Verfechter von Geistesfreiheit und Selbstbestimmung

Gerhard Rampp - Entwicklung der Kirchenaustritte in Deutschland (2016)

https://www.youtube.com/watch?v=kYXzeRNBzq0

 

„Am vergangenen Samstag (04.05.2024) starb Gerhard Rampp, der seit 1982 Vorsitzender des Bundes für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg war, im Alter von 73 Jahren. Sein Ableben traf den bfg Augsburg ebenso wie seine Freunde und Angehörigen und die humanistischen und säkularen Organisationen und Akteure, an deren Entstehen und Wirken er maßgeblich beteiligt war, unerwartet - unter ihnen insbesondere die Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), die er 1980/81 mit aufgebaut und danach 19 Jahre als Präsidiumsmitglied geleitet hatte, die Giordano Bruno Stiftung, der er als Beirat und Stifter angehörte, und der Alibri-Verlag, dessen Mitbegründer und Mitarbeiter er war sowie der Humanistische Pressedienst und die Zeitschrift MIZ, für die er vor allem die Internationale Rundschau betreute.

Bis zu einem Schwächeanfall mit Atemnot, der zu seiner Krankenhauseinlieferung führte, war Gerhard Rampp am letzten Mittwoch im Augsburger bfg-Zentrum tätig. Kolleginnen brachten ihn von dort in die Notaufnahme und noch in der gleichen Nacht wurde er am Herzen operiert. Nachdem er am Donnerstag noch mit Kolleginnen, Kollegen und Freunden telefonieren konnte, verschlechterte sich am Freitag sein Gesundheitszustand dramatisch. Es kam zu multiplem Organversagen, in dessen Folge er das Bewusstsein verlor, nicht wieder erwachte und in der Samstagnacht im Beisein seiner Schwester und einer langjährigen Vertrauten und Freundin verstarb. Wir sind natürlich alle sehr traurig und noch mitgenommen. Wir werden Gerhard vermissen - seinen unbändigen, laufend erweiterten und geschickt für die ihm und uns als bfg am Herzen liegenden Belange ausgewerteten Wissensschatz, seinen scharfen Intellekt, sein sagenhaftes Gedächtnis, sein klares analytisches Denken, die Kraft und das Talent, mit denen er den bfg Augsburg geführt und säkularen Anliegen Gehör verschafft hat, aber auch, was ihn als Mensch und anregenden Gesprächspartner kennzeichnete: seine Originalität, seinen einzigartigen Humor und Schalk, seine raffinierte Ironie und Schlagfertigkeit und sein Vermögen, Denkanstöße zu liefern.“

https://www.bfg-augsburg.org/

 

Über Gerhard Rampp

 

Gerhard Rampp wird den meisten Menschen nicht bekannt sein. Nichtsdestotrotz hat er durch sein Tun wesentliche Verdienste um ein besseres Leben für die Menschen.

Der säkular-humanistische „Bund für Geistesfreiheit Augsburg“ war in den 1970er Jahren eine veraltete, verschnarchte Organisation, der Gerhard Rampp mit einigen Mitstreitern wie Gerhard Czermak neues Leben einhauchte und damit großen Einfluss auf das säkulare Denken und Leben in Deutschland ausüben sollte.

„Eine wichtige Rolle spielte der Bund für Geistesfreiheit Augsburg 1980 bei der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), 1995 beim Kruzifixbeschluss des Bundesverfassungsgerichts und 1998 beim Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Stellung des Ethikunterrichts an Schulen.“

Die „wichtige Rolle“ spielte immer Gerhard Rampp (zusammen mit Gerhard Czermak bei den juristischen Angelegenheiten, so vor allem beim Kruzifix-Urteil, welches untersagte, dass an bayerischen Schulen in jedem Klassenzimmer ein Kruzifix hängen muss).

Er trug dazu bei, dass die Positionen des bfg Bayern im Bayerischen Rundfunk gebracht wurden (in der Sendung „Positionen“, die vorher religiösen Gemeinschaften vorbehalten blieb) und verfasste dazu eigene Beiträge.

Innerhalb der humanistisch-säkularen Szene war er unermüdlich tätig, die auf seinen Arbeiten und Vorarbeiten aufbauen konnte.

Er war nicht nur im „Vereinsleben“ aktiv, sondern auch als Schreiber von Leserbriefen und Verfasser und Verteiler von Flugblättern.

Mitte der 1990er Jahre nahm der Wurm Kontakt mit dem „Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA)“ auf mit der Bitte um Informationen. Die bekam er auch, unter anderem zu Gerhard Rampp und dem bfg Augsburg.

In jener Zeit war der bfg Augsburg praktisch die einzige Organisation, bei der eine Mitarbeit denkbar gewesen wäre: gute Führung, Menschen, die wussten, was sie wollten ohne fanatisch zu sein.

 

Wie würde die Welt heute ohne Gerhard Rampp aussehen?

Wenn es den bfg Augsburg überhaupt noch geben würde, dann wäre er sehr wahrscheinlich unbedeutend.

Das Kruzifix-Urteil hätte es wohl nicht gegeben, fraglich ob es die DGHS gegeben hätte (bzw. deutlich später gegründet worden wäre) oder ob heute die „Positionen“ des bfg im Bayerischen Rundfunk zu hören sein würden.

Die „Internationale Rundschau“ über das, was aus humanistisch-säkularer Sicht auf der Welt so los war, hätte es wohl gar nicht gegeben.

 

Gerhard Rampp war da, wo er gebraucht wurde.

Und er wurde gebraucht.

 

Ganz kurz ist Gerhard Rampp im Video über den Vortrag von Franz Buggle beim bfg Augsburg zu sehen (um Minute 28):

 

https://www.youtube.com/watch?v=X4AfU9wV7IE

 

bfg Augsburg

 

„Der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg wurde 1911 als "Freireligiöse Gemeinde Augsburg" gegründet, doch die Ursprünge dieser Bewegung und der Bezeichnung gehen bis auf die 1848er Revolution zurück.

In der Weimarer Republik gehörte die Augsburger Gruppe dem Volksbund für Geistesfreiheit an, der vor seiner Auflösung durch die Nazis bundesweit 780.000 Mitglieder hatte und dessen zentrale Themen neben der Auseinandersetzung zwischen Evolutions- und Schöpfungslehre das Recht auf Feuerbestattung und eine eigene Bestattungskultur waren, wie auch das historische Emblem symbolisierte.

Im Oktober 1950 wurde die Augsburger Gruppe neu gegründet. Den Namen Bund für Geistesfreiheit nahm sie 1958 an, weil der Begriff "freireligiös" missverständlich geworden war.

1980 war der bfg Augsburg wesentlich an der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) beteiligt.

Seit 1982, als er nur noch 54 Mitglieder hatte, wuchs der bfg Augsburg wieder stetig an. Am 8. Januar 1990, als er schon wieder rund 200 Mitglieder hatte, wurde ihm die Eigenschaft einer weltanschaulichen Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen. 2011 konnte der bfg Augsburg wenige Wochen vor seinem 100. Geburtstag sein 1000. Mitglied begrüßen. Bis Ende 2018 war er auch Mitglied im Bund für Geistesfreiheit Bayern, aus dem er austrat, weil letzterer plötzlich einen Staatsvertrag mit einer Dotierung in Millionenhöhe aus Steuermitteln anstrebte, während der bfg Augsburg weiterhin für die konsequente Trennung von Staat und Kirche einschließlich dem Ende aller Staatszuschüsse für Kirchen und andere Weltanschauungsgemeinschaften eintritt. Seitdem ist der bfg Augsburg vom Kultusministerium als eigenständige säkulare Weltanschauungsgemeinschaft anerkannt, die inzwischen bayernweit über 2100 Mitglieder hat.

Der Bund für Geistesfreiheit Augsburg war einer der elf Beschwerdeführer, der 2020 beim Bundesverfassungsgericht das Grundrecht auf ein selbstbestimmtes Lebensende durchgesetzt hat. Er bietet in Zusammenarbeit mit der DGHS Beratungen zu Patientenverfügungen und für ein selbstbestimmtes Lebensende an, die schwerpunktmäßig für Mitglieder des bfg und der DGHS gedacht sind.“

https://www.bfg-augsburg.org/

 

„100 Jahre Bund für Geistesfreiheit Augsburg

Jubiläumsrede von Gerhard Rampp

Sehr geehrte Gäste, liebe Mitglieder des Bundes für Geistesfreiheit!

Am 6. Juni 1911 wurde von immerhin knapp 100 Personen eine neue weltanschauliche Vereinigung gegründet, die sich auf die Grundwerte der Aufklärung stützen und eine Alternative zu den dogmengebundenen Religionen bieten wollte. Dass sich in der klerikal geprägten Kaiserzeit derart viele Menschen zusammenschlossen, markierte allerdings keinen Startschuss in eine neue Ära, sondern zunächst das Ende eines langwierigen Gründungsprozesses. Schon in den 1880er Jahren wurde ein „Proletarischer Freidenkerbund“ ins Leben gerufen, der aber ebenso wieder verschwand wie der 1900 von bürgerlichen Liberalen gegründete „Goethe-Bund“. Erst als sich beide Gruppen ungeachtet der Standesunterschiede verbündeten, entstand ein dauerhafter Verband.

Die Bewegung, der die Augsburger Gruppe entsprang, ist allerdings deutlich älter. Sie geht auf die 1848er Revolution zurück und war vor allem in Baden und Rheinland-Pfalz stark, wo sich die Gruppen noch heute „Freireligiöse Gemeinden“ nennen. Genau diese Bezeichnung trugen die 1848/49 gegründeten Gruppen in Nürnberg und Fürth und die 1870 gegründete Gruppe in München. „Freireligiös“ meinte damals soviel wie „an ethische Werte gebunden“, war aber auch nicht ganz frei von Restbeständen der christlichen Traditionen. „Frei sei der Geist und ohne Zwang der Glaube“ war der Leitspruch der 48er-Revolutionäre – aber ein Glaube sollte es wohl schon noch sein. Davon konnte 1911 schon nicht mehr die Rede sein; der von einem Dr. Hager abgehaltene Moralunterricht an der Anna-Volksschule war durch und durch weltlich. Unser 1905 geborenes und 1997 gestorbenes Mitglied Angelika Eull nahm daran als Schülerin teil und erzählte mir, dass die Obrigkeit einen solchen Alternativunterricht damals gar nicht so gern sah. Immerhin reagierten die Behörden nicht mehr so brutal wie 50 Jahre früher, als sie den 15-jährigen Johann Most in Augsburg zu einer Woche Gefängnis verurteilten, weil er sich weigerte am Religionsunterricht teilzunehmen. (Kein Wunder, dass sich der spätere Sozialist mit dem noch heute berühmt-berüchtigten Buch „Die Gottespest“ revanchierte.) Es gab aber auch ein positives Gegenbeispiel durch einen aus Kitzingen kommenden Sohn eines Sattlers, der in Augsburg als typischer Selfmademan zuerst eine orthopädische Werkstatt und dann sogar eine ganze Klinik gründete. Dieser Friedrich von Hessing trat früh aus der Kirche aus und bekannte sich sein ganzes Leben lang zum Atheismus. Ob er eingetragenes Mitglied der neuen freireligiösen Gemeinde wurde, ist nicht nachweisbar, wohl aber sympathisierte er mit ihr. Einer seiner Leitgedanken war der von Feuerbach geprägte Satz: „Tue Gutes um des Menschen willen.“ Als er 1918 starb, verärgerte er die Kirchen mit einer ganz ähnlichen Inschrift auf seinem Grabstein.

Der erste Weltkrieg beendete das Vereinsleben schon nach drei Jahren, und es blühte auch erst 1920 wieder auf. Bis 1930 wuchs die Vereinigung auf über 200 Mitglieder an und die Frau des SPD-Bürgermeisters Ackermann rezitierte sogar auf der Jubiläumsfeier 1931 Gedichte. Freilich nahm in den 20er Jahren die säkulare Bewegung bundesweit einen ungeheuren Aufschwung, weil sie eng an die SPD, die Naturfreunde, die sozialistische Jugendbewegung „Die Falken“ und die Gewerkschaft gekoppelt war, während auf der Gegenseite auch die katholischen Verbände und die Zentrumspartei straff organisiert und mit einem klaren Feindbild ausgestattet waren. Es ging um das Recht auf Feuerbestattung, eine eigene Bestattungskultur und die Auseinandersetzung zwischen Evolutions- und Schöpfungslehre. Damals hatte der Deutsche Volksbund für Geistesfreiheit sage und schreibe 780.000 Mitglieder, während nach dem Zweiten Weltkrieg die Mitgliederzahl aller säkularen und konfessionsfreien Verbände zusammen nie mehr auch nur in die Nähe des sechsstelligen Bereichs kam.

1933 wurde die Augsburger Gruppe von den Nazis aufgelöst und das gesamte Vermögen beschlagnahmt, das allerdings nicht übermäßig groß gewesen sein kann. Eine Reihe von Mitgliedern machte Bekanntschaft mit dem neu eingerichteten KZ in Dachau. (Es gab übrigens zu dieser Zeit nur ein weiteres KZ. Es lag in Schleswig-Holstein und wurde anfangs von der evangelischen Diakonenschaft betrieben, ehe es im Dezember 1933 an die SA übergeben wurde). Im Gegensatz zu den jüdischen Gemeinden wurden die Freidenker und Freigeister übrigens nie für ihre Verluste entschädigt, u.a. weil die genauen Aufzeichnungen allesamt von den Nazis vernichtet wurden. Die Augsburger Freireligiösen formierten sich erst im Oktober 1950 wieder neu, wuchsen dann aber relativ rasch wieder auf knapp 100 Mitglieder. 1958 benannten sie sich um in Bund für Geistesfreiheit, was in Nürnberg schon 1926 geschah, in München hingegen erst 1991 – übrigens auf mein Betreiben hin. Ebenfalls 1958 folgte ein Ereignis, das bis heute negative Folgen hat: Die SPD näherte sich mit dem Godesberger Programm den Kirchen an und distanzierte sich aus taktischen Gründen mehr und mehr vom Bund für Geistesfreiheit, der gleichwohl noch längere Zeit von Teilen der SPD-Basis Zulauf hatte. Einer, der dem bfg 66 Jahre die Treue hielt, war das Gründungsmitglied Wilhelm Deffner, der erst 1977 im Alter von 106 Jahren starb und mehrere Jahre lang der älteste Sozialdemokrat Deutschlands war. Aber zu dieser Zeit wirkte sich das Problem des Nachwuchsmangels schon stark aus, und kurz vor 1980 stand angesichts von nur noch 54 meist überalterten Mitgliedern sogar schon die Auflösung zur Diskussion. Zum Glück kamen dann einige jüngere Mitglieder, die dann nach und nach Gleichaltrige ansprechen konnten, welche zunächst oft aus der damals sozialliberalen FDP (siehe deren Kirchenpapier von 1974) und später aus den Grünen kamen. Eine wichtige Rolle spielte der Bund für Geistesfreiheit Augsburg 1980 bei der Gründung der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), 1995 beim Kruzifixbeschluss des Bundesverfassungsgerichts und 1998 beim Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Stellung des Ethikunterrichts an Schulen. 1990 konnten wir unser 200. Mitglied begrüßen, und seither haben wir unsere Mitgliederzahl verfünffacht, wobei in den letzten Jahren viele Mitglieder der Linken und neuerdings auch eine Reihe von „Piraten“ eintraten. (Die Mehrzahl unserer Mitglieder gehört allerdings keiner Partei an.) Im August 2011 konnte der Bund für Geistesfreiheit Augsburg sein 1000. Mitglied begrüßen und damit die vierte örtliche Vereinigung von weltlichen Humanisten in Deutschland werden. Freilich ist dieser Zuwachs nicht allein unser Verdienst. Wir haben ja auch von der allgemeinen Zunahme der Konfessionslosen und von der Verbreitung des Internet profitiert. Objektiv sind wir immer noch zu klein um die Interessen der Konfessionsfreien wirksam vertreten zu können, aber wir werden geduldig und beharrlich daran arbeiten so groß zu werden, dass wir nicht mehr übersehen werden können.

Aber schon jetzt haben wir auch Stärken in die Waagschale zu werfen: Wir kennen unsere Grundsätze genau und wir wissen genau, was wir wollen.

Unsere Grundsätze beruhen auf denen der Aufklärung: Selbstbestimmung, Vernunft, Humanität und Toleranz. Mit „Humanität“ ist verantwortungsvolles soziales Handeln gemeint, was z.B. mit der Sozialpflichtigkeit des Eigentums und dem Begriff „soziale Gerechtigkeit“ verbunden ist. Toleranz gegenüber Andersdenkenden heißt: Wir treten ein für Religionsfreiheit und respektieren religiöse Überzeugungen, auch wenn wir sie nicht teilen. Allerdings verlangen wir einen gleichrangigen Respekt auch gegenüber unseren Überzeugungen und vor allem die Beachtung der allgemeinen Menschenrechte. Genau da liegt die Grenze der Religionsfreiheit wie jeder Freiheit: Andere dürfen nicht gegängelt werden. Wer religiös begründete Gesetze beachten will, mag dies tun. Wer aber andere unter dieses Joch stellen will, muss Widerspruch ernten. Das gilt für den Anspruch auf Allgemeinverbindlichkeit der Scharia genauso wie für den Anspruch auf Allgemeinverbindlichkeit christlicher Feiertage.

Weltanschauliche Toleranz beruht auf der Einsicht, dass letztlich niemand weiß, was in religiösen und metaphysischen Fragen „wahr“ ist. Das wissen die Gläubigen ebenso wenig wie die Ungläubigen. Als „nicht wahr“ kann all das gelten, was 1. in sich widersprüchlich ist, 2. den historischen oder 3. den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen widerspricht. Aber in einer freien Gesellschaft darf selbst das nicht Wahre geglaubt werden; es wird allerdings kaum ernstgenommen werden. Ein ausdrückliches Verbot ist nur bei offenkundiger Schädlichkeit zulässig, z.B. bei Darbietung von Menschenopfern oder dem Meditationszwang bei Kleinkindern.

Soviel zum Wesen und zu den Grenzen der Toleranz. Der Bund für Geistesfreiheit ist also gegenüber Religionen durchaus tolerant, solange diese keinen Absolutheitsanspruch oder Vorrang geltend machen. Genau da liegt allerdings der Hase im Pfeffer, wie ich an einem Beispiel deutlich machen will: Die evangelische Kirche ist unstrittig deutlich weniger dogmatisch als die katholische. Sie kann sich sogar in ihrem höchsten Leitungsgremium, der EKD, noch nicht einmal darauf einigen, was zum Kernbestand des christlichen Glaubens gehört. Aber eines weiß sie ganz genau: Dass sie vom Staat bevorzugt zu behandeln ist. Sie biegt das grundgesetzliche Gebot der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates um in eine „fördernde“ oder „wohlwollende“ Neutralität. Dies ist ein Widerspruch in sich, den wir nie hinnehmen werden. Es gibt nur eine neutrale Neutralität oder gar keine! Und es gibt eine ganze Reihe von Vorschriften, die Konfessionsfreie benachteiligen: Konkordatslehrstühle, Ethik als Ersatzpflichtfach, Verbot von Vergnügungsveranstaltungen an Feiertagen, auch wenn sie fernab von Kirchen stattfinden, staatlicher Einzug des kirchlichen Mitgliedsbeitrags und vieles mehr. Vor zwanzig Jahren habe ich an dieser Stelle folgendes formuliert:

Die Protestanten reden schon jetzt vom "Zusammenbruch des volkskirchlichen Systems". Sie wissen warum, haben sie doch 1986 eine Studie veröffentlicht, wonach sich die Zahl der evangelischen Kirchenmitglieder in Westdeutschland bis zum Jahr 2030 halbieren könnte. Schon jetzt ist die Vormachtstellung der Kirchen, mag sie äußerlich auch noch intakt scheinen, ausgehöhlt (...) . Die politischen Parteien beobachten bereits aufmerksam die weltanschauliche Entwicklung, (...) testen auch schon die Reaktion der Wähler auf kirchenkritische Aussagen in ganz bestimmten Konfliktfeldern. Die Bereitschaft des Staates, den Kirchen weiter unter die Arme zu greifen, lässt spürbar nach. Man mag spekulieren, wie lange es noch braucht, bis die Abwanderungswelle zu (...) politischen Folgen außerhalb der Kirchen führt. Das kann schon in zwei Jahren mit der Harmonisierung in der EG kommen, es kann aber auch noch fünfzig Jahre dauern. Aber der Erdrutsch wird kommen. Und wir werden die sein, die das Kartenhaus zum Einstürzen bringen.“

Soweit das Zitat von damals. Allenfalls beim letzten Satz war ich wohl etwas optimistisch, denn das Kartenhaus wird nicht wegen uns einstürzen; allenfalls leisten wir einen kleinen Beitrag dazu. Aber sonst?

Seit 1990 haben die Kirchen ein Fünftel ihres Mitgliederanteils an der Gesamtbevölkerung verloren und sind von 73 auf 58 Prozent geschrumpft. Nur noch 52 von 100 Neugeborenen werden katholisch oder evangelisch getauft, aber 72 von 100 Verstorbenen gehören diesen Kirchen an. Bundesweit werden in 15 Jahren weniger als die Hälfte evangelisch oder katholisch sein.

Auch in Bayern sieht es nicht besser für die Kirchen aus. Seit der Volkszählung 1987 hat sich der Anteil der Konfessionsfreien und „Sonstigen“ von 9 auf 27 Prozent verdreifacht. Vor drei Jahren haben die Konfessionsfreien die Evangelischen überholt. Sie nehmen jedes Jahr um einen dreiviertel Prozentpunkt zu und werden in 20 – 25 Jahren sogar die Katholiken einholen.

Zusätzlich leiden beide Kirchen unter einer „qualitativen Auszehrung“, d.h. der Anteil der streng Gläubigen und Kirchentreuen unter den Kirchenmitgliedern nimmt ab – und damit beiläufig auch der Anteil der treuen CSU-Anhänger.

(Wohlgemerkt: Diese Einschätzung teilen auch die katholischen wie evangelischen Religionssoziologen, ebenso wie kürzlich der tiefgläubige Ex-Chefredakteur der AZ, Dr. Markus Günther. Das einzige, was an diesen ziemlich sicheren Prognosen noch strittig sein könnte, ist das Tempo des Zerfalls.)

Für die Parteien heißt das: Wer im schrumpfenden Wählersegment der Kirchennahen fischt, verliert Wähler, weil er gleichzeitig Kirchenferne abschreckt. Linke und Piratenpartei (mit Einschränkungen auch die Grünen) profitieren von ihrer säkularen Programmatik. Die CSU hat die erste Quittung schon bekommen und die Losung „50 % + X“ ersetzt durch „40 % + X“).

Für den Bund für Geistesfreiheit heißt dies: Die Volkskirche ist auch ohne unser Zutun ein Auslaufmodell. Aber den Abbau der kirchlichen Privilegien voranzutreiben, was dem Staat beiläufig auch viel Geld spart – das ist unsere ureigenste Aufgabe. Und dafür brauchen wir Ihre Unterstützung und auch die von noch mehr Mitgliedern!“

https://www.bfg-augsburg.org/bfga100.html

 

Nachrufe

 

DGHS

 

„Gerhard Rampp war ein Ausnahmemensch, sowohl durch sein enormes Wissen als auch durch seine Fähigkeiten als Autor, Redakteur und Organisator. Die Sicherheit, mit der er Details die Geschichte der europäischen Aufklärung, der Kirchengeschichte und nicht zuletzt der Geschichte der DGHS im Kopf hatte und in geschliffener Rede vortragen konnte, war selbst für einen Gymnasiallehrer mit den Fächern Geschichte, Französisch und Ethik stupend. Kein Gespräch mit ihm, bei dem man sich nicht umfassend und erhellend belehrt fühlte. Seinen Argumenten war nicht leicht etwas entgegenzusetzen, aber ihm lag es fern, sich über andere zu erheben. Als Redakteur war er in mehreren Zeitschriften für die Themenkreise Kirche, Kirchenfinanzen und Bioethik zuständig und trug als Autor von Rundfunksendungen und Buchbeiträgen zu aktuellen Debatten wie denen zum Ethikunterricht und zum Schwangerschaftsabbruch bei. Als Autor verband er Sachkenntnis und Sachlichkeit mit Zielgenauigkeit der kritischen Stoßrichtung und bewies auf diese Weise seine Loyalität gegenüber der französischen Aufklärung, die er auch als Literaturwissenschaftler über alles schätzte. Daneben war er ein höchst erfolgreicher Organisator, zunächst innerhalb des Bundes für Geistesfreiheit Bayern, später im Rahmen des eigenständigen Bundes für Geistesfreiheit Augsburg, deren Vorsitz er seit 1982 innehatte. Dass dessen Mitgliederzahl von ursprünglich 54 auf gegenwärtig 2100 angewachsen ist, ist wesentlich sein Verdienst.

Mit Gerhard Rampp verliert die Bewegung für ein selbstbestimmtes Sterben einen ihrer unermüdlichsten und verlässlichsten Mitstreiter. In der DGHS war Gerhard Rampp als eines ihrer Gründungsmitglieder von Anfang an dabei. Insgesamt 19 Jahre lang war er als Präsidiumsmitglied aktiv, zunächst als Schatzmeister, von 2006 bis 2012 als Vizepräsident. Danach engagierte er sich für die DGHS als Ansprechpartner für Augsburg und als Delegierter und wirkte beratend bei vielen Entscheidungen des Präsidiums mit.“

https://www.dghs.de/aktuelles/neuigkeiten/artikel/zum-tod-von-gerhard-rampp/

 

Gunnar Schedel, Alibri-Verlag

 

„Gerhard Rampp, Mitbegründer der Alibri Verlag GmbH und Mitarbeiter der MIZ seit über 40 Jahren, ist am Wochenende überraschend gestorben.

Die MIZ-Redaktion traf die Nachricht völlig unvorbereitet. Am Sonntagabend, keine 12 Stunden, bevor die MIZ hätte in Druck gehen sollen. Es fand sich nicht einmal ein gutes Foto im Bildarchiv, nur eine ältere Aufnahme mit mächtig Moiré. Trotzdem wird es im kommenden Heft eine kurze Würdigung geben für eine der wichtigsten Figuren der säkularen Szene in den vergangenen Jahrzehnten. Und auch wir erinnern an dieser Stelle an eine zentrale Stütze des Verlags. Ein ausführlicher politischer Nachruf wird dann in MIZ 2/24 erscheinen.

Gerhard Rampp hat das Gesicht der MIZ wesentlich mitgeprägt. Seit 1981 betreute er, mit einer kurzen Unterbrechung, die äußerst beliebte Rubrik Internationale Rundschau, er zeichnet für mehr als 5000 der 5891 Meldungen, die seitdem erschienen sind, verantwortlich. Von 1989 bis 1996 gehörte er der Redaktion an und auch danach schrieb er regelmäßig für die MIZ.

Auch dem Verlag war er von Anfang an verbunden, gehörte zu den Autoren des Ratgebers Konfessionslos in der Schule und war noch im Herbst mit dabei, als es darum ging, Texte für den Band mit den Karikaturen von Rolf Heinrich beizusteuern. Die tiefe Verbundenheit zeigte sich auch darin, dass Gerhard Rampp als einer der Gesellschafter im Jahr 2010 die Alibri Verlag GmbH mitbegründete.

Gerhard zeichnete sich durch Sachkenntnis und einen kühlen analytischen Verstand aus. Er war der erste, der erkannte, dass mit dem Thema „Kirchliche Finanzen“ große öffentliche Aufmerksamkeit erzielt werden konnte. Seine Vorhersagen über den sich zunehmend beschleunigenden Mitgliederschwund der beiden großen Kirchen, anfangs von vielen mit einem Lächeln kommentiert, sind ziemlich genau eingetroffen.

Bei aller Rationalität war Gerhard zugleich ein empathischer Mensch, der wusste, dass Solidarität immer einen konkreten Aspekt haben muss.

Gerhard Rampp hinterlässt im Verlag und in der MIZ eine schwer zu füllende Lücke. Ob die Rubrik Internationale Rundschau in der bisherigen Form weitergeführt werden kann, ist noch unklar. Darüber hinaus hat nicht nur der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg, dem er viele Jahre als Vorsitzender diente, sondern hat die gesamte säkulare Szene einen Aktivposten verloren.

Als ich am Donnerstag das letzte Mal mit ihm telefonierte, war er schon im Krankenhaus, klang aber sehr optimistisch und hatte Pläne für die nächsten Wochen. Wir haben wohl beide nicht damit gerechnet, dass es ganz anders kommen würde.“

https://www.alibri.de/Blog/ArticleID/342/Trauer-um-Gerhard-Rampp-19502024

 

Assunta Tammelleo, Vorsitzende des Bunds für Geistesfreiheit München

 

„Es ist wohl über 35 Jahre her, dass der „Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten“ (IBKA) unter dem Vorsitz seines Gründers Frank L. Schütte eine Auswahl an Mitgliedern und Aktivisten zu einer Sitzung nach Berlin geladen hatte. Eine überschaubare Anzahl engagierter und bekennender Gottloser sollte und wollte festlegen, wer alles dabei ist im weiteren, doch hoffentlich kämpferischen Einsatz für die Trennung von Staat und Kirche. Es ging nicht wirklich um die Reinheit einer Lehre, doch im Wesentlichen darum, ob der Freiburger „Bund gegen Anpassung“ um den Verlagsinhaber, Autor und Psychoanalytiker Fritz Erik Hoevels überhaupt der Großfamilie der organisierten Atheisten angehören darf. Illustrer hätte die Runde der streitbaren Diskutanten kaum sein können. Am großen Tisch trafen sich u.a. Vertreter des „Libertären Forums Aschaffenburg“, des „IBKA“ Berlin, des „Bundes gegen Anpassung“ und Mitglieder des „Bundes für Geistesfreiheit“ aus Bayern. Uns gottlosen Neulingen aus dem bfg München – Wolf Steinberger und mir – ist ein gutbürgerlich aussehender Mann mittleren Alters besonders aufgefallen; vor allen Dingen auch deshalb, weil man ihn anhand der Vortragsart und -weise (seiner nicht wenigen Redebeiträge) unschwer dem Berufsstand der Lehrer zuordnen konnte, und weil sein bürgerliches Äußeres zu den seinerzeit eher hippie-schlurfig gewandeten übrigen Protagonisten nicht so recht passen wollte. Wahrscheinlich war es vorrangig seinem wortgewaltigen Einsatz zu verdanken, dass man den „Bund gegen Anpassung“ als gleichrangigen säkularen Partner dann nicht in den Kreis des säkularen Aktionsbündnisses aufnehmen wollte.

Gerhard Rampp war Anfang der 80er Jahre Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) und wohl zeitgleich bereits Vorsitzender des Bund für Geistesfreiheit Augsburg (bfg); ein Amt, das er ohne Unterbrechung die kommenden 42 Jahre behalten sollte. Von Beruf war er Lehrer für Deutsch, Französisch und Ethik an einem Augsburger Gymnasium. Im Ehrenamt daneben seit Ende der 80er Jahre beständiges Redaktionsmitglied der säkularen Vierteljahreszeitschrift „Materialien und Informationen zur Zeit“ (MIZ), im Vorstand der von ihm mit gegründeten DGHS noch fast 20 Jahre, viele Jahre verantwortlicher Regionalbeauftragter Bayern für den IBKA, ehemaliger, langjähriger Vorsitzender des bfg Bayern, zeitweise Vorsitzender des bfg München (und dort seit Jahren langjähriges Ehrenmitglied), Unterstützer des hpd und schließlich Beirat und Stifter in der Giordano Bruno Stiftung. Ein säkulares Urgestein also - und als bayerischer Schwabe gleichermaßen mit schwäbisch-kleinlicher Pedanterie einerseits und bayerischer Renitenz gegenüber Obrigkeiten andererseits ausgestattet; eine wirkungsvolle Mischung im Einsatz für ein hohes politisches Ziel, die Trennung von Staat und Kirche in Deutschland.

Sein säkulares Steckenpferd war vor allem das Thema „Die Kirche und Ihr Geld“, das er – wie auch damals der ehemalige Priester, Soziologie-Professor und Kirchenkritiker Horst Herrmann – sehr früh als das zentrale Thema der Geistesfreiheit erkannte, um die diesbezüglich ahnungslose deutsche Bevölkerung über die staatliche Finanzierung der nicht immer segensreichen Aktivitäten der beiden deutschen Großkirchen aufzuklären und sie über diese Erkenntnis zum notwendigen Kirchenaustritt zu bewegen. Vor allen Dingen auf diese Art und Weise – so die einleuchtende Logik des organisierten Schachmeisters Rampp – muss die politische Forderung nach Trennung von Staat und Kirche zwangsläufig das zur realen Umsetzung notwendige Gewicht gewinnen. Diese Überzeugung hat der Stratege in ihm nie aufgegeben, auch wenn die Anzahl der Kirchenaustritte über die vielen Jahre – nicht zuletzt wegen der unfassbaren Meldungen kirchlichen Missbrauchs von insbesondere Kindern und Jugendlichen - immer beeindruckender geworden ist, doch im Gegensatz dazu die tatsächliche Trennung von Staat und Kirche nach wie vor in weiter Ferne war/ist. Unabhängig davon war und blieb sein Einsatz auf diesem Gebiet unermüdlich.

Es hat ihm als Staatsdiener zu keinem Zeitpunkt an außerordentlichem Mut gefehlt. Jahrzehntelang hat er weder beruflich noch privat bei irgendwem Zweifel – auch außerhalb Bayerns - an seiner säkularen Geisteshaltung aufkommen lassen, was insbesondere in Staatsdiensten in Bayern vor Jahrzehnten kaum besonders gut angesehen gewesen sein dürfte, deutlich weniger noch als heute. Mehr als die allermeisten der organisierten Säkularen scheute er keine öffentliche Diskussion in Sachen Trennung von Staat und Kirche, schrieb unermüdlich einschlägige Leserbriefe unter eigenem Namen (die zahlreich veröffentlicht wurden) und war sicherlich (in der Regel zusammen mit Monika Rampp) auf nahezu allen Treffen der säkularen Szene vor Ort mit dabei. Die Grundlage seiner Öffentlichkeitsarbeit war einerseits sein berechtigtes Vertrauen in die selbst erworbene hohe Sachkenntnis des Themas und andererseits sein darauf fußendes unerschütterliches Selbstbewusstsein und der von ihm berufsbedingt praktizierte Redestil…Lehrer, der er halt zeitlebens war. Das zunehmende Presseinteresse gegenüber säkularen Themen brachte über die Jahre andere Mitstreiter mehr in die Zeitungen, Rundfunkanstalten und Fernsehsender als ihn selber, doch die meisten von ihnen waren sich wohl im Klaren darüber, dass viel von dem, was sie öffentlich machten, auf der Arbeit gerade auch von ihm fußte. Gerhard Rampp war und blieb der geachtete Vielarbeiter im Weinberg der Geistesfreiheit.

Über den Einsatz in Sachen Trennung von Staat und Kirche fühlte er sich als Verfechter von Geistesfreiheit und Selbstbestimmung politisch vertreten von - über die Jahre -unterschiedlichen Parteien. Aus seiner politischen Haltung jenseits der Trennung von Staat und Kirche hat er ebenfalls nie ein Hehl gemacht und entsprechende Wahlempfehlungen in säkularen Kreisen - gerne auch ungebeten - weitergegeben. Als Vorsitzender des bfg München irgendwann Anfang der 90er Jahre hielt er lediglich die CSU als für säkulare Menschen unter keinen Umständen wählbar. Vor diesem Hintergrund verwundert es dann natürlich doch, dass er als bereits „pensionierter Gymnasiallehrer“ Mitglied im Ring Christlich-Demokratischer Studenten an der Universität Bayreuth geworden ist. Welche Beweggründe auch immer der Schachspieler Rampp dafür hatte, so waren sie vermutlich strategischer Natur; mit sehr großer Wahrscheinlichkeit hat er seine säkularen Ideale dafür nicht verraten.

Über die Jahrzehnte waren wir regelmäßig in Kontakt, haben uns getroffen, ausgetauscht und durchaus heftig und anhaltend gestritten. Nicht immer hätte man in diesem Zusammenhang von einer wunderbaren Freundschaft sprechen können, und das haben wir auch beide nie getan. Doch über diese Jahrzehnte gewachsen und geblieben ist die jeweilige Achtung vor der Leistung des anderen. In meinem Fall ist es die Achtung seiner Ausdauer und seines außerordentlichen Fleißes für das gemeinsame Anliegen, aber vielleicht noch mehr die Achtung seines ebenso außerordentlichen Mutes. Die Umsetzung der Trennung von Staat und Kirche in Deutschland wäre deutlich weiter, hätte eine große Anzahl säkularer Menschen auch nur einen Bruchteil der Courage, die er hatte.

Am Karfreitag dieses Jahres habe ich mich mit ihm, seinen engen Vertrauten aus dem bfg Augsburg und zwei weiteren Weggefährten der säkularen Szene in unserer Kulturbühne Hinterhalt aus Anlass der dort stattfindenden „Stille Tage Tanzveranstaltung“ mit Live-Musik getroffen und viel diskutiert nach Jahren der diesbezüglichen Zurückhaltung auf beiden Seiten. Es war ein anregender, informativer und auch unterhaltsamer Nachmittag/Abend, von dem sich alle Beteiligten eine zeitnahe Fortsetzung wünschten. Nicht absehbar war, dass es dazu nicht mehr kommen würde, zumindest nicht im uns vertrauten und bekannten Diesseits.

Was mir und uns bleibt ist die Erinnerung an einen streitbaren, engagierten und mutigen säkularen Weggefährten, von dessen Sorte gerne mehrere mit uns für eine säkulare Gesellschaft engagiert tätig sein dürfen. Und dem ich persönlich, aber wohl die säkularen Aktivisten insgesamt, daher zu besonderem Dank verpflichtet bin. Die kindliche Vorstellung, er würde jetzt irgendwo da draußen im Universum auf so Etwas wie einer Wolke sitzen und -anstatt „Hallelujah“ zu singen wie seinerzeit der Dienstmann Aloisius Hingerl („Ein Münchner im Himmel“) – an wen gerichtet auch immer die aktuellen Kirchenaustrittszahlen dozieren, die hat durchaus etwas Tröstliches…“

https://bfg-bayern.de/node/3617

 

Michael Schmidt-Salomon, Giordano-Bruno-Stiftung

 

„Gerhard Rampp war zweifellos einer der ungewöhnlichsten Menschen, die ich jemals getroffen habe. Seine fast übermenschliche Merkfähigkeit gepaart mit hoher Intelligenz, einer ausgewiesenen Schalkhaftigkeit und einem nicht immer sozial angepassten Verhalten machten ihn gewissermaßen zum »König der Nerds«. Stiftungsintern erlaubten wir uns den Spaß, die Abweichung vom statistischen Mittelmaß in Rampp-Einheiten zu bemessen, wobei in unseren Studien kaum jemand einen Score von über 0,7 Rampp erreicht hat.

Als Gerhard von unserer Rampp-Skala erfuhr, war er nicht etwa erbost, er lehnte sich vielmehr mit breitem Grinsen zurück, verschränkte die Arme vor dem Bauch und sagte: »Ja, mei…« Natürlich war ihm klar, dass er »irgendwie anders« war. Das wusste er schon als Kind. Die Dinge, für die sich andere interessierten, ließen ihn kalt. Sein Faible galt der Mathematik, der Logik und der Geschichte. Und so verwundert es nicht, dass Gerhards »Lieblingssport« Schach war, wo er schon in jungen Jahren wahre Meisterschaft erlangte und viele Turniere gewann.

Typisch für ihn war die ramppineske Studienwahl, die er nach dem Abitur traf. Denn Gerhard studierte nicht etwa Mathematik, Statistik oder Geschichte, sondern die beiden Fächer, in denen er die meisten Defizite hatte, nämlich Deutsch und Französisch. Für Gerhard war dies die »normalste Entscheidung der Welt«, denn er wollte »im Studium noch etwas hinzulernen«, wie er mir einmal erklärte. Also wurde Gerhard Gymnasiallehrer für Deutsch und Französisch (und später auch Ethik) in Augsburg. Ich hätte gerne Mäuschen in einer seiner Unterrichtsstunden gespielt, weil ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wie Gerhard pubertierenden Jugendlichen die Feinheiten der Lyrik Heines oder Brechts näherbringt. (Dem Vernehmen nach soll dies aber erstaunlich gut geklappt haben.)

Kennengelernt habe ich Gerhard in den 1990er Jahren beim Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA). Zu diesem Zeitpunkt war er bereits langjähriger Vorsitzender des Bundes für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg, einer alteingesessenen, in den 1970ern allerdings stark überalterten Organisation, der Gerhard zusammen mit anderen jüngeren Mitstreitern neues Leben einhauchte. Maßgeblich beteiligt war er ab 1980 auch am Aufbau der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), die nicht zufällig ihre Zentrale lange Zeit in Augsburg hatte und als erste deutsche Organisation, die sich konsequent für Selbstbestimmung am Lebensende einsetzte, bundesweit für Aufsehen sorgte.

In die Redaktion der IBKA-Zeitschrift MIZ (Materialien und Informationen zur Zeit) ist Gerhard ebenfalls 1980 eingetreten. Dort betreute er über Jahrzehnte hinweg die Rubrik »Internationale Rundschau« – eine wahre Fundgrube für die religionspolitischen Entwicklungen der letzten 40 Jahre nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Ansonsten betätigte sich Gerhard im säkularen Spektrum vor allem als »Großmeister der Zahlen«. Lange bevor sich Carsten Frerk diesen Themen widmete, war Gerhard Rampp derjenige, der die finanzielle Verflechtung von Staat und Kirche analysierte und auf den zunehmenden Säkularisierungstrend in der Gesellschaft hinwies. Die Zahlenkolonnen, die er aus dem Stegreif zitieren konnte, um seine Argumente zu stützen, haben mich immer wieder verblüfft. 30 Jahre lang haben mich diese spontanen, zahlengespickten Kurzreferate, die ich gerne als »Ramppinaden« bezeichnete, begleitet – wobei ich zugeben muss, dass Gerhards Beiträge ebenso faszinierend wie gefürchtet waren, denn wenn er erst einmal dem »Rausch der Zahlen« verfallen war, konnte man ihn schwerlich noch stoppen.

Nach der Gründung der Giordano-Bruno-Stiftung 2004 hat sich Gerhard selbstverständlich in der gbs engagiert, deren Beirat er wenig später wurde. Und er sorgte dafür, dass gbs-Gründer Herbert Steffen (nach Karlheinz Deschner, Franz Buggle und Norbert Hoerster) 2012 mit dem »Ludwig-Feuerbach-Preis« ausgezeichnet wurde – eine Ehrung, die Herbert sehr viel mehr bewegte als das Bundesverdienstkreuz, das er 1994 aus den Händen von Rainer Brüderle erhalten hatte. Die Verleihung des Ludwig-Feuerbach-Preises an Gerhard Czermak im November 2023 war dann auch der letzte öffentliche Auftritt, bei dem das Publikum die Ramppschen Eigenheiten bestaunen konnte: Angeregt durch das musikalische Begleitprogramm kam ihm plötzlich in den Sinn, aus dem Stegreif ein fünfminütiges Kurzreferat zur Geschichte der französischen Blockflötenmusik zu halten. (Dass er sich auch auf diesem sehr speziellen Gebiet als Experte erwies, hat niemanden von uns mehr gewundert…)

Wir alle haben in den letzten Jahrzehnten sehr von Gerhards Wissen und Engagement profitiert. Für viele Themen, die wir in den vergangenen 20 Jahren angegangen sind, hat er schon in den 1980er und 1990er Jahren wichtige Vorarbeiten geleistet – von der Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen über die Abschaffung des kirchlichen Arbeitsrechts bis hin zur Etablierung eines »Rechts auf Letzte Hilfe«. Dabei hat Gerhard die Giordano-Bruno-Stiftung nicht nur ideell, sondern auch finanziell als Mitglied des gbs-Stifterkreises unterstützt. Beim Treffen des Stifterkreises Ende März 2024 in Oberwesel habe ich ihn das letzte Mal gesehen. Damals, vor zwei Monaten, hätte ich mir nicht vorstellen können, dass sein spontanes Kurzreferat zur empirischen Entwicklung der Religionsverteilung in Deutschland, in dessen Genuss wir am Ende des Treffens kamen, die allerletzte »Ramppinade« sein würde, die ich jemals hören würde. Im Grunde kann ich es mir noch immer nicht vorstellen, denn Gerhard war so selbstverständlich an unserer Seite, dass es abwegig erscheint, dass er nie wieder an unserer Seite sein wird.

Am vergangenen Wochenende wollte Gerhard eigentlich am gbs-Stiftungstreffen in Oberwesel teilnehmen, doch am Mittwoch erreichte uns ein Anruf seiner engen Vertrauten Heidi Jovanovic, die uns mitteilte, dass Gerhard einen Schwächeanfall erlitten hatte und ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Am Freitag verschlechterte sich sein Gesundheitszustand in dramatischer Weise, es kam zu multiplem Organversagen, in dessen Folge Gerhard das Bewusstsein verlor und nicht wieder erwachte.

Obwohl wir wussten, dass Gerhard schon seit Längerem an Diabetes erkrankt war und ärztliche Anweisungen gerne ignorierte, kam sein Tod am Samstag unerwartet. Vor allem für die Mitglieder des bfg Augsburg, dessen Weg Gerhard 40 Jahre maßgeblich bestimmt hat, ist sein plötzlicher Tod ein Schock, der erst einmal verarbeitet werden muss. Auch wir haben daran zu knapsen. Denn Gerhard hinterlässt nicht nur als säkularer Aktivist, sondern auch als Mensch eine Lücke, die kaum zu füllen ist. Wir alle haben ihn außerordentlich geschätzt – nicht nur als brillanten Denker und gewitzten Strategen, als phänomenalen Zahlenakrobaten und Gedächtniskünstler, sondern auch als der wunderbar schräge Vogel, der er war und als der er uns für immer in Erinnerung bleiben wird...“

https://www.giordano-bruno-stiftung.de/meldung/der-grossmeister-der-zahlen

 

Zum Schluss

 

Aus zwei früheren Beiträgen des Wurms:

„Wenn am Ende eines Lebens die Frage gestellt wird „Was hast Du zum Fortschritt der Menschheit beigetragen, auch, wenn es noch so minimal war? Gibt es etwas, was es ohne dich nicht gäbe, etwas, das ein Bruder oder eine Schwester von dir nicht genauso hätte machen können?“ – dann sollte mensch eine gute Antwort darauf haben.“

https://www.ansichten-eines-regenwurms.de/index.php/1366-ehrlich-und-ehrlicher

 

Rüdiger Nehberg: „Und noch eins kann ich jedem mit auf den Weg geben. Einen Rat, unabhängig von Alter und Geschlecht. Denk nicht ein Leben lang darüber nach, dass man etwas unternehmen sollte. Fang heute an! Denn heute beginnt der Rest deines Lebens. Morgen fehlt dir schon wieder ein Tag. Womöglich der entscheidende.“

Zum Schluss der Dokumentation „Ein abenteuerliches Leben - Rüdiger Nehberg“:

„Niemand ist zu gering, die Welt zum Positiven zu verändern.

Versucht‘s einfach!“

Der Wurm fügt noch dazu: Es ist jedem möglich, die Welt zum Positiven zu verändern. Und sei es „nur“ durch freundliches Benehmen seinen Mitmenschen gegenüber, durch gewissenhafte Arbeit oder durch Unterstützung einer Organisation zum Wohle der Menschheit. Wie „TARGET“.“

https://www.ansichten-eines-regenwurms.de/index.php/682-niemand-ist-zu-gering-die-welt-zum-positiven-zu-veraendern

 

Gerhard Rampp hat seinen Beitrag dazu geleistet, die Welt zum Positiven zu verändern.

 

 

Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm

 

 

Das Böse verlachen

- Satire, Realsatire, ernst Gemeintes -

 

18. Mai – Wochenkommentar von Ferdinand Wegscheider

„Österreich, du Nazi!“ – Im neuen Wochenkommentar geht es heute um Neues von Lena, der Leuchtenden, und wir untersuchen das Phänomen, dass es nicht mehr darauf ankommt, was jemand sagt, sondern wer es sagt.

https://www.servustv.com/aktuelles/v/aal284234mfwij68ig8h/

 

"Spass an der Front!!"

https://www.youtube.com/watch?v=MjoTqC3So4c

 

Ein Rechtspopulist sorgt für ein politisches Erdbeben…!!Einkaufen in Venlo ade ??

https://www.youtube.com/watch?v=0PbXZNB8WNg

 

Gefängnisdemographie politisch unkorrekt erklärt

https://odysee.com/@NikolaiBinner:4/gef%C3%A4ngnisdemographie-politisch:f

 

Simone Solga: Gehirn-Yoga mit Yogeshwar | Folge 115

https://www.youtube.com/watch?v=GNQEoZ_g1ZM

 

Drehscheibe Deutschland / Wartburg Automobile / Steimles Aktuelle Kamera / Ausgabe 151

https://www.youtube.com/watch?v=7vmKoQUgfvA

 

HallMack  Aktuelle Kamera 55 - Das AfD-Ritual

https://www.frei3.de/post/9e38706b-683d-4c64-b92d-09433c502d38

 

HallMack  Der Krampf gegen Rächts

https://www.frei3.de/post/eee49ea1-36b9-4615-b152-defdf9b8f888