Kommune 1

Vor 150 Jahren begann die kurze Zeit der „Pariser Kommune“, die als Vorläufer heutiger bürgerlicher Demokratien wie auch sozialer Revolutionen gilt. Deren brutale Niederschlagung (auch mit massiver Hilfe der deutschen Regierung) macht deutlich, dass die herrschende Klasse alles tun wird, damit sich das einfache Volk keinen noch so kleinen Anteil vom zu verteilenden Kuchen nimmt.

Michael Braun fasst die Geschehnisse kurz zusammen: „Die 72 turbulenten Tage der Pariser Kommune vom 18. März bis zum 28. Mai 1871 gelten bis heute als die „schönste Revolution der Weltgeschichte“ (Karl Marx). Die Selbstorganisation der Kommunarden von Paris ist zum mythisch glorifizierten Vorbild aller sozialrevolutionären Bewegungen des 20. Jahrhunderts geworden.

Der Aufstand der Kommune begann nach der Niederlage Frankreichs im Deutsch-Französischen Krieg von 1870, in dessen Verlauf deutsche Truppen Paris zunächst belagert und dann für einige Tage besetzt hatten. In dieser Zeit gab es zwei Machtzentren in Frankreich: die bürgerliche „Regierung der nationalen Verteidigung“ in Bordeaux und die frei gewählte „Föderation der Nationalgarde“, die bewaffnete Bürgerwehr in Paris. Zwischen diesen beiden Machtpolen begann der Bürgerkrieg.

Die Mauer auf dem Friedhof Père-Lachaise, an der am Pfingstsonntag 1871 die letzten 147 Kämpfer der Kommune in einem Akt terroristischer Staatsgewalt erschossen wurden, fungiert bis heute als ein Wallfahrtsort der französischen Linken. Die Geschichtswissenschaft aber hat in der Zwischenzeit den Mythos von der ersten „Diktatur des Proletariats“ ernüchtert.

Der Publizist Sebastian Haffner wies bereits 1971, zum hundertsten Geburtstag der Kommune, darauf hin, dass diese nur wenig mit Kommunismus zu tun gehabt habe, sondern zunächst ein frei gewähltes Stadtparlament gewesen sei, das nicht nur aus Anarchisten, sondern auch aus Linksliberalen und Radikaldemokraten bestand.

Ein Parlament freilich, das Beschlüsse fasste, die heute zum Grundbestand der bürgerlichen Demokratie gehören: ein kostenloses Bildungssystem für alle, die Trennung von Kirche und Staat, die rechtliche Gleichstellung der Frauen. Am 28. Mai 1871 wurde diese erste junge Demokratie in einem Blutbad ausgelöscht. Der brutale Rachefeldzug der alten Machtordnung forderte etwa 30.000 Opfer.“

https://www.deutschlandfunkkultur.de/louise-michel-die-pariser-commune-die-schoenste-revolution.1270.de.html?dram:article_id=491288

 

Immer noch kurz, aber etwas ausführlicher: „Am 18. März 1871 erhob sich die Nationalgarde und die Arbeiterschaft von Paris gegen die antinationale und antisoziale Haltung der bürgerlichen Regierung Frankreichs beim Friedensschluss mit Deutschland nach dem Deutsch-Französischen Krieg. Die Aufständischen gaben damit den Auftakt zur Pariser Kommune. Der vom Volk gewählte Rat der Kommune strebte mit seinem Manifest vom 19. April programmatisch die Umwandlung Frankreichs in einen Bund souveräner Gemeinden (Kommunen) an. Außerdem führte er die Volksbewaffnung, die Gleichberechtigung der Frau und weitere im Interesse der einfachen Menschen stehende politische und soziale Regelungen ein. Mit Unterstützung des deutschen Reichskanzlers Bismarck gelang es Truppen der Regierung, bereits im Mai 1871 in Paris einzudringen, die Kommunarden in blutigen Kämpfen niederzuschlagen und die Pariser Kommune zu beenden.

Das französische Kaiserreich war nach der Niederlage im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und der Abdankung NAPOLEON III. zusammengebrochen. Die Art der Kriegführung und die antinationale Politik der bürgerlichen Regierung führten 1871 zu einer erheblichen Verschärfung der innenpolitischen Situation in Frankreich. Das war vor allem in Paris der Fall. Die Bevölkerung empörte sich hier über den raschen Friedensschluss mit Deutschland, dessen Folgen für Frankreich nahezu allein das französische Volk tragen sollte.

Am 26. Februar 1871 wurde im Schloss von Versailles der Vorfrieden mit Deutschland unterzeichnet. Die reaktionäre bürgerliche Regierung Frankreichs beschloss danach Maßnahmen, um die Kriegslasten auf das Volk abzuwälzen. So wurden u. a. die Soldzahlungen an die Nationalgardisten eingestellt und die sofortige Zahlung aller Mietrückstände verlangt. Das Kommando über die Pariser Nationalgarde übertrug die Regierung reaktionären Offizieren.

Als Antwort auf die volksfeindlichen Maßnahmen der Regierung schuf sich die Nationalgarde in Paris ein Führungsorgan, das Zentralkomitee der Nationalgarde. Die Absicht der französischen Regierung, am 18. März 1871 die Nationalgarde zu entwaffnen, führte zum Aufstand der Arbeiterschaft von Paris und der Nationalgarde.

Die Nationalgarde besetzte in Paris die wichtigsten öffentlichen Gebäude, wie das Polizeipräsidium, die Ministerien, Bahnhöfe und Kasernen. Auf dem Rathaus von Paris wurde die rote Fahne der Revolution gehisst. Nach dem siegreichen Kampf übernahm in der Stadt das Zentralkomitee der Nationalgarde die Macht und schrieb Wahlen für die Pariser Kommune aus.

Am 26. März 1871 wurden in den 20 Bezirken der französischen Hauptstadt 86 Stadträte gewählt. In einer feierlichen Kundgebung übernahm dieser Rat der Kommune zwei Tage später offiziell die Regierungsgewalt. Dieser revolutionäre Gemeinderat strebte mit seinem Manifest vom 19. April programmatisch die Umwandlung Frankreichs in einen Bund souveräner Gemeinden (Kommunen) an. Die Souveränität der Gemeinden sollte vor allem darin bestehen, dass allein in ihre Hände sowohl die gesetzgebende (legislative) als auch die ausführende (exekutive) Gewalt gelegt werden sollte. Die Kommune führte weiter die allgemeine Volksbewaffnung ein. Sie übergab die von ihren Besitzern stillgelegten Betriebe an Arbeitergenossenschaften und trat für eine begrenzte Vergesellschaftung der Produktion ein. Weiterhin proklamierte sie die Trennung von Staat und Kirche sowie die volle Gleichberechtigung der Frauen. In den Reihen der Kommunarden kämpften deshalb auch viele Frauen an der Seite ihrer Männer. Im Rat der Kommune gab es aber heftige Auseinandersetzungen über das Ausmaß der revolutionären Umwandlungen. Dennoch kennzeichneten die Zielstellungen die Pariser Kommune nicht nur als Aufstand gegen die harten Friedensbedingungen, sondern auch als politischen und sozialen Aufstand.

Im Gegensatz zum Staatsapparat des in der Französischen Republik nach Abdankung des Kaisers herrschenden Bürgertums regierte der Rat der Kommune im Interesse des Volkes.

Das musste zwangsläufig der reaktionären bürgerlichen Regierung missfallen, die sich nach Versailles zurückgezogen hatte und mit dem deutschen Reichskanzler BISMARCK in Verbindung stand. Das gemeinsame Ziel beider Regierungen war die schnelle Beseitigung der Volksregierung in Paris, um ein Übergreifen der Kommune auf ganz Frankreich zu verhindern.

Um die notwendigen Truppen zur Niederschlagung der Kommune aufstellen zu können, wandte sich der Chef der bürgerlichen Regierung THIERS an BISMARCK und bat diesen um Hilfe.

BISMARCK bot der französischen Regierung an, mit deutschen Truppen gegen die Revolutionäre in Paris vorzugehen. Dieses Angebot lehnte die französische Regierung jedoch aus nationalen Gründen ab. Sie bat vielmehr darum, die Beschränkungen des Friedensschlusses nach dem Deutsch-Französischen Krieg für die Zahlenstärke der französischen Armee aufzuheben. Damit hoffte sie, die benötigten Truppenkontingente aus eigenen Kräften bereitstellen zu können.

BISMARCK stimmte einer Verstärkung der Truppen auf 130 000 Mann zu. Auf seine Empfehlung hin entließ Deutschland sogar eine beträchtliche Anzahl kriegsgefangener Soldaten für die Aufstellung der französischen Regierungstruppen aus der Gefangenschaft. Ferner sollten die Regierungstruppen ungehindert den noch bestehenden Belagerungsring der deutschen Armeen um Paris passieren und ungehindert in die Stadt vordringen können.

Am 21. Mai 1871 war es dann so weit: Nach einem gescheiterten Vorstoß der Kommunarden nach Versailles stürmten die von Marschall MacMahon geführten und modern ausgerüsteten Regierungstruppen Paris. Acht Tage später hatten dann die überlegenen Truppen nach verlustreichen blutigen Straßenkämpfen die letzten Kommunarden überwunden. Die Rache der Regierung war furchtbar.

Etwa 20 000 Kommunarden, Männer wie Frauen, wurden standrechtlich erschossen. Mehr als 10 000 Kämpfer der Kommune mussten ins Gefängnis, wurden verbannt oder zur Deportation verurteilt.

Die Pariser Kommune konnte also nur durch die unmittelbare Hilfe von BISMARCK besiegt werden. Das gemeinsame Interesse von ihm und der französischen Regierung bestand darin, mit allen Mitteln eine demokratische Regierung mit Vertretern der Arbeiterklasse in Frankreich zu verhindern.

Im Gegensatz zu BISMARCK bekundete AUGUST BEBEL in einer Rede vor dem Deutschen Reichstag am 25. Mai 1871 seine Solidarität mit den geschlagenen Kommunarden.“

https://www.lernhelfer.de/schuelerlexikon/geschichte/artikel/die-niederschlagung-der-pariser-kommune#

 

Florian Grams: „Wo heute Sacré-Cœur – die Zuckerbäckerkirche auf dem Pariser Montmartre – steht, befand sich lange Zeit ein schmutziges Wohnquartier, in dem Proletarier*innen, Tagelöhner*innen und Prostituierte lebten. Es war aber auch die Heimat derjenigen, die Karl Marx als «Himmelsstürmer» bezeichnete; dort befand sich die Wiege der Pariser Kommune. Vor 150 Jahren waren auf dem höchsten Punkt von Montmartre Geschütze stationiert, die die Bewohner*innen mit Mitteln aus Spendensammlungen erstanden hatten, um sich gegen die preußische Belagerung von Paris zu verteidigen. Der Versuch der französischen Regierung, dem Volk seine Waffen zu nehmen, führte zum Widerstand in den Vierteln der Arbeiter*innen. Die Regierung floh nach Versailles, und Proletarier*innen, Intellektuelle und Tagelöhner*innen standen vor der Aufgabe, das tägliche Leben, die Verteidigung der Stadt und die Grundlagen einer neuen Gesellschaft zu organisieren.

Im Frühjahr 1871 wurde auf diese Weise ein Meilenstein auf dem Weg zur Emanzipation der Menschen erreicht. Die Erfahrungen der Pariser Kommunard*innen finden sich in den Zeilen der «Internationale» und gingen ein in die politische Praxis der russischen Bolschewiki. Sie waren Korrektiv und Inspiration, wurden aber auch für die Legitimation staatssozialistischer Herrschaft instrumentalisiert. Um aus den Erfahrungen der Pariser Kommune heute Ansatzpunkte für eine politische Praxis des 21. Jahrhunderts gewinnen zu können, muss man sie kennen und kritisch auf ihre Aktualität befragen. In diesem Sinne gilt es, den Kommunardinnen und Kommunarden erneut zuzuhören und von ihnen zu lernen.

Die Pariser Kommune begann am 18. März 1871, aber ihre Vorgeschichte reicht zurück bis ins Jahr 1848. Damals rollte, ausgehend von Frankreich, innerhalb von nur wenigen Wochen eine Welle demokratischer Revolutionen über Europa; in Wien, Warschau, Rom, Berlin gingen die Menschen auf die Straße.

In Frankreich unterlag die demokratische Revolution bereits nach wenigen Monaten, als im Juni 1848 ein Arbeiteraufstand gegen die Schließung der Nationalwerkstätten blutig niedergeschlagen wurde. Die damaligen Straßenkämpfe legten aber zugleich den Grundstein für eine eigenständige französische Arbeiterbewegung, die unabhängig war von den Parteien der bürgerlichen Mitte – eine wichtige Voraussetzung für die Entstehung der 72 Tage währenden «Republik der Arbeiter*innen» 1871.

Allerdings setzte sich nach der Niederschlagung des Aufstands zunächst eine Militärdiktatur durch, die dann wenige Monate später durch die Herrschaft Napoleons III. abgelöst wurde. Die Kaiserkrönung des Neffen von Napoleon Bonaparte war daher, wie Karl Marx im «Bürgerkrieg in Frankreich» feststellte, weniger ein Triumph kapitalistischer Hegemonie als vielmehr die Etablierung eines autoritären Regimes zur Niederhaltung der erstarkenden Arbeiterklasse.

Auch östlich des Rheins, im zersplitterten Deutschland, konnten die monarchistischen Kräfte die Revolution niederringen und die Demokratiebewegung besiegen. Deren revolutionäre Forderung nach der nationalen Einheit Deutschlands aber wurde in der Folge «von oben» aufgegriffen und als Projekt der von Preußen geführten Reaktion neu definiert und ausgerichtet.

Die Politik der preußischen Krone zielte sowohl auf den Erhalt der monarchischen Macht als auch auf die Herstellung der deutschen Einheit. Gerade die Einbindung der süddeutschen Länder in den Prozess der Nationalstaatsbildung musste den Widerstand Frankreichs hervorrufen, das kein Interesse an einem geeinten, gestärkten Deutschland haben konnte. Nach den Siegen der von Preußen geführten Truppen in den sogenannten Einigungskriegen rückte der deutsch-französische Interessenkonflikt deshalb in den Mittelpunkt der Politik der beiden Mächte und spitzte sich immer weiter zu. Hier prallten zwei Konkurrenten aufeinander, die zur Wahrung und Ausweitung ihrer Einflusssphären nach innen und nach außen auf einen Krieg zusteuerten. Im Sommer 1870 gelang es dem preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck, durch eine geschickte Verfälschung einer französischen Botschaft («Emser Depesche») die Regierung in Paris zur Kriegserklärung zu bewegen und ihr auf diese Weise die Verantwortung für die Eskalation der Situation zuzuschieben.

Bald darauf begannen im August die ersten Kampfhandlungen des Deutsch-Französischen Krieges mit einem französischen Vorstoß bei Saarbrücken. Bereits wenige Tage später überschritten preußische Truppen den Rhein. Anfang September kam es zur Schlacht bei Sedan, an deren Ende die letzte kampffähige französische Feldarmee mitsamt Napoleon III. in preußische Kriegsgefangenschaft geriet. Diese rasche Niederlage besiegelte das Schicksal des französischen Kaiserreichs, aber sie markierte nicht das Ende des Krieges, da die preußischen Truppen weitermarschierten, um Paris einzunehmen.

In der französischen Hauptstadt war nach der Niederlage von Sedan die Republik ausgerufen worden, die jedoch über keine demokratische Legitimation verfügte. Zwar war das Kaiserreich durch die politischen und militärischen Misserfolge diskreditiert, doch die Republik versäumte es, die Strukturen der Monarchie zu beseitigen. Die Maßnahmen der Regierung bewiesen, schrieb Karl Marx, dass ihre Mitglieder «vom Kaiserreich nicht nur einen Haufen Ruinen geerbt haben, sondern auch seine Furcht vor der Arbeiterklasse». Der Fortgang der Ereignisse in und um Paris gab ebenfalls wenig Anlass, auf den Aufbau einer freiheitlichen Republik zu hoffen. Anfang Oktober 1870 schloss sich der Belagerungsring um die Metropole, und auch der Versuch, diesen mit Truppen aus der französischen Provinz zu sprengen, scheiterte. Der Außenminister der Republik, Jules Favre, vereinbarte Ende Januar 1871 einen Waffenstillstand mit dem zwischenzeitlich gegründeten und am 18. Januar ausgerechnet im Spiegelsaal von Versailles ausgerufenen Deutschen Reich. Im Waffenstillstandsvertrag wurde festgeschrieben, dass nur eine neu gewählte Nationalversammlung die Legitimation besitze, einen Friedensvertrag zu ratifizieren. Diese trat bereits am 12. Februar in Bordeaux zusammen – also weit entfernt von der noch immer von deutschen Truppen belagerten Hauptstadt – und wählte mit Adolphe Thiers einen Befürworter der konstitutionellen Monarchie zum Ministerpräsidenten. Favre, der Vater des Waffenstillstandes mit Deutschland, blieb Außenminister.

In Paris wurden sowohl die Wahl des Tagungsortes der Nationalversammlung als auch die Zusammensetzung der neuen Regierung als Verrat am monatelangen Verteidigungskampf der Hauptstadt aufgefasst. Nachdem die Preußen Anfang März begonnen hatten, sich aus Paris zurückzuziehen, und die neue französische Regierung sich anschickte, die Nationalgarde in Paris zu entwaffnen, kam es am 18. März 1871 zum Widerstand gegen dieses Vorgehen der Regierung.

Zur Verteidigung von Paris gegen die deutschen Truppen hatte die Regierung Thiers im September 1870 die Nationalgarde reorganisiert und Arbeitslose in ihre Regimenter eingegliedert. Durch diesen Schritt hatte sich das Gesicht der Miliz verändert. Die Nationalgardisten hatten ihre Offiziere abgesetzt, aus ihren Reihen neue Kommandanten gewählt und sich mit dem Zentralkomitee der Nationalgarde auch ein politisches Leitungsgremium geschaffen. Auf diese Weise war in Paris die Grundform einer Volksarmee entstanden und mit ihr eine faktische Doppelherrschaft: auf der einen Seite die französische Regierung und auf der anderen Seite die Nationalgarde.

Am Abend des 17. März fiel im Kreis der Regierung der Beschluss, sich in den Besitz der Geschütze der Nationalgarde zu bringen, um die Macht des Zentralkomitees zu beenden und die eigene Machtbasis zu sichern. Zu diesem Zweck veröffentlichte die Regierung eine Bekanntmachung, in der sie das Zentralkomitee diffamierte und als Gefahr für die junge französische Republik darstellte. Da die Regierung nicht allein auf die Wirkung dieser Bekanntmachung vertrauen wollte, setzte sie am frühen Morgen des 18. März Truppen in Marsch, die die Stellungen der Nationalgarde im Handstreich nehmen und die Geschütze in die Arsenale der Regierung bringen sollten. Zwischenzeitlich belebten sich jedoch die Wohnviertel, und die Menschen sahen, was auf den Straßen vor sich ging. Ein Zeitzeuge schrieb: «Die Frauen gingen wie in unsern großen Tagen zuerst vor. Die vom 18. März […] warteten nicht auf ihre Männer. Sie umringten die Mitrailleusen und redeten die Stückführer an: ‹Das ist eine Schande, was machst du da?› Die Soldaten schwiegen.» Nach und nach gelangten auch größere Verbände der Nationalgarde an die Orte des Geschehens. Auf dem Montmartre befahl General Lecomte den Regierungssoldaten, auf die Frauen und Männer zu schießen. Doch die Soldaten verweigerten den Befehl, verbrüderten sich mit den Nationalgardisten und verhafteten den General. Auch an anderen Orten gelang es Mitgliedern der Nationalgarde zusammen mit der Bevölkerung, den Abtransport der Kanonen zu unterbinden. Im Laufe des Vormittags schlug das Volk so den Angriff zurück, konnte fast alle Kanonen sichern und darüber hinaus Tausende Gewehre erbeuten.

Vom Scheitern des Kanonenraubs und von der Entschlossenheit in den Pariser Arbeitervierteln überrascht, beschloss Adolphe Thiers, mit seiner Regierung und den loyalen Regimentern die Stadt Richtung Versailles zu verlassen. Der Abmarsch verlief störungsfrei, weil die Bataillone der Nationalgarde sich in Erwartung eines erneuten Angriffs der Regierungstruppen in ihren Stadtvierteln verbarrikadierten oder einer Konfrontation gezielt aus dem Wege gingen.

Als am Abend die Sonne über Paris unterging, lag die Macht in der französischen Hauptstadt gleichsam auf der Straße. In dieser Situation entschloss sich das Zentralkomitee der Nationalgarde, das Amt einer provisorischen Regierung zu übernehmen. Die meisten Pariserinnen und Pariser erfuhren davon erst am folgenden Morgen, nachdem das Zentralkomitee in das Pariser Stadthaus eingezogen war, dort die rote Fahne gehisst und sich mit seiner ersten Proklamation an die Einwohnerinnen und Einwohner gewandt hatte:

«Ihr habt uns beauftragt, die Verteidigung der Stadt Paris und eurer Rechte zu organisieren. Wir sind uns bewusst, diese Mission erfüllt zu haben. Unterstützt durch euren edlen Mut und eure bewundernswürdige Kaltblütigkeit haben wir diese Regierung, die uns verraten hat, vertrieben. […] Bereitet also sogleich die Kommunalwahlen vor und führt sie durch, und lasst uns die einzige Belohnung zuteilwerden, die wir uns je gewünscht haben: euch die wahrhafte Republik errichten zu sehen. Unterdessen hüten wir im Namen des Volkes das Stadthaus.»

Die erste Amtshandlung der provisorischen Regierung war am 19. März 1871 die Veröffentlichung des Aufrufs zur Wahl des Kommune-Rats. Die Revolution vom Vortag habe den Grundstein gelegt für eine französische Republik, die für alle Zeiten die «Ära der Invasionen und des Bürgerkrieges abschließen» werde. Das Zentralkomitee begriff sich als die Kraft, die die Freiheit von Paris verteidigt hatte und nun mit der Wahl des Kommune-Rats ihre Macht wieder an die Bewohnerinnen und Bewohner zurückgeben wollte.

Bereits am 26. März fanden die Wahlen statt, nur zwei Tage später konstituierte sich die Pariser Kommune. Aufgrund der notwendigen Eile bei der Wahlvorbereitung hatte man in diesen ersten Tagen der Kommune kaum über politische Programme diskutiert. Deshalb sei, so der Zeitgenosse Prosper Lissagaray, in erster Linie über Namen abgestimmt worden, was eine bunte Mischung von Jakobinern, Sozialisten, Anarchisten, Romantikern und Vertretern der bürgerlichen Opposition gegen Napoleon III. in den Rat der Kommune brachte. Auf diese Weise waren in der Kommune sowohl Kräfte wirksam, die ihre politische Inspiration aus den Konzepten der bürgerlichen Französischen Revolution von 1789 bezogen, als auch Frühsozialist*innen, Anarchist*innen und Marxist*innen. Die politischen Positionen spiegelten also die Erfahrungen der Klassenauseinandersetzungen eines knappen Jahrhunderts wider.

Wegen der zunehmenden Feindseligkeiten aus Versailles und den immer deutlicher formulierten Forderungen aus den Arbeitervierteln legten jedoch bereits in der ersten Ratssitzung 16 Mitglieder ihr Mandat nieder, weil sie nicht bereit waren, in einem Gremium zu arbeiten, das mehr leisten wollte als die Arbeit eines Stadtrates. Dieser Rückzug und die Nachwahl zum Kommune-Rat vom 16. April stärkten die sozialistische Perspektive der Kommune. Dennoch agierten im Kommune-Rat auch weiterhin Menschen unterschiedlicher Weltanschauungen mit- und bisweilen auch nebeneinander. Aus diesem Grund blieben viele Positionen und Maßnahmen der Kommune vage.

Zugleich war das Zusammenwirken an der gemeinsamen Verteidigung der neu geschaffenen Ordnung in Paris eine Stärke der Kommune. Eine Würdigung des Kommune-Rats darf dabei die begrenzte Zeit nicht übersehen, die seinen Mitgliedern für die politische Arbeit in den knapp zwei Monaten seines Bestehens, vom 28. März bis zum 25. Mai, zur Verfügung stand. Ab dem 2. April eröffneten die Truppen aus Versailles eine Offensive gegen die Stadt und zwangen der Pariser Kommune den Krieg auf. Trotz dieser Bedrängnis und Zeitnot schaffte es der Kommune-Rat, wichtige Dekrete zu erlassen, die auf eine grundlegende soziale Veränderung der Gesellschaft abzielten. Herauszuheben sind hier folgende Maßnahmen:

– Erlass der Mieten von Oktober 1870 bis April 1871;

– Einstellung des Verkaufs verpfändeter Gegenstände;

– Abschaffung des stehenden Heeres und seine Ersetzung durch allgemeine Volksbewaffnung;

– unentgeltliche Schulbildung;

– Entlohnung der Beamten zu einem durchschnittlichen Arbeiterlohn;

– Übergabe der von den Besitzern verlassenen Fabriken an Arbeitergenossenschaften;

– Beschlagnahme und Verteilung leer stehender Wohnungen;

– Verbot von Geldstrafen und Abzügen bei Löhnen und Gehältern;

– Verbot der Nachtarbeit der Bäckergesellen;

– Fixierung des Brotpreises.

Diese Maßnahmen waren in erster Linie Reaktionen auf die Lebenssituation in Paris. Zugleich wiesen sie aber auch die Richtung für den Aufbau einer sozialen Republik, die von Arbeiter*innen und Handwerker*innen getragen sein und deren Lebensinteressen Ausdruck verleihen sollte.

Revolutionär waren darüber hinaus vor allem die Beschlüsse zur Schaffung demokratischer Strukturen in der Stadt. Zu ihnen gehörten die Begrenzung der Löhne von Abgeordneten und Beamten und die jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit der Amtsträger (imperatives Mandat). Unter den besonderen Bedingungen von Krieg und Belagerung konnten sämtliche Maßnahmen der Kommune freilich kaum mehr sein «als Stückwerk oder Verheißung für die Zukunft». Zugleich machten sie aber deutlich, wie ein basisdemokratisches Gemeinwesen zu organisieren ist, in dem möglichst viele Menschen an der Gestaltung ihrer Lebensbedingungen teilhaben können. Insofern war die wichtigste konkrete Maßnahme der Pariser Kommune ihr eigenes, arbeitendes Dasein.

Maßgeblich für die politische Praxis waren die politischen Clubs, die Stadtteilkomitees und die Bataillone der Nationalgarde, die Einfluss auf die Arbeit des Kommune-Rats nahmen – aber auch die Organisationen der Pariser Frauen, die sich aktiv in der Gestaltung und Verteidigung der Kommune engagierten und für ihre gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben stritten.

Die berühmte Kommunardin Louise Michel schilderte in ihren Memoiren die Tage der Kommune. Ihr Text ist dabei auch ein Lob auf die Frau der Kommune, von der sie schrieb, dass sie «eher als der Mann imstande [ist], zu sagen, es muss sein. Mag sie sich auch bis ins Innere zerrissen fühlen, sie bleibt gelassen. Ohne Hass, ohne Zorn, ohne Mitleid weder mit sich, noch mit anderen, es muss sein, ob das Herz blute oder nicht. So waren die Frauen der Kommune …» Louise Michel war daher überzeugt, dass die Gegner*innen der Kommune weit weniger Schwierigkeiten bei der Eroberung von Paris bekommen hätten, wenn die Kommune unter Frauen so viele Feinde gehabt hätte wie unter Männern.

Diese Überzeugung der Kommunardin verweist auf die Entschlossenheit der aktiven Frauen in Paris, die bei der Gestaltung des Alltags und des Kampfes um die Kommune eine wichtige Rolle spielten. Ein Grund hierfür war, dass die Organisation von Lebensmitteln und Brennmaterial – die für gewöhnlich den Frauen oblag – einen enormen Stellenwert für das Leben während der preußischen Belagerung besaß. In diesem Zusammenhang entstanden Netzwerke von Frauen in den Stadtteilen, die zur Basis ihrer Politisierung wurden. Anders ausgedrückt: Die Frauen waren unmittelbar betroffen von den Härten des Krieges, aber auch Nutznießerinnen der Dekrete der Kommune. Ihre Parteinahme folgte daher weniger abstrakt-theoretischen Erwägungen als konkreten Interessen.

Dabei machten sich insbesondere die Frauen vom Montmartre einen Namen, weil sie Vorträge zu frauenpolitischen Themen vorbereiteten und diese auf Veranstaltungen politischer Clubs hielten. Zur gleichen Zeit widmeten sie sich den praktischen Notwendigkeiten des Lebens und der Verteidigung der Kommune. Sie verhehlten indes auch nicht ihre Kritik an Entscheidungen der Kommune. So stieß etwa der Befehl des Oberkommandierenden der Nationalgarde, Frauen den Zutritt zu den Schlachtfeldern – als Kämpferinnen wie als Sanitäterinnen – zu verwehren, auf den entschlossenen Widerspruch von Frauen. Sie erkannten darin eine Diskriminierung, eine Verletzung der Prinzipien der Kommune und daher auch eine Gefährdung der Kommune selbst. Unabhängig davon, wie sie sich in bestimmten Auseinandersetzungen positionierten: Innerhalb der Kommune stritten Frauen für die Umsetzung eines solidarischen und geschlechtergerechten Zusammenlebens (nicht nur) in Paris. Für dieses Ziel diskutierten, kämpften und starben Frauen in den Reihen der Kommune. Ihr Einsatz erschreckte in erster Linie die Vertreter der alten Ordnung, die keine Anstrengung scheuten, die Kämpferinnen der Kommune als Mannsweiber oder Dämoninnen zu diffamieren. Doch auch etlichen Kommunarden waren die selbstbewussten Frauen unheimlich, weil sie durch ihr Tun an der gesellschaftlichen Rollenteilung – die sich nicht zuletzt darin ausdrückte, dass den Frauen bei der Kommune-Wahl das Wahlrecht vorenthalten blieb – rüttelten. Das Auftreten und Handeln der Frauen in der Pariser Kommune markierte insofern eine wichtige Etappe des Kampfes um die emanzipatorische Gestaltung des Geschlechterverhältnisses: Hatten die Kommunarden zu begreifen, dass die Frauen Genossinnen im gemeinsamen Kampf waren, so mussten die Frauen ihrerseits lernen, sich von althergebrachten Rollenbildern zu befreien.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Pariser Kommune ein Abbild der unterschiedlichen Strömungen innerhalb der republikanischen Bewegung Frankreichs war. In ihr stellte die sozialistische Arbeiterbewegung eine wichtige, aber nicht die größte Gruppe. Die stärkste Gruppe im Rat der Kommune bestand aus Männern, die sich in der Tradition der radikalen Kräfte der Französischen Revolution sahen. Es brachen daher immer wieder Auseinandersetzungen auf, die aufgrund der Dringlichkeit der in Paris anstehenden Entscheidungen mit enormer Heftigkeit geführt wurden. Dabei kann man es aber durchaus als Stärke der Kommune begreifen, die Konflikte zu keinem Zeitpunkt so weit getrieben zu haben, dass die Kommunardinnen und Kommunarden das gemeinsame Ziel aus den Augen verloren hätten: die Errichtung einer sozialen und demokratischen Republik. Auf der Grundlage dieser fundamentalen Gemeinsamkeit der revolutionären Kräfte in Paris konnten überkommene politische Konzepte an der gesellschaftlichen Realität geprüft und wenn nötig überwunden werden, während neue politische Formen entstanden, die einen Rahmen bilden können für die Überwindung des Kapitalismus und den Aufbau einer solidarischen Gesellschaft.

Nachdem die Versailler Truppen am 2. April 1871 die Offensive gegen Paris begonnen hatten, musste sich die Kommune täglich des Ansturms immer neuer militärischer Verbände erwehren, die aus der französischen Provinz und nicht zuletzt aus der deutschen Kriegsgefangenschaft nach Paris geführt wurden. Immer wieder wechselte nach heftigen Kämpfen die Herrschaft über Dörfer, Häuser und Befestigungsanlagen um Paris. Am 21. Mai jedoch gelang den Versailler Truppen dann der entscheidende Vorstoß auf Paris. Nach wochenlangem schwerem Artilleriebeschuss waren die Befestigungsanlagen der Stadt nicht mehr besetzt, und die Feinde der Kommune stießen beim Vordringen in die Stadt dort auf keinen Widerstand mehr. In der Folge verbarrikadierten sich die Kämpfenden der Kommune in ihren Quartieren, wo sie dem Vormarsch der Versailler erbitterten Widerstand leisteten. Zwar entsprach dieser Schritt dem Bedürfnis der meisten Nationalgardisten, das eigene Viertel und die eigene Familie vor dem Feind zu beschützen, doch fehlte der Kommune dadurch die koordinierende Leitung.

In den folgenden sieben Tagen eroberten die Versailler Truppen Paris gegen erbitterten Widerstand der Menschen in den Stadtteilen Straße für Straße und Barrikade für Barrikade. Wo immer eine Stellung der Kommune fiel, traten Erschießungskommandos aus Versailles in Aktion, die nahezu alle überlebenden Verteidigerinnen und Verteidiger unverzüglich hinrichteten. Der Kommunarde Prosper Lissagaray beschrieb das Handeln der siegreichen Armee als furchtbares Gemetzel, das in nur wenigen Stunden jenes der berüchtigten Bartholomäus-Nacht übertroffen habe. Nach einer Woche des Kampfes wurde am 28. Mai gegen zehn Uhr der letzte Kanonenschuss der Kommune abgefeuert. «Das doppelt geladene Geschütz stößt mit erschütterndem Krachen den letzten Seufzer der Commune von Paris aus. Die letzte Barrikade der Maitage ist in der Rue Ramponneau, die eine Viertelstunde lang von einem einzigen Föderierten verteidigt wird. […] Um 11 Uhr war alles aus.» Am 29. Mai erklärte Adolphe Thiers, die Ordnung in Paris sei wiederhergestellt. Doch mit der Niederlage des Widerstands endete noch nicht das Morden in der Stadt; bis Mitte Juni waren Hinrichtungen der Besiegten an der Tagesordnung. Der Augenzeuge Lissagaray schilderte, wie die wohlhabenden Pariserinnen und Pariser zur gleichen Zeit «ihre» Stadt wieder in Besitz nahmen:

«Seit Donnerstag lief dieser behandschuhte, in Seide gehüllte Pöbel den Gefangenen nach, jauchzte den Gendarmen zu, welche die Züge führten, und jubelte beim Anblick der blutigen Möbelwagen. Die Philister wetteiferten mit dem Militär an Ausgelassenheit. […] Ausgelassene, elegante ‹Damen› machten sich ein Vergnügen daraus, die Leichen zu betrachten, und hoben mit ihren Sonnenschirmen die letzte Bekleidung der tapferen Toten auf, um sich daran zu ergötzen.»

Die genaue Zahl der Opfer dieser Tage ist unbekannt, weil die meisten Getöteten auf der Stelle verscharrt oder verbrannt wurden. Fest steht jedoch, dass allein in der blutigen Maiwoche nicht weniger als 30.000 Kommunardinnen und Kommunarden getötet oder ermordet wurden.

Zur Abrechnung des französischen Staates mit der Pariser Kommune gehörte auch, dass nach dem Ende der Massenerschießungen mehr als 9.000 Kommunardinnen und Kommunarden zu Gefängnis oder Verbannung verurteilt wurden. In den Festungen an der französischen Atlantikküste, vor allem aber in den – als «trockene Guillotine» bekannten – Häftlingskolonien in Neukaledonien starben nochmals zahlreiche Kämpferinnen und Kämpfer der Kommune, bevor sie im Jahr 1880 aufgrund einer Amnestie in ihre Heimat zurückkehren konnten. Die Amnestie war keine Rehabilitation, das heißt, die Urteile selbst wurden keineswegs aufgehoben. Sie behielten ihre juristische Gültigkeit; den Initiativen zur Aufhebung der Urteile haben die französischen Behörden sich bis heute beharrlich verweigert. Die Kommunardinnen und Kommunarden gelten daher noch immer als politische Straftäter*innen. Es liegt auf der Hand, dass damit in erster Linie die Legitimität der Pariser Kommune bestritten werden soll. Insofern trifft auch das Bild weiterhin zu, das die deutsche Zeitschrift Der Sozialdemokrat 1881 zum zehnten Jahrestag der Niederschlagung der Kommune gemalt hat – ein Blutmeer, das zwei Welten voneinander trennt: hier die Kämpfenden für eine andere, bessere Welt, dort diejenigen, die an der alten Ordnung festhalten.

Noch während in Paris die Kämpfe zur Verteidigung der Kommune tobten, versicherte August Bebel den Kämpfenden der Pariser Kommune die Solidarität der revolutionären deutschen Sozialdemokratie. Er erklärte im Reichstag, dass in diesen Tagen «das ganze europäische Proletariat und alles, was noch ein Gefühl für Freiheit und Unabhängigkeit in der Brust trägt», auf Paris sehe. Bebel ließ keinen Zweifel an seiner Haltung zur Pariser Kommune und verlieh seiner Überzeugung Ausdruck, dass «die Hauptsache in Europa uns noch bevorsteht und dass, ehe wenige Jahrzehnte vergehen, der Schlachtenruf des Pariser Proletariats ‹Krieg den Palästen, Friede den Hütten, Tod der Not und dem Müßiggange!› der Schlachtruf des gesamten europäischen Proletariats werden wird». Einen vergleichbaren Widerhall fand die Kommune damals vielerorts in Europa.

Doch als sich die Sozialdemokratie schrittweise von ihren revolutionären Wurzeln entfernte, geriet auch ihr Gedenken an die Kommune in den Hintergrund. In der sich auf die Oktoberrevolution in Russland beziehenden kommunistischen Bewegung hingegen wurde die Pariser Kommune als Teil der eigenen Tradition betrachtet und die Erinnerung an sie wachgehalten. Lenin selbst soll am 73. Tag der Revolution im Schnee getanzt haben, weil die Dauer der bolschewistischen Regierung damit jene der Kommune übertroffen hatte. Aber mit der Oktoberrevolution betrat zugleich ein neues und scheinbar erfolgreicheres Sozialismusmodell die Bühne der Weltgeschichte, wodurch sich für Kommunistinnen und Kommunisten der Fokus von der Kommune auf den Roten Oktober verschob.

Nach dem Ende des Staatssozialismus in Europa waren dann alle Versuche, die kapitalistischen Verhältnisse revolutionär zu überwinden, nachhaltig diskreditiert. Eine historische Lehre, die die kommunistischen Parteien aus den Erfahrungen der Kommune gezogen hatten, war, die Machtfrage nicht zu unterschätzen, wie dies die Kommunard*innen getan hatten. Sie begingen nun den umgekehrten Fehler, indem sie sich ganz auf den Machterhalt konzentrierten.

Wenn heute ein erneuter Anlauf zum Sozialismus unternommen werden soll, dann bedarf es – das belegt das Scheitern des sowjetischen Modells eindringlich – unbedingt der demokratischen Teilhabe der Menschen. Demokratische Gestaltung und Kontrolle werden jedoch nur dann erfolgreich sein können, wenn es gelingt, die Legitimität der jeweiligen Entscheidung an basisdemokratische Prozesse zu binden. An dieser Stelle sei an das Beispiel des imperativen Mandats erinnert, das die Kommunardinnen und Kommunarden des Jahres 1871 praktizierten. Auf der gemeinsamen Suche nach Wegen zu einer solidarischen und sozialistischen Gesellschaft ist und bleibt die Auseinandersetzung mit den Erfahrungen der Pariser Kommunard*innen daher dringend geboten. Denn ihr Programm, eine «demokratische und soziale Republik» zu begründen, harrt nach wie vor seiner Verwirklichung.“

https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Artikel/1-21_Onl-Publ_Kurze_Geschichte.pdf

 

Aus sozialistischer Sicht

 

Die WSWS bietet eine eigene Themenseite, die neben aktuellen Einschätzungen auch Texte von Karl Marx, Friedrich Engels, Lenin und Trotzki anbietet. Hier ein Text von Lenin aus dem Jahr 1911:

„Vierzig Jahre sind seit der Proklamierung der Pariser Kommune vergangen. In traditioneller Weise hat das französische Proletariat durch Kundgebungen und Demonstrationen das Andenken an die Männer der Revolution des 18. März 1871 geehrt; Ende Mai wird es wieder Kränze zu den Gräbern der erschossenen Kommunarden, der Opfer der grauenvollen „Maiwoche“, tragen und an ihren Gräbern erneut den Schwur leisten, ohne Ruh und Rast zu kämpfen bis zum vollkommenen Triumph ihrer Ideen, bis zur vollständigen Erfüllung ihres Vermächtnisses.

Warum ehrt eigentlich das Proletariat, nicht nur das französische, sondern das der ganzen Welt, in den Männern der Pariser Kommune seine Vorläufer? Und worin besteht das Vermächtnis der Kommune?

Die Kommune entstand spontan; niemand hatte sie bewusst und planmäßig vorbereitet. Die Niederlage im Krieg gegen Deutschland; die Leiden während der Belagerung; die Arbeitslosigkeit unter dem Proletariat und der Ruin des Kleinbürgertums; die Empörung der Massen über die oberen Klassen und über die Behörden, die ihre völlige Unfähigkeit erwiesen hatten; das dumpfe Gären in den Reihen der Arbeiterklasse, die mit ihrer Lage unzufrieden war und eine andere soziale Ordnung anstrebte; die reaktionäre Zusammensetzung der Nationalversammlung, die für das Schicksal der Republik fürchten ließ – all das und noch vieles andere traf zusammen, um die Pariser Bevölkerung zur Revolution des 18. März anzuspornen, die die Macht unerwartet in die Hände der Nationalgarde legte, in die Hände der Arbeiterklasse und des Kleinbürgertums, das sich der Arbeiterklasse angeschlossen hatte.

Das war ein in der Geschichte noch nie dagewesenes Ereignis. Bis dahin hatte die Macht gewöhnlich in den Händen der Gutsbesitzer und Kapitalisten gelegen, d. h. in den Händen ihrer Vertrauensleute, die die sogenannte Regierung bildeten. Nach der Revolution des 18. März aber, als die Regierung des Herrn Thiers mit ihren Truppen, ihrer Polizei und ihren Beamten aus Paris geflüchtet war, blieb das Volk Herr der Lage, und die Macht ging an das Proletariat über. Aber in der modernen Gesellschaft kann das vom Kapital ökonomisch unterjochte Proletariat nicht politisch herrschen, ohne die Ketten zerbrochen zu haben, die es an das Kapital schmieden. Darum eben musste die Bewegung der Kommune unweigerlich sozialistische Färbung annehmen, das heißt, sie musste beginnen, danach zu streben, die Herrschaft der Bourgeoisie, die Herrschaft des Kapitals zu stürzen, die Grundlagen der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung zu vernichten.

Zunächst war diese Bewegung überaus buntscheckig und unbestimmt. Ihr schlossen sich auch Patrioten an in der Hoffnung, dass die Kommune den Krieg gegen die Deutschen wiederaufnehmen und zu einem glücklichen Ende führen werde. Sie fand die Unterstützung der Kleinhändler, denen der Ruin drohte, falls die Einlösung der Wechsel und die Bezahlung der Wohnungsmiete nicht gestundet werden (diese Stundung wollte ihnen die Regierung nicht gewähren, die Kommune dagegen gewährte sie). Schließlich sympathisierten mit ihr in der ersten Zeit zum Teil auch die bürgerlichen Republikaner, die befürchteten, dass die reaktionäre Nationalversammlung (die „Krautjunker“, die ungehobelten Gutsbesitzer) die Monarchie wiederherstellen würde. Doch die Hauptrolle spielten in dieser Bewegung natürlich die Arbeiter (insbesondere die Pariser Handwerker), unter denen in den letzten Jahren des Zweiten Kaiserreichs eine wirksame sozialistische Propaganda betrieben worden war und von denen viele sogar der Internationale angehörten.

Nur die Arbeiter blieben der Kommune bis zum Ende treu. Die bürgerlichen Republikaner und die Kleinbürger fielen bald von ihr ab: Die einen wurden abgeschreckt durch den revolutionär-sozialistischen, proletarischen Charakter der Bewegung; die anderen zogen sich zurück, als sie sahen, dass die Bewegung zu einer unabwendbaren Niederlage verurteilt war. Nur die französischen Proletarier unterstützten furchtlos und unermüdlich ihre Regierung, nur sie kämpften und starben für sie, das heißt für die Befreiung der Arbeiterklasse, für eine bessere Zukunft aller Werktätigen.

Die Kommune, von ihren gestrigen Verbündeten im Stich gelassen und von niemand unterstützt, musste unvermeidlich eine Niederlage erleiden. Die gesamte Bourgeoisie Frankreichs, alle Gutsbesitzer, Börsenjobber, Fabrikanten, alle großen und kleinen Diebe, alle Ausbeuter hatten sich gegen sie verbündet. Dieser bürgerlichen Koalition, die von Bismarck unterstützt wurde (der zur Niederwerfung des revolutionären Paris 100.000 französische Soldaten aus deutscher Gefangenschaft entließ), gelang es, die unaufgeklärten Bauern und Kleinbürger der Provinz gegen das Pariser Proletariat aufzuputschen und die eine Hälfte von Paris mit einem eisernen Ring zu umklammern (die andere Hälfte war von der deutschen Armee belagert). In einigen Großstädten Frankreichs (Marseille, Lyon, St. Etienne, Dijon und anderen) unternahmen die Arbeiter gleichfalls Versuche, die Macht zu ergreifen, die Kommune zu proklamieren und Paris zu Hilfe zu eilen, aber diese Versuche scheiterten rasch. So blieb Paris, das zuerst das Banner des proletarischen Aufstands erhoben hatte, sich selbst überlassen und war dem sicheren Untergang geweiht.

Zur siegreichen sozialen Revolution bedarf es mindestens zweier Vorbedingungen: Die Entwicklung der Produktivkräfte muss eine hohe Stufe erreicht haben, und das Proletariat muss vorbereitet sein. 1871 fehlten jedoch diese beiden Vorbedingungen. Der französische Kapitalismus war noch wenig entwickelt, und Frankreich war damals ein überwiegend kleinbürgerliches Land (ein Land der Handwerker, Bauern, Kleinhändler u. a. m.). Anderseits war keine Arbeiterpartei vorhanden, es fehlte die Vorbereitung und lange Schulung der Arbeiterklasse, die in ihrer Masse noch nicht einmal eine völlig klare Vorstellung von ihren Aufgaben und den Methoden zu ihrer Lösung hatte. Es gab weder eine ernsthafte politische Organisation des Proletariats noch umfassende Gewerkschaften und Genossenschaften ...

Was aber der Kommune vor allem fehlte, war die Zeit, sich ungehindert auf sich selbst zu besinnen und an die Verwirklichung ihres Programms zu gehen. Kaum hatte sich die Kommune ans Werk gemacht, als die in Versailles sitzende Regierung, von der gesamten Bourgeoisie unterstützt, die militärischen Operationen gegen Paris eröffnete. Und die Kommune musste in erster Linie an die Selbstverteidigung denken. Bis zu ihrem Ende, am 21.–28. Mai, hatte sie nicht die Zeit, ernstlich an etwas anderes zu denken.

Übrigens vermochte die Kommune, trotz der so ungünstigen Umstände, trotz der Kürze ihres Bestehens, einige Maßnahmen zu treffen, die ihren wahren Sinn und ihre Ziele zur Genüge charakterisieren. Die Kommune ersetzte das stehende Heer, dieses blind wirkende Werkzeug in den Händen der herrschenden Klassen, durch die allgemeine Bewaffnung des Volkes; sie proklamierte die Trennung von Kirche und Staat; sie strich den Etat für Kultuszwecke (d. h. die staatlichen Gehälter der Pfaffen); sie verlieh der Volksbildung einen rein weltlichen Charakter und versetzte dadurch den Gendarmen im Priesterrock einen empfindlichen Schlag. Auf rein sozialem Gebiet konnte die Kommune aus Zeitmangel nur wenig tun, aber auch dieses wenige offenbart mit genügender Klarheit ihren Charakter als Volks-, als Arbeiterregierung: Die Nachtarbeit in den Bäckereien wurde verboten; das System der Geldstrafen, diese legalisierte Ausplünderung der Arbeiterschaft, wurde aufgehoben; schließlich wurde das berühmte Dekret erlassen, nach dem alle Fabriken, Betriebe und Werkstätten, die von ihren Besitzern verlassen oder stillgelegt worden waren, an Arbeitergenossenschaften zur Wiederaufnahme der Produktion übergeben wurden. Und gleichsam um ihren Charakter als wahrhaft demokratische, proletarische Regierung zu betonen, setzte die Kommune fest, dass die Gehälter aller Verwaltungs- und Regierungsbeamten den normalen Arbeiterlohn nicht überschreiten und unter keinen Umständen höher als 6000 Francs im Jahr (weniger als 200 Rubel im Monat) sein dürfen.

Alle diese Maßnahmen zeugten deutlich genug davon, dass die Kommune eine tödliche Bedrohung für die alte, auf Knechtung und Ausbeutung beruhende Welt war. Darum konnte die bürgerliche Gesellschaft nicht ruhig schlafen, solange auf dem Pariser Rathaus die rote Fahne des Proletariats wehte. Und als es endlich der organisierten Regierungsgewalt gelungen war, über die schlecht organisierte Macht der Revolution die Oberhand zu gewinnen, da veranstalteten die von den Deutschen geschlagenen bonapartistischen Generale, die nur gegen ihre besiegten Landsleute mutig waren, diese französischen Rennenkampffs und Möller-Sakomelskis, ein Gemetzel, wie es Paris noch nie gesehen hatte. Etwa 30.000 Pariser wurden von der vertierten Soldateska ermordet, rund 45.000 wurden verhaftet und viele von ihnen in der Folge hingerichtet, Tausende wurden zu Zuchthaus und Verbannung verurteilt. Paris verlor insgesamt etwa 100.000 seiner Söhne, darunter die besten Arbeiter aus allen Berufen.

Die Bourgeoisie war zufrieden. „Jetzt ist es mit dem Sozialismus für lange Zeit aus!“ erklärte ihr Führer, der blutgierige Zwerg Thiers, nach dem Blutbad, das er mit seinen Generalen dem Pariser Proletariat bereitet hatte. Doch diese bürgerlichen Unkenrufe waren vergebens. Kaum sechs Jahre nach Niederschlagung der Kommune, als noch viele ihrer Kämpfer im Zuchthaus und in der Verbannung schmachteten, setzte in Frankreich schon eine neue Arbeiterbewegung ein. Eine neue sozialistische Generation, bereichert durch die Erfahrungen ihrer Vorgänger, doch keineswegs entmutigt durch deren Niederlage, ergriff das Banner, das den Händen der Kommunekämpfer entglitten war, und trug es zuversichtlich und mutig voran unter den Rufen: „Es lebe die soziale Revolution! Es lebe die Kommune!“ Und wieder ein paar Jahre später zwang die neue Arbeiterpartei und die von ihr im Lande entfachte Agitation die herrschenden Klassen, die noch in den Händen der Regierung verbliebenen gefangenen Kommunarden auf freien Fuß zu setzen.

Das Andenken an die Kommunekämpfer wird nicht nur von den französischen Arbeitern, sondern auch vom Proletariat der ganzen Welt in Ehren gehalten. Denn die Kommune kämpfte nicht für irgendeine lokale oder eng nationale Aufgabe, sondern für die Befreiung der gesamten werktätigen Menschheit; aller Erniedrigten und Verachteten. Als Vorkämpfer der sozialen Revolution gewann die Kommune Sympathien überall dort, wo das Proletariat leidet und kämpft. Das Bild ihres Lebens und Sterbens, der Anblick einer Arbeiterregierung, die von einer Metropole der Welt Besitz ergriffen und sie länger als zwei Monate in Händen gehalten hatte, das Schauspiel des heldenmütigen Kampfes des Proletariats und seiner Leiden nach der Niederlage – das alles hob den Mut von Millionen Arbeitern, erweckte ihre Hoffnungen und wandte ihre Sympathien dem Sozialismus zu. Der Donner der Pariser Kanonen hat die rückständigsten Schichten des Proletariats aus ihrem tiefen Schlaf geweckt und überall den Anstoß für eine Intensivierung der revolutionär-sozialistischen Propaganda gegeben. Darum eben ist die Sache der Kommune nicht tot; sie lebt bis auf den heutigen Tag in jedem von uns.

Die Sache der Kommune – das ist die Sache der sozialen Revolution, die Sache der völligen politischen und wirtschaftlichen Befreiung der Werktätigen, die Sache des Weltproletariats. Und in diesem Sinne ist sie unsterblich.“

https://www.wsws.org/de/articles/2021/03/29/leni-m29.html

 

Gegenwart und Zukunft

 

Richard Schuberth: „Vor 150 Jahren, vom 18. März bis 20. Mai 1871, erprobten die Pariser Demokratie von unten und wurden dafür grausam bestraft. Doch die Pariser Kommune hat ihr letztes Wort noch nicht gesprochen

Wird Emmanuel Macron die Chuzpe aufbringen, auf dem Friedhof Père-Lachaise, wo die Regierungstruppen am Pfingstsonntag des Jahres 1871 die letzten 147 der insgesamt rund 25.000 getöteten Kommunarden und Kommunardinnen ohne Prozess exekutierten, einen Kranz niederzulegen? Vermutlich überlässt er es der sozialdemokratischen Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, ein Bäumchen am Montmartre zu pflanzen.

Kein Ereignis der französischen Geschichte spreizt sich so sehr gegen die nationale Vereinnahmung wie die Pariser Kommune. Noch immer trägt es Stacheln, die von der Gedenkkultur zwar gestutzt wurden, aber immer wieder nachwuchsen. Schon die Dritte Republik (1870–1940) versuchte – mit dem üblichen Pathos der nationalen Versöhnung – sich als schöpferische Frucht eines unglückseligen Bürgerkriegs darzustellen, als wollte sie verkünden: Wir haben sie nicht umsonst erschossen und einige ihrer für damalige Verhältnisse zu voreiligen Anregungen beherzigt: Trennung von Kirche und Staat, zumindest rechtliche Gleichstellung der Geschlechter und ... – nun ja mit dem kostenlosen Bildungssystem für alle hat es dann doch nicht so richtig geklappt.

Linke Kommentatoren werden die heroischen Proletarier der Kommune erwartungsgemäß mit den "Gilets jaunes" vergleichen, andere werden mit dem Hinweis widersprechen, der Kern der Gelbwesten rekrutiere sich aus dem unteren Mittelstand, wieder andere werden dagegenhalten, dass es sich mit den Kommunarden nicht anders verhielt und deren proletarischer Charakter eine marxistische Projektion sei. Und sie werden teilweise recht haben damit, denn den treibenden Motor der Kommune bildeten wirklich Kleinbürger, Handwerker, aber im Gegensatz zu den "Gilets jaunes" waren das hochgebildete "petits bourgeois" mit konkreten gesellschaftspolitischen Visionen, die dem Proletariat die Schwesterhand reichten, und dieses stellte nachweislich dann doch das Gros der Verteidiger der Kommune.

In den zwei Monaten ihres Bestehens erließ die Kommune Mietschulden, führte unentgeltliche Schulbildung ein, beschloss die totale Gleichstellung der Geschlechter (inklusive gleicher Löhne), glich die Gehälter von Beamten und Arbeitern an, wandelte Fabriken in Arbeitergenossenschaften um, verbot Lohnkürzungen und Nachtarbeit, schaffte das stehende Heer ab, konfiszierte Kirchengüter und nahm überhaupt die radikale Demokratisierung aller gesellschaftlichen Bereiche in Angriff. Ausländern wurden in Paris sofort die Bürgerrechte zuerkannt. Ein zentraler Grund aber, warum jede nationale Vereinnahmung an der Kommune abgleitet: Ihre Protagonisten einigte trotz aller weltanschaulichen Differenzen die leidenschaftliche Ablehnung der Nation als institutionalisierter Lüge der besitzenden Klassen zur Harmonisierung sozialer Gegensätze. Paris machte sich von Frankreich unabhängig. "Unser Schlachtruf", frohlockte der Geograf Élisée Reclus, "lautet nicht länger ,Lang lebe die Republik‘. Er lautet: ,Lang lebe die Weltrepublik‘."

Bis auf Geiselerschießungen in den letzten Tagen des staatlichen Gegenterrors und entgegen der allgemeinen Propaganda zeigte sich die Kommune erstaunlich gewaltfrei. Am 10. April verbrannten Frauen auf der Place Voltaire eine Guillotine, als symbolischen Akt der Ablehnung von politischer Gewalt und Gegengewalt.

Es wäre also angebracht, wenn der französische Präsident, dessen Regierung das Arbeitsrecht aushebelte, massiv Stellen im öffentlichen Dienst kürzte, Renten einfror, Sozialsteuern erhöhte und Sozialleistungen ebenso senkte wie die Vermögens- und Unternehmenssteuern, auf Worte des Gedenkens verzichtete. Er ist die freundliche Maske eines weltumspannenden Systems des irrationalen Wachstums und des Krieges der Reichen gegen die Armen, das sich in Europa noch hinter Rechtsstaat und Parlamentarismus zu verstecken und erpresserisch als liberale Alternative zu den Modellen Erdoğan oder Orbán anzupreisen weiß.

Ein Soziologenteam befragte im Auftrag des TV-Senders Arte 400.000 Franzosen und Deutsche zur Zukunft der Welt. 67 Prozent sprachen sich gegen Wirtschaftswachstum aus, 50 Prozent gaben zu, einzig wegen des Lohns zu arbeiten. Der Lack der totalitären Alternativlosigkeit einer neoliberal gemanagten Welt blättert allmählich ab. Dieses System muss und wird überwunden werden. Doch wird dies nicht ohne Widerstand vonstattengehen.

Eine beliebte Geschichte aus den Tagen der Kommune erzählt von dem minderjährigen Kommunarden, der den Offizier des Exekutionskommandos bat, einem Freund eine geliehene Uhr zurückgeben zu dürfen, auf sein Ehrenwort hin werde er binnen einer Viertelstunde zurück sein. So geschah es, und der Offizier, welcher ebenso gerührt war wie die liberalen Kolporteure dieser Geschichte vom Respekt des Jungen vor dem Privateigentum, ließ ihn laufen. Dem großen Humanisten Pjotr Kropotkin kam eine andere, realitätsnähere Version zu Ohren: Der Junge kam zurück, stellte sich an die Wand und wurde erschossen.

Sollte eine linke Zivilgesellschaft sich doch noch dazu aufraffen, die Eigentumsfrage zu stellen und die notwendige Demokratisierung gesellschaftlichen Reichtums zu fordern, und es der "neoliberalen Internationale" nicht gelingen, sie zu isolieren, zu dämonisieren oder zu kaufen, wird sie sich auf sehr unzivile Gegenmaßnahmen seitens der Besitzstandswahrer und -vermehrer gefasst machen müssen. Das ist so sicher, wie die Sonne auf- und untergeht.

But there is no alternative, außer der Wahl, wie sich die unabwendbaren Verteilungskämpfe einer Zukunft, die längst begonnen hat, gestalten sollen: in Form völkischer Barbarei, neostalinistischen Staatsterrors oder aber der zivilen Usurpation wahrer Egalität im Geiste internationaler Solidarität, für welche die Geschichte mit der Pariser Kommune, mit ihrem chaotischen Pluralismus und trotz ihrer Fehler und Unabgeschlossenheit, nicht das schlechteste Modell zur Verfügung stellt.“

https://www.derstandard.de/story/2000125127419/die-pariser-kommune-gestern-und-morgen

 

Die Tage der Commune

 

Hier gibt es die Fernsehaufzeichnung der BE-Inszenierung von Brechts Die Tage der Commune aus dem Jahr 1966.

Wer diese nicht kennt, möge sich fragen, warum. Und wird zur Erkenntnis kommen, dass die Pariser Kommune, ihr Scheitern und ihre brutale Niederschlagung sehr aktuell sind.

 

 

https://www.youtube.com/watch?v=DtOhMkHJ4xg

 

„Bertolt Brecht (1898-1956) hatte die Hauptarbeit an diesem Stück in den Jahren 1948/49 geleistet. Die Uraufführung von "Die Tage der Commune" erfolgte aber erst nach dem Tode Brechts: am 17.11.1956 am Städtischen Theater in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz).

Dieser große Abstand war vornehmlich auf die Kritik der SED an dem Parabelstück zurückzuführen; man warf Brecht vor, dass es subjektivistische Tendenzen zeige und eine Art von Zukunftspessionismus in sich trage.

Die Handlung selbst ist zur Zeit der Pariser Kommune (1871) angesiedelt. Im Mittelpunkt stehen fiktionale Personen, die vom Typ für viele andere stehen und rund um ein Café im Stadtteil Montmartre wohnen, dazu treten historische Persönlichkeiten in Erscheinung.

Diese Leute aus Paris empfinden viel Sympathie für das Zentralkomitee der Commune, das im Rathaus die Macht ergreift und im Sinne der einfachen Leute regieren will. Doch die Tage der Commune sind gezählt, weil ihre Führung an liberalen Vorurteilen und überholten Rechtsauffassungen festhält.

Sie schlagen keinen radikal-revolutionären Weg ein und veranlassen die Massen zur Zurückhaltung. Zudem akzeptieren sie die Unantastbarkeit der Bank von Frankreich, und es gelingt ihnen nicht, in den eigenen Reihen die militärische Disziplin in jedem Moment zu wahren.

So sieht sich die Commune letztlich einer militärisch und finanziell gestärkten Reaktion gegenüber, die Paris angreift, um die Commune zu besiegen. Auch das zu allem entschlossene Proletariat der französischen Hauptstadt kann diesen Kräften dauerhaft kein Paroli bieten, es werden Barrikaden errichtet, auf denen es kämpft und schließlich stirbt.

Die Zuschauer sahen eine Aufführung des Stücks mit dem Berliner Ensemble, eingerichtet für den DFF.“

https://www.youtube.com/watch?v=DtOhMkHJ4xg

 

 

Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm

 

 

Das Böse verlachen

- Satire, Realsatire, ernst Gemeintes -

 

13. März – Wochenkommentar von Ferdinand Wegscheider

„Einsame Impf-Entscheidung!“ - Im neuen Wochenkommentar geht es heute zunächst um die wirklich wichtigen Probleme der Menschen abseits von Corona. Es geht um korrektes Gendern und richtig verstandene Inklusion, aber natürlich auch um die heilsbringende Injektion, die garantiert ohne Nebenwirkung ist.

https://www.servustv.com/videos/aa-2664jmr951w11/

 

Falschinformationen rechtzeitig erkennen - aber wie?

https://www.youtube.com/watch?v=YBA08uZXgE0

 

DIGITALER-FLUR-PASS - HEY TEACHER LIVE OUR KIDS ALONE

https://www.bitchute.com/video/RhWcG010eui2/

 

"NOCH 3-4 SCHWERE MONATE..."

https://www.bitchute.com/video/bvD3M1oj8Tdr/

 

Tamara Wernli: Corona: SYSTEM-VERSAGEN (lachhaft) | Sketch News#3

https://www.youtube.com/watch?v=kLj9LTGBddI

 

Steimles Aktuelle Kamera / Ausgabe 17

https://www.youtube.com/watch?v=I1aDiA2Nna8

 

Happy Birthday Corona! | Ein Jahr Pandemie | Strippenzieher

https://www.youtube.com/watch?v=VRdo_I0m_08&list=PLucp1DNwwZfUv7fd7k8xHrMCRpllBY7iJ&index=4

 

HallMack Gefahr im Auto

https://www.frei3.de/article/8dde74dd-457a-4469-a2be-4ea4f8196766

 

HallMack Hayali, Astrazeneca, CDU und andere Katastrophen

https://www.frei3.de/article/82907614-d059-40bb-ae01-df0deb6d89dc

 

HallMack SPD für Schwimmunterricht ohne Wasser

https://www.frei3.de/article/e6ad02ec-c4c7-419f-9ede-dad0f934b183

 

HallMack Erneuerbare Energien, AstraZeneca, Wahlen, alles floppt

https://www.frei3.de/article/fbca4dd9-5ce8-402f-a0f1-e994ad31d87c

 

HallMack Spahn sagt unglaubliches, CDU und neuer Lockdown

https://www.frei3.de/article/becb2d56-545e-4d0d-8249-93cd7ec3d0a4

 

HallMack Ab 50 wirds brenzlig, neue Korruption und mehr...

https://www.frei3.de/article/718734bf-ddb9-444e-89e6-1dfd39ce5b47