwerfen.

Der „Spiegel“ hat am 15. Juli einen bemerkenswerten Text veröffentlicht. Titel: „Diese Akteure stehen hinter der Netzkampagne gegen Brosius-Gersdorf.“ Inhalt: Menschen haben Mails geschrieben. Medien haben berichtet. Politiker haben reagiert. Und das alles – halten Sie sich fest – nicht im Sinne der SPD.

Das Ergebnis? Ein publizistischer Notruf, als würde Karlsruhe gerade von Telegram-Gruppen übernommen.

Doch was genau empört den „Spiegel“ eigentlich so sehr? Und wie schafft es ein Blatt, das selbst seit Jahren an publizistischen Frontlinien kämpft, plötzlich in die Rolle des schutzbedürftigen Opfers zu schlüpfen?

Ich habe den Text einmal Zeile für Zeile gelesen – keine angenehme Aufgabe, wie ich gestehen muss. Aber immerhin müssen Sie das nun nicht mehr tun. Bei dieser Fleißarbeit habe ich zwölf besonders aufschlussreiche Passagen herausgegriffen. Sie stehen pars pro toto für eine Denk- und Schreibweise, die Kritik zur Kampagne erklärt, legitime Zweifel zur Desinformation uminterpretiert – und dabei genau jene Methoden anwendet, die sie anderen vorwirft.

Hier die kleine Dechiffrierung eines großen Selbstbetrugs.

Zitat 1:

„Vorausgegangen war dem Eklat eine orchestrierte Aktion von Abtreibungsgegnern, rechten Medien und dem Umfeld der AfD.“

Man ahnt es sofort: Wer nicht für Brosius-Gersdorf ist, muss Teil eines rechten Netzwerks sein. Dass die Kritik an ihrer Kandidatur auch aus der CDU kam – geschenkt. Dass sogar die „FAZ“ Zweifel meldete – irrelevant. Hauptsache, man kann den Komplex in ein sauberes Feindbild pressen: Abtreibungsgegner, Rechte, AfD. Fertig ist der medienmoralische Dreiklang des Bösen.

Zitat 2:

„Nicht nur in den Postfächern der Abgeordneten, auch in den sozialen Netzwerken hatte vorher ein Sturm gegen Brosius-Gersdorf getobt.“

Sie merken: Wenn es gegen einen linken Kandidaten geht, ist es ein „Sturm“. Wenn „Correctiv“, „Tagesspiegel“ oder „Monitor“ mit dem Holzhammer auf missliebige AfD-nahe Juristen eindreschen, ist das hingegen investigativer Journalismus. Willkommen in der Welt der semantischen Doppelmoral.

Zitat 3:

„War das Scheitern der Wahl von Frauke Brosius-Gersdorf wirklich das Ergebnis einer orchestrierten Kampagne?“

Eine interessante Frage – zumal man sie nie hört, wenn linke NGOs Kampagnen gegen konservative Richter, Ärzte oder Professoren lostreten. Der mediale Konsens lautet dort: Gut so, endlich mal Druck! Aber wehe, Bürger mit anderen Werten nutzen dieselben Werkzeuge.

Zitat 4:

„Der Nachrichtendienst X steche als Diskursarena unter allen Plattformen besonders heraus.“

Früher hieß das: Twitter ist der Ort für progressiven Protest. Heute ist X eine „Diskursarena“, in der sich „rechtspopulistische Kampagnen“ tummeln. Man könnte auch sagen: Die Plattform ist nicht mehr so gefiltert wie früher – und genau das ist das Problem aus Sicht derer, die am liebsten das Meinungsmonopol hätten.

Zitat 5:

„Dabei wurden ihre vermeintlich linksextremen Positionen im Detail analysiert und dramatisiert.“

Kennen Sie das noch? Die Zeit, als ein alter Facebook-Post oder ein Interview-Schnipsel aus Studienzeiten ausreichte, um CDU-Männer in die ewige mediale Verdammnis zu schicken. Heute nennt man dieselbe Methode „Dramatisierung“ – weil sie sich gegen eine SPD-Kandidatin richtet.

Zitat 6:

„Es beschädigt unsere Demokratie, wenn rechtsextreme Kampagnen mehr Einfluss auf die Unionsfraktion haben als Friedrich Merz und Jens Spahn.“

Nein, liebe Spiegel-Autoren: Es ist Ausdruck von Demokratie, wenn gewählte Abgeordnete auf den Protest von Bürgern reagieren. Demokratie ist nicht das Durchwinken rot-grüner Personalvorschläge unter moralischem Zwang. Und wenn Merz oder Spahn in ihrer Fraktion keinen Rückhalt für diese Personalie hatten, ist das kein Rechtsruck – sondern schlicht Politik.

Zitat 7:

„Niemals dürfe man zulassen, dass hoch qualifizierte Kandidatinnen durch rechtsextreme Kampagnen zerstört werden.“

Kennen Sie noch den Namen Christian Dettmar? Der „Maskenrichter“, dessen Karriere und Leben medial, juristisch und beruflich systematisch vernichtet wurden – von exakt jenen, die heute plötzlich gegen „Zerstörungskampagnen“ wettern. Nein, hier weint kein Demokrat. Hier jammert ein Monopolist, dem seine Lieblingswaffe aus der Hand gerissen wurde.

Zitat 8:

„Besonders Parteichefin Alice Weidel und ihre Fraktionskollegin Beatrix von Storch hatten im Netz gegen Brosius-Gersdorf agitiert.“

Und das ist jetzt… überraschend? Skandalös? Oder einfach nur ein normaler demokratischer Vorgang? Parteien äußern sich zu Richterkandidaten – das gehört zum Spiel. Dass das nun als Vorwurf kommt, und noch dazu ausgerechnet von denen kommt, die sonst jeden CDU-Vorschlag mit einem Faktencheck zerlegen, macht die Absurdität perfekt.

Zitat 9:

„Die Szene der Abtreibungsgegner ist, im Gegensatz zu den USA, hierzulande nicht besonders wirkmächtig.“

Mit anderen Worten: Die Bürger, die sich an der Kampagne beteiligt haben, dürfen das eigentlich gar nicht – weil sie angeblich keinen Einfluss haben. Und wenn sie ihn doch haben, ist es illegitim. Was für ein Denken steckt dahinter?

Zitat 10:

„Einige CDU-Abgeordnete haben in der FAZ anonym ihre Ablehnung signalisiert.“

Interessant: In linken Kontexten nennt man so etwas „mutigen Widerspruch gegen Parteidisziplin“. Hier aber wird selbst das anonyme Zögern zum Verdachtsmoment. Weil es die falsche Kandidatin trifft.

Zitat 11:

„Brosius-Gersdorf hält eine Entkriminalisierung der Frühabtreibung für verfassungsrechtlich zulässig.“

Eine zulässige Meinung. Aber eben keine unumstrittene. Und damit ist sie automatisch politisch – und nicht mehr bloß „hoch qualifiziert“. Wer in politische Debatten eingreift, muss mit politischem Widerspruch leben. Auch wenn er Jura-Professorin ist.

Zitat 12:

„Das wäre nur der Auftakt für weitere Zerstörungs-Kampagnen.“

Das klingt, als würde ein Kartellchef die Konkurrenz entdecken. Nur dass diese Konkurrenz aus Bürgern, Alternativmedien und kritischen Abgeordneten besteht. Nicht aus Lobbyisten, Spendengebern oder Parteisekretären. Genau deshalb ist sie gefährlich – aus Sicht jener, die sich lange ungestört für das Gute hielten.

Am Ende bleibt die Ironie des Ganzen: Diejenigen, die politische Gegner seit Jahren mit medialen Anklagen, moralischen Tribunalen und „zivilgesellschaftlichem“ Aktivismus überziehen, stehen plötzlich fassungslos da, wenn diese Methoden gegen sie selbst gewendet werden. Es ist nicht der Rechtsstaat, der bröckelt. Es ist das Meinungskartell, das Risse bekommt.

Und das ist – bei aller Ernsthaftigkeit – ein durchaus erfrischendes Signal. Nicht, weil Brosius-Gersdorf „zerstört“ wurde. Sondern weil das Monopol auf Empörung endlich gefallen ist.“

https://reitschuster.de/post/wenn-linke-opfer-ihrer-eigenen-waffen-werden-und-aufheulen/

 

Rückzug von der Kandidatur

 

https://rumble.com/v6wcchi-brosius-gersdorf-und-das-team-wissenschaft.html

 

Tobias Riegel: „Frauke Brosius-Gersdorf hat bekanntgegeben, nicht mehr als Kandidatin für das Amt als Bundesverfassungsrichterin zur Verfügung zu stehen. Mehr dazu, zu ihrer Begründung und zu den formalen Folgen der Entscheidung findet sich etwa in diesem Artikel bei der Tagesschau.

Die Dynamik, die zum Rückzug von Brosius-Gersdorf geführt hat, wird nun vor allem von SPD und Grünen als rechte Kampagne bezeichnet, die eine hochqualifizierte Kandidatin „aus der Mitte der Gesellschaft“ so beschädigt habe, dass sie nun indirekt zum Verzicht gezwungen worden sei.

Ralf Stegner (SPD) erklärte, dass dieser Tag „als der Sieg des rechten Mobs in die Geschichte eingehen“ wird. Die SPD-Chefin und Arbeitsministerin Bärbel Bas sprach von einer „Hetzkampagne, die uns Sorgen machen muss“. Was Brosius-Gersdorf durch „rechte Netzwerke“ habe erdulden müssen, sei „beispiellos“. Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler bezeichnete den Rückzug von Brosius-Gersdorf als „Ergebnis einer rechtsextremen Kampagne“. Die Grünen-Fraktionschefinnen Katharina Dröge und Britta Haßelmann erklärten, es sei „absolut inakzeptabel und ungeheuerlich, dass eine so angesehene Juristin von CDU und SPD für das Bundesverfassungsgericht während dieses Verfahrens von Lügen, Desinformationen und einer hetzerischen Kampagne derart getroffen wurde“. Und die Linken-Innenpolitikerin Clara Bünger sagte, es sei „kein gutes Zeichen für den Zustand unserer Demokratie, dass die rechte Hetzkampagne schlussendlich Erfolg hatte“.

Auch manche Medien argumentieren in diese Richtung: Die taz schreibt, der Rückzug von Frauke Brosius-Gersdorf sei „ein Sieg der rechten Hetzer“. Selbstverständlich darf dort auch diese Unterstellung nicht fehlen:

„Es ist die Stunde der Antifeministen.“

Bei diesen Zitaten schwingt mit, dass es keine seriösen inhaltlichen Kritikpunkte an Äußerungen von Brosius-Gersdorf geben würde, sondern dass die ganze Debatte irrational und ausschließlich auf Kampagnen und „rechte Hetze“ zurückzuführen sei. Diese Darstellung ist zurückzuweisen: Man muss nicht politisch rechts eingestellt sein, um einige Positionen von Brosius-Gersdorf scharf zu kritisieren.

Diese Feststellung ändert aber wiederum nichts daran, dass die Debatte um die Juristin zum Teil enthemmt, verletzend und schrill geführt wurde und dass in meinen Augen viele der rechten Argumente gegen Brosius-Gersdorf – etwa zu den Themen Abtreibung oder Kopftuchverbot – nicht zielführend sind, wie ich bereits im Artikel „Kulturkampf um die designierte Verfassungsrichterin Frauke Brosius-Gersdorf“ geschrieben hatte.

Aber das lässt die anderen Kritikpunkte an der Juristin nicht verschwinden. So hat Brosius-Gersdorf während der Zeit der unangemessenen Corona-Politik in einem Papier argumentiert, dass eine allgemeine Impfpflicht nicht gegen das Grundgesetz verstoßen würde. „Man kann sogar darüber nachdenken, ob mittlerweile eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Einführung einer Impfpflicht besteht“, hieß es in dem Papier laut Medienberichten weiter. Auf weitere ihrer sehr fragwürdigen Positionen zur Impfpflicht ist die Berliner Zeitung in diesem Artikel detailliert eingegangen. Meiner Meinung nach hat Brosius-Gersdorf durch einige der dort geschilderten Standpunkte sogar noch innerhalb der extremen Corona-Politik eine extreme Position eingenommen.

Brosius-Gersdorf war im Juli 2024 bei der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ – dort hatte sie zu einem möglichen AfD-Verbot gesagt: Ein Verbotsverfahren sei ein „ganz starkes Signal unserer wehrhaften Demokratie“. Auch diese Aussage spricht nicht für eine gesellschaftlich ausgleichende Haltung, die einer designierten Verfassungsrichterin angemessen wäre: Ein AfD-Verbot wäre in meinen Augen drastisch und politisch kontraproduktiv – es würde außerdem das Signal senden, dass die „Altparteien“ lieber zum extremen Mittel des Parteienverbots greifen, als dass sie sich endlich politisch den Interessen der Bürger zuwenden. Mehr zur AfD-Verbotsdebatte findet sich auf den NachDenkSeiten unter anderem in diesem Artikel oder in diesem Artikel.

Noch ein Wort zur wiederholten Feststellung, Brosius-Gersdorfs Haltungen würden „der Mitte der Gesellschaft“ entspringen: Diese angebliche Mitte hat sich massiv radikalisiert. Bei den Bereichen Aufrüstung, Energieversorgung, Zensur, Verteuerung des Alltags, neoliberale Wirtschaftsordnung und vielen anderen Themen vertritt diese „Mitte“ geradezu extremistische Positionen. Und: Die sich selber „Parteien der Mitte“ nennenden Politiker haben durch ihre Politik die AfD erst groß gemacht – und das absolut voraussehbar. Der von dieser Seite ausgerufene „Kampf gegen Rechts“ ist in seiner realen Form absurd und kontraproduktiv: Er macht die Rechten erst stark. Gleichzeitig sind manche „Linksliberale“ alles andere als „links“. Im Artikel „Kulturkampf um die designierte Verfassungsrichterin Frauke Brosius-Gersdorf“ heißt es außerdem:

„‚Parteien der Mitte‘ – das hört sich immer so ausgleichend an. Inzwischen hat sich aber eben diese ‘Mitte’ zum Teil radikalisiert. Brosius-Gersdorf scheint sich in diesem Teil der ‚Mitte‘ besonders wohl zu fühlen, das deuten zumindest ihre einerseits angepassten und andererseits radikalen Positionen zu Impfpflicht und AfD-Verbot an.“

Albrecht Müller hat zu den Beteuerungen, Brosius-Gersdorf gehöre der „demokratischen Mitte“ an, in diesem Artikel geschrieben:

„Brauchen wir Personen in wichtigen Ämtern wie als Richterin am Bundesverfassungsgericht, die beispielsweise die aktuelle Einkommens- und Vermögensverteilung entsprechend dem Denken der ‚gemäßigten Mitte‘ für grundsätzlich in Ordnung halten? (…) Brauchen wir beim Bundesverfassungsgericht Personen der ‚gemäßigten Mitte‘, die im Blick auf den Kapitalmarkt von marktwirtschaftlichen Verhältnissen sprechen, obwohl einige wenige große Kapitalsammelstellen wie BlackRock schon mit relativ geringen Anteilen das Geschehen beherrschen?“

Öffentliche Schlammschlachten wie die um Brosius-Gersdorf sind menschlich belastend und sie sind von außen betrachtet kein schönes Schauspiel, dessen Folgen für Betroffene und ihr Umfeld hier nicht verniedlicht werden sollen. Ich fühle in solchen Situationen mit den Personen, die in eine verletzende Medien-Dynamik hineingeraten, auch dann, wenn ich ihre inhaltlichen Positionen ablehne. Ich finde andererseits allerdings auch, dass man nicht allzu überrascht sein sollte, wenn sich das Haifischbecken, in das man steigt, dann auch als Haifischbecken herausstellt.

Es gibt aktuell schwere Plagiats-Vorwürfe gegen Brosius-Gersdorf, die Universität Hamburg hat laut Medien ein Prüfverfahren gestartet. Ob die Vorwürfe des selbsternannten „Plagiatsjägers“ Stefan Weber seriös sind, bleibt abzuwarten – Brosius-Gersdorf geht nun laut Medien juristisch dagegen vor.

Brosius-Gersdorf ist nicht wehrlos: Sie hatte zahlreiche wütende Kontrahenten, die in ihrem Furor teils unfair, unseriös und persönlich verletzend ausgeteilt haben, was zu kritisieren ist – aber sie hat auch viele mächtige Fürsprecher in Medien und Politik. Sie durfte sich im Juli 2025 sogar als einziger Gast bei der Talkshow Markus Lanz selber promoten – ein banaler Werbe-Auftritt in eigener Sache, der angesichts des höchstrichterlichen Amtes, das sie damals angestrebt hatte, als unangemessen einzuordnen ist.

Offensichtlich wirkt Brosius-Gersdorf provozierend auf viele Bürger – und eben nicht nur auf solche, die sich als rechtsextrem einordnen würden. Für mich erscheint sie wie eine besonders eifrige Vertreterin einer „radikalisierten Mitte“, ich finde sie darum für den ausgleichenden Job als Verfassungsrichterin ungeeignet. Um zu diesem Standpunkt zu kommen, braucht es keine „Kampagne eines rechten Mobs“.

https://www.nachdenkseiten.de/?p=137157

 

Janine Beicht: „Die Nominierung von Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht war ein politisches Manöver der linken Parteien und endete im Fiasko. Ihr Rückzug entlarvt nicht nur die Schwächen einer ideologisch getriebenen Politik, sondern auch die Unfähigkeit der schwarz-roten Koalition, die Grundfesten der Demokratie zu schützen. Hinter den Kulissen offenbart sich ein Geflecht aus politischen Machtspielen, medialen Narrativen und der gefährlichen Instrumentalisierung der Justiz, das die Gewaltenteilung massiv untergräbt.

Frauke Brosius-Gersdorf, eine Potsdamer Jura-Professorin, hat ihre Kandidatur für das Bundesverfassungsgericht zurückgezogen. In ihrer Stellungnahme spricht sie von „reiflicher Überlegung“ und dem Wunsch, die beiden anderen Kandidaten, den CDU/CSU-nominierten Günter Spinner und die SPD-Kandidatin Ann-Katrin Kaufhold, schützen zu wollen.

„Nach reiflicher Überlegung stehe ich für die Wahl als Richterin des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr zur Verfügung. […] Mir wurde aus der CDU/CSU-Fraktion – öffentlich und nicht-öffentlich – in den letzten Wochen und Tagen sehr deutlich signalisiert, dass meine Wahl ausgeschlossen ist. Teile der CDU/CSU-Fraktion lehnen meine Wahl kategorisch ab. Zudem droht ein Aufschnüren des „Gesamtpakets“ für die Richterwahl, was die beiden anderen Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht gefährdet, die ich schützen möchte.“

Doch die Realität ist weniger nobel: Massive Vorbehalte innerhalb der CDU/CSU-Fraktion, Plagiatsvorwürfe und eine eskalierende Debatte über ihre ideologischen Positionen machten ihre Wahl unmöglich. Der Rückzug war kein Akt der Selbstlosigkeit, sondern eine Kapitulation vor einer aussichtslosen Lage.

Die SPD, unterstützt von Grünen und Linken, hatte Brosius-Gersdorf trotz wachsender Kritik verbissen verteidigt. SPD-Chef Lars Klingbeil betonte:

„Die SPD hat immer zu dieser exzellenten Kandidatin gestanden. Diejenigen, die am Ende nicht zu ihrem Wort innerhalb der Koalition gestanden haben, müssen dringend aufarbeiten was da passiert ist. So ein Vorfall darf sich nicht wiederholen.“

Doch die blinde Loyalität der SPD offenbart ein gefährliches Missverständnis: Die Partei scheint zu glauben, dass parteipolitische Treue über die Unabhängigkeit des höchsten Gerichts steht. Brosius-Gersdorfs Rückzug ist ein Eingeständnis, dass ihre Nominierung ein Fehler war, nicht nur wegen der Plagiatsvorwürfe, sondern auch wegen ihrer polarisierenden Ansichten zu Abtreibung, AfD-Verbot und Impfpflicht.

Plagiatsvorwürfe: Ein akademischer Super-GAU

Im Zentrum des Skandals steht die Dissertation, mit dem Titel „Deutsche Bundesbank und Demokratieprinzip“ von Brosius-Gersdorf aus dem Jahr 1997. Der österreichische Plagiatsprüfer Stefan Weber hat in einem 86-seitigen Bericht 91 Textübereinstimmungen mit der Habilitationsschrift ihres Ehemannes Hubertus Gersdorf und dessen früheren Publikationen dokumentiert. Die Vorwürfe sind brisant: Weber vermutet, dass Gersdorf als Ghostwriter fungierte.

„Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das „Ghostwriting“ von Hubertus Gersdorf für die Dissertation seiner Frau (weit?) über das hier dokumentierte Ausmaß hinausgeht.“

Experten wie Gerhard Dannemann und Roland Schimmel bestätigen die „augenfälligen“ Parallelen, auch wenn gerichtlich haltbare Beweise für Ghostwriting schwierig sein könnten.

Die Universität Hamburg, die Brosius-Gersdorf den Doktortitel verlieh, hat eine Prüfung angekündigt. Sollten die Vorwürfe zutreffen, drohen ihr der Verlust des Titels und ihrer Professur an der Universität Potsdam. Ein solcher Super-GAU würde auch der Universität Potsdam massiven Schaden zufügen, die bislang schützend hinter ihrer Professorin Brosius-Gersdorf stand und damit ihre eigene Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzt.

„Die Leitung der Universität Potsdam hat ihrer Professorin Dr. Frauke Brosius-Gersdorf unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe ihre nachhaltige Unterstützung zugesagt. Sie hält an dieser Haltung auch unter Maßgabe der neuesten Entwicklungen ohne jede Einschränkung fest. An der Universität sind zahlreiche E-Mails zu den Vorgängen der letzten Tage eingegangen, überwiegend Solidaritätsbekundungen für Frau Prof. Brosius-Gersdorf, aber auch negative Rückmeldungen bis hin zu Schmähungen und Beleidigungen. Mehrere verdächtige Päckchen wurden der Polizei übergeben. Präsident Prof. Oliver Günther, Ph.D.: Frau Professorin Brosius-Gersdorf ist eine hoch renommierte Verfassungsjuristin, und die Universität Potsdam ist ausgesprochen stolz darauf, sie in ihren Reihen zu wissen. Ich hoffe, dass Frau Brosius-Gersdorf auch weiterhin für eine Wahl als Richterin am Bundesverfassungsgericht zur Verfügung steht. Die Art und Weise, wie mit einer auch persönlich in jeder Hinsicht integren Wissenschaftlerin umgegangen wird, wirft einen dunklen Schatten auf die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse.“ (Stellungnahme Universität Potsdam)

Statt die Vorwürfe inhaltlich zu entkräften, setzt Brosius-Gersdorf auf juristische Drohgebärden: Ihre Anwälte bezeichnen Webers Bericht als „grob rechtswidrig“ und fordern eine Unterlassungserklärung. Diese Strategie, Kritiker mundtot zu machen, ist ein Armutszeugnis für eine angeblich „integre Wissenschaftlerin“. Weber selbst blieb gelassen und bezeichnet die Unterlassungsforderung des Anwalts Gernot Lehr als „stümperhaft“. Er betont, dass ein Gerichtsurteil die Vorwürfe nur weiter zementieren könnte, da die textlichen Übereinstimmungen empirisch belegt seien.

Ideologische Schlagseite: Abtreibung, AfD-Verbot und Impfpflicht

Brosius-Gersdorfs Positionen zu zentralen Themen sind der Kern der Kontroverse. Ihre Aussage, die Menschenwürde gelte erst ab Geburt, steht im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das den Schutz des ungeborenen Lebens als Teil der Menschenwürde betrachtet.

In einer Regierungskommission zur Reform des Abtreibungsrechts argumentierte sie, ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen sei grundrechtskonform, da das ungeborene Leben „existenziell abhängig“ vom Körper der Schwangeren sei. Diese Haltung öffnet die Tür für eine weitgehende Liberalisierung von Abtreibungen, ein Schritt, der ethisch und verfassungsrechtlich höchst umstritten ist.

„Anders als der geborene Mensch ist das Ungeborene nicht allein lebensfähig, sondern bis zur Lebensfähigkeit ex utero bzw. bis zur Geburt existenziell abhängig vom Organismus der Schwangeren, d. h. von dem weiteren Austragen der Schwangerschaft. Das Ungeborene ist für seine Lebensfähigkeit angewiesen auf die körperliche Einheit mit der Schwangeren. Erst ab Lebensfähigkeit ex utero ist das Ungeborene bei entsprechender medizinischer Behandlung allein lebensfähig und nicht mehr auf die leibliche Einheit mit der Schwangeren angewiesen. Diese existenzielle Abhängigkeit des Ungeborenen vom Körper der Schwangeren legt es nahe, dass das Lebensrecht pränatal mit geringerem Schutz zum Tragen kommt als für den geborenen Menschen.“ (Frauke Brosius-Gersdorf / Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs)

Ebenso problematisch ist ihre Haltung zu einem möglichen AfD-Verbot. In der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ forderte sie ein solches Verbot und bedauerte, dass damit „nicht die Anhängerschaft beseitigt“ werde. Diese Formulierung löste selbst beim Moderator Entsetzen aus, der daraufhin nachhakte, ob sie Menschen „eliminieren“ wolle. Brosius-Gersdorf ruderte zurück, doch ihre Aussage, AfD-Mitgliedern Grundrechte wie das passive Wahlrecht entziehen zu wollen, blieb stehen. Eine solche Position ist nicht nur politisch brisant, sondern lässt ihre Unabhängigkeit mehr als nur fraglich erscheinen. Als potenzielle Richterin im Zweiten Senat, der über ein AfD-Verbot entscheiden würde, erscheint ihre Neutralität fraglich. Ihre Nominierung wirkt wie ein kalkulierter Versuch der SPD, das Verfassungsgericht für politische Zwecke zu instrumentalisieren.

Während der Corona-Pandemie sprach sich Brosius-Gersdorf, in einer Stellungnahme, für eine allgemeine Impfpflicht aus und schlug vor, Ungeimpften die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu streichen.

„Eine allgemeine Impfpflicht gegen das Covid-19-Virus verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Man kann sogar darüber nachdenken, ob mittlerweile eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Einführung einer Impfpflicht besteht. Es ist Aufgabe des Staates, die große Mehrheit der Bevölkerung, die freiwillig geimpft ist, wirksam davor zu schützen, dass ihre Gesundheit, ihre persönliche Freiheit sowie ihre berufliche und wirtschaftliche Existenz weiterhin von Ungeimpften bedroht wird.“

Diese Einschätzung, die sie gemeinsam mit ihrem Mann, dem Juristen Hubertus Gersdorf, verfasste, war wissenschaftlich mehr als fragwürdig. Die Annahme, dass Ungeimpfte eine Bedrohung sind, wurde später widerlegt. Brosius-Gersdorf sprach sich für einen massiven Eingriff in individuelle Freiheitsreche aus und schlug sogar vor, Ungeimpften die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu streichen und sie teilweise an den Kosten einer Corona-Behandlung zu beteiligen.

"Führt der Gesetzgeber eine allgemeine Impfpflicht ein, sind Sanktionen bei Verstößen gegen die Impfpflicht vorzusehen. In Betracht kommen neben der Verhängung von Bußgeldern insbesondere die Einführung und konsequente Durchsetzung einer 1 G-Regel sowie der Wegfall der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Hierfür müsste wohl nicht einmal das Entgeltfortzahlungsgesetz geändert werden, weil die Verletzung einer gesetzlichen Impfpflicht ein Fall der verschuldeten Arbeitsunfähigkeit sein dürfte."

Mediale Doppelmoral und politische Manöver

Die Reaktion der Mainstreammedien ist ein Lehrstück in Voreingenommenheit. ARD, MDR oder auch der Deutschlandfunk stilisierten die Kritik an Brosius-Gersdorf als „rechte Kampagne“, während sie der Kandidatin prominente Bühnen wie die Talkshow von Markus Lanz boten.

„Gegen die Richterkandidatin Brosius-Gersdorf gab es es eine Kampagne, die vor allem über weit rechts stehende Onlineplattformen verbreitet wurde. Das Ziel: Die Juristin aus dem Spiel zu nehmen.“ (Tagesschau)

Medien wie „Der Spiegel“ oder „Correctiv“ zeigten sich auffallend zurückhaltend, die Plagiatsvorwürfe objektiv zu prüfen, und lenkten stattdessen auf politische Nebenschauplätze.

„Alle Debatten, die jetzt im Nachhinein über die Juristin geführt werden, gehen am eigentlichen Thema vorbei. Denn die bewusste Diffamierung sah fast nach einer gelungenen Kampagnen-Übung aus, das Vertrauen in den demokratischen Diskurs zu zerstören. Die Fragen lauten daher: Wer ist der oder die nächste?“ (Correctiv)

Diese Schutzreflexe zeigen, wie eng Politik und Medien verflochten sind, wenn es darum geht, eine ideologisch genehme Kandidatin zu verteidigen.

Die SPD, unterstützt von Grünen und Linken, eskalierte die Debatte zu einem ideologischen Showdown. SPD-Fraktionsvorsitzender Matthias Miersch sprach von „übler Propaganda“, während Grüne-Politiker die Ablehnung der Kandidatin als Angriff auf Frauen stilisieren.

„Nur weil üble Propaganda gemacht wird, wechseln wir keine Kandidatin aus. Ich will es hier ganz deutlich sagen: Wenn der rechte Mob damit durchkommt, machen wir einen Riesenfehler. Wir haben hier eine gemeinsame Verantwortung.”

Diese Narrative dienen dazu, inhaltliche Kritik zu delegitimieren und moralischen Druck aufzubauen. Die Union hingegen zeigt Schwäche: Statt die ideologischen Implikationen klar zu benennen, flüchtet sie sich in Ausreden und verpasst die Chance, die Unabhängigkeit des Gerichts zu verteidigen.

Die Krise der Koalition und der Demokratie: Ein Weckruf für die Bürger

Die Affäre um Brosius-Gersdorf und Kaufhold ist kein Personalstreit, sondern ein unübersehbares Symptom für den Zerfall der Demokratie. Die gescheiterte Richterwahl hat die schwarz-rote Koalition entlarvt. Die SPD klammerte sich bis zuletzt an ihre Kandidatin. Die Union unter Merz und Spahn duckte sich weg und verweigerte jede klare Position. Der Rückzug Brosius-Gersdorfs ist nur eine kosmetische Notlösung. Neue ideologisch ebenso verbohrte Kandidaten stehen schon in den Startlöchern.

Diese Nominierungen sind Teil einer gezielten Politisierung des Verfassungsgerichts. SPD, Grüne und Linke wollen linientreue Juristen installieren, um politische Projekte wie ein AfD-Verbot oder die Liberalisierung von Abtreibungen durchzudrücken. Das zerstört die Gewaltenteilung und frisst das Vertrauen in die Justiz von innen auf. Die Union steht vor der Entscheidung, ob sie die Unabhängigkeit des Gerichts verteidigt oder sich dem nächsten schmutzigen Kuhhandel beugt.

Der Fall Brosius-Gersdorf ist ein Prüfstein für die Integrität staatlicher Institutionen. Plagiatsvorwürfe, ideologische Scheuklappen und parteipolitische Hörigkeit schreien nach Aufklärung. Unabhängige Medien und eine kritische Öffentlichkeit müssen Druck machen. Die Universität Hamburg muss objektiv prüfen. Die Bürger haben Anspruch auf ein Verfassungsgericht, das als Bollwerk der Neutralität steht und nicht als Erfüllungsgehilfe parteipolitischer Machtgier missbraucht wird.“

https://apolut.net/ruckzug-einer-kandidatin-und-krise-der-demokratie-der-fall-brosius-gersdorf-von-janine-beicht/

 

Ist die Wahl der Verfassungs-Richter reformierbar?

 

Alexander Neu: „Durch den Skandal um die SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf wird deutlich, dass die Wahl der Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht vielleicht doch parteipolitischer ist, als die Verfassungsväter und -mütter dies im Sinn gehabt hatten. Wenn sich also Bundestagsfraktionen, zumal regierungstragende Fraktionen, auf Kandidaten einigen, die Opposition jedoch leer ausgeht, kann dies einen etwas merkwürdigen Eindruck hinterlassen. Zwar greift die Politik nicht in die Urteilsfindung der Richter ein. Wenn aber Richter nach ihrer Rechtsüberzeugung und somit mehr oder minder auch politischen Gesinnung – und das stellt ja der Fall Brosius-Gersdorf anschaulich dar – gewählt oder abgelehnt werden, so ist die Befürchtung nicht gänzlich von der Hand zu weisen, dass die Fraktionen sich von „ihrem“ Kandidaten und dann gewählten Richter dann doch etwas erhoffen könnten. Interessant hierzu auch die Stellungnahme des Staatsrechtlers Rupert Scholz.

Wie auch immer: Der Skandal um die Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf schadet nicht nur dem Ansehen ihrer Person, sondern könnte auch dem Ansehen des höchsten deutschen Gerichts schaden. In ihrer Erklärung zu ihrem Rückzug äußert Brosius-Gersdorf unter anderem:

6. Lässt sich die Politik auch künftig von Kampagnen treiben, droht eine nachhaltige Beschädigung des Verfahrens der Bundesverfassungsrichterwahl. Die fachliche Kompetenz als zentrales Entscheidungskriterium darf nicht von öffentlichen Diskussionen über vermeintliche politische Richtungen oder angebliche persönliche Eigenschaften überlagert werden, zumal wenn diese ohne Tatsachenbezug erfolgen. In Zukunft sollte das Verfahren der Richterwahl mit mehr Verantwortungsbewusstsein praktiziert werden. (Quelle: ZDF heute)

Diese Feststellung klingt für mich als ehemaligen Politiker, der acht Jahre im Deutschen Bundestag saß, etwas seltsam:

Politikern zu erklären, dass sie unpolitische (Personal-)Entscheidungen treffen sollen, ist etwa so, als ob man einem Formel-1-Fahrer auf der Piste erklärt, er möge nicht so schnell fahren.

Angesichts dieses Skandals sollte die Diskussion eröffnet werden, ob 76 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes eine Neubewertung des Auswahlverfahrens von Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht nicht doch überlegenswert ist, bei dem die Legislative und faktisch die Exekutive eben nicht das Personal der Judikativen – hier das Bundesverfassungsgericht – nach ihren Vorstellungen wählt. Es würde einerseits den Anspruch der horizontalen Gewaltenteilung stärken und andererseits auch die Kandidaten vor politisch motivierten Angriffen schützen.

Hinzu kommt: Der wachsende Wählerzuspruch für die AfD eröffnet ein Szenario, in dem die AfD perspektivisch über eine Sperrminorität verfügen, damit zur Wahl gestellte Kandidaten der anderen Fraktionen blockieren und diese Blockade als Verhandlungsgrundlage zur Wahl „eigener“ Kandidaten nutzen könnte. Eine dauerhafte Nichtneubesetzung des Bundesverfassungsgerichts käme einer Staatskrise gleich.

Welche alternativen Verfahren denkbar sind, müssten Experten eruieren. Eine Möglichkeit wäre, die 16 Bundesverfassungsrichter aus allen 16 Bundesländern zu bestimmen. Konkret: Jedes Bundesland entsendet einen Verfassungsrichter, wodurch auch der Ansatz der vertikalen Gewaltenteilung gewahrt werden würde.

Die Auswahl dürfte ebenfalls nicht durch politische Organe wie ein Landesparlament stattfinden. Stattdessen könnten amtierende Richter der jeweiligen Verfassungsgerichtsbarkeit, also Richter mit entsprechender Verfassungsrechtserfahrung, entsandt und ernannt werden. Weitere Verfahren sind denkbar, in denen Rechtswissenschaftler mit nachgewiesenem wissenschaftlichen Schwerpunkt „Verfassungsrecht“ bei der Auswahl auf Landesebene berücksichtigt werden könnten.“

https://www.nachdenkseiten.de/?p=137280

 

Dagmar Henn: „Kennen Sie noch die Geschichte vom Kreidekreis? Stritten sich zwei Frauen um ein Kind; jede behauptete, es sei das ihre. Der Streit kam vor Salomo als Richter. Der befahl, einen Kreidekreis auf den Boden zu malen, stellte das Kind in die Mitte und sagte, die Frau, die es auf ihre Seite ziehe, sei die Mutter. Als es darum ging, am Kind zu ziehen, ließ eine der beiden jedoch los. Woraufhin Salomo erklärte, sie sei die wahre Mutter des Kindes – weil ihr das Wohl des Kindes wichtiger sei als der Sieg in diesem Rechtsstreit.

Es ist eine Geschichte, an der sich viele Vorstellungen zeigen lassen, die man idealerweise mit der Gestalt des Richters verbindet. Der Raum, in dem Salomo in dieser Geschichte agiert, ist der zwischen dem abstrakten Prozess und der tieferen menschlichen Wahrheit, und interessanterweise nutzt er die Macht über den Prozess gegen sie selbst, denn er als der Herr des Verfahrens behauptet eine Regel, deren Gegenteil er meint und letztlich umsetzt. Was ihn als Idealbild des guten Richters erscheinen lässt, ist sein Bestreben, die tiefere menschliche Wahrheit zu finden.

Und nun zu Brosius-Gersdorf, die jetzt ihre Kandidatur fürs Bundesverfassungsgericht zurückgezogen hat. Wobei das entscheidende Argument in ihrer Erklärung zu diesem Rückzug wohl in diesem Satz steht:

"Zudem droht ein Aufschnüren des 'Gesamtpakets‘ für die Richterwahl, was die beiden anderen Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht gefährdet, die ich schützen möchte."

Man könnte das auch anders formulieren. Ihr Rückzug ist ein Mittel, das vielleicht die Debatte ausbremst, die in der Auseinandersetzung um ihre Person langsam in den Vordergrund zu rücken drohte. Der Elefant im Raum, die Frage, die plötzlich der Besetzung des Bundesverfassungsgerichts so viel mehr Aufmerksamkeit verlieh als je zuvor; die Frage, die sich letztlich hinter den offener angesprochenen Themen, der Qualität ihrer Doktorarbeit wie ihrer Position zur Abtreibung, verbirgt: das Elend der Corona-Jahre.

Brosius-Gersdorf hatte auch hier Stellung bezogen, für eine Impfpflicht, für eine finanzielle Belastung Ungeimpfter; die Berliner Zeitung hat diese Aussagen erst jüngst wieder in Erinnerung gerufen. Der Kommentator verweist freundlicherweise sogar darauf, dass Brosius-Gersdorf zumindest in einer Talkshow von Lanz erklärt hat, sie käme heute vielleicht zu anderen Positionen. Ist das Einsicht? Vor allem ist das Einsicht in einem Maß, das ihre radikale Linientreue damals kompensiert?

Es ist schwer, ihr zuzusehen; ihre Mimik ist eigenartig starr, und wenn sie spricht, fehlen die kleinen Momente des Zögerns, die auf ein Abwägen hinweisen. Man wartet auf einen Augenblick der Selbstironie wie auf eine Erlösung, die aber nie eintritt. Oder auf ein erkennbares Gefühl, zumindest. Nicht, dass diese ins Roboterhafte gehende Unpersönlichkeit ein Merkmal wäre, das nur Brosius-Gersdorf auszeichnet, das ist schon fast eine Mode der Zeit, sofern es die politischen Eliten in der EU betrifft; aber dennoch – das ist vermutlich der Grund, warum mir die Geschichte vom Kreidekreis durch den Kopf geht, jedes Mal, wenn ich sie sehe.

Wenn der Verlauf der Auseinandersetzung um ihre Kandidatur eines belegt hat, dann, wie tief die Wunden immer noch gehen, die Corona in der Gesellschaft geschlagen hat, und wie stark nach wie vor die Sprechverbote dazu wirken. Denn das deutlichste Argument, sie nicht in der Rolle der Verfassungsrichterin sehen zu wollen, ist ihre Haltung in der Corona-Zeit. Die damalige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die die diktatorischen Maßnahmen der Bundesregierung und das Infektionsschutzgesetz für rechtens erklärte, hat tatsächlich einen tiefen Bruch hinterlassen, weil die Institution Verfassungsgericht dadurch ihr Ansehen bei einem größeren Teil der Bevölkerung völlig verspielt hat. Umso stärker, je größer die jeweils in dieses Verfahren gesetzten Hoffnungen waren. Genau dieser Moment ist der Grund, warum derzeit die Besetzung dieses Gerichts so viel mehr Aufmerksamkeit erhält als in all den Jahren davor, und im Gegensatz zu der Erzählung in den deutschen Leitmedien ist das mitnichten eine Frage von links oder rechts.

Tatsächlich machte sie sich in der Lanz-Sendung vom 15. Juli Sorgen um "das Ansehen und die Arbeitsfähigkeit unseres Bundesverfassungsgerichts" – wegen der Debatte um ihre Person. Wodurch sichtbar wird, dass sie nicht imstande ist, zu begreifen, dass das Verhältnis gerade andersherum ist: Die Debatte ist eine Konsequenz dessen, dass das Ansehen dieses Gerichts schwer geschädigt wurde, weshalb vermutlich auch ihr persönlicher Rückzug an dieser Debatte nichts ändern wird. Denn es gibt ein tiefes gesellschaftliches Bedürfnis, die Verletzungen, die durch die Corona-Maßnahmen unzähligen Bürgern zugefügt wurden, zumindest offen aussprechen zu können. Und auch ein Bedürfnis, dafür zu sorgen, dass das höchste deutsche Gericht seine damalige Entscheidung nicht wiederholt.

Das ist nicht einfach, denn ein Blick auf das Verhalten der übrigen Justiz beweist, dass hier noch an vielen anderen Punkten ein willfähriges Personal zur Verfügung steht, dessen Hemmungen in Bezug auf die Rechte zumindest der eingeborenen Bevölkerung sehr begrenzt sind. Für absurde Showaktionen wie zum Rollatorputsch (dessen komplett scheiterndes Gerichtsverfahren jetzt durch eine zweite Folge aufpoliert werden musste) und für Hausdurchsuchungen zum Schwachkopftag braucht es nicht nur willfährige Staatsanwälte (denen ist die Willfährigkeit dank der Weisungsbefugnis der Justizminister fest eingebaut), sondern auch willfährige Richter, die bereit sind, noch so absurde Durchsuchungsbefehle zu unterzeichnen. Es gibt nachweislich genug Richter in Deutschland, deren Vorstellung von Meinungsfreiheit deutlich enger ist als ihr Krawattenknoten, die aber andererseits dem gemeinen Volk gegenüber eine Erwartung von Gehorsam hegen, die mit "wilhelminisch" noch freundlich bezeichnet ist.

Wie formulierte das einst Ludwig Thoma? "Er war ein guter Jurist und auch sonst von mäßigem Verstand." Der Text, den Thoma (von Beruf selbst Jurist) damals schrieb, enthält auch einen weiteren Satz, der auf Brosius-Gersdorf zuzutreffen scheint: "Er bekam im Staatsexamen einen Brucheinser und damit für jede Dummheit einen Freibrief im rechtsrheinischen Bayern." Noch treffender ist allerdings dieser Satz: "Er kümmerte sich nicht um das Wesen der Dinge, sondern ausschließlich darum, unter welchen rechtlichen Begriffen dieselben zu subsumieren waren."

Nun ist Abstraktionsfähigkeit eine Voraussetzung der Juristerei, die Logik ist wichtiger als das Gefühl, und letztlich ist auch das Studium in diesem Fach weniger auf das Ziel der Gerechtigkeit ausgerichtet als auf Anpassung an das abstrakte System des gegebenen Rechts. Allerdings bleibt die konkrete, fleischliche Wirklichkeit samt ihrem emotionalen Wert dennoch präsent, oder sollte es zumindest sein, vor allem an den zwei Polen, die gewissermaßen Anfang und Ende dieses Systems repräsentieren: die gesetzgebende Körperschaft, also das Parlament, und dann die höheren Instanzen der Gerichtsbarkeit, primär das Verfassungsgericht. Deren Aufgabe besteht darin, die Verselbstständigung dieses abstrakten Systems zu zügeln und es wieder etwas in Übereinklang mit der realen Welt zu bringen.

Zugegeben, der Bundestag erfüllt diese Aufgabe auch nicht gerade mit Bravour, und so wichtig es wäre, nach all dem Zwang, den Beschimpfungen, den Demütigungen der Corona-Zeit an den Punkt zu gelangen, an dem es möglich ist, die inzwischen erfolgten Klarstellungen zu verarbeiten und zwischen den beiden Seiten zumindest eine gewisse Verständigung zu ermöglichen, auch davon ist der Bundestag noch weit entfernt. Wie weit die Medien davon entfernt sind, belegte erst vor wenigen Tagen eine Reportage in der Frankfurter Rundschau über eine Selbsthilfegruppe "der Angehörigen von Corona-Leugnern". Ein Text, der schwer in Versuchung führt, ihn in der Akte "Täter-Opfer-Umkehr" abzulegen.

Dennoch wird kein Weg daran vorbeiführen, sich dieser Teilung, den Traumatisierungen, ja, den verbrecherischen Lügen dieser Zeit zu stellen, auch und gerade im und durch das Verfassungsgericht, wenngleich das derzeitige "Angebot" der Nachbesetzungen nicht gerade danach aussieht, sondern vielmehr nach einem "weiter so". Da ist schließlich noch Ann-Katrin Kaufhold, die andere SPD-Kandidatin, deren Vorstellung, Gerichte seien "zunächst einmal besser, unpopuläre Maßnahmen anzuordnen", ebenfalls nicht gerade den Eindruck erweckt, sie könnte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Corona-Eingriffe hegen, und die doch die Frage aufwirft, wer denn ihrer Meinung nach anstelle des Souveräns das Recht hätte, die Grundlinien der Politik zu entscheiden, die dann ebendiesem Souverän als "unpopuläre Maßnahme" verabreicht wird. Denn trotz der unvollständigen Legitimation des Grundgesetzes gilt eine Verfassung doch als der zu einem abstrakten Text geronnene Wille des Souveräns, und auch die Tätigkeit eines Verfassungsgerichts leitet ihre Rechtfertigung von ebendiesem ab.

Bezogen auf den stets gegenwärtigen Konflikt zwischen Recht und Gerechtigkeit ist die Gerechtigkeit das, was die Menschen erwarten, und das Recht ist das, was an ihrer Stelle entsteht. Der Widerspruch zwischen beiden ist unauflöslich (auch, weil er auf jenem zwischen dem Abstrakten und dem Konkreten beruht) und immer nur näherungsweise und vorübergehend aufzuheben. Doch Voraussetzung dafür ist, sich dieses Widerspruchs bewusst zu sein – wie er in der jahrtausendealten Erzählung vom Kreidekreis dargestellt und ausagiert wird.

Aber die derzeitige Rechtswissenschaft erzeugt deutlich mehr Personen wie den königlichen Landgerichtsrat Alois Eschenberger, der sich "nicht um das Wesen der Dinge" kümmerte, auch wenn sie in weiblicher Gestalt antreten, bar der Behäbigkeit, die man bei Eschenberger voraussetzt, so, wie ihn Thoma beschrieben hat. Schlimmer noch – das sind diejenigen, die in der Geschichte vom Kreidekreis das Kind der Frau zusprechen würden, die stärker zieht –, oder ganz auf die Mühsal verzichten, die Mutterschaft zu klären, da sie ohnehin überzeugt sind, sich im Besitz der Wahrheit zu befinden.

Auf jeden Fall wäre zu wünschen, dass mit dem Rücktritt dieser einen Kandidatin die Debatte nicht endet, sondern dass sie sich langsam, aber zielstrebig vorarbeitet auf die klaffende Wunde der Corona-Jahre, die ohne Gerechtigkeit nicht zu heilen vermag.“

https://freedert.online/meinung/252685-elefant-im-raum-bei-debatte/

 

 

Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm

 

 

Das Böse verlachen

- Satire, Realsatire, ernst Gemeintes -

 

Hasstalavista- Serdar reagiert auf Anna L (Teil 4)

https://www.youtube.com/watch?v=KMXPCqE36q4

 

Simone Solga: Friedrich Wendehals | Folge 177

https://www.youtube.com/watch?v=vGxXwYgmViI

 

HallMack  Aktuelle Kamera 154 - Wo bist du, Annika?

https://www.frei3.de/post/fedbdf38-357c-477a-88e0-6acea2ebc350

 

Das Leben wird noch teurer !Was tun ??

https://www.youtube.com/watch?v=xAiSfv_zusE

 

Holt das Lasso raus

https://www.youtube.com/watch?v=X6HIE9QVES8

 

Gier frisst Hirn in München

https://www.youtube.com/watch?v=y_5KJY57fqc

 

Die AfD verteilt Bananen??

https://www.youtube.com/watch?v=Y-uZPL1kUpk

 

Roma Clans übernehmen Berlin ??

https://www.youtube.com/watch?v=5i4sh72wpYc

 

Die USA stellt Deutschland ein vernichtendes Zeugnis

https://www.youtube.com/watch?v=zZHgeaTArmA