Vor 70 Jahren begann die Katastrophe (arabisch „Nakba“) mit der Staatsgründung Israels und der Vertreibung hunderttausender Palästinenser.
Wer ein Problem lösen will, muss es erst einmal verstehen und nicht auf Propaganda jedweder Art hören. Und wird in diesem Fall zur Kenntnis gelangen, dass dieses Problem nicht lösbar ist. Bei zwei Menschen würde wurm sagen, das Problem sei dann gelöst, wenn einer der beiden tot ist.
Möglicherweise gibt es doch eine Lösung, mit der ein Großteil der Probleme gelöst werden könnte. Den Willen dazu sieht der Wurm jedoch nicht.
Auf jeden Fall sollte mensch den wesentlichen Konflikt kennen. Und wissen: so lange der nicht gelöst ist, wird nichts gelöst sein.
Nakba
Kersten Knipp: „Lange hatte sich die Nakba - die "Katastrophe", wie die Palästinenser die Folgen der Staatsgründung Israels nennen - angekündigt. Über 30 Jahre zuvor, am 2. November 1917, hatte der britische Außenminister Lord Arthur James Balfour in einem Brief an den Präsidenten der britischen zionistischen Föderation, Lionel Walter Rothschild, erklärt, Großbritannien werde die Schaffung einer "Heimstätte" des jüdischen Volkes mit Wohlwollen betrachten und nach Kräften fördern.
Schon zuvor waren immer mehr Juden aus Osteuropa auf der Flucht vor den Pogromen in ihrer Heimat, den antisemitischen Ausschreitungen, nach Palästina gezogen. Zwischen 1882 und 1939 waren es rund 380.000. Sie kamen in ein Land, in dem 1882 schon 450.000 Menschen lebten. Rund 90 Prozent von ihnen waren muslimische Araber.
Seit den 1920er Jahren nahmen die durch die Einwanderung verursachten Spannungen zu. Bald standen sich zwei Nationalbewegungen gegenüber: die jüdisch-zionistische auf der einen Seite, die palästinensische auf der anderen. Die Araber sahen sich in ihrer Existenz immer stärker bedroht - ein Gefühl, das zwischen 1936 und 1939 in einem ersten Aufstand mündete …
Zahllose Menschen mussten aus den nun von Israel kontrollierten Gebieten fliehen, insgesamt wurden rund 531 ihrer Dörfer überwiegend planmäßig und absichtlich zerstört: Die Araber sollten dort keine Lebensgrundlage mehr haben. In Städten wie Tel Aviv, Jaffa, Haifa und Jerusalem lebten kaum mehr arabische Bewohner. Auf dem Land wie in der Stadt besetzten jüdische Siedler das Land der Vertriebenen. "Zusammen mit ganz Palästina taumelte das kosmopolitische Jerusalem in den Bürgerkrieg", berichtet Nusseibeh. "Professoren, Ärzte und Ladenbesitzer beider Seiten bemannten Stellungen und schossen auf Leute, die sie zu anderen Zeiten als Gäste in ihrem Haus empfangen hätten. Die Regeln der Zivilisation waren außer Kraft gesetzt, zwei zuvor friedliebende Völker dachten nur noch an Kampf."
„750.000 Menschen haben im Zusammenhang mit der Staatsgründung Israels Hab und Gut und Heimat verloren. So viele hat die UNRWA, das Uno-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge registriert, als es 1950 seine Arbeit aufnahm", schreibt die Nahost-Expertin Marlène Schnieper in ihrem Buch "Nakba. Die offene Wunde". Die Folgen dieser Massenflucht sind bis heute nicht gelöst, im Gegenteil: "Mit ihren Kindern und Kindeskindern sind aus den Flüchtlingen von einst fünf Millionen geworden", schreibt Schnieper. "Die Zahl steigt weiter." Inzwischen leben die registrierten palästinensischen Flüchtlinge in offiziell anerkannten Lagern im Libanon, in Jordanien und Syrien, im Gazastreifen und auf der Westbank einschließlich Ost-Jerusalems. Viele hatten damals die Schlüssel ihrer Häuser mitgenommen. Sie stehen inzwischen für die Hoffnung der Palästinenser auf Rückkehr.
Die „Freunde Palästinas“ mit einigen Informationen:
http://www.freunde-palaestinas.de/al-nakba.html
Ilan Pappe
Aus „Wikipedia“: „Ilan Pappe (hebräisch אילן פפה, gelegentlich Ilan Pappé oder Ilan Papeh, * 1954 in Haifa) ist ein israelischer Historiker, Autor und Professor an der Universität Exeter.
Pappe wird zur Gruppe der Neuen israelischen Historiker gezählt und gilt als Befürworter einer Einstaatenlösung für den Nahostkonflikt.
Pappes Eltern stammen aus Deutschland und flohen in den 1930ern vor dem Nationalsozialismus aus dem Deutschen Reich. Er diente in der israelischen Armee während des Yom Kippur Krieges 1973 auf den Golanhöhen. 1978 schloss er sein Studium an der Hebräischen Universität Jerusalem ab. Seine Doktorarbeit beendete er 1984 an der University of Oxford unter Albert Hourani und Roger Owen. Ab 1984 war er Professor für politische Wissenschaften an der Universität Haifa. Er gründete 1992 das Akademische Friedensinstitut in Givat Haviva, das er bis 2000 leitete. Von 2000 bis 2006 war er Vorsitzender des Emil-Tuma-Instituts für Palästina-Studien in Haifa. Politisch engagierte sich Pappe in der kommunistisch geprägten Chadasch-Partei, für die er 1999 bei den Wahlen zur 15. Knesset kandidierte. 2005 wurde ihm von der Universität ein Rücktritt nahegelegt, da er sich aktiv für einen internationalen Warenboykott gegen Israel einsetzte. Er wechselte daher an die Universität Exeter in England, wo er seit 2007 lehrt. Er leitet dort das 2009 am Institut für Arabische und Islamische Forschung eingerichtete European Centre for Palestine Studies (CPS), das europaweit erste Forschungszentrum, das sich Palästina als multidisziplinärem Forschungsschwerpunkt widmet. Pappe wird zur Gruppe der Neuen israelischen Historiker gezählt.
In seinem Buch Die ethnische Säuberung Palästinas (englisch 2006, deutsch 2007) stellte Pappe, gestützt auf neu zugängliche Armeedokumente, die These auf, die Errichtung eines jüdischen Staates in Palästina habe die „planmäßige Vertreibung“ der einheimischen palästinensischen Bevölkerung mit eingeschlossen und die zionistischen Führer, allen voran David Ben Gurion, hätten dieses Ziel nach dem Teilungsbeschluss der UNO 1947 mit politischen und militärischen Mitteln weiter verfolgt. Der Journalist John Pilger bezeichnete Ilan Pappe als den mutigsten, unbestechlichsten und am schärfsten urteilenden Historiker Israels. Kritiker – darunter der gleichfalls den Neuen israelischen Historikern zugerechnete Benny Morris – werfen Pappes Werk Einseitigkeit und methodische Mängel vor, weil er teilweise einen schwarz-weißen Erzählstil pflege und die Quellenangaben unvollständig seien, anders als in seinen früheren Werken.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Ilan_Pappe
Ebenfalls aus „Wikipedia“: „Als „Neue Historiker“ wurden etwa zwischen 1988 und 2008 israelische Historiker bezeichnet, deren gemeinsames Ziel es war, auf Grundlage zeitgenössischer Dokumente die Geschichte Israels und des Zionismus einer Revision zu unterziehen. Besonders betroffen waren die israelische Staatsgründung von 1948 und deren Vorgeschichte sowie das Verhältnis zu den Palästinensern und Israels arabischen Nachbarn. Maßgebliche Historiker dieser Richtung waren Benny Morris, Ilan Pappe, Avi Shlaim und Tom Segev.
Kernthese dieser Historiker war, dass zur Errichtung des Staates Israel die Vertreibung eines Teils der arabischen Bevölkerung nötig war, was von der traditionellen israelischen Geschichtsschreibung bis dahin als freiwillige Migration gedeutet wurde. Daraus folgte nach Meinung der „Neuen Historiker“ eine (hauptsächliche) Mitverantwortung des Staates Israel für den Nahostkonflikt und das palästinensische Flüchtlingsproblem. Exemplarisch seien hier die fünf Hauptthesen der Schule aus der Sicht Avi Shlaims vorgestellt:
1. Nach der traditionellen israelischen Geschichtsschreibung wollten die Briten die Errichtung eines jüdischen Staates verhindern. Die „Neuen Historiker“ hingegen stellen die These auf, dass die Briten darauf bedacht waren, die Errichtung eines palästinensischen Staates zu verhindern.
2. Die herkömmliche Geschichtsschreibung sagt, dass alle Palästinenser während des Unabhängigkeitskrieges ihre Häuser freiwillig verließen. Die „Neuen Historiker“ hingegen sagen, dass ein Teil der Flüchtlinge gewaltsam von israelischen Milizen vertrieben und deportiert wurde.
3. Die offizielle Version lautet, dass während der Gründungsphase des Staates Israel die Machtverhältnisse zugunsten der Araber gesprochen hätten. Laut Shlaim und den Anhängern seiner Schule hingegen war Israel hinsichtlich der verfügbaren Kräfte wie auch im Hinblick auf die Bewaffnung den Arabern überlegen.
4. Nach der herkömmlichen Geschichtsschreibung verfolgten die Araber einen aufeinander abgestimmten Plan zur Vernichtung Israels. Die „Neuen Historiker“ hingegen sagen, dass die Araber zu keinem Zeitpunkt eine einheitliche Linie verfolgt hätten.
5. Die zionistischen Historiker vertreten die Ansicht, die Unnachgiebigkeit der Araber habe bisher einen Frieden verhindert. Shlaim und seine Kollegen vertreten das Gegenteil: Israel sei Schuld an dem festgefahrenen Friedensprozess.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Neue_israelische_Historiker
Die ethnische Säuberung Palästinas
Ilan Pappes Buch „Die ethnische Säuberung Palästinas“ gilt als grundlegend. Jeder, der sich für Israel bzw. Palästina interessiert, sollte dieses Buch gelesen haben.
Es ist auch online als pdf zu lesen: https://ia601701.us.archive.org/14/items/Palstina-DieEthnischeSuberung/DieEthnischeSuberungPalstinas-IlanPappe.pdf
Hier einige Rezensionen:
„Enzyklopädie des Islam“: „Das Buch „Die ethnische Säuberung Palästinas“ gilt als das bedeutendste Werk von Ilan Pappe.
Es erscheint 2006 im englischen Original und 2007 in deutscher Übersetzung. Zwischen 2013 und 2014 war es allerdings sehr lange in Deutschland nicht erhältlich, was unter anderem das Gerücht aufkommen ließ, dass ein reicher Gegner Pappes die Auflage aufgekauft hätte.
Auf Basis von inzwischen frei gegebenen Armeedokumenten und der intensiven Analyse des Tagebuches von Ben Gurion und Aufzeichnungen von sowie Interviews mit Zeitzeugen beweist Pappe, dass die planmäßige Vertreibung von vornherein Ziel der zionistischen Anführer war und bis heute ist.
Der weltberühmte Journalist John Pilger bezeichnete Ilan Pappe aufgrund dieses Buches als den mutigsten, unbestechlichsten und am schärfsten urteilenden Historiker Israels. Zionisten hingegen haben ihn sehr scharf verurteilt und bedroht.
Nahezu alle zionistischen Gründungmythen des Staates Israel werden als Propaganda entlarvt. Bereits zuvor hatte Pappes israelischer Kollege Simcha Flapan mit seinem Buch „Die Geburt Israels“ auf die Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Realität in der westlichen Welt hingewiesen aber Pappe konnte auf inzwischen freigegebene Dokumente zurückgreifen, die diese Thesen besser belegen können. Demnach hat die völkerrechtswidrige Vertreibung der einheimischen Bevölkerung noch vor dem Teilungsbeschluss der UNO (November 1947) stattgefunden. Einzelne militärische Aktionen der Untergrundarmee Hagana sowie der Terrorgruppen Irgun und Stern-Gruppe werden genauso detailliert erläutert, wie die Kollaboration der Drusen mit den zionistischen Besatzern im Gegensatz zu den Christen, die daraufhin zusammen mit den Muslimen vertrieben wurden.
Insgesamt wurden 531 palästinensische Dörfer und elf Städte zwangsgeräumt und zum großen Teil zerstört, mindestens 800.000 Menschen wurden vertrieben. Es kam zu dokumentierten Massakern, Plünderungen und Vergewaltigungen. Die zionistischen Befehlshaber von damals waren teilweise spätere Spitzenpolitiker, die sogar mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurden. Heute befinden sich an den verwüsteten Orten zumeist Wälder, Parks und Freizeiteinrichtungen, um jede Erinnerung und jede Hoffnung auf das eingeforderte Rückkehrrecht der Vertriebenen auszuschließen.
Das Erstaunliche an dieser ethnischen Säuberung, die die Palästinenser Nakba (die Katastrophe) nennen, ist nach Ilan Pappe, dass die westliche Welt diese Verbrechen nicht wahrgenommen hat bzw. nicht wahrnehmen wollte, obwohl es hinreichend Warnungen gab. Selbst die Ermordung des UNO-Vermittlers Folke Bernadotte durch zionistische Terroristen führte zu keinem Umdenken in der westlichen Welt. Pappe schrieb über diese Wahrnehmungsverweigerung: „Aber jenseits der Zahlen ist die tiefe Kluft zwischen Realität und Darstellung das wirklich Bestürzende am Fall Palästina. Es ist tatsächlich schwer zu verstehen und somit auch kaum zu erklären, wieso ein Verbrechen, das in unserer Zeit und an einem kritischen Punkt der Geschichte begangen wurde, der die Anwesenheit ausländischer Reporter und UNO-Beobachter verlangt hätte, so vollständig ignoriert wurde. Und doch lässt sich nicht leugnen, dass die ethnische Säuberung von 1948 nahezu vollständig aus dem kollektiven globalen Gedächtnis gelöscht und aus dem Bewusstsein der Welt getilgt wurde. Man stelle sich einmal vor, dass in irgendeinem Land, das man kennt, die Hälfte der gesamten Bevölkerung innerhalb eines Jahres zwangsweise vertrieben, die Hälfte der Städte ausradiert und dem Erdboden gleichgemacht wurden. Man stelle sich einmal vor, diese Taten würden niemals Eingang in die Geschichtsbücher finden und sämtliche diplomatische Bemühungen um eine Lösung der Konflikte, die in diesem Land ausbrächen, würden diese katastrophalen Ereignisse völlig außer Acht lassen, wenn nicht gar ignorieren. Ich habe vergebens in der uns bekannten Weltgeschichte nach einem solchen Fall und einem solchen Schicksal gesucht.“
Immer wieder stellt Pappe auch die Frage, wie denn Juden, die gerade erst dem Holocaust entronnen waren, derartige Verbrechen mit Vertreibungen tatenlos mit ansehen konnten.
Seine Offenlegungen sieht Pappe als einen ersten Schritt, um die Spirale der Gewalt zu beenden und zu Versöhnung von Israelis und Palästinensern beizutragen ohne sich einer Illusion hinzugeben, denn er schreibt: "Ich gebe mich keinerlei Illusion hin, dass es mehr als das vorliegende Buch brauchen wird, um eine Realität zu verändern, die ein kolonisiertes, vertriebenes und besetztes Volk dämonisiert und das Volk glorifiziert, das es kolonisiert, vertrieben und besetzt hat."
Die Offenlegung erfolgt allerdings in einer Deutlichkeit, wie sie kein bekanntes Buch seit der zionistischen Besatzung jemals verwendet hat: „Es ist die einfache, aber entsetzliche Geschichte der ethnischen Säuberung Palästinas, eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit, das Israel leugnen und die Welt vergessen machen wollte. Es ist unsere Pflicht, es aus der Vergessenheit zu holen, und zwar nicht nur als längst überfällige historiographische Rekonstruktion oder professionelle Aufgabe; meiner Ansicht nach ist es eine moralische Entscheidung, der allererste Schritt, den wir tun müssen, wenn wir wollen, dass Versöhnung jemals eine Chance haben und der Frieden in den zerrissenen Ländern Palästina und Israel Fuß fassen sollen.“
http://www.eslam.de/begriffe/d/die_ethnische_saeuberung_palaestinas.htm
Marcel Pott: „"Ich bin für Zwangsumsiedlung; darin sehe ich nichts Unmoralisches." Schon das dem Vorwort des Autors vorangestellte Zitat des Staatsgründers David Ben Gurion bringt den Leser dazu, die erste Fußnote zu studieren. Er will wissen, wann genau der in Israel als "Vater der Nation" verehrte Ben Gurion diesen Satz über die arabische Bevölkerung Palästinas gesagt und wem gegenüber er sich so geäußert hat. Wir erfahren, dass David Ben Gurion am 12. Juni 1938 auf einer Sitzung der Exekutive der Jewish Agency für die Zwangsumsiedlung der Bevölkerung in Palästina eingetreten ist. Ben Gurion war die bestimmende Figur innerhalb dieser zionistischen Organisation, die damals die Interessen der jüdischen Zuwanderer in Palästina international vertrat. Zu diesem Zeitpunkt - rund 15 Monate vor Ausbruch des 2. Weltkriegs - war bereits klar erkennbar, dass das von der britischen Kolonialmacht beherrschte Palästina zu einem dauerhaften Konfliktherd werden würde, denn die aus Europa gekommenen Juden waren Zionisten - also jüdische Nationalisten - die in dem von Arabern bewohnten Land einen jüdischen Nationalstaat gründen wollten. Das brachte sie als zugewanderte Minderheit zwangsläufig in Gegensatz zu der arabischen Nationalbewegung der einheimischen Bevölkerung in Palästina, die die überwältigende Mehrheit darstellte. Die brisante Lage war entstanden, weil das britische Empire zwischen 1922 und 1938 unter seinem militärischen Schutz eine massive Zuwanderung zionistischer Siedler nach Palästina gegen den Willen der Araber ermöglichte. Damit setzte Britannien die in der Balfour-Erklärung von 1917 versprochene Unterstützung der Zionisten für die Schaffung einer sog. "nationalen Heimstätte" für die europäischen Juden in Palästina in die Tat um. Die ständig wachsende zionistische Gemeinschaft ging von Anfang an strategisch vor und arbeitete kontinuierlich auf einen jüdischen Nationalstaat hin - mit großem Erfolg. Denn die Araber Palästinas waren den gebildeten Zuwanderern aus Europa soziokulturell weit unterlegen. Die Briten wussten das, - alles geschah unter ihren Augen und mit ihrer Billigung. Vor diesem zeitgeschichtlichen Hintergrund zitiert der israelische Historiker Ilan Pappé die Äußerung von David Ben Gurion über die Zwangsumsiedlung der arabischen Bevölkerung Palästinas, die er zehn Jahre vor Gründung des Staates Israel gemacht hat. Ebenfalls bei der Lektüre des Vorworts lernt der Leser, dass es einen so genannten Plan D gab, der als Grundlage für die kollektive Vertreibung der Palästinenser diente und in Tel Aviv im ROTEN HAUS verabschiedet worden ist. "In diesem Gebäude saßen am 10. März 1948, einem kalten Mittwochnachmittag, elf Männer zusammen - altgediente zionistische Führer und junge jüdische Offiziere - und legten letzte Hand an einen Plan für die ethnische Säuberung Palästinas. Noch am selben Abend ergingen militärische Befehle an die Einheiten vor Ort, die systematische Vertreibung der Palästinenser aus weiten Teilen des Landes vorzubereiten. Die Befehle gaben detailliert die Einsatzmethoden zur Zwangsräumung vor: groß angelegte Einschüchterungen, Belagerung und Beschuss von Dörfern und Wohngebieten, Niederbrennen der Häuser mit allem Hab und Gut, Vertreibung, Abriss und schließlich Verminung der Trümmer, um eine Rückkehr der vertriebenen Bewohner zu verhindern. Jede Einheit erhielt eine Liste mit Dörfern und Stadtvierteln, den Zielen dieses Masterplans. Er trug den Codenamen Plan D und war die vierte und endgültige Version vorausgegangener Planungen für das Schicksal, das die Zionisten für Palästina und seine heimische Bevölkerung vorsahen. Die ersten drei Pläne hatten nur vage umrissen, wie die zionistische Führung mit der Anwesenheit so vieler Palästinenser in dem Land, das die jüdische Nationalbewegung für sich haben wollte, umzugehen gedachte. Diese vierte und letzte Blaupause sprach es klar und deutlich aus: Die Palästinenser mussten raus." Ilan Pappé will mit seinem Buch unter Verweis auf zahlreiche historische Quellen zeigen, dass Plan D einerseits das zwangsläufige Ergebnis der ideologisch verankerten zionistischen Bestrebung war, in Palästina eine ausschließlich jüdische Bevölkerung zu haben. Andererseits war Plan D nach Einschätzung des Autors eine Reaktion auf die Entwicklungen vor Ort, nachdem die britische Regierung beschlossen hatte, das Palästina-Mandat zu beenden. Zusammenstöße mit palästinensischen Milizen - so Pappé - boten einen perfekten Kontext und Vorwand, die ideologische Vision eines ethnisch gesäuberten Palästina umzusetzen. Die zionistische Politik zielte zunächst auf Vergeltungsschläge für palästinensische Angriffe im Februar 1947 und mündete im März 1948 in eine Initiative, das ganze Land ethnisch zu säubern. "Nachdem die Entscheidung gefallen war, dauerte es sechs Monate, den Befehl auszuführen. Als es vorbei war, waren mehr als die Hälfte der ursprünglichen Bevölkerung Palästinas, annähernd 800.000 Menschen, entwurzelt, 531 Dörfer zerstört und elf Stadtteile entvölkert.
Der am 10. März 1948 beschlossene Plan und vor allem seine systematische Umsetzung in den folgenden Monaten war eindeutig ein Fall ethnischer Säuberung, die nach heutigem Völkerrecht als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gilt.
Nach dem Holocaust ist es fast unmöglich geworden, Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu vertuschen. Unsere moderne, von Kommunikation gestützte Welt lässt es besonders seit dem Aufkommen elektronischer Medien nicht mehr zu, von Menschen verschuldete Katastrophen vor der Öffentlichkeit zu verbergen oder zu leugnen. Und dennoch ist ein solches Verbrechen fast vollständig aus dem weltweiten öffentlichen Gedächtnis gelöscht worden: nämlich die Vertreibung der Palästinenser durch Israel 1948.
Dieses höchst prägende Ereignis in der modernen Geschichte des Landes Palästina wurde seit damals systematisch geleugnet und ist bis heute nicht als historische Tatsache, geschweige denn als ein Verbrechen anerkannt, dem man sich politisch wie moralisch zu stellen hat". Der israelische Historiker Ilan Pappé ist entschlossen, dazu beizutragen. Er wendet sich mit seinem Werk gegen die offizielle israelische Darstellung von der Zeit von 1948, die - wie er schreibt - die historischen Tatsachen mit allen Mitteln vertuscht und verdreht hatte. "Das Märchen, das die israelische Geschichtsschreibung erfunden hatte, sprach von massivem 'freiwilligem Transfer' Hunderttausender Palästinenser, die sich entschlossen hätten, vorübergehend ihre Häuser und Dörfer zu verlassen, um den vordringenden arabischen Truppen Platz zu machen, die den jungen jüdischen Staat vernichten wollten". Tatsächlich, so der Autor, belegen palästinensische Quellen eindeutig, dass es den jüdischen Truppen schon Monate vor dem Einmarsch arabischer Truppen in Palästina, während die Briten noch für Recht und Ordnung im Land zuständig waren, gelungen war, nahezu eine Viertelmillion Palästinenser zwangsweise zu vertreiben. Ilan Pappé ist davon überzeugt, dass eine historische und politische Notwendigkeit besteht, das vollständige Bild über die Geschehnisse in Palästina zu zeichnen. Das schließt zwangläufig arabische Quellen und mündlich überlieferte Geschichte mit ein. Es gibt für uns - schreibt Pappé - keinen anderen Weg, die Wurzeln des gegenwärtigen israelisch-palästinensischen Konflikts umfassend zu verstehen. Außerdem sind wir moralisch dazu verpflichtet, den Kampf gegen die Leugnung dieser Verbrechen weiterzuführen, weil die bereits aufgedeckte Geschichte in Israel nicht in den öffentlichen Bereich moralischen Bewusstseins und Handelns vorgedrungen ist. Dem Historiker Pappé geht es explizit darum, die Mechanismen der ethnischen Säuberung von 1948 zu untersuchen. Doch er will auch das kognitive System ergründen, das es der Welt und den Tätern ermöglichte, die von der zionistischen Bewegung 1948 begangenen Verbrechen zu vergessen oder zu leugnen. Warum der Autor das Buch in dieser Weise geschrieben hat, schildert er selbst mit emphatischen Worten. "Manchen mag diese Herangehensweise - das Paradigma ethnischer Säuberung a priori als Basis für die Darstellung der Ereignisse von 1948 zu nehmen - vom Ansatz her als Anklage erscheinen. In mancherlei Hinsicht ist es tatsächlich mein eigenes j´accuse! gegen die Politiker, die die ethnische Säuberung planten, und gegen die Generäle, die sie durchführten. Aber wenn ich ihre Namen nenne, so tue ich es nicht, weil ich sie posthum vor Gericht gestellt sehen möchte, sondern um Tätern wie Opfern ein Gesicht zu verleihen: Ich möchte verhindern, dass die Verbrechen, die Israel begangen hat, auf so schwer fassbare Faktoren geschoben werden wie 'die Umstände', die 'Armee' und ähnlich vage Verweise, die souveräne Staaten aus der Verantwortung entlassen und Individuen straflos davonkommen lassen. Ich klage an, aber ich bin auch Teil der Gesellschaft, die in diesem Buch verurteilt wird. Ich fühle mich sowohl verantwortlich für als auch beteiligt an der Geschichte, und ich bin ebenso wie andere in meiner Gesellschaft überzeugt - wie der Schluss dieses Buches zeigt -, dass eine derart schmerzhafte Reise in die Vergangenheit der einzige Weg nach vorn ist, wenn wir eine bessere Zukunft für uns alle, Palästinenser wie Israelis, schaffen wollen. Darum geht es in diesem Buch". Wer den Kernkonflikt im Nahen Osten besser verstehen will, sollte das mit viel Herzblut geschriebene Buch von Ilan Pappé lesen.“
Arn Strohmeyer: „Es ist wohl eins der wichtigsten Bücher zum Verständnis des Nahostkonfliktes überhaupt: das Werk des israelischen Historikers Ilan Pappe „Die ethnische Säuberung Palästinas“, das in Deutschland im Jahr 2007 bei Zweitausendeins erschienen ist. Der Autor dekonstruiert darin die israelischen Mythen, die die zionistische Geschichtsschreibung über die Zeit von 1947 – 49 (den sogenannten „Unabhängigkeitskrieg“) bis heute verbreitet. Zuvor hatte sein israelischer Kollege Simcha Flapan mit seinem Buch „Die Geburt Israels“ diese Aufgabe schon in Angriff genommen, die deutsche Ausgabe kam 2006 heraus. Flapan ist 1987 gestorben. Er hatte zwar auch schon wichtige und bisher unbekannte Fakten ans Licht gebracht. Pappe hatte aber gegenüber seinem Vorgänger den Vorteil, dass die Israelis inzwischen in den Militärarchiven Zugang zu wichtigen Dokumenten gewährt hatten. Pappe schildert in seinem Werk das dunkle Kapitel der gewaltsamen Eroberung und Machtergreifung der Zionisten in Palästina …
Es ist zu vermuten, dass der Holocaust den Zionisten den politischen Kredit verschafft hatte, dass die ethnische Säuberung Palästinas von der Welt bereitwillig ignoriert, verleugnet und verdrängt wurde – ähnlich wie der Mord an den europäischen Juden auch schon den Teilungsbeschluss der UNO 1947 möglich gemacht hatte. Ohne den Mitleidsbonus der beteiligten Staaten hätte es ihn vermutlich nicht gegeben. Wie Simcha Flapan hat auch Ilan Pappe immer betont, dass die Darstellung der historischen Wahrheit dieser Ereignisse und damit auch die Entmythologisierung der Mythen für ihn eine moralische Entscheidung sei, ein erster Schritt, um die Spirale der Gewalt zu beenden und zu Versöhnung von Israelis und Palästinensern beizutragen. Er schreibt: „Es ist die einfache, aber entsetzliche Geschichte der ethnischen Säuberung Palästinas, eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit, das Israel leugnen und die Welt vergessen machen wollte. Es ist unsere Pflicht, es aus der Vergessenheit zu holen, und zwar nicht nur als längst überfällige historiographische Rekonstruktion oder professionelle Aufgabe; meiner Ansicht nach ist es eine moralische Entscheidung, der allererste Schritt, den wir tun müssen, wenn wir wollen, dass Versöhnung jemals eine Chance haben und der Frieden in den zerrissenen Ländern Palästina und Israel Fuß fassen sollen.“
Simcha Flapan hatte zuvor ähnlich argumentiert, warum die Mythen über das zionistische Vorgehen gegen die Palästinenser entmythologisiert werden müssten: „Es geht darum, die propagandistischen Denkstrukturen aufzulösen, die so lange verhindert haben, dass in meinem Land die Kräfte des Friedens an Boden gewinnen konnten. Die Aufgabe, die den Intellektuellen und den Freunden beider Völker zufällt, besteht nicht darin, Ad-hoc-Lösungen anzubieten, sondern die Ursachen des Konflikts in das Licht einer aufklärenden Analyse zu tauchen, in der Hoffnung, dass man es auf diese Weise schafft, die Verzerrungen und Lügen, die mittlerweile zu sakrosankten Mythen geronnen sind, aus der Welt zu schaffen.“ Und warnend fügt er hinzu: „Wenn die Klischees und falschen Mythen ihren Platz im Denken behaupten, ist die Katastrophe unausweichlich.“ Mit anderen Worten: Versöhnung und Frieden sind erst dann möglich, wenn die historische Wahrheit und die Leiden des jeweils Anderen von beiden Seiten anerkannt werden.
Pappes Buch ist auch noch aus einem ganz anderen Grund hoch brisant, denn es belegt ganz eindeutig, dass die Palästinenser nicht in einem „Krieg“ vertrieben und um ihr Eigentum gebracht worden sind, wie die Zionisten behaupten. Das ist wichtig für die Begründung von palästinensischen Entschädigungsfragen, die in Zukunft anfallen werden. Die Zionisten (etwa Shimon Peres) argumentieren: Das Schicksal der Juden während des Zweiten Weltkrieges und dasjenige der Palästinenser in Palästina könnten in dieser Hinsicht nicht miteinander verglichen werden, denn zwischen Juden und Arabern habe Krieg geherrscht, während die Juden als Bürger in ihrem Land [von den Deutschen] beraubt worden seien. Die Wahrheit ist: Die Palästinenser selbst haben keinen Krieg gegen die Zionisten geführt, von unbedeutenden Scharmützeln kleiner Guerilla-Gruppen abgesehen. Die Menschen wurden ab Februar 1948 aus ihren Städten und Dörfern vertrieben, ihr Eigentum konfisziert – also schon bevor die arabischen Armeen im Mai 1948 (nach der israelischen Staatsgründung) in Palästina einmarschierten. Diese Fakten sind für die Entschädigungs- und Wiedergutmachungsforderungen der Palästinenser gegenüber Israel von großer Bedeutung. Es geht dabei aber auch um das Recht auf Rückkehr der Palästinenser in ihre Heimat.
Die Israelis hatten in ihrer großen Mehrheit wenig Verständnis für Pappes Enthüllungen. Sie glauben offenbar immer noch zur Beruhigung ihres Gewissens an die zionistische Darstellung der Ereignisse, dass die Palästinenser auf Anweisung der arabischen Führer freiwillig ihre Heimat verlassen hätten. Pappe geriet in Israel wegen seiner Veröffentlichungen immer mehr in die Kritik und wurde regelrecht gemobbt, auch von seinen Universitätskollegen. Diese Vorgänge hat er in dem Buch „Wissenschaft als Herrschaftsdienst. Der Kampf um die akademische Freiheit in Israel“ ( Laika-Verlag Hamburg 2011) ausführlich beschrieben. Pappe konnte seine Lehrtätigkeit an der Universität von Haifa nicht mehr fortsetzen. Er verließ Israel und lehrt jetzt am Institut für Arabische und Islamische Studien an der Universität von Exeter (England) …"
http://www.nahostpolitik.de/?p=352
Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann: „Im November vergangenen Jahres ist das Buch des israelischen Historikers Ilan Pappé über „Die ethnische Säuberung Palästinas“ nun auch in Deutschland erschienen. Die darin veröffentlichten Forschungsergebnisse stehen im eklatanten Widerspruch zur offiziellen Geschichtsschreibung, die den bis heute anhaltenden Exodus der palästinensischen Bevölkerung als Akt der systematischen Vertreibung durch das zionistische Israel leugnet. Ilan Pappé rüttelt am Gründungsmythos des Staates Israel. Seine Veröffentlichung führte dazu, dass der an der Universität Haifa lehrende Professor ins Exil gedrängt wird.
Nakba ist ein arabisches Wort und steht für die ethnische Säuberung Palästinas. Es steht für Katastrophe, Tod und Vertreibung. Es steht für Massaker an der Zivilbevölkerung und die systematische Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung aus ihrer Heimat, die 1948 einen Höhepunkt an Brutalität und Ausmaß erreichte. Nakba steht für ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, ein Verbrechen Israels gegen die palästinensische Bevölkerung, das bis heute geleugnet wird – auch hierzulande, wo die Leugnung des Holocausts unter Strafe steht.
Der israelische Historiker Ilan Pappé, der die systematischen Grausamkeiten, die von Israel im Zusammenhang mit der Staatsgründung 1948 an der palästinensischen Bevölkerung begangen wurden, nicht leugnet, sondern in seinem Buch „Die ethnische Säuberung Palästinas“ offen beim Namen nennt, und der für das systematische Auslöschen der Erinnerung den treffenden Begriff „Memorizid“ geprägt hat, wird unter Druck gesetzt und ins Exil nach England getrieben.
Pappé, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Haifa und Leiter des dortigen Instituts für Konfliktforschung, zeichnet anhand von Augenzeugenberichten, Tagebuchauszügen und Dokumenten aus Militärarchiven, die bis vor kurzem unter Verschluss gehalten wurden, ein erschütterndes Bild der Ereignisse der Jahre 1947/48. Er zeigt auf, dass die Gründung seines Heimatlandes Israel mit einer geplanten ethnischen Säuberung verbunden ist. Seine Forschungsergebnisse stehen im eklatanten Widerspruch zur offiziellen Geschichtsschreibung, die den bis heute anhaltenden Exodus der palästinensischen Bevölkerung als Akt der systematischen Vertreibung durch das zionistische Israel leugnet. Der Geschichtswissenschaftler zerstört auf diese Weise den Gründungsmythos des Staates Israel und löst damit wütende Reaktionen aus.
In der ARD-Sendung Titel, Thesen, Temperamente war im November 2007 zu hören: „Pappé hat eine Mission: Ausgewogenheit und Differenzierung sind seine Sache nicht ... Er nennt sich Historiker, seine Gegner nennen ihn einen Übertreiber und Provokateur.“ Prof. Dr. h.c. Manfred Lahnstein, ehemaliger Minister und langjähriger Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft schreibt auf der Webseite „Honestly Concerned“: „Auf dem deutschen Büchermarkt macht ein Buch von sich reden, das der israelische Autor Ilan Pappé ... der sich wohl als ‚Historiker’ bezeichnen würde ... geschrieben hat ... Das ist der brutalste Angriff auf die historische Wahrheit, der mir seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion untergekommen ist.“ Und Henryk M. Broder, seines Zeichens Spiegel-Autor und Israel-Lobbyist, formuliert auf seiner „Achse des Guten“ gewohnt verunglimpfend: „Pappés exklusivste Beweise sind diejenigen, die er erfunden hat ... Beachten Sie bitte [auf Pappés Website] die Abteilung Middle East Scholars mit Links zu Finkelstein, Chomsky und Shahak. Ein Irrer kommt selten allein.“
Die Zahl der Besprechungen des Buches ist gemessen an seiner Bedeutung erschreckend gering. Die Zahl der Rezensionen in Publikationen, die einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich sind, ist noch geringer. Und fast verschwindend ist unter diesen Veröffentlichungen die Anzahl der Besprechungen, die dieses Buch als ein Schlüsselwerk der Geschichte würdigen. Allenfalls sind diesbezüglich 3sat, die in Zürich erscheinende WoZ und ein Beitrag des ehemaligen ARD-Nahost Korrespondenten Marcel Pott im Deutschlandfunk zu nennen.
Es sind die „Central Zionist Archives“, in denen die Äußerung des späteren israelischen Ministerpräsidenten David Ben Gurion dokumentiert ist: „Ich bin für Zwangsumsiedlung; darin sehe ich nichts Unmoralisches“, so das Sitzungsprotokoll der „Jewish Agency Executive“ vom 12. Juni 1938. Und Marcel Pott schreibt dazu: „Schon das dem Vorwort des Autors vorangestellte Zitat des Staatsgründers David Ben Gurion bringt den Leser dazu, die erste Fußnote zu studieren. Er will wissen, wann genau der in Israel als ‚Vater der Nation’ verehrte Ben Gurion diesen Satz über die arabische Bevölkerung Palästinas gesagt und wem gegenüber er sich so geäußert hat ... Am 12. Juni 1938 ... war bereits klar erkennbar, dass das von der britischen Kolonialmacht beherrschte Palästina zu einem dauerhaften Konfliktherd werden würde, denn die aus Europa gekommenen Juden waren Zionisten – also jüdische Nationalisten – die in dem von Arabern bewohnten Land einen jüdischen Nationalstaat gründen wollten. Das brachte sie als zugewanderte Minderheit zwangsläufig in Gegensatz zu der arabischen Nationalbewegung der einheimischen Bevölkerung in Palästina, die die überwältigende Mehrheit darstellte.“ Es sind die Archive der Israel Defense Forces (IDF) und die Archive der Untergrundmiliz Hagana, in denen der „Plan D“, der am 10. März 1948 von späteren führenden israelischen Politkern verabschiedete Masterplan zur „ethnischen Säuberung“ Palästinas, sowie die Einsatzbefehle an die militärischen Einheiten zur Umsetzung dieses Plans zu finden sind. Das alles ist nicht so einfach vom Tisch zu wischen, wie es die Israel-Lobbyisten versuchen.
„Die Befehle gaben detailliert“, so heißt es im Vorwort des Buches, „die Einsatzmethoden zur Zwangsräumung vor: groß angelegte Einschüchterungen; Belagerung und Beschuss von Dörfern und Wohngebieten; Niederbrennen der Häuser mit allem Hab und Gut; Vertreibung; Abriss und schließlich Verminung der Trümmer, um eine Rückkehr der vertriebenen Bewohner zu verhindern. Jede Einheit erhielt eine Liste mit Dörfern und Stadtvierteln, den Zielen dieses Masterplans. „Das alles ist belegt durch Quellen, die Ilan Pappé in seinem Buch explizit angibt und über die er Rechenschaft ablegen kann.““
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=11940
Ludwig Watzal: „Der 110-jährige Nahostkonflikt geht wieder einmal in eine neue Runde friedenspolitischer Rhetorik und einer Neuauflage von „Prinzipienerklärungen“. Beides liegt knapp neben der Realität. Diese „friedenspolitischen“ Aktionen sind Beruhigungspillen für die westliche Öffentlichkeit, um von einem historisch einzigartigen Kolonisierungsvorgang abzulenken, der zur existenziellen Zerstörung der Lebensgrundlagen des palästinensischen Volkes geworden ist. Die Negierung der historischen Wahrheit des israelisch-palästinensischen Konflikts ist das größte Hindernis auf dem Weg zu einem gerechten Ausgleich zwischen Israelis und Palästinensern. Das bequeme Nachbeten des historisch umstrittenen israelischen Gründungsnarratives und die Ausblendung der gravierenden Menschen- und Völkerrechtsverstöße tragen wenig zur Aufklärung bei. Indem „der Westen“ - angeführt von den USA - diese Verstöße deckt und damit legitimiert, betreibt er eine Politik des doppelten Standards. Darüber hinaus wird sein rhetorischer Einsatz für Demokratie und Menschenrechte durch die Kriege in Afghanistan und Irak und demnächst vielleicht gegen Iran völlig unglaubwürdig. Hinzu kommt sein Paktieren mit so genannten „guten“ Despoten. Die Reden von US-Präsidenten George W. Bush „überzeugen“ heute wohl nur noch die christlichen Fundamentalisten, die ein Armageddon im Nahen Osten „herbeibeten“ wollen. Wer den israelischen Narrativ in Frage stellt und gleiche Rechte für die israelischen Palästinenser und Gerechtigkeit und Menschenrechte für die unter israelischer Okkupation Leidenden einfordert, bekommt nicht nur in der „einzigen Demokratie des Nahen Ostens“ die größten Probleme, sondern auch im klassischdemokratischen Westen.
Ilan Pappe, Professor an der Universität von Haifa, u. a. Israelis können von dieser Hatz ein Lied singen. Er hat es deshalb vorgezogen, für einige Zeit ins Exil nach Großbritannien zu gehen. Besonders seine Haltung in der so genannten Katz-Affäre nahm der Dekan der sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Haifa zum Anlass, Pappes Entlassung zu fordern. Für eine wirkliche Demokratie eigentlich ein skandalöser Vorgang. „In vielerlei Hinsicht tragen israelische Wissenschaftler zur Enthumanisierung der Palästinenser bei“, so Pappe in einem Interview vom 19. Juni 2002. Nach Großbritannien ins Exil sind bereits einige Kritiker der israelischen Besatzungspolitik gegangen, und ihre Bücher können nur dort erscheinen. Großbritannien scheint immer noch ein Hort der Freiheit und Liberalität zu sein, im Gegensatz zu den USA, die sich auf dem Weg in einen Polizeistaat befinden.
Die Kampagne, die gegen Pappe seit Jahren läuft, wird u. a. von seinen eigenen Kollegen geführt. Ihnen sind Pappes historische Forschungen und seine politischen Überzeugungen ein Dorn im Auge. Mit dem vorliegenden Buch stellt sich der Autor quer zur herrschenden Meinung in Israel. Sein Einsatz für die entrechteten und strangulierten Palästinenser wirkt wie ein Stachel im Fleisch der Israelis, die von den tatsächlichen historischen Ereignissen nichts wissen wollen. Sie haben sich in ihren historischen Mythen bequem eingerichtet, und „der Westen“ tut alles, dass dies auch so bleibt. Als „Waffe“ für die Aufrechterhaltung der historischen Mythologie und zur Abschottung gegen Kritik wurde eine antiliberale und verhängnisvolle Gleichung erfunden: „Israel- und Zionismuskritik = Antisemitismus“! Damit wird nicht nur jede Kritik an der brutalen Besatzungspolitik Israels mundtot gemacht, sondern die Politik des Landes gegen eine solche generell immunisiert und darüber hinaus deren Kritiker als „Antisemiten“ oder „jüdische Selbsthasser“ stigmatisiert. Dies mussten nicht nur die renommierten Professoren John J. Mearsheimer und Stephen M. Walt erfahren, die ein Buch mit dem Titel „Die Israel-Lobby“ veröffentlicht haben, sondern auch der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter, dessen Buch „Palestine. Peace Not Apartheid“ ihm den Vorwurf „Antisemit“ eintrug. Von den zahlreichen jüdischen US-Amerikanern gar nicht zu reden.
Da „der Westen“ diese unsinnige Gleichung stillschweigend übernommen hat, kann Israel in den besetzten Gebieten tun und lassen, was es will. Gleiches gilt für die brutale Besatzungspolitik und die Menschenrechtsverletzungen der USA in Irak und Afghanistan. Kritik an dieser menschenverachtenden Kriegsführung soll ebenfalls „antisemitisch“ sein, weil man mit einer solchen Kritik ja eigentlich „Israel“ meine. Diese absurden Geisteswindungen werden allen Ernstes als „seriöse“ Argumente in USamerikanischen und deutschen einschlägigen Medienprodukten transportiert. Ziel dieser Kampagne ist die Stigmatisierung jedweder Kritik an den Kriegsverbrechen beider Besatzungsmächte.
Wer an der historischen Wahrheit interessiert ist, sollte die zwölf Kapitel des Pappe-Buches aufmerksam lesen. Er benutzt bewusst den Begriff „ethnische Säuberung, um das Drama des palästinensischen Volkes zu beschreiben, weil er inzwischen zur Umschreibung von ´Verbrechen gegen die Menschlichkeit` benutzt wird, das nach internationalem Recht strafbar ist“. Der Autor wollte sowohl Tätern als auch Opfern ein Gesicht geben: „Ich möchte verhindern, dass die Verbrechen, die Israel begangen hat, auf so schwer fassbare Faktoren geschoben werden wie ´die Umstände`, ´die Armee` oder, wie Morris sagt, ´à la guerre comme à la guerre` und ähnlich vage Verweise, die souveräne Staaten aus der Verantwortung entlassen und Individuen straflos davonkommen lassen.
Ich klage an aber ich bin auch Teil der Gesellschaft, die in diesem Buch verurteilt wird.“ „Es kam in Palästina zwar auch zu einer Art großen durch Terror verursachten (Deir Yassin und Ayn al-Zaytun) Fluchtbewegung, aber ebenso zu einer massiven und geplanten „ethnischen Säuberung“ im Zuge der Gründung des Staates Israel. Das Trauma dieser Katastrophe (al-Nakba) bestimmt den palästinensischen Narrativ bis heute. Es ist – neben der Kolonisierung der besetzten Gebiete durch Siedlungen nach 1967, der Verweigerung des Rückkehrrechts der Flüchtlinge und des Status von Jerusalem – das Haupthindernis auf dem Wege zu einem fairen Ausgleich zwischen beiden Völkern.
Benny Morris hatte als erster 1987 in seinem Buch „The Birth of the Palestinian Refugee Problem" vorsichtig auch über Vertreibungen geschrieben, aber Pappe hat endgültig den Schleier gelüftet. Morris galt seit seiner Veröffentlichung als ein so genannter „New historian“. Von den konventionellen zionistischen Historikern wurde er als „Postzionist“, „Antizionist“ oder „Postmodernist“ diskreditiert. Keines dieser Label traf jedoch auf ihn zu; er war immer Zionist, wie er freimütig in Interviews bekannte. Auf dem Höhepunkt der Al-Aqsa-Intifada zu Beginn des Jahres 2004 offenbarte er sich in Artikeln im „Guardian“ und Interviews in der Tageszeitung „Haaretz“ als ein Befürworter der Vertreibungen von 1948. Nicht nur das, er befürwortete, im Notfall den ganzen Job zu vollenden. In einem „chilling interview“ antwortete er auf die Frage, ob Ben-Gurion zu wenig Araber vertreiben habe: „If he had already engaged in expulsion, maybe he should have done a complete job. … If he had carried out a full expulsion – rather than a partial one – he would have stabilized the State of Israel for generations.” Auf die Frage, ob er für eine Vertreibung der Palästinenser im Augenblick sei, entgegnete Morris: “I say not at this moment. … But I am ready to tell you that in other circumstances, apocalyptic ones, which are liable to be realized in five or ten years I can see expulsions.” Sollten auch die israelischen Palästinenser vertreiben werden? “The Israeli Arabs are a time bomb. Their slide into complete Palestinization has made them an emissary of the enemy that is among us. They are a potential fifth column. In both demogaraphic and security terms they are liable to undermine the state.” Waren diese haarsträubenden Äußerungen nötig, damit seine Bücher endlich in Hebräisch erscheinen konnten?
Pappe kritisiert Morris dahingehend, dass dieser die „israelischen Militärberichte“ in den Archiven „für bare Münze nahm. So konnte er von Juden begangene Gräueltaten ignorieren, wie das Vergiften der Wasserversorgung von Akko mit Typhus, zahlreiche Vorfälle von Vergewaltigung und Dutzende Massaker. Außerdem beharrte er – zu Unrecht – darauf, dass es vor dem 15. Mai 1948 keine Zwangsräumungen gegeben habe.“ Pappe wirft seinem Kollegen vor, keine arabischen Quellen oder mündlich überlieferte Geschichte herangezogen zu haben. Just diese Vorgehensweise wurde dem Studenten Katz und letztendlich Ilan Pappe zum Verhängnis.
Im Gegensatz zu Morris ist Pappe aus ganz anderem Holz geschnitzt. So berichtet er, dass sich am 10. März 1948 eine Gruppe zionistischer Politiker mit jungen Offizieren unter Vorsitz des späteren Ministerpräsidenten David Ben-Gurion getroffen und einen Vertreibungsplan (Plan Dalet) entworfen habe. Am gleichen Tag seien die Kommandeure angewiesen worden, sich auf die Umsetzung dieses Planes vorzubereiten. Wie es scheint, war dazu jedes Mittel recht. „Den Befehlen beigefügt, waren detaillierte Anweisungen, welche Methoden angewendet werden sollten, um die Menschen zu vertreiben: Einschüchterung im großen Stil, Belagerung und Bombardierung von Dörfern und Bevölkerungszentren; in Brand setzen von Häusern, anderen Immobilien und Waren; Vertreibung, Zerstörung und schließlich das Legen von Minen unter dem Schutt, um die vertriebenen Einwohner an der Rückkehr zu hindern.“
Jeder, der die Schriften der führenden Zionisten kennt, weiß, dass Vertreibungen ein konstitutiver Teil der zionistischen Ideologie sind. Darüber wurde freimütig untereinander diskutiert. Dies ist keine Neuigkeit, die Pappe und Morris erwähnen. Erwähnenswert sind nur die unterschiedlichen Konsequenzen beider Wissenschaftler. War Pappe davon überzeugt, dass „die ethnische Säuberung Palästinas“ im israelischen Gedächtnis als „ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit verankert werden muss“, stellte Morris zynisch in einem Interview mit der Tageszeitung „Haaretz“ fest: „Ich glaube nicht, dass die Vertreibungen von 1948 ein Kriegsverbrechen waren. Man kann kein Omelett machen, ohne ein Ei zu zerbrechen.“ Wie beurteilt Morris die Zerstörung von über 350 palästinensischen Dörfern, inklusive der Friedhöfe, Moscheen etc.?
Pappe zählt 31 Massaker auf, die sich dokumentieren lassen; hinzukommen sechs weniger sicher belegbare. Die Ereignisse des Jahres 1948 bilden den Gordischen Knoten, den es zu lösen gilt. Nach Meinung des Autors leugnet Israel dies; die Führungselite hält dagegen an drei Axiomen fest: Erstens habe der israelisch-palästinensische Konflikt seinen Ausgang erst 1967 genommen, um ihn zu lösen, bedürfe es nur einiger Abkommen. Zweitens könnten alle sichtbaren Posten in der Westbank und dem Gaza-Streifen geteilt werden. Israel bezieht diese Teilung nicht nur auf das Territorium, sondern auch auf Menschen und natürliche Ressourcen. Drittens seien alle Geschehnisse vor 1967, d. h. die Nakba und die ethnischen Säuberungen, niemals verhandelbar. Die Flüchtlingsfrage und das Rückkehrrecht werden kategorisch zurückgewiesen.
In seinem Epilog weist Pappe auf das Haupthindernis auf einem Weg zum Frieden hin. „Weder Palästinenser noch Juden werden voreinander oder vor sich selbst sicher sein, wenn die Ideologie, die nach wie vor die israelische Politik gegenüber den Palästinensern treibt, nicht korrekt benannt wird. Das Problem bei Israel war nie sein Judentum – es hat viele Gesichter und davon bieten viele eine solide Basis für Frieden und Zusammenleben; es ist vielmehr der ethnisch zionistische Charakter. Der Zionismus besitzt nicht das Maß an Pluralismus, den das Judentum bietet, vor allem nicht für die Palästinenser. Sie können niemals Teil eines zionistischen Staates und Staatsgebietes sein und werden weiter kämpfen – und hoffentlich wird ihr Kampf friedlich und erfolgreich sein.“
Ilan Pappe hat ein mutiges Buch geschrieben und ein Tabu entzaubert, das von der politischen Elite Israel bis heute verteidigt wird: Es habe 1948 keine Vertreibungen gegeben. Diese bahnbrechende Arbeit entzaubert diesen Mythos. Dass die israelische Gesellschaft am Vorabend ihres 60-jährigen Bestehens einen solchen Wissenschaftler nicht ertragen will, zeugt von einem geringen demokratischen Selbstbewusstsein.“
https://www.nahostfrieden.ch/pdf/Ludwig_Watzal-zum_Buch_von_Ilan_Pappe-Ethnische_Saeuberung.pdf
Nakba heute
Georg Schwarte: „Nakba - der Tag der Katastrophe. So nennen ihn die Palästinenser. 700.000 flüchteten damals 1948, wurden vertrieben, verloren Häuser, Heimat, Hoffnung. Nakba - Katastrophe. Heute begehen sie ihn. Der Tag gestern aber könnte ein neuer Tag des Unglücks werden. Während das Hochglanzpaar des Weißen Hauses - Jared Kushner und Ivanka Trump - in Jerusalem lachten, starben sie 60 Kilometer Luftlinie entfernt im Gazastreifen am Grenzzaun, dutzende.
Es ist die böse Ironie der Geschichte, dass dieses Massaker ausgerechnet am 70. Jahrestag der Staatengründung Israels passierte. Terroristen oder verzweifelte Palästinenser? Kinder oder Kanonenfutter, wie es die amerikanische UN-Botschafterin Haley nannte. Die Eröffnung der amerikanischen Botschaft in Jerusalem, sie wurde zur eigentlichen Botschaft an die Welt: Das Amerika dieser Tage schert sich weder um Resolutionen noch um Geschichte. Das Amerika des Präsidenten von Trumpland schert sich nicht um Recht und die Rolle, die dieses Amerika einst im sogenannten Nahostfriedensprozess spielte. Neutraler Vermittler - das ist Geschichte. Spätestens seit die amerikanische Fahne vor der Botschaft in Jerusalem weht.
Hier feiernde Amerikaner, twitternde Präsidenten, die von einem großen Tag für Israel und die USA reden, dort verzweifelte Mediziner, die mit den letzten Lumpen die blutenden Körper von über 1500 Verletzten im Gazastreifen vor dem Ausbluten retten wollen. Ihnen gehen Strom und Medikamente aus. Infusionen. Operationsbesteck. Übrigens auch, weil das Trumpland-Amerika dem Hilfswerk der UN für die Palästinenser das Geld zusammenstrich.
Gaza ist ohnehin längst ausgeblutet. Eine Hölle sagen die UN-Helfer. Auch heute wieder im Sicherheitsrat. Allen, selbst dem größten Optimisten im Saal dieses ohnmächtigen Gremiums bei den Vereinten Nationen fehlt die Fantasie, wie aus Toten, Unrecht, gebrochenen Resolutionen, randalierenden Demonstranten, israelischen Scharfschützen, die mit Kugeln auf Steinewerfer schießen, am Ende zwei Völker werden können, die friedlich nebeneinander existieren. Hamas, die Terrororganisation, sie nimmt das eigene Volk als Geisel. Hetzt Kinder in den Tod am Grenzzaun. Keine Frage.
Israel aber ist gerade dabei, in blinder Allianz mit dem amtierenden Präsidenten der USA, auch wohlmeinende Freunde nachhaltig zu verstören. Die UN hatten einst als Gründungsauftrag, den Frieden zu schaffen im Nahen Osten. 73 Jahre später darf der Sicherheitsrat heute getrost vermelden: Wir geben auf. Kapitulation auf ganzer Linie. Diesem Hass ist keine Resolution gewachsen. Wo Siedlungen Unrecht in Stein bauen, wo Terroristen Verzweiflung ausnutzen, bleibt wenig Platz für Diplomaten.
Golda Meir, die vierte israelische Premierministerin sagte einst, dass Frieden zwischen den beiden Völkern erst möglich sei, wenn die Palästinenser ihre Kinder mehr lieben, als sie die Israelis hassen. Jeder neue tote Palästinenser aber ist das Kind einer Mutter und eines Vaters aus Gaza. Nakba. Die Katastrophe geht weiter."
Deutschland und Israel, Deutschland und Nakba
Aus einem früheren Beitrag des Wurms: „Mensch frage mal rum, wer denn die Opfer in Auschwitz und anderen Konzentrationslagern waren. Die Antwort wird meistens lauten: „Juden“. Das ist nicht verkehrt, aber dennoch fehlerhaft. Nicht weniger betroffen waren Homosexuelle, Zigeuner, Kommunisten, Zeugen Jehovas, polnische Intellektuelle oder sowjetische Kriegsgefangene.
Durch die meist einseitige Konzentration auf die Juden werden die anderen Opfergruppen oft erst gar nicht zur Kenntnis genommen. Wenn doch, dann nicht selten mit dem Kommentar „denen hat das auch nicht anders gehört“.“
http://www.ansichten-eines-regenwurms.de/137-inne-halten.html
Prozentual nicht weniger unter der physischen Vernichtung hatten während des Nationalsozialismus die oben genannten Gruppen zu leiden. Der Wurm konnte nicht feststellen, dass etwa Kommunisten oder Zigeunern (und deren Nachkommen) deswegen auch nur ein Hauch von Mitleid oder Sympathie seitens der deutschen Bevölkerung zuteil geworden wäre.
Hat Deutschland eine Verantwortung gegenüber dem Staat Israel? Darf dieser Staat alles machen? Auch alles Inhumane?
Hat Deutschland aus seiner Vergangenheit gelernt? Geht es darum, dass aus angeblich humanen Gründen ein einzelner Staat tun und lassen kann, was er will?
Oder doch eher darum, Verbrechen, Unrecht und Missstände klar beim Namen zu nennen, zu verurteilen und sich dafür einzusetzen, dass Friede und Gerechtigkeit auf der Welt herrscht?
Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm