Es passt ja so richtig ins Bild: in den größten Teilen Europas herrscht eine abgehobene Elite, die um sich selbst kreist, die keine Ahnung hat von dem, was die unteren Schichten betrifft und letztendlich eine Politik gegen diese betreibt.
Aufrechte Linke gibt es kaum noch und die Pseudo-Linken sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.
Zwangsläufig gibt es einen Ansturm rechter Horden, die immer gefährlicher werden. Die Maßnahmen (auch juristischer Art) des politisch-medialen Komplexes werden immer drastischer.
Dazu gehört auch das Urteil gegen Marine Le Pen, der ein Verbot ausgesprochen wurde, bei den nächsten Präsidentschafts-Wahlen anzutreten.
Allein für sich betrachtet, scheint das Urteil gerecht zu sein. Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, dass hinter den Kulissen alles getan wurde, damit es so ausfällt.
Übliches Gebahren?
Alexej Danckwardt: „Kreativ bei der Finanzierung ihrer Parteiarbeit sind sie alle: ob in Deutschland oder Frankreich, ob "Mitte", "links" oder "rechts". In Deutschland haben sich beispielsweise die Grünen mit einem fetten Polster an Umfeldvereinen umgeben, die bei Wahlen nicht erfolgreichen Parteifreunden immer Unterschlupf und Einkommen garantieren. Dank staatlicher Fördermittel, für deren unverminderten Fluss die Gewählten aller Parteien sorgen. Die deutsche Politik war schon immer ein großer Selbstbedienungsladen, in Frankreich wird es nicht anders sein.
Sicher machen sie dann auch was für den Vereinszweck (den grünen "Projektleiter" des aus staatlichen Fonds finanzierten Nachhilfeunterrichts für Aussiedlerkinder habe ich in fast zwei Jahren meiner Arbeit für einen bekannten grünen Umfeldverein immerhin ein Mal – nur ein Mal – in der betreuten Schule gesehen), aber eben auch weiter Parteiarbeit. Ganz "in ihrer Freizeit" und "ehrenamtlich". Natürlich.
Es ist kein großes Geheimnis, dass die Assistentenstellen, die gewählte Abgeordnete aus Mitteln des jeweiligen Parlaments besetzen dürfen, in erster Linie der Versorgung von Parteifreunden dienen. Das gilt für jede Partei, Ausnahmen unbekannt. Parteilose Experten und Fachkräfte kommen da eher selten zum Zuge, politische Gegner mit Sicherheit gar nicht. Letzteres wäre ja auch – ganz ohne Ironie und Sarkasmus gesprochen – verrückt.
Abgeordnete sind aus guten Gründen weitgehend frei von staatlichen Vorgaben in der Auswahl ihrer Mitarbeiter. Parteifreunde sind schon wegen inhaltlicher Nähe und größerer Loyalität am besten geeignet. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass gut dotierte Stellen eben auch Entlohnung für engagierte Parteiarbeit in der Vergangenheit und existenzielle Absicherung des künftigen Einsatzes bei Wahlkämpfen und innerparteilichen Intrigen sind.
Was die Angestellten von Abgeordneten dann für das vom jeweiligen Parlament gezahlte Gehalt tun, ist schwer überprüfbar. Wie lässt sich das Parteileben vom Abgeordnetenleben überhaupt trennen? Treffen mit Parteifreunden sind immer auch Treffen mit Wählern, innerparteiliche Debatten immer auch Arbeit an künftigen Gesetzen und Vorleistung für parlamentarische Debatten. Selbst das Plakatkleben für die Partei ist immer auch Öffentlichkeitsarbeit für die parlamentarische Arbeit ihrer Fraktion. Gestört hat sich an der gängigen Praxis ausnahmslos aller Parteien noch nie jemand.
Was soll nun im Fall von Le Pen und der anderen Abgeordneten des Rassemblement National (RN) anders sein? Offiziellen Verlautbarungen der französischen Justiz zufolge waren Le Pen und 24 weitere Personen – Parteifunktionäre des RN, Angestellte, ehemalige Abgeordnete und parlamentarische Assistenten – angeklagt, Gelder des Europäischen Parlaments verwendet zu haben, um Mitarbeiter in Frankreich zu bezahlen, die für ihre Partei, die damals noch Front National hieß, tätig waren. Das angebliche System der "Scheinbeschäftigung" umfasse Verträge für parlamentarische Assistenten zwischen 2004 und 2016.
Die Staatsanwälte behaupten, die Assistenten hätten ausschließlich für die Partei außerhalb des Parlaments gearbeitet. Als Beispiele wurden in der Presse ein Leibwächter, eine Sekretärin, der Stabschef von Le Pen und ein Grafikdesigner genannt. Viele waren nicht in der Lage, ihren Arbeitsalltag zu beschreiben, und einige haben ihren Chef nie getroffen oder auch nur einen Fuß in das Parlamentsgebäude gesetzt, heißt es.
Selbst wenn: Was heißt das schon? Im Parlamentsgebäude braucht ein Abgeordneter keinen Leibwächter, außerhalb schon. Und er hört eben nicht auf, Abgeordneter zu sein, wenn er das Parlamentsgebäude verlässt. Wie schon erwähnt, ist jeder Abgeordnete einer Partei zugleich Parteipolitiker, er wechselt den Parlamentshut nicht gegen den Parteihut und umgekehrt, während er von einer Veranstaltung zur anderen kutschiert wird. Der Stabschef macht eben des Abgeordneten politische Arbeit, auch wenn er nie in Brüssel oder Straßburg war. Und warum müssen eine Sekretärin und ein Grafikdesigner ihre Chefs in Zeiten von Online-Workflow und Homeoffice sehen? 99 Prozent der Angestellten von Twitter/X kennen Elon Musk auch nur aus dem Fernsehen.
Jedes dieser Argumente ist wackelig. Genauso wie die Anklage und nun auch das Urteil wackelig sind. Wir bewegen uns in einem Graubereich, in dem sich auf völlig natürliche Weise Parteileben und Parlamentsleben überschneiden. Das eröffnet Möglichkeiten zum Missbrauch, die Überlagerung entzieht sich aber aus in einer Demokratie unabdingbaren Gründen (außer in glasklaren Extremfällen: Gärtner oder Küchenhilfe für das Privathaus) der Überprüfung. Ein nicht justiziabler Bereich, in den die französische Justiz da vorgestoßen ist.“
Gerechte Strafe?
Heribert Prantl: „Marine Le Pen hat Europa betrogen. Sie hat gegen Europa agitiert – aber gleichzeitig europäische Gelder in Millionenhöhe kassiert und veruntreut. Sie wütet, weil sie deswegen verurteilt worden ist. Sie wütet gegen die Verurteilung, sie wütet gegen die Strafe, sie wütet gegen die französische Justiz, sie wütet gegen das Gesetz, sie wütet deswegen, weil es für sie so gilt wie für jeden anderen. Le Pen hat sich ihr politisches Leben lang über eine zu lasche Justiz beklagt; jetzt, da es um sie selbst geht, ist ihr das Gesetz viel zu streng und die Justiz viel zu hart. Die 56-jährige Len Pen ist eine falsche Fuffzigerin.
Sie, ihre Rechtsaussen-Partei und autokratische Unterstützer wie Trump, Putin und Orbán beklagen sich laut und lärmend über ein angeblich politisches Urteil. Das ist falsch. Es handelt sich nicht um ein politisches Urteil, sondern um ein Urteil gegen eine Politikerin, die über Jahre Straftaten begangen hat. Es handelt sich um ein Urteil gegen eine Politikerin, die kriminell geworden ist. Die Beweislage ist erdrückend.
Das Urteil bringt zum Ausdruck, dass Politikerinnen und Politiker nicht über dem Gesetz stehen – auch dann nicht, wenn sie sehr populär sind. Le Pen nutzt nun diese ihre Popularität, um gegen die Justiz zu hetzen und damit von ihrem eigenen kriminellen Fehlverhalten abzulenken. Sie unterstellt vielmehr der Justiz ein kriminelles Fehlverhalten, weil sie so geurteilt hat, wie das im Gesetz vorgesehen ist: Das Gericht in Paris hat Marine Le Pen unter anderem die Wählbarkeit, also das passive Wahlrecht, für fünf Jahre entzogen.
Das hatte und hat den Sinn – angesichts einer Reihe von einschlägigen Betrugs-, Veruntreuungs- und Korruptionsdelikten – wieder für die Lauterkeit der Politik zu sorgen. Es steht nicht im Ermessen der Richter. Der sofortige Entzug des passiven Wahlrechts ist eine «obligation», also zwingend anzuordnen. Ganz ausnahmsweise hätte das Gericht «in Anbetracht der Umstände und der Persönlichkeit des Täters» vom Entzug des passiven Wahlrechts absehen können. Hätte das Gericht das getan – dann hätte man wegen dieser Privilegierung von einem politischen Urteil reden können.
Die besonderen Umstände des Falls Le Pen sind nämlich besonders negativ: Le Pen hat die erwiesene Veruntreuung von Millionengeldern aggressiv geleugnet und stattdessen den Strafprozess gegen sie als Anschlag auf die Demokratie bezeichnet. Sie hat sich also kraft ihrer Umfragewerte über den Rechtsstaat erhoben.
Das Gericht in Paris hat Marine Le Pen nicht härter bestraft, als sie andere hochrangige Politiker wegen einschlägiger Delikte bestraft hat: Alain Juppé, Bürgermeister von Bordeaux, ehemaliger Premierminister und Bewerber um die französische Präsidentschaft, wurde 2004 wegen Vorteilsnahme mit 18 Monaten Haft und zehn Jahren Unwählbarkeit bestraft.
François Fillon, Minister in verschiedenen Kabinetten, Premierminister unter Präsident Sarkozy und Präsidentschaftskandidat, wurde 2020 wegen Veruntreuung staatlicher Gelder zu fünf Jahren Haft und zehnjähriger Unwählbarkeit verurteilt. Fillon hat sich, anders als Le Pen, einsichtig gezeigt: «Es war ein Fehler, und ich entschuldige mich bei den Franzosen.»
Die politische Karriere dieser Verurteilten war zu Ende. Von Le Pen ist kein einziges Wort der Entschuldigung zu hören. Sie will sich als Opfer präsentieren und so die Wähler über den Tisch ziehen.“
https://www.infosperber.ch/politik/marine-le-pen-ist-eine-heuchlerin/
Sebastian Chwala: „... Damit legitimiert letztere Gruppe aber die Strategie Le Pens, die spätestens ab dem Zeitpunkt von einem politischen Prozess gegen sie und ihre Partei zu sprechen begann, als klar wurde, dass sich in dieser Causa ein Gerichtsprozess nicht mehr verhindern lassen würde. Sicherlich kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass die Existenz einer unabhängigen Justiz, die ohne Ansehen der Person und Stand Recht spricht, ein Mythos ist. Dies gilt umso mehr in Frankreich, wo die Justiz offen politisch agieren soll, wie es die ohne jede Scham von Seiten des Justizministeriums versendeten Handlungsanweisungen in politischen Krisenzeiten an Gerichte und Staatsanwaltschaften immer wieder zeigen und im Falle der Gelbwesten- und zuletzt der Rentenproteste auch immer wieder zu gesellschaftlicher Empörung führten. Denn der Justizapparat wird dabei immer wieder aufgefordert, größtmögliche Härte zu zeigen …
Doch diese Spitzenpolitiker vergessen, was sie selbst im Rahmen ihres vorgeblichen Kampfes für eine saubere und transparente Politik einmal beschlossen haben. So wurde vom französischen Parlament 2016 ein Gesetz verabschiedet, dass politische Akteure, also Kommunalpolitiker, Abgeordnete sowie Minister im Falle einer Verurteilung wegen Unterschlagung oder Betrug zwingend mit einem zeitlich befristeten Verlust ihrer Wählbarkeit oder einem Berufsverbot belegt werden müssen. Bezeichnenderweise war es Marine Le Pen, die in den Jahren 2013 bis zur Verabschiedung dieses Gesetzes lautstark für einen solchen Gesetzestext warb. Mehr noch, die damalige „Front National“ (FN) warb sogar für eine lebenslange „Sperrung“ solcher Personen.
Es war der rechte Rand, der sich als lautstarker Streiter gegen Machtmissbrauch sowie gegen Korruption und Geldverschwendung durch die staatlichen Institutionen präsentierte. Ganz grundsätzlich sollte die Justiz so rücksichtslos durchgreifen wie nötig. Die Erweiterung der Möglichkeiten einer politisierten Justiz wurde also lautstark bejubelt. Dies wirkt im Rückblick unverschämt, wenn man resümierend feststellen muss, dass gerade in dieser Zeit Le Pen und ihre Mitstreiter ein Betrugsnetzwerk aufbauten, das Veruntreuung staatlicher Gelder im großen Stil zur Folge hatte. Dabei lehnte die radikale Rechte in Frankreich, die sich gerne als Partei der kleinen Unternehmer sieht, einen überbordenden Staat immer ab. Dies galt aber nicht, wenn es um ganz persönliche Belange der „Frontisten“ ging.
Tatsächlich umfasst das gestrige Urteil sogar nur einen Teil der Betrugsvorwürfe gegen Le Pen und ihr Umfeld. So versuchte die Partei bereits seit der Parlamentswahl 2012, sich an der Wahlkampfkostenerstattung zu bereichern, die all jenen Kandidaten zusteht, die mehr als fünf Prozent der Stimmen erhalten hatten. Dabei gelang es dem RN, Gelder in die Taschen der „GUD-Connection“ – enge Freunde Le Pens aus ihrer Studienzeit in den 1980er-Jahren an der rechten Pariser Wirtschafts-und Rechtsuniversität Paris-Assas – umzuleiten. Die „Gudard“ (Group Union defense) waren als faschistoide Schlägertruppe bekannt, die linke Aktivisten terrorisierte. Einer der wichtigsten Akteure, Frédéric Chatillon, der sich später in der Werbebranche selbstständig machte, produzierte dabei überteuerte Wahlkampfmaterialien, welche die Kandidierenden der FN abnehmen und mit einem Kredit von Marine Le Pens Micropartei „Jeanne“ finanzieren mussten. Die FN ging als Partei bei diesen Geschäften leer aus. Während die Erlöse für die Wahlkampfmaterialien Chatillon zuflossen, bereicherte sich „Jeanne“ an überteuerten Zinsen in der Höhe von sieben Prozent. Ähnliches versuchte man auch bei folgenden Wahlen.
Die Geschäftsbeziehungen zwischen Le Pen und Chatillon gerieten aber ins Fadenkreuz der Justiz, insbesondere deshalb, weil „Jeanne“ keine Banklizenz besaß. Seit 2016 wurde ermittelt, 2023 kam es dann zur endgültigen Verurteilung von mehreren Getreuen aus dem nahen Umfeld von Marine Le Pen.
Die finanziellen Mittel der damals parlamentarisch kaum vertretenen Partei reichten also nicht aus, um die Parteiarbeit und den hohen Lebensstandard des „Le Pen Clans“ zu finanzieren, weshalb eine weitere Einnahmequelle auserkoren wurde: der Zugriff auf EU-Gelder, welche in erster Linie der Finanzierung der Parteiarbeit dienen sollten. Und diese war teuer, denn die Ultrarechte zahlte ihrem engen Führungskreis gute Löhne. So war es nicht unüblich, dass Le Pen Familienangehörigen und ihren politisch geschätzten Akteuren selbst für kurze Teilzeitverträge auf Kosten des Europaparlaments Löhne in Höhe von bis zu 6.000 Euro brutto zahlte. Gleichzeitig tauchten diese Personen niemals „physisch“ in Brüssel auf, sondern arbeiteten ausschließlich für die Partei. Diese rechtliche Problematik war an der Spitze der FN durchaus bekannt und wurde intern heiß diskutiert. Die besonders hohe Strafe gegen Le Pen begründete das Gericht schließlich auch damit, dass besonders der Lebensstandard langjährig vertrauter Personen gesteigert worden, also keine politische Arbeit im eigentlichen Sinne angestrebt worden sei.
Durch eine anonyme Anzeige bei der EU-Antikorruptionsbehörde, die 2018 durch die Aussagen einer in Ungnade gefallenen EU-Abgeordneten der FN genährt wurden, begannen ab 2015 intensive Ermittlungen, die von Seiten Le Pens und ihres Umfeldes immer wieder verzögert wurden. So wurde Vorladungen nicht Folge geleistet und es folgte Widerspruch auf Widerspruch. Zuletzt konnte die Eröffnung des Prozesses nicht mehr verschleppt werden. Auch wenn sich die Verurteilung bereits nach dem letzten Prozesstag im November des vergangenen Jahres abzeichnete, da die vorliegende Beweislast gegen die inzwischen in RN umbenannte Partei einfach zu groß war, entwickelte die Partei keinen wirklichen Plan B. Das Urteil traf Le Pen scheinbar völlig unvorbereitet. Zwar hofft man möglicherweise auf den „Verfassungsrat“, der dieses Urteil kassieren könnte. Denn anders lässt es sich nicht erklären, weshalb das RN in der Nationalversammlung vor einigen Wochen die Wahl eines Kandidaten des „Macronismus“ in dieses Gremium nicht verhinderte, ohne explizite Forderungen zu stellen. Dies könnte darauf hindeuten, dass in dieser Angelegenheit hinter den Kulissen gesprochen wurde. Allerdings könnte der juristische Weg bis dorthin noch lange dauern. So lange begnügt sich die Partei damit, das Urteil als politisch motiviert und die Vorsitzende Richterin, die Polizeischutz erhalten hat, als voreingenommen zu bezeichnen …
Offen bleibt die Frage, welche Folgen der Prozess und das Urteil gegen Le Pen für die politische Rolle des RN spielen werden. Bleibt es bei einer sachlich angemessenen Bewertung des Prozesses, zeigt sich, dass die angeklagten Vorgänge innerhalb des RN in den Jahren 2014 unerhört waren. Eine Partei, die selbst ein „Saubermann-Image“ pflegen wollte, baute ein großes Betrugssystem auf, das noch nicht einmal der Partei als Ganzes zugutekam, sondern nur Le Pens Günstlingen. Wie es bei der Rechten üblich ist, ging es den Funktionären nur um die Befriedigung materieller Bedürfnisse auf Kosten der „kleinen Leute“, die man sonst so gerne anruft. Die französische Ultrarechte betreibt Heuchelei, wenn sie behauptet, sich um die Sorgen der Geringverdiener und Steuerzahler zu kümmern.“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=131081
In die Falle gelockt?
Norbert Häring: „Am 28. März urteilte der französische Verfassungsrat im Fall eines Lokalpolitikers, dass es verfassungsmäßig ist, einem verurteilten Politiker sofort nach einem ersten Urteil die Wählbarkeit für politische Ämter zu entziehen und nicht erst nach Erschöpfung des Rechtswegs und Rechtskräftigkeit des Urteils.
Drei Tage später, am 31. März, verhängte ein Pariser Gericht diese Strafe gegen die aussichtsreiche Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen, weil sie der Veruntreuung von Geldern des EU-Parlaments für schuldig befunden wurde. Das ist ein Vergehen, das in Brüssel geradezu grassiert. Die Verfassungsmäßigkeit des bisher unüblichen sofortigen Vollzugs dieser Strafe, die Le Pen von den Präsidentschaftswahlen 2027 ausschließt, war also vom Verfassungsrat schon vorab festgestellt.
Der Vorsitzende des Verfassungsrats ist erst seit 8. März ein gewisser Richard Ferrand. Seine Person und die Umstände seiner Ernennung sind ebenso interessant wie anrüchig – und auch ironisch. Denn der enge Vertraute von Präsident Emmanuel Macron kam nur in dieses Amt, weil sich die Abgeordneten von Le Pens Partei Rassemblement National (RN) im Nationalrat am 19. Februar der Stimme enthielten. Dadurch fehlte der Opposition eine Stimme, um Macrons Nominierung des langjährigen Spitzenpolitikers seiner Partei La République En Marche (LREM) abzulehnen und Macron damit eine schwere Niederlage zuzufügen.
In der übrigen Opposition wurde damals über eine geheime Absprache von RN mit der Regierung gemutmaßt, dahingehend, dass Le Pen versichert worden sein könnte, sie werde nicht von der Wahl ausgeschlossen. RN erklärte die eigene Stimmenthaltung demgegenüber damit, dass Ferrand der am wenigsten schlimme der zur Auswahl stehenden Kandidaten gewesen sei. Außerdem habe Ferrand erklärt, dass es „keine Regierung der Richter“ geben dürfe.
Die anstehende Grundsatzentscheidung des Verfassungsrats darüber, ob die sofortige Vollstreckung der Aberkennung des passiven Wahlrechts verfassungsgemäß ist, war bei dieser Diskussion um Ferrands Nominierung bereits Thema.“
https://norberthaering.de/macht-kontrolle/le-pen-richard-ferrand/
Doppel-Standards
Thomas Röper: „Man muss Le Pen und ihre Partei nicht mögen, aber wenn in der EU Recht und Gesetz gelten, vor denen alle Menschen angeblich gleich sind, wirft ihre Verurteilung Fragen auf, wenn man sie mit dem Fall von Christine Lagarde vergleicht, die heute EZB-Präsidentin ist.
1990 kaufte ein französischer Unternehmer die Mehrheit von Adidas und wollte sie 1994 wieder verkaufen. Schließlich beauftragte er zunächst eine Bank damit und verkaufte die Anteile dann an die Bank, die sie kurz darauf mit großem Gewinn weiterverkaufte.
Das fand der Unternehmer nicht gut, fühlte sich betrogen und klagte auf einen Anteil an dem Gewinn. Er gewann den Prozess und sollte 135 Millionen Euro bekommen, aber ein anderes Gericht hob das Urteil wieder auf.
Die Bank gehörte dem französischen Staat. Bei einem Schiedsgerichtsverfahren traf dann die damalige französische Wirtschaftsministerin 2008 die Entscheidung, dass dem Geschäftsmann nicht nur 135, sondern 285 Millionen zustünden und inklusive Zinsen wurden ihm zu Lasten des französischen Staates 403 Millionen überwiesen. Die Wirtschaftsministerin, die diese Entscheidung getroffen hat, war Christine Lagarde, die heutige Präsidentin der EZB.
2011 begann die französische Justiz deswegen zu ermitteln und 2016 gab es einen Schuldspruch gegen Lagarde. Dazu konnte man damals in der „Zeit“ lesen:
„Der Strafprozess gegen Christine Lagarde geht mit einem Schuldspruch für die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu Ende. Die Richter vom Sondergericht für amtierende und ehemalige Amtsinhaber sahen es als erwiesen an, dass die 60-Jährige in ihrem früheren Amt als französische Finanz- und Wirtschaftsministerin fahrlässig gehandelt hat. Von einer Strafe sahen die Richter aber ab und begründeten dies mit der „Persönlichkeit“ Lagardes, ihrem „internationalen Ansehen“ und der Tatsache, dass Lagarde 2007 und 2008 mit der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise zu kämpfen hatte.“
Das zeigt, wie „unabhängig“ die französische Justiz ist und dass in Frankreich keineswegs alle vor dem Gesetz gleich sind. Für „amtierende und ehemalige Amtsinhaber“ gibt es ein Sondergericht, das im Falle eines Schuldspruchs gegen Politiker die Möglichkeit hat, von einer Bestrafung abzusehen, weil die ja solch ein hohes internationales Ansehen haben.
Im Falle von Marine Le Pen, die – ob man sie mag oder nicht – auch internationales Ansehen genießt (wenn auch bei denen, die dem europäischen Mainstream nicht gefallen), wurde hingegen eine Strafe ausgesprochen.
Der Fall war eindeutig politisch motiviert, denn Le Pen führt in den französischen Umfragen und das politische Establishment Frankreichs scheint Angst zu haben, dass sie die 2027 anstehenden Präsidentschaftswahlen gewinnen könnte, weil die Lage sich bis dahin kaum mehr bessern wird. Offenbar weiß man sich nicht mehr anders zu helfen, als Le Pen mit einem eindeutig politisch motivierten Gerichtsentscheid von den Wahlen auszuschließen.“
Tobias Riegel: „Die Vorwürfe gegen Le Pen sollen hier nicht juristisch beurteilt werden, sie sollen also auch nicht in Zweifel gezogen werden. Und: Wer wollte schon den Kampf gegen Korruption, Veruntreuung usw. kritisieren? Das Problem beim Vorgang um Le Pen ist eine mögliche Ungleichbehandlung. Der EU-Abgeordnete Martin Sonneborn hat in diesem Text auf X mal durchgespielt, wie mit vielen anderen Politikern auf EU-Ebene umzugehen wäre, wenn in ihren Fällen ebenso pingelig recherchiert und geurteilt würde. Sein Eindruck zur sehr unterschiedlichen Motivation von juristischer Verfolgung:
„Tatsächlich scheint die staatsanwaltliche Maschinerie mit großer Akkuratesse und Geschwindigkeit voranzukommen, wenn es um des Präsidenten politische Opponenten geht, wohingegen alle gegen Mitglieder der Regierung (oder Macron persönlich) eingeleiteten Ermittlungsverfahren sich – Jahr um Jahr – ergebnislos in die Länge ziehen.“
Das bedeutet wie gesagt nicht, dass die juristischen Vorwürfe gegen Le Pen haltlos seien, es geht hier eher um die Milde, die anderen Politikern zuteil wird. Die Berliner Zeitung stellt in diesem Zusammenhang den Vergleich zwischen Le Pen und Christine Lagarde an und kommt ebenfalls zum Fazit, dass hier eine große Ungleichbehandlung stattfindet. Dieses ungleiche Vorgehen, oder zumindest der starke Eindruck davon, könnte dem Restglauben an demokratische und juristische Gerechtigkeit bei vielen Bürgern einen weiteren Schlag versetzen …
Hier wird nicht behauptet, dass das Urteil gegen Le Pen rein politisch ist – aber bezüglich der hier festgestellten unterschiedlichen Standards soll auf allgemeiner Ebene doch warnend festgestellt werden: Wenn die Praxis einer mutmaßlich politisch beeinflussten Justiz nicht in jedem Fall, prinzipiell (!) und öffentlich geächtet wird, dann wird sie sich künftig gegen Politiker jeder Couleur einsetzen lassen.“
https://www.nachdenkseiten.de/?p=131054
Fazit
So, wie es aussieht, handelt es sich um ein gerechtes Urteil, wobei dennoch hinter den Kulissen gemauschelt wurde, dass es genau so ausfällt.
Auch, wenn Marine Le Pen bei den Präsidentschafts-Wahlen nicht antreten darf, könnte es sich um eine Pyrrhus-Niederlage für ihre Partei handeln.
Diese wird behaupten, dass sie unterdrückt und unrechtmäßig behandelt wird. Wenn sie geschickt hantiert, wird sie die alten Wähler mobilisieren und neue Wähler hinzu gewinnen.
Und hat die Chance, mit einem neuen Kandidaten anzutreten, der sogar noch beliebter werden und größere Chancen haben könnte als Marine Le Pen.
Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm
Das Böse verlachen
- Satire, Realsatire, ernst Gemeintes -
Wochenkommentar von Ferdinand Wegscheider | 05.04.
https://www.servustv.com/aktuelles/v/aak5k6an9brw6hcegymm/
Friedrich Merz: „Aber halbieren kann man sie.“
https://www.youtube.com/watch?v=rlnKyEvcxTs
Dieter Hallervorden und die Sprachpolizei
https://www.youtube.com/watch?v=wQCXSnbGIJk
"Lachen ohne Grund!"
https://www.youtube.com/watch?v=uE-SpOcIpyk
Rekordhoch Kriminalität 2024 !!
https://www.youtube.com/watch?v=5N-eMemKPqQ
Durchfall garantiert …AFD 25% !!
https://www.youtube.com/watch?v=x8fo3jLy6Fc
Hasstalavista- Serdar reagiert auf Hustleman
https://www.youtube.com/watch?v=DjsJD8eu2aE
Hasstalavista- Serdar reagiert auf Bill Kaulitz
https://www.youtube.com/watch?v=Wa6Iwz1fn0M
Simone Solga: Hysterie muss sein! | Folge 159
https://www.youtube.com/watch?v=edYfI2lRRFo
Zölle auf Merz / Steimles Aktuelle Kamera / Ausgabe 184
https://www.youtube.com/watch?v=SK6SAJJOhsI
HallMack Aktuelle Kamera 124 - AfD & CDU gleichauf
https://www.frei3.de/post/8cd5d178-c0f9-485f-a46e-70427ed02ab1
HallMack Aktuelle Kamera 125 - CDU in Panik, neuer Virus!
https://www.frei3.de/post/111533b7-e82e-4fde-84cc-e0ed4de21896