Vor 150 Jahren begann die kurze Zeit der „Pariser Kommune“, die als Vorläufer heutiger bürgerlicher Demokratien wie auch sozialer Revolutionen gilt. Deren brutale Niederschlagung (auch mit massiver Hilfe der deutschen Regierung) macht deutlich, dass die herrschende Klasse alles tun wird, damit sich das einfache Volk keinen noch so kleinen Anteil vom zu verteilenden Kuchen nimmt.
Michael Braun fasst die Geschehnisse kurz zusammen: „Die 72 turbulenten Tage der Pariser Kommune vom 18. März bis zum 28. Mai 1871 gelten bis heute als die „schönste Revolution der Weltgeschichte“ (Karl Marx). Die Selbstorganisation der Kommunarden von Paris ist zum mythisch glorifizierten Vorbild aller sozialrevolutionären Bewegungen des 20. Jahrhunderts geworden.
Der Aufstand der Kommune begann nach der Niederlage Frankreichs im Deutsch-Französischen Krieg von 1870, in dessen Verlauf deutsche Truppen Paris zunächst belagert und dann für einige Tage besetzt hatten. In dieser Zeit gab es zwei Machtzentren in Frankreich: die bürgerliche „Regierung der nationalen Verteidigung“ in Bordeaux und die frei gewählte „Föderation der Nationalgarde“, die bewaffnete Bürgerwehr in Paris. Zwischen diesen beiden Machtpolen begann der Bürgerkrieg.
Die Mauer auf dem Friedhof Père-Lachaise, an der am Pfingstsonntag 1871 die letzten 147 Kämpfer der Kommune in einem Akt terroristischer Staatsgewalt erschossen wurden, fungiert bis heute als ein Wallfahrtsort der französischen Linken. Die Geschichtswissenschaft aber hat in der Zwischenzeit den Mythos von der ersten „Diktatur des Proletariats“ ernüchtert.
Der Publizist Sebastian Haffner wies bereits 1971, zum hundertsten Geburtstag der Kommune, darauf hin, dass diese nur wenig mit Kommunismus zu tun gehabt habe, sondern zunächst ein frei gewähltes Stadtparlament gewesen sei, das nicht nur aus Anarchisten, sondern auch aus Linksliberalen und Radikaldemokraten bestand.
Ein Parlament freilich, das Beschlüsse fasste, die heute zum Grundbestand der bürgerlichen Demokratie gehören: ein kostenloses Bildungssystem für alle, die Trennung von Kirche und Staat, die rechtliche Gleichstellung der Frauen. Am 28. Mai 1871 wurde diese erste junge Demokratie in einem Blutbad ausgelöscht. Der brutale Rachefeldzug der alten Machtordnung forderte etwa 30.000 Opfer.“