Heimat großer Söhne

Vor knapp zwei Wochen fand im österreichischen Spielberg ein Formel 1-Rennen statt, das in Österreich heftige Reaktionen ausgelöst hat. Das hat weniger mit dem Rennen als mit der Interpretation der Nationalhymne von Andreas Gabalier zu tun:

https://www.youtube.com/watch?v=LtXzh6NOJ_w

 

Nun sind nicht alle Menschen mit der österreichischen Nationalhymne bewandert – deshalb hier der Text der ersten Strophe, den Andreas Gabalier gesungen hat und der von 1947 bis 2011 gültig war:

„Land der Berge, Land am Strome,

Land der Äcker, Land der Dome,

Land der Hämmer, zukunftsreich!

Heimat bist du großer Söhne,

Volk, begnadet für das Schöne,

Vielgerühmtes Österreich.

Vielgerühmtes Österreich.“

 

Gut und schön, aber was da störte, war die Zeile „Heimat bist du großer Söhne“, die letztendlich durch „Heimat großer Töchter und Söhne“ ersetzt wurde.

http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreichische_Bundeshymne

 

Der Wurm wundert sich, dass das erst so spät im Jahr 2011 war bzw. dass der Text überhaupt so durchgegangen ist. „Heimat großer Menschen“ – gut, damit sind alle gemeint. In dem Moment, wo eine Gruppe besonders hervor gehoben wird, heisst das automatisch, dass diejenigen Menschen, die einer anderen Gruppe zugehören, nicht gemeint sind.

Wenn der Text hieße „Heimat bist du großer Katholiken“, „großer Politiker“, „großer Vegetarier“, „großer Menschen ab 1,80 m Körpergröße“ oder „großer Dirndlträger“, wäre damit klar, dass Interessen hinter diesem Text stehen und von großen Teilen der Bevölkerung bewusst oder unbewusst so verstanden würden. Bei diesen Beispielen würde ein Österreicher sagen, dass auf die Nicht-Katholiken, Nicht-Politiker, Nicht-Vegetarier, Menschen unter 1,80 m Körpergröße oder Nicht-Dirndlträger „gschissen“ sei.

Warum das bei „Heimat großer Söhne“ anders sein soll, erschließt sich dem Wurm nicht. Und es ist ja auch nicht so, dass Österreich keine großen Töchter gehabt hätte. Spontan fallen dem Wurm die Regentin Maria Theresia und Bertha von Suttner ein: http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/101-die-waffen-nieder.html

Die Diskussion, die gerade in Österreich abläuft, nimmt die Nationalhymne als Anlass, geht aber viel tiefer und könnte genau so gut in Deutschland statt finden. Deshalb möchte der Wurm in diesem Falle beide Länder zusammen fassen.

 

Die Schweiz bewusst nicht. Denn dort ist den verantwortlichen Politikern schon länger klar, wie wichtig eine korrekte Wortwahl ist. So ist dort zum Beispiel bei Doktorarbeiten oder offiziellen Geschäftsberichten nicht zulässig, am Anfang den kurzen Hinweis, „der Einfachheit halber“ die männliche Schreibform zu verwenden – es muss jedes Mal ausdrücklich klar sein, ob Männer, Frauen oder beide gemeint sind. Das mag anfangs zwar lästig sein, aber: das was eingeübt wird, ist irgend wann einmal selbstverständlich.

Der Wurm hat sich schon einmal Gedanken zur Sprache gemacht und möchte bei der Gelegenheit sich selbst zitieren:

„Und so, wie ein Mensch mit seiner Sprache umgeht, so wird er auch mit seinen Mitmenschen umgehen …

Sprache verdeutlicht, was der Sprachgemeinschaft wichtig ist …

Wichtig in der deutschen Sprache sind etwa die Berufsbezeichnungen, die größtenteils die männliche Endung haben. Wenn eine Frau den gleichen Beruf ergreift, wird einfach ein „-in“ dran gehängt. So wird aus dem „Lehrer“ eine „Lehrerin“. Das hört sich an wie „2. Wahl“. In anderen Sprachen, etwa der englischen, gibt es häufig geschlechtsneutrale Wörter für Berufe oder Gruppen von Menschen (z.B. für „Schüler“).

Unterschiedliche Werte bzw. Entwicklungen in der jeweiligen Gesellschaft führen zu Änderungen in der Sprache. Die Endung „-In“ („LehrerIn“ statt „Lehrer“) bzw. „Lehrer/in“ oder „Lehrer (m/w)“ bei Stellenausschreibungen tragen dem Rechnung. Dazu gehört auch die Abschaffung der früher üblichen Begriffe „Mohrenkopf“ und „Negerkuss“ …

Ein chinesisches Sprichwort lautet:

„Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden zu Worten.

Achte auf Deine Worte, denn sie werden zu Handlungen.

Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden zu Gewohnheiten.

Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter.

Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.“

Die Handlungen müssen aber nicht unbedingt mit den Gedanken anfangen: gedankenlos hingeworfene Worte können selbst sehr leicht zu eigenen Gedanken werden. Ganz gut dafür geeignet sind Witze. Da können schon mal ganze Menschengruppen zu Opfern werden, auch wenn es „so“ nicht gemeint sein sollte.

Wie werden Menschen auf andere Menschen reagieren, die sie das erste Mal sehen und bei denen es sich um Ostfriesen oder blonde Frauen handelt? Je nach Land, Region oder Zeit sucht sich eine Mehrheit eine Minderheit aus, über die sie Witze machen kann. „Ist ja nur ein Witz! Das wird doch keiner ernst nehmen!““

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/43-romantische-kristall-nacht.html

 

Der Wurm hat hier mal ein Beispiel von so einem „Witz“: nämlich das beliebte Partylied „10 nackte Friseusen“:

https://www.youtube.com/watch?v=XbnFs8cMrbo

 

Und hier der Text dazu:

„Ok, Folgendes:

Es gibt 100.000 Frauen,

denen ist alles zuzutrauen,

doch ich sag no,

nananano...

 

Es gibt 50.000 Weiber,

die haben einwandfreie Leiber,

doch ich sag no,

nananano...

 

Ich will 10 nackte Friseusen,

10 nackte Friseusen, ohoh,

10 nackte Friseusen,

mit richtig feuchten Haaren...

 

Es gibt 100.000 Mädel,

die sind alle schön und edel,

da werd ich weich...

wawawaweich

 

Es gibt 50.000 Damen,

die wollen alle meinen Namen,

doch ich bleib hart

hahahahart

 

Ich will 10 nackte Friseusen,

10 nackte Friseusen, ohoh,

10 nackte Friseusen,

mit richtig feuchten Haaren...

 

Es gibt 100.000 Schnitten,

die haben wunderschöne Augen,

dann bin ich weg...

wegwegwegweg

 

Es gibt 50.000 Hasen,

die wolln mir alle einen erzählen,

ich hör nicht hin...

hihihihin

 

Ich will 10 nackte Friseusen,

10 nackte Friseusen, ohoh,

10 nackte Friseusen,

mit richtig feuchten Haaren...

 

Ok, ich will hier nicht unnötig ein riesen Fass aufmachen, aber folgendes:

 

Ich hab sie alle gehabt,

ich hab sie alle gesehn,

doch es gibt nur ein paar,

die mich wirklich verstehn.

Ich hab sie niemals gezählt,

doch ich weiß was mir fehlt,

ja ich weiß was mir fehlt,

ja ich weiß was mir fehlt:

 

Ich will 10 nackte Friseusen,

10 nackte Friseusen, ohoh,

10 nackte Friseusen,

mit richtig feuchten Haaren...

 

Ich will 10 nackte Friseusen,

10 nackte Friseusen, ohoh,

10 nackte Friseusen,

mit richtig feuchten Haaren...“

http://www.magistrix.de/lyrics/Mickie%20Krause/10-Nackte-Friseusen-2109.html

 

Wer diesen lustigen Text als frauenfeindlich einstuft, wird Recht haben. Sollte eine Frau bei einer dieser lustigen Parties dabei nur den Kopf schütteln oder „na ja“ sagen, kann sie davon ausgehen, als „Spaßbremse“ bezeichnet zu werden – ist doch „nur“ ein Witz.

Auf der einen Seite kommt es in der Gesellschaft manchmal zu Übertreibungen und Haarspaltereien in der „Political Correctness“ – aber gegenüber Frauen darf alles gesagt werden. Mensch stelle sich nur mal vor, was passieren würde, wenn es um „10 nackte Franzosen“, „10 nackte Neger“, „10 nackte Juden“ oder „10 nackte Schwule“ ginge. Das ginge natürlich nicht – aber bei Frauen geht das.

Da werden munter Frauenwitze in der Öffentlichkeit erzählt, auch dann, wenn Frauen dabei sind, und auch vor Millionen-Publikum – alles völlig normal.

Wer glaubt, all dies hätte keine Folgen für das Zusammenleben, täuscht sich. Frauen gelten allgemein (ob bewusst oder unbewusst) als lächerliche Personen. Typisch weibliche Handlungsweisen gelten für einen Mann als beschämend: wer seinen Mit-Männern erzählt, dass er Wäsche gewaschen, gebügelt, sich die Haare gefärbt, die Fingernägel gepflegt hat, wird mit großer Wahrscheinlichkeit ausgelacht.

Wenn eine Frau sagt, dass sie friert oder Schmerzen hat, gilt das als normal. Ein Mann „sagt“ so etwas nicht, er „gibt es zu“ (wenn er es nicht verschweigt – was wohl am Häufigsten vorkommt). Und wird belächelt. Und ihm wird dann gesagt, dass er sich nicht wie ein „Mädchen“ benehmen soll. Wir Bewohner des Erdreiches haben allerdings die Erfahrung gemacht, dass Männer sehr viel wehleidiger sind als Frauen (was jeder Arzt bestätigen kann).

Wie tief es in den Köpfen der Menschen (incl. vieler Frauen) verankert ist, dass Frauen lächerliche Geschöpfe sind, wird in einem Werbespot gezeigt. Hier der Eingangstext dazu:

„Always-Werbespot: Was mit diesen Mädchen in der Pubertät passiert, ist katastrophal

Wie rennt ein Mädchen? Wie kämpft ein Mädchen? Wie wirft ein Mädchen einen Ball? Ja, wie eigentlich? In einem neuen Werbespot prüft der Binden-Hersteller "Always" genau das. Und findet heraus: Das Bild, das wir von Mädchen haben, ist katastrophal.

Vor der Kamera sollen Erwachsene, Männer UND Frauen, vorführen, wie ein Mädchen rennt. Oder wie es kämpft. Natürlich sehen sie dabei total albern aus. Sie fuchteln mit den Händen, trippeln auf der Stelle. Eine traurige Vorstellung.

Dann stellen die Menschen hinter der Kamera kleinen Mädchen dieselben Fragen: Wie rennt ein Mädchen? Wie kämpft ein Mädchen? Wie wirft ein Mädchen? Sehen Sie, was dann passiert: - an dieser Stelle bitte das Video starten -

Irgendwo in der Pubertät verlieren Mädchen ihren Mut und ihr Selbstvertrauen. Sie lernen, dass Frauen schwach sind. Unsportlich und tussihaft. Liebe Eltern, Lehrer, große und kleine Brüder: Tut etwas dagegen!“

http://www.huffingtonpost.de/2014/07/01/always-werbespot-maedchen_n_5547822.html?utm_hp_ref=mostpopular

 

Und hier mal ein kleiner, schneller und aufschlussreicher Test der ETH Zürich:

https://implicit.harvard.edu/implicit/user/sriram/eth/sep2013/index.jsp

 

Erwachsene Frauen werden von Männern gerne als „Mädchen“ oder „Mädels“ bezeichnet. Wenn sie abends unter sich sind, ist das dann ein „Mädelsabend“. „Männerabend“ oder „Herrenabend“ hört sich da sehr viel besser an.

Durch Darstellung in Zeitschriften und Werbung mit nackten oder halbnackten Frauen bzw. „harmlose“ Texte wie „Wir lieben junges Gemüse“, werden Frauen als allseits willig hingestellt und ihnen öffentlich klar gemacht, wie sie auszusehen haben. Natürlich kommt kaum eine Frau vom Gesicht oder der Figur her an die Top-Models heran. Ist auch gar nicht möglich, da es zumindest bei den Gesichtern kaum einen Quadrat-Zentimeter gibt, der nicht hinterher foto-technisch bearbeitet worden wäre. Nichtsdestotrotz werden dadurch ein Ideal und eine Erwartungshaltung aufgebaut, die nicht gut sind.

Aber es gibt ja noch die Männer, die vor Frauen „Respekt“ haben und ihnen etwa in den Mantel helfen. Da der Wurm schon beobachtet hat, dass Frauen das ganz gut alleine können, ist das kein Vorteil. Im Gegenteil: “Hilfe“ in diesem Fall und sonstiges Verhalten, was in diese Richtung geht, wird generöserweise vom Starken dem Schwachen gewährt und ist ein Ausdruck dessen, wer tatsächlich der „Stärkere“ ist. So macht es Sinn (und wird auch gemacht), einem Kind oder einem Behinderten in den Mantel zu helfen. Es kommt jedoch nicht vor, dass ein Mann etwa seinem Vorgesetzten in den Mantel hilft.

Einer, der so großen „Respekt“ vor Frauen hat, ist sehr leicht zu entzaubern. Mensch braucht ihn nur zu fragen „Möchtest du eine Frau sein?“ Zumindest von dieser Sorte Mann hat der Wurm noch keinen erlebt, der „ja“ gesagt hätte.

Auch dann, wenn Frauen in Führungs- oder Machtpositionen sind, stehen sie unter besonderer Beobachtung. Als Beispiel nimmt der Wurm die Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die wird zu einem großen Teil nach Äußerlichkeiten beurteilt: wie sieht sie aus, welche Frisur hat sie, welche Halskette trägt sie. Und wenn mensch mal einen Schweissflecken unter der Achsel sieht, wird das in den Medien breitgetreten. Bei ihrem Vorgänger hätte das kaum jemanden interessiert.

Nicht gut sieht es bei Frauen im Berufsleben aus. Mal davon abgesehen, dass typische Frauenberufe wie Erzieherin oder Krankenschwester nicht gut bezahlt sind und dass die Durchschnittsgehälter (auch für Männer) umso geringer sind, je mehr Frauen in dieser Gruppe sind, verdienen Frauen durchschnittlich mehr als 20% weniger als Männer in vergleichbaren Stellen. Und das, obwohl Frauen vom Schul- oder Hochschulabschluss her gleich gut oder besser qualifiziert sind als Männer.

http://www.equalpayday.de/statistik/

http://www.sueddeutsche.de/karriere/verdienst-von-maennern-und-frauen-deutschland-weist-europas-groesste-gehaltsluecke-auf-1.1904669

 

Die „Süddeutsche Zeitung“ zeigt zwar das Problem auf, sagt aber nicht, wo es her kommt. An anderer Stelle wird einer der beiden Hauptgründe aufgeführt:

„Einer der Gründe für den Lohnunterschied sind eineinhalb Jahrhunderte konservativer Gesetzgebung in Deutschland. Sowohl bei Bismarck im Deutschen Kaiserreich als auch unter Adenauer nach dem Zweiten Weltkrieg sahen die Gesetze und auch die Gesellschaft den Mann als Alleinverdiener vor. Frauen überbrückten die Zeit bis zur Heirat mit sozialen Berufen ohne Karriereperspektive. Diese Vorstellungen haben sich anscheinend im kollektiven Bewusstsein verankert. Bis heute basiert der geschlechtsspezifische Lohnunterschied auf diffusen Vorstellungen der männlichen Höherwertigkeit.

Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass selbst in sogenannten Frauenberufen Krankenpfleger mehr verdienen als Krankenschwestern. Im Schnitt ist das Gehalt von Frauen bei gleicher Position um 7 Prozent geringer.“

http://www.alumniportal-deutschland.org/jobs-karriere/artikel/lohnunterschied-verdienst-frauen-maenner.html

 

Die letzten beiden Sätze sollte mensch sich noch mal geben – Frauen werden aus reiner Willkür schlechter bezahlt. Der Wurm hat es auch schon selbst erlebt, dass trotz höherer Intelligenz, größerer Fähigkeiten, besserer Leistung und höherer Eigeninitiative Frauen im direkten Vergleich mit Männern in eine niedrigere Gehaltsstufe eingruppiert wurden. Das Netzwerk der Männer funktioniert tadellos. Siehe auch „Apartheid ist überall“: http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/47-apartheid-ist-ueberall.html

 

Um noch mal obigen Artikel zu zitieren:

„In der gesamten EU verdienen Frauen weniger als Männer: durchschnittlich 16,2 Prozent. Die Europäische Kommission kommentierte dies wie folgt: „Frauen in Europa arbeiten 59 Tage ‚unentgeltlich‘.“ Daten der Antidiskriminierungsstelle zeigen, dass die Lohnunterschiede in Italien, Malta, Rumänien und Slowenien unter 9 Prozent liegen. In allen anderen EU-Ländern sind die Lohnunterschiede höher. Schlechter als in Deutschland werden jedoch nur Frauen in Estland und Österreich bezahlt. Der Lohnunterschied in Österreich beträgt zum Beispiel 24 Prozent und Estland ist mit 27,7 Prozent negativer Spitzenreiter.“

Der zweite Hauptgrund für das geringere Gehalt wird an anderer Stelle deutlich:

„Es war ein kleiner Fehler der Personalabteilung, ein winziger Moment der Unachtsamkeit, der Kathrin Müller* vor ein paar Jahren die Augen öffnete. Bis dahin war die Ingenieurin rundum zufrieden in ihrer Firma: Innerhalb des großen Chemieunternehmens hatte sie eine Position im mittleren Management. Ihre Vorgesetzten lobten sie als Leistungsträgerin und freuten sich über ihr Engagement. Ihr Job machte ihr Spaß, und gut bezahlt war er auch. Dachte sie zumindest.

Bis eines Tages die Personalabteilung zwei Umschläge verwechselte und auf ihrem Schreibtisch aus Versehen die Gehaltsabrechnung der gesamten Abteilung landete. Die Erkenntnis war erschütternd: Beim Einkommen war die hoch gelobte Leistungsträgerin einsames Schlusslicht. Alle Männer im Team bekamen mehr Geld – der Unterschied betrug im Schnitt 30 Prozent.“

http://www.welt.de/wirtschaft/article1902985/Warum-Frauen-weniger-als-Maenner-verdienen.html

 

Ein Mann will immer mehr Gehalt. Das wird als selbstverständlich angesehen. Auch, wenn er bei den Gehalts-Verhandlungen manchmal aggressiv wird. Bei Frauen wirkt das gleiche Verhalten unsympathisch. Auch wurden die meisten Frauen so erzogen, genügsam zu sein und nicht für sich selbst etwas zu verlangen. Und wenn die Männer sich gegenseitig das Geld (und die Posten) zuschaufeln, ohne das öffentlich bekannt zu geben, weiss frau eben nicht, dass sie auch mehr verlangen könnte.

Im Öffentlichen Dienst, wo klar ist, wer was verdient, läuft das etwas anders. Aber auch hier werden Männer besser eingruppiert und sie schanzen sich gegenseitig die höher dotierten Posten zu. Und auch hier gibt es keine männlichen Sekretäre. Dieser Beruf würde von vielen Männern auch als Demütigung aufgenommen, genauso wie wenn ein männlicher Sachbearbeiter gebeten würde, Kaffee zu kochen. Im Zweifelsfall kommt ein Chef auch gar nicht erst auf die Idee, sondern sucht sich einen weiblichen Sachbearbeiter, der ihm oder dem gerade gekommenen Besuch den Kaffee macht.

Nachdem es in den letzten Jahrhunderten in vielen Berufen und vor allem in Führungspositionen eine 100%ige Männerquote gegeben hat, sind heutzutage viele Männer darüber erbost, wenn Frauenquoten eingeführt werden. Die meistens deutlich unter 50% liegen, jedoch nie darüber.

Erbost sind diese Männer auch darüber, wenn Frauen angeblich bevorzugt werden. Das ist etwa bei der Vergabe von Stipendien so. Tatsächlich bekommen deutlich mehr Frauen Stipendien als Männer. Etwa bei den Doktoranden. Das hört sich für die Frauen ja erst mal gut an. Während diesen Frauen die Gnade gewährt wird und sie sich wie ein Bettler fühlen müssen, bekommen ihre männlichen Kollegen für das gleiche Geld, den gleichen Zeitraum und die gleiche Arbeit einen Angestellten-Vertrag. Mit der Folge, dass die Männer später in der Wirtschaft eine reguläre Arbeit nachweisen können, drei oder vier Jahre in die Renten-Versicherung einbezahlt haben und irgend wie „dazu“ gehören. Da im „Hinterkopf“ immer noch mitschwirrt, dass ein Mann für eine Familie verantwortlich ist und die Chance höher ist, dass einer Frau ein Stipendium gewährt wird, werden gerne Frauen „vorgeschickt“.

Wenn ein Unternehmen Mitarbeiter entlassen will oder muss, sind oftmals zuerst Frauen die „Opfer“.

Viele deutsche Frauen empfinden dies alles als „normal“. War ja schon immer so. Schockiert von den Zuständen in Sachen Gleichberechtigung waren jedoch die Frauen, die seit 1990 aus den ehemaligen sozialistischen Ländern nach Deutschland kamen. Dort war Sexismus jeglicher Art verboten: Frauen wurden weder in Zeitschriften noch in der Werbung entwürdigend dargestellt und es wurde darüber gewacht, dass es in den öffentlichen Medien keine frauenfeindliche Witze gab. Prostitution war an den Rand gedrängt und zumindest im Stadtbild nicht sichtbar.

Und in den Betrieben hatte der Staat ein strenges Auge darauf, dass hauptsächlich die Leistung zählte. So durfte es nicht vorkommen, dass etwa nationale Minderheiten benachteiligt werden und natürlich durften auch die Frauen nicht benachteiligt werden. Entsprechend gab es in diesen Ländern um ein Vielfaches mehr an weiblichen Führungskräften als in West-Deutschland. Und von Arbeitslosigkeit war dort auch keiner bedroht. In der Spitze konnten sich die Menschen nicht so viel leisten wie im Westen, aber die Grundversorgung war gewährleistet.

Im Kapitalismus hat sich allerdings mittlerweile auch dort einiges geändert: Frauen wurden als erste entlassen, und der Staat schaut nicht mehr drauf, wer die Führungspositionen bekommt mit der Folge, dass sich Männer gegenseitig die Posten zuschanzen.

Auch hat sich der Typ „weibliche Führungskraft“ dort geändert. War früher eher unvorteilhaftes Aussehen kein Problem, kommen solche Frauen heutzutage kaum noch weit. Statt Leistung wird mehr und mehr repräsentatives Aussehen honoriert.

In der Gesellschaft werden Frauen auf der einen Seite als Mütter „geehrt“ und in Familie, Küche und Religion abgeschoben; auf der anderen Seite werden in den öffentlichen Medien gerne Frauenwitze gemacht und in populären Liedern Frauen als „Schlampen“ bezeichnet. Und natürlich blüht die Prostitution mitten in den Städten.

Aber auch Frauen aus Frankreich oder Skandinavien mussten und müssen feststellen, dass Deutschland in Sachen Gleichberechtigung (und nicht nur da) ein hinterwäldlerisches Land ist. Das zeigte sich spätestens dann, wenn es darum ging, selbst zu arbeiten und die Frage auftauchte „wohin mit den Kindern“? Das war in der alten BRD ein massives Problem und erst seit dem Einigungsvertrag mit der DDR hat sich da etwas zum Positiven (jedoch nicht zum Idealen) geändert.

Um aus einem früheren Wurm zu zitieren:

„Die skandinavischen Frauen sind die selbstbewusstesten in ganz Europa. Das hat auch mit dem in Skandinavien vorherrschenden Menschenbild zu tun: Keimzelle des Staates ist nicht die Familie (wie in Deutschland), sondern das Individuum. Folge davon ist die neben Frankreich höchste Geburtenrate Europas: Die skandinavischen Frauen bekommen im Schnitt 1,9 Kinder pro Frau, während in Deutschland die Zahl 1,4 Kinder pro Frau beträgt. Neben wirtschaftlichen Gründen (die wirtschaftlichen Daten sind deutlich besser, der Staat sorgt für soziale Sicherheit, entsprechende Kinderbetreuung und gibt deutlich mehr Geld für die Bildung aus) geht das Selbstbewusstsein der Frauen einher: Mehr als die Hälfte der Geburten geschieht in „nicht-klassischen Familien“. Anders ausgedrückt: Die meisten Frauen sind aus wirtschaftlichen Gründen nicht auf einen Mann angewiesen und erziehen ihre Kinder mit Hilfe des Staates alleine.“

http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/28-oh-it-can-speak.html

 

Zurück zu Österreich und dem, was da zur Zeit los ist (beim Link bitte weiter nach unten blättern, dann kommt schon die Hymne):

https://andreasgabalier.wordpress.com/tag/andreas-gabalier/

Und hier Andreas Gabalier im Gespräch mit der ehemaligen Frauenministerin Maria Rauch-Kallat aus der konservativen Österreichischen Volkspartei:

https://www.youtube.com/watch?v=adh0LG-knmc

 

„Als österreichische Bildungsministerin hat Gabriele Heinisch-Hosek einen besonderen Bildungsauftrag. Den hat sie nach Meinung vieler Österreicher mit einer Belehrung des Volksmusikers Andreas Gabalier nun aber deutlich übererfüllt …

Die Ministerin hatte ein Foto mit dem richtigen Text als "kleine Lernhilfe" für den 29-Jährigen gepostet. Dafür wurde die SPÖ-Politikerin von der Netzgemeinde mit drastischen Kommentaren beschimpft.

"Wie behindert bist du eigentlich?", "Bitte halt die Fresse", "Geh ham Gabi", "Heul doch"- Das sind noch die höflicheren Beleidigungen, die sich die Ministerin gefallen lassen muss. "Das ist der übelste Fall von Online-Massenmobbing, den ich in Ö. bisher gesehen habe. Auch Politiker*innen haben eine Menschenwürde", twitterte der als höchst politikerkritisch bekannte ORF-Fernsehmoderator Armin Wolf am Freitag.

Die Reaktionen auf das Posting hätten viel Licht und Schatten in einem extremen Ausmaß gebracht, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums: "So viel Unterstützung und Likes wie noch nie, gleichzeitig aber auch eine massive Welle an Kritik." Das zeige, dass die neue Version der Bundeshymne nach wie vor ein Thema sei, das enorm polarisiere.“

http://www.spiegel.de/politik/ausland/andreas-gabalier-shitstorm-gegen-bildungsministerin-wegen-hymne-a-977972.html

 

Das „enorme Polarisieren“ ist noch harmlos ausgedrückt. Abstimmungen und Umfragen ergaben, dass ca. 90% der Österreicher den neuen Text, in dem auch die „Töchter“ erwähnt werden, ablehnen. Und damit auch die große Mehrheit der Frauen.

Mensch kann davon ausgehen, dass das Ergebnis in Deutschland nicht sehr viel anders aussehen würde.

Bestürzend ist der Hass, der sich in den Foren breit macht und der gegen alles geht, was in Richtung Gleichberechtigung der Frauen geht. Und wenn es nur symbolischer Art ist.

Ein deutliches Zeichen für den Wurm und die restlichen Erdbewohner, der „schweigenden Mehrheit“ der Menschen gründlich zu misstrauen. Genau so wie dem, was die als „gesunden Menschenverstand“ bezeichnen. Der ist nämlich alles andere als gesund.

Damit das Ganze nicht so traurig endet, kommt hier die inoffizielle Nationalhymne Österreichs: „I am from Austria“ von Rainhard Fendrich:

https://www.youtube.com/watch?v=LO0QmmnuKtQ

 

„Dei hohe zeit is lang vorüber

Und a die höh' hast hinter dir

Von ruhm und glanz is wenig übersag ma wer ziagt no den huat vur dia

Ausser mir

 

I kenn die Leit', I kenn di Ratten

Die Dummheit die zum Himmel schreit

I steh zu dir

Bei Licht und Schattenjeder Zeit

 

Chorus: Do kann i moch'n wos I wül

Do bin i Herr do kea I hin

Do schmützt des Eis von meiner Sö (Seele)

Wia von am Gletscher im April

A wenn ma's schon vergessn ham'

I bin dei Apfel du mei Stamm.

So wia dei Wasser talwärts rinnt unwiderstehlich und so hell

Fast wia die Tränen von am Kindwird a mei Bluat auf amoi (einmal) schö

Sog i am Mensch der Welt vio stolzund wann ihr woits a ganz allan (allein)

I am from Austria

I am from Austria

 

Es war'n die Störche oft zu beneiden

Heit fliag i no

Füh weiter fuat. I siech die meist, nur von da weit'n

Wer kann versteh'n wia weh des monchmoi tuat

 

Do kann i moch'n wos I wül

Do bin i Herr do kea I hin

Do schmützt des Eis von meiner Sö (Seele)

Wia von am Gletscher im April

A wenn ma's schon vergessn ham'

I bin dei Apfel du mei Stamm.

So wia dei Wasser talwärts rinntunwiederstehlich und so hell

Fast wia die Tränen von am Kindwird a mei Bluat auf amoi (einmal) schö

Sog i am Mensch der Welt vio stolzund wann ihr woits a ganz allan (allein)

I am from Austria

I am from Austria

I am from Austria“

http://www.songtexte.com/songtext/rainhard-fendrich/i-am-from-austria-73dcfa3d.html

 

Und hier die “unplugged" Version:

https://www.youtube.com/watch?v=rfXV2SHxWWY

 

Das war aus der Sendung „Aufgspuit“ von Werner Schmidbauer und Martin Kälberer, in der Rainhard Fendrich zu Gast war. „Aufgspuit“ ist immer eine schöne Sache, wobei diese Sendung besonders gelungen war. Hier ist zwar leider nicht die ganze Sendung, aber zumindest sind alle Lieder drauf:

https://www.youtube.com/watch?v=43Ybmmc53oA&index=1&list=PLuRAT4i0dPTehvYQqHxbaL8j0QrcWNhxp