Heller Stern am finsteren Himmel

https://www.youtube.com/watch?v=bK4zLS2YG1Y

 

Der Kaiser ist tot.

Mit Gunnar Kaiser ist einer der ganz Großen von uns gegangen. Einer, der es verstand, komplexe Themen allgemein verständlich darzustellen.

Es ist egal, welche Gesinnung ein Mensch hat. Es kommt darauf an, wie er sich verhält, wenn es darauf ankommt. In jenem Moment, zu Zeiten der Staats-Verbrechen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus, war Gunnar Kaiser da.

Der politisch-mediale Komplex wird ihn in seinen Jahres-Rückblicken nicht erwähnen – war er es doch, der diesen und seine Helfershelfer entlarvt hat, der nicht käuflich war, der verunsicherten und verzweifelten Menschen Rückhalt gegeben hat und eine Quelle der Inspiration war.

Auch für den Wurm, der ihn in seinen Beiträgen mehrfach zitiert hat.

 

Zum Ende hin

 

Boris Reitschuster: „Sucht man heute Kaisers Namen in der Nachrichten-Suche bei Google, findet man sofort unzählige Hetzartikel über ihn. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass solche Hetze jedermann zusetzt. Einem so feinsinnigen Geist wie Gunnar Kaiser muss sie wohl besonders zugesetzt haben.

Solche Hetze und der damit verbundene Stress kann auch krank machen. Wie ich am eigenen Leib erlebt habe. Der Biologe Clemens Arvay zerbrach an der Hetze gegen ihn in den Medien und Internet und setzte seinem Leben selbst ein Ende. Sein „Verbrechen“: Arvay, der sich selbst als Linken bezeichnete, hatte Zweifel an der Impfpolitik geäußert. Was folgte, war eine regelrechte „Hinrichtung“ in den sozialen und anderen Medien, wie der österreichische Psychiater und Autor Raphael Bonelli sagte, der mit ihm im Austausch stand.

Ich weiß nicht, ob Kaisers Erkrankung auch auf die Hetze gegen ihn zurückzuführen ist. Und es verbietet sich jede Spekulation darüber.

Was ich aber weiß ist: Es trifft so oft die Falschen.

Es macht mich sprachlos, dass ein so feinsinniger, kluger, integrer Mensch wie Kaiser in so jungen Jahren von uns gehen musste.

Ich möchte einfach in stiller Trauer das Andenken an ihn hochhalten.

In den Herzen vieler Menschen wird er für immer lebendig sein. Lebendiger, als es viele andere zu Lebzeiten sind.

Möge er in Frieden ruhen!“

https://reitschuster.de/post/gunnar-kaiser-ist-tot/

 

Zur Übelkeit der Menschen hatte sich der Wurm in der Vergangenheit zur Genüge geäußert und wird es wohl auch in Zukunft tun müssen.

Alle rechtschaffenen Menschen, die eine eigenständige Meinung vertreten, müssen sich mit diesen Widerwärtigkeiten auseinandersetzen.

Gunnar Kaiser hat sich dagegen gewehrt und in seinem Bereich mit seinen Mitteln soviel getan wie nur irgend ging.

Ausgerechnet er fragte sich „Habe ich genug getan?“ Im gleichnamigen Video macht er die wahrscheinliche Ausweglosigkeit seiner Krankheit bekannt.

 

https://www.youtube.com/watch?v=_P2cc1fH7Jw

 

Schon vorher und ab jetzt erst recht beschäftigte er sich immer mehr mit Religion, Esoterik, dem Ende.

Das war für den Wurm nun nicht mehr interessant, hat aber vielen Menschen Trost gespendet.

 

Nachrufe

 

Milosz Matuschek: „Adieu, Gunnar - Versuch eines Abschieds.

Die Nächte sind gerade pechschwarz und verregnet. Selbst im Auto bei Fernlicht hat man das Gefühl, auf ein dunkles Loch zuzufahren. In einer dieser Nächte erfuhr ich, dass du gestorben bist.

Ach, Gunnar. Nun bist du gegangen. Auch wenn es für niemanden, der von deiner Krankheitsgeschichte wusste, überraschend sein konnte, so schwer ist es jetzt trotzdem. Wer dir nahe stand, konnte sehen, wie du der Welt immer mehr entwichen bist, wie du auf Raten gegangen bist. Du bist virtuell ins Leben vieler Menschen gekommen, virtuell gingst du nun, als Nachricht in einem Gruppenchat, die man hoffte, nie zu bekommen.

Wir sind uns im Jahre 2020 zum ersten Mal begegnet. Dein Kanal war noch kleiner, vielleicht 50.000 Follower, aber du fielst mir mit deinen Videos auf. Gerne hätte ich dich als Feuilleton-Leiter für das kleine Schweizer Magazin gewonnen, bei dem ich damals arbeitete. Es wurde nichts draus, aber gemeinsam starteten wir wenige Monate später den „Appell für freie Debattenräume“, den 200 bekannte Persönlichkeiten und über 20.000 gleichgesinnte Menschen unterschrieben, viele davon Leser der ersten Stunde dieser Publikation, die daraus entstand. Du warst damals noch Lehrer an einem Gymnasium, ich noch Kolumnist einer großen Schweizer Zeitung. Dein Kanal überstieg nun die Marke von 100.000 Followern.

Man lernt doch jemanden am besten kennen, wenn es darauf ankommt. Die Cancel Culture grassierte, die öffentlichen Debatten waren eine Witzveranstaltung geworden. Wir schrieben in Windeseile einen Appell, mit etwas Kühnheit im Nacken, aber mit kleinem Kloß im Hals. Denn die ganze Aktion hätte furchtbar schief gehen können. Doch du brachtest von Anfang an eine unglaubliche Unbekümmertheit in das Thema, frei nach dem Motto aller Macher: „Was soll schon groß schiefgehen?“ Alles geschah organisch, fast wie von selbst. Die Zusammenarbeit mit dir war immer herrlich leicht.

Ich erinnere mich gut, kurz vor der ersten Sendung mit dir, in welcher wir den Appell erstmals ankündigen wollten, lief ich aufgeregt in meiner Zürcher Wohnung herum. Sollten wir uns nicht noch etwas absprechen? Irgendein Briefing machen? Du warst bis 15 Minuten vor der Sendung noch Fußball spielen, erfuhr ich dann kurz vor der Sendung. Das warst ganz Du. Das Gespräch ergab sich von selbst. Es kam alles aus dem Herzen und dem Moment. Authentizität geht nicht mit Script. Danach zocktest du live auf YouTube ein Videospiel. Ein bisschen ein Rätsel bliebst du wahrscheinlich für viele. Doch durch Spaß und Ernst gabst du den schwierigen Dingen automatisch eine Einfachheit. So kamst du dem Verständnis leichter näher. In allen Gesprächen, die du führtest, war für jeden immer dieses Verstehenwollen spürbar, diese Neugier und Sehnsucht, den Dingen auf den Grund zu gehen.

Corona alarmierte uns beide gleichermaßen. Konnte das wirklich deren Ernst sein? Plötzlich war da dieses Narrativ. Doch da war auch jemand, der laut und immer wieder an inzwischen Hunderttausende auf YouTube sagte, auch weil er nicht anders konnte, „Ich mach da nicht mit“ : Dieser eine warst du, Gunnar Kaiser. Und du hast allein damit ein Zeichen gesetzt, das besser wirkt als jedes lehrreiche Video oder auch deine vielen Stunden im Klassenzimmer vor deinen Schülern. Du warst dadurch ein Vorbild, wurdest ein Symbol für den Widerstand. Du zeigtest, dass es möglich ist. Du zahltest den Preis des Ausgestossenwerdens, den viele kennen, doch du lebtest den Prozess auch noch öffentlich vor und durch: Diffamierung in Leitmedien, Aufgabe des Lehrerberufs, gecancelt von einer „liberalen“ Stiftung. Unbeirrt machtest du weiter, du klammertest dich nicht ans Weltliche, die Welt des Geistes gab dir mehr. Damit machtest du unendlich vielen Leuten Mut.

Schnell wurde klar, die Cancel Culture war nur die Blaupause vor dem Corona-Theater, die Generalprobe. Du Gunnar, legtest mit deiner Arbeit schon früh die Schablone frei, die sich hinter dem medialen Propagandakrieg rund um Maßnahmen und Impfstoffe verbarg. Der Ursprung des Totalitarismus bei Hannah Arendt; die Medikalisierung des Lebens bei Illich; die Elemente der Technokratie bei Ellul. Du hast komplexe akademische Konzepte für jeden Zuschauer verständlich gemacht, sie ins hier und heute übersetzt, deine eigenen Ideen und Interpretationen beigefügt. Gab es jemanden im deutschsprachigen Raum, der in den letzten Jahren vor mehr Zuschauern die Fackel der Freiheit höher in den Himmel gereckt hat als dich?

Du beschriebst das Monströse, statt sich vor ihm zu verstecken. Du gabst dem Widerstand einen intellektuellen Resonanzboden, auch dank einer Traube von klugen Redakteur(innen), die du um dich schartest. Viele meiner Texte hast du vertont, wir schauten gemeinsam zu, wie sie in den Youtube-Himmel schossen, bevor sie von der Flugabwehr der Zensoren demoliert wurden. Wir haben es uns nicht ausgesucht, aber wir waren plötzlich Waffenbrüder in einem seltsamen, ungleichen Informationskrieg. Ich habe in dieser Zeit einen echten „Unbrechbaren“ kennengelernt. Jemanden, der aus einem geistigen Material gemacht ist, das nicht nachgibt. Wo Wort und Tat in engstem Verhältnis stehen. Wie viele Menschen können das von sich behaupten?

Unser Appell brachte viele Akteure des Widerstands, die davor verstreut und vereinzelt vor sich hinarbeiteten, näher zusammen. Wir waren plötzlich „die Vermittlung“. Die Wege wurden kürzer, der Widerstand formierte sich stärker heraus. Das war während Corona von unschätzbarem Wert. Dein Wirken, lieber Gunnar, und wer will das leugnen, brachte Menschen zusammen, eigentlich überall, wo du warst. Du hast Menschen zum Denken angeregt und ins Handeln gebracht. Wo du warst, war Spaß, Musik, Spiel, Begegnung, Gespräch – wo du warst, war Leben. Durch dich kreuzten sich Lebenslinien. Ich spreche aus persönlicher Erfahrung: Die Freundin an meiner Seite war bis zu einer schicksalhaften Begegnung in Zürich mal deine Redakteurin. Du plantest ein Refugium und eine Begegnungsstätte für kritische Geister, noch viele Seminare, Interviews und Bücher.

Die virtuelle Welt, die dich und dein Wirken immer umgeben hat, denn du wirktest über den Äther des Netzes, ist nun der Raum für dein Vermächtnis. Denn deine Botschaften, Texte und Videos, sie bleiben. Du hast mit deiner Arbeit kleine und größere Informationsquellen im Internet installiert, zwischen den Schützengräben der Zensoren und Hater und gegenüber einem oft ratlosen Mainstream. Diese Quellen sprudeln weiter und hoffentlich in alle Ewigkeit.

Der deutsche Journalismus verliert ein verkanntes Juwel, ich persönlich einen seltenen Freund.“

https://www.freischwebende-intelligenz.org/p/adieu-gunnar

 

Pommes Leibowitz: „Der Autor und Philosoph Gunnar Kaiser erlag am 12. Oktober seiner Krebserkrankung, was erst jetzt publik wurde. Wie so viele Intellektuelle und Fachbuchautoren war auch er wegen seiner kritischen Haltung zur Politik der letzten Jahre in Ungnade gefallen.

Für diejenigen, die ihn gar nicht kennen, aber auch für alle, die selber eine kritische Haltung zur Coronapolitik haben, habe ich nachfolgend eine seiner kürzesten und treffsichersten Reden bei Youtube eingestellt:

 

https://www.youtube.com/watch?v=VG0ZZ6-xw18

https://www.youtube.com/watch?v=IPtVYm7mWBc

 

Wie so viele derzeit, die eine liberale und demokratische  Grundhaltung haben, litt er sehr unter der zunehmenden Radikalisierung  von Politik und Gesellschaft, der dadurch hervorgerufenen Spaltung und  der sich zunehmend ausweitenden Zensur von Wissenschaft, Kunst und  freier Meinungsäußerung.

Und wie so viele, die genug Rückgrat haben, ihre Zweifel und ihre Kritik öffentlich zu äußern, wurde er auf das Widerlichste angefeindet, von einer ebenso bildungsfernen wie der Regierung gegenüber kadavergehorsamen Haltungsjournaille. Einer Schreiberlingzunft, die oft schon am selbständigen Recherchieren und Lesen von Statistiken, oder gar an schlichter Verhältnisrechnung scheitert, aber dennoch vor Meinung  und selbsternanntem „Gutmenschenstatus“ geradezu explodiert.

Man darf davon ausgehen, dass all dies seiner Krebserkrankung nicht förderlich war. Umso erschütternder, dass man in den etablierten Medien so gut wie keinen Hinweis auf seinen Tod findet. Man versucht, ihn zusammen mit der Wahrheit stillschweigend zu begraben. Bis Gras über die Sache gewachsen ist.

Ein Zitat von ihm blieb mir besonders in Erinnerung:

„Wir bräuchten Intellektuelle, deren natürlicher Lebensraum nicht der Enddarm der Regierenden ist“

Das gilt gleichermaßen für die sich womöglich intellektuell wähnenden Schreiberlinge der Haltungszunft. Die neue "Haltung" ist die bodentiefe Verbeugung vor den Regierenden, egal wie unfähig und gemeingefährlich die sind.

Beispiele dafür, wie gegen ihn gehetzt wurde, wie er ausgegrenzt wurde, mag man z.B. in der Welt finden, einem Blättchen, das später durchaus kritisch zu Corona zu berichten wusste (besser zu spät als gar nicht). Ich will auf diesen Dreck im verlinkten Artikel dort gar nicht näher eingehen, nur den Kernsatz sinngemäß zitieren: „Man kann über alles diskutieren, aber NICHT mit Gunnar Kaiser“ …

Möge er in Frieden ruhen und weiterleben im Gedenken seiner Freunde und Leser …“

https://publikum.net/zum-tod-von-gunnar-kaiser/

 

Marius Marx: „Der leidenschaftliche Schriftsteller, Journalist und ehemalige Lehrer Gunnar Kaiser ist verstorben. Bereits vor knapp zwei Wochen, am 12. Oktober, starb er nach einer schweren Krebserkrankung. Mit ihm verlässt uns ein Mensch, der in den letzten drei Jahren wie kein Zweiter das geistige Gewissen der Kritik und des Protests gegen die Corona-Politik war. Ein Nachruf.

2016 begann Kaiser, der in Köln Philosophie, Germanistik und Romanistik studierte und hauptberuflich als Gymnasiallehrer für Deutsch und Philosophie tätig war, auf seinem Youtube-Kanal „KaiserTV“ literarische und politische Videos zu veröffentlichen. Er sprach über Literatur von Goethe und Nietzsche, antike bis neuzeitliche Philosophie und nicht zuletzt über aktuelle Fragen der Politik. Sein Kanal war aber auch eine Plattform, um mit Menschen unterschiedlichster politischer Couleur ins Gespräch zu kommen. Ungeachtet aller Kontaktschuldvorwürfe oder Brandmauern suchte er die politische Auseinandersetzung selbst mit Identitären wie Martin Sellner oder Sozialisten wie Moritz Neumaier. Und das stets mit feiner rhetorischer Klinge, Witz und spitzem Humor, manchmal gewürzt mit einem Schuss Polemik, niemals aber herablassend oder verächtlich.

In einer Zeit, in der Freiheit zunehmend unter Vorbehalt zu rücken drohte, verteidigte er die Grundlagen von Fortschritt und Wohlstand gegen Angriffe von links wie von rechts: individuelle Freiheit und eine marktwirtschaftliche Ordnung. Manche mögen nun einwenden: Ein Youtuber mit gerade einmal einer Viertelmillion Abonnenten ohne öffentliches Amt soll ein relevanter Intellektueller gewesen sein? Ich meine ja. Als freier Journalist und Gastautor arbeitete Gunnar Kaiser über zwei Jahrzehnte lang für verschiedene Medien, darunter die Neue Zürcher Zeitung, die WELT, den Schweizer Monat, die Jüdische Allgemeine und die Berliner Zeitung – behielt dabei immer seine Unabhängigkeit. Und machte sich außerdem einen Namen als Schriftsteller: sein Debütroman „Unter der Haut“, der 2018 im Berlin Verlag erschien, wurde bislang in sechs Sprachen übersetzt.

Mit dieser durchaus ansehnlichen Laufbahn in der politischen Öffentlichkeit wäre es vermutlich auch weitergegangen, wäre nicht im Frühjahr 2020 die Corona-Pandemie und damit eine Art mehrjähriger Massenpsychose über die Welt hereingebrochen. Eine, in der wissenschaftliche Institutionen, Universitäten, Ärzte, Politiker, Journalisten und eine Mehrheit der Bevölkerung völlig versagten – selbst die Justiz kannte bei der Pandemie-Politik plötzlich keine verfassungsmäßigen roten Linien mehr. Auch die Intellektuellen beschränkten sich darauf, noch weitere Einschränkungen, noch stärkere Grundrechtseingriffe zu fordern. Habermas redete aus nur schwach verhüllter Selbstsucht einer Art unumschränkter Gesundheitsdiktatur das Wort, Precht appellierte an blinde Gesetztestreue und Bürgerpflichten, andere verstiegen sich in Forderungen nach mehr Diktatur, alle aber stimmten sie ab Herbst 2021 in die unmenschliche Hetze gegen Ungeimpfte ein, die in Abscheulichkeit, Ausmaß und Rhetorik in der Geschichte der BRD ihresgleichen sucht.

Nur selten erhob sich dagegen eine Stimme. Juli Zeh und Julian Nida-Rümelin versuchten es Mitte 2020 zaghaft, wurden aber übergangen und wagten in einem sich verengenden Meinungskorridor und einer immer hasserfüllteren Atmosphäre fortan keine substanzielleren Vorstöße mehr. Im Frühjahr sorgte noch einmal die Aktion #allesdichtmachen einer Gruppe mutiger deutscher Schauspieler für öffentliche Erregung, die letztlich aber von einem Sturm der Empörung weggefegt wurde. Und sonst?

Gunnar Kaiser widerstand von Beginn an den Versuchungen der Unfreiheit. Bereits im September 2020 initiierte er zusammen mit Milosz Matuschek den weit beachteten „Appell für freie Debattenräume“, in dem sie sich gegen die um sich greifende Cancel Culture, Ausladungen unliebsamer Künstler und Autoren und Kontaktschuldargumentationen wendeten und forderten, „das freie Denken aus dem Würgegriff“ zu befreien. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, hieß es in dem Appell: „Wir erleben gerade einen Sieg der Gesinnung über rationale Urteilsfähigkeit. Nicht die besseren Argumente zählen, sondern zunehmend zur Schau gestellte Haltung und richtige Moral. Stammes- und Herdendenken machen sich breit. (…) Wie wollen wir in Zukunft Sachfragen von öffentlichem Interesse behandeln? Betreut und eingehegt – oder frei?“

Für Gunnar Kaiser – und dies bleibt sein wesentlichstes Vermächtnis – waren die antiliberalen Tendenzen nie eine Versuchung, nie hat er in diesen Fragen je geschwankt. Auch wenn er dafür angefeindet wurde, für Kaiser war das eine Selbstverständlichkeit. Während der Pandemie wurde er auf diese Weise nicht nur entschiedenster Anwalt unveräußerlicher Menschenrechte, sondern Begleiter und Trostspender hunderttausender Verzweifelter, die sich fragten, ob sie selbst oder die Gesellschaft verrückt geworden sind. Für sie wurde er zum Sprachrohr: Ihn zeichnete aus, die Gefühle, die viele in dieser Situation teilten, zu artikulieren. Und dabei stand er konsequent zu seinen Prinzipien: Die Tatsache, sich als Lehrer an der evidenzlosen Maskierung von Schulkindern und deren routinehaften Massentestung beteiligen zu müssen, konnte er nicht mit seinem Gewissen vereinbaren und beendete seine Lehrertätigkeit. Der simple Ausruf „Ich mache da nicht mit“ wurde fortan zu seinem pandemiepolitischen Leitstern.

Zudem konnte er die Dinge klar beim Namen nennen: Prechts Corona-Buch „Von der Pflicht“ bezeichnete er als „Philosophie für Untertanen“, den Aberglauben an die Wirksamkeit absurdester Maßnahmen verglich er mit einem Kult. „Der Kult. Über die Viralität des Bösen“ hieß folgerichtig auch sein 2022 veröffentlichtes und in der Woche des Erscheinens auf Platz zwei der Spiegel Beststellerliste rangierenden Buch, in dem er sich mit der Frage beschäftigte, warum gute Menschen Böses tun und wir unsere Freiheiten nicht nur widerstandslos, sondern geradezu bereitwillig hergeben. Ebenso lesenswert war sein wenig später publiziertes Werk „Die Ethik des Impfens. Über die Wiedergewinnung der Mündigkeit.“ Darin lässt er keinen Zweifel daran aufkommen, dass eine Impfpflicht gegen die Menschenwürde verstößt und dass, wie Stefan Zweig es einmal formulierte, „selbst die reinste Wahrheit, wenn anderen mit Gewalt aufgezwungen, zur Sünde wider den Geist“ wird.

Bis zuletzt, auch nach seiner Erkrankung, setzte er die Arbeit an seinem Werk fort. Erst im kommenden Januar wird so posthum sein letztes Buch „Die Abschaffung des Menschen. Wie das Metaversum uns überflüssig macht“ in den Handel kommen. Sein Werk und seine klare Haltung in düsteren Zeiten werden zweifellos über ihn hinausweisen. Er wird fehlen – mir und gewiss vielen anderen. Ruhe in Frieden, Gunnar Kaiser.“

https://apollo-news.net/das-gewissen-in-corona-jahren-zum-tod-von-gunnar-kaiser/

 

Wie sehr Gunnar Kaiser „Begleiter und Trostspender hunderttausender Verzweifelter, die sich fragten, ob sie selbst oder die Gesellschaft verrückt geworden sind“ war, zeigt sich in Kommentaren zu seinem Tod. Hier zwei Ausschnitte davon:

„Ich hoffe, Ihr wisst, was Ihr für Menschen wie mich getan habt, Gunnar und Du. Und Du, lieber Milosz, glücklicherweise immer noch tust. Als der Welt das eigenständige Denken verboten wurde, fand ich in Euren Worten eine Heimat, die verhindert hat, dass ich an der Welt verzweifle. Ich merkte, dass ich nicht allein war mit meinen Gedanken und Zweifeln. Schwimmen gegen den Strom braucht Kraft - Ihr habt sie mir immer wieder gegeben, weil ich merkte, dass ich nicht alleine war.“

„In der Tat war er ein Licht in der Finsternis, der es verstand, auf fundierte Art Optimismus zu verbreiten, immer klar war, geistig rege und zutiefst menschlich. Dort, wo andere das Wort Humanismus nur im Munde führten um die nächsten inhumanen Zumutungen auf die Menschheit loszulassen, behielt er seine menschliche Wärme ... Möge die Seele Gunnar Kaisers frei und im Frieden sein. Er wird fehlen, aber er hat unfassbar Wertvolles in der Welt hinterlassen und das wird weiter wirken.“

 

Vermächtnis

 

Gunnar Kaiser lebt weiter in seinen Büchern, Artikeln und seinen Videos.

Hier der Link zu seinem YouTube-Kanal: https://www.youtube.com/@GunnarKaiserTV/featured

 

Der Wurm verweist auf einige Videos von ihm, wobei er sich auf die Corona-Zeit beschränkt. Und da beileibe nicht vollständig ist; unter anderem Gespräche, die Gunnar Kaiser geführt hat, nicht verlinkte.

Wer den Wahnsinn jener Zeit nachvollziehen will, kann sich sehr gut an den Videos von Gunnar Kaiser orientieren.

 

 

02.05.2020: Draußen? Warst du etwa draußen???

https://www.youtube.com/watch?v=JgycLYqRpvA

 

08.05.2020: SO NICHT, liebe ARD!!!

https://www.youtube.com/watch?v=oxJ-BMFIEaI

 

13.05.2020: LÜGT DIE TAGESSCHAU BEWUSST - oder hat sie nicht recherchiert???

https://www.youtube.com/watch?v=a1MOvDIarQE

 

31.05.2020: Die ganze Wahrheit über Covid-19

https://www.youtube.com/watch?v=aCSJKC9PtTw

 

01.06.2020: Wo sind unsere kritischen Denker?

https://www.youtube.com/watch?v=Cxyrd_Duq90

 

25.07.2020: WAS HABT IHR GETAN???

https://www.youtube.com/watch?v=SwN24h505Gs

 

20.10.2020: WAS HABE ICH GETAN???

https://www.youtube.com/watch?v=MKWVkCHLeio

 

10.12.2020: Angela Merkel: "Wir müssen uns jetzt noch einmal anstrengen!"

https://www.youtube.com/watch?v=fbBZ3QHcS2o

 

04.02.2021: Wichtige Fragen

https://www.youtube.com/watch?v=M0kgbNzOdRM

 

16.03.2021: Was passiert, wenn wir alle geimpft sind?

https://www.youtube.com/watch?v=rHN9K40_aTo

 

28.03.2021: Sehe ich das richtig?

https://www.youtube.com/watch?v=_XOag4jvwGA

 

01.04.2021: Ich mach da nicht mit.

https://www.youtube.com/watch?v=ITSfPrCkpJo

 

05.08.2021: Zeig es mir!

https://www.youtube.com/watch?v=ZWwqV5auTCs

 

15.08.2021: Sehe ich das immer noch richtig?

https://www.youtube.com/watch?v=DR4gtH27dPU

 

26.08.2021: Was dann wohl los wäre?

https://www.youtube.com/watch?v=GzxmW1lP-Ks

 

21.11.2021: Das Impferium schlägt zurück – Die Ethik des Impfens

https://www.youtube.com/watch?v=iroxzWHMrmw

 

25.11.2021: Wusstet ihr das eigentlich?

https://www.youtube.com/watch?v=_Qhw6h3Vo9w

 

12.12.2021: Kliniken, Tote und Übersterblichkeit – Wie war das nochmal?

https://www.youtube.com/watch?v=UOMso1C5zEo

 

20.02.2022: Die letzten Tage des Corona-Kults | CJ Hopkins

https://www.youtube.com/watch?v=0VgQeZ0pmtU

 

05.05.2022: Ich hab’s euch doch gesagt!

https://www.youtube.com/watch?v=HOyzNslrL7I

 

Aus einem früheren Beitrag des Wurms (Juni 2020): „Wer war bei den Demonstrationen dabei? Neben den Menschen schwarzer bzw. „farbiger“ Hautfarbe im Wesentlichen Gutmenschen und Pseudo-Linke.

Nicht dabei waren etwa Menschen mit Wurzeln aus dem osteuropäischen, türkischen oder arabischen Raum.

Anders ausgedrückt: zumindest im deutschsprachigen Raum geht es nicht um generelle Ungerechtigkeiten, sondern um eine relativ kleine Gruppe (für den Wurm übrigens eine sympathische Gruppe, die sich – im Gegensatz zu anderen Gruppen - zum größten Teil hier integrieren will) und deren Unterstützer aus dem pseudo-linken Bereich.

Gunnar Kaiser analysiert die Demonstrationen und die damit verbundene Heuchelei extrem gut:

 

https://www.youtube.com/watch?v=HSA9AHt16yg

 

„Sehe ich das richtig, dass zehntausende Menschen in den letzten Wochen in Italien nicht bei der Beerdigung ihrer nächsten Angehörigen dabei sein konnten – aus Angst, dass sich das Killer-Virus weiter verbreitet -, nur damit jetzt an einem einzigen Tag hunderttausende für eine Demo auf die Straße gehen können? Und damit alles wieder zunichte machen.

Sehe ich das richtig, dass Menschen ihre Herz-OPs monatelang verschieben mussten; dass sie mit ihren Schlaganfällen nicht ins Krankenhaus gingen – nur damit das jetzt alles an einem einzigen Tag, an dem in zig Städten weltweit Leute dicht an dicht protestieren, über den Haufen geworfen wird?

Sehe ich das richtig, dass in den letzten Monaten Kinder nicht in die Schulen konnten und jedes 10. Kind in der Quarantäne häusliche Gewalt erlebt? Dass wir alle Masken tragen müssen, dass mehr als 7 Millionen im Mai wg. Corona in Kurzarbeit waren, damit das jetzt alles an einem einzigen Tag zunichte gemacht wird?

Und versteht mich nicht falsch: Ich bin der größte Verfechter des Rechts auf Demonstrations-Freiheit überhaupt.

Aber dann soll man sich doch bitte entscheiden. Also entweder ist hier gerade ein Killer-Virus unterwegs und wir können damit die heftigsten Auflagen begründen und brauchen die auch – oder wir lassen dies zu und solche Bilder und lassen das hier gewähren. Da sehe ich nicht viel von Abstand, Social Distancing, nicht jeder trägt da eine Maske. Es wird da laut gerufen, es wird gesungen, es gibt auch keine Kontakt-Verfolgung, soweit ich das gesehen habe.

Ist das euer Ernst? Das ist auf einmal okay? Während wir in den letzten Wochen so viele Opfer auf uns genommen haben. Während man uns erzählt hat,  wer demonstrieren geht, ist unsolidarisch, ein Großmutter-Töter, ein Spinner, Wirrkopf, ein Verschwörungs-Theoretiker?

Sehe ich das richtig, dass noch in den Wochen zuvor der Imperativ, das einzige Narrativ war Die Alten schützen, die Risiko-Gruppen, Stay at home, wer das nicht macht, ist unsolidarisch. Wer das anzweifelt, der ist ein Nazi, die Covidioten, ja, wer auf eine Corona-Demo geht, der darf sich das alles anhören. Aber jetzt ist das auf einmal alles egal, das gilt alles nicht mehr. Es wird großzügig darüber hinweg gesehen ...

Sehe ich das richtig, dass wir zwei, drei Monate das ganze Land, ganze Wirtschaften, ganze Gesellschaften geschlossen haben, das öffentliche Leben lahmgelegt, Schulen, Unis, Bibliotheken, Theater, nur um das jetzt alles mit einem einzigen Tag zunichte zu machen, zu riskieren. Man hat weltweit Armut und Massen-Arbeitslosigkeit in Kauf genommen, ja, auch von Schwarzen – kümmert das einen der Black Lives Matter-Protestierenden? Die mit ihrem Verhalten genau das tun jetzt, was noch vor ein paar Tagen als schlimmer als Diesel-Fahren angesehen wurde.

Hunderttausende von Menschen auf engstem Raum rufend, schreiend, tanzend, die Luft viren-geschwängert – und das ist jetzt auf einmal alles okay? Wenn man das ganze mit der Pandemie ernst nimmt, dann muss man davon ausgehen, dass mit diesem einen Mal die ganzen Maßnahmen zunichte gemacht worden sind. Infektionszahlen werden nach diesem Wochenende in in die Höhe schnellen in vierzehn Tagen, dass die Städte, in denen die Black Lifes Matter-Demos so stattfanden, zu den neuen Hotspots werden. Sehe ich das richtig, dass in Göttingen gerade Quarantäne-Brechern damit gedroht wird, in eine geschlossene Einrichtung eingewiesen zu werden, man aber es riskiert, dass an einem Tag zahllose weitere riesige Hotspots entstehen?

Und die zweite Welle, ja, die wird dann Trump wahrscheinlich in die Schuhe geschoben oder Attila Hildmann oder gleich dem Rassismus, wie Benjamin Bauer, ein Politiker von den Grünen, das gesagt hat. Sollten durch die Demos neue Coronafälle auftreten, gehen sie aber auf die Rechnung des institutionalisierten Rassismus, weil der die Menschen ja auf die Straße treibt.

Nochmal, ich bin für die Proteste. Ich bin für Proteste gegen Rassismus, gegen Rassismus zu protestieren ist richtig und wichtig. Ich bin für die Proteste, aber ich bin nicht für Doppelstandards, in der Politik und in den Medien. Demos gegen Rassismus. Ja, die soll man tun, aber sie sind vielleicht gerade nicht so dringend, wenn man das ernst nimmt. Sie entzünden sich zwar an der Tötung, an der gewaltsamen Tötung von George Floyd, aber es wird ja protestiert gegen ein langfristiges, ein systemisches Problem, das zudem nicht neu ist. Ja, vielleicht kann das auch noch ein bis zwei Monate warten, wenn man es ernst meint mit Corona.

Die Corona-Demos, Hygiene-Demos und so weiter. Die waren gegen die Aussetzung des Grundgesetzes. Ja, die waren dringend, die waren auf auf diesen Anlass bezogen, das kann man nicht im Herbst machen. Gegen Rassismus kann und von mir aus soll man jeden Tag demonstrieren und auch in anderen Formen das machen und dann kann man das auch im Herbst machen.

Und die Demos gegen Corona richten sich mit konkreten Forderungen, die Regierung. Die Demos gegen Rassismus, die richten sich an wen und und was fordern Sie? Ja, die Polizei abschaffen, den Kapitalismus abschaffen, Gefängnisse abschaffen.

Kann man einer Krankenschwester noch krasser ins Gesicht spucken als damit? Vorher haben wir noch alle geklatscht, jeden Abend, für die Krankenschwestern und das medizinische Personal. Und jetzt macht man das alles mit einem Tag zunichte? Kann man einer alten Frau mit Vorerkrankungen noch krasser ins Gesicht spucken, als jetzt interessiert uns dein Leben, deine Gesundheit einen feuchten Dreck, jetzt bist du wieder die Nazi-Sau, die Umwelt-Sau. Wenn man das jetzt weitgehend unkontrolliert und unkommentiert durchgehen lässt, wie es aussieht, in den Medien, in der Politik, dann ist eines klar: das war alles eine riesengroße Verarschung.

Über die Corona-Demonstrationen hieß es ja, das ist unsolidarisch, gefährlich, egoistisch, eine, das sind Demos, der Rücksichtslosigkeit, man solle sich doch mit der afroamerikanischen Bevölkerung und den prekär lebenden Menschen in den brasilianischen Favelas, die ja viel wahrscheinlicher als wir dieser Krankheit zum Opfer werden solidarisch zeigen, ja. Soll man machen. Oder man hat gesagt, die Demos gehen auf Kosten von doppelt belasteten Frauen, im Home Office, mit kleinen Kindern und kleinen Wohnungen. Ja, okay? Aber wenn man das ernst nimmt, ja? Ist das jetzt von einem Tag auf den anderen alles vollkommen egal?

Also, es gibt nur diese drei Möglichkeiten, entweder sind euch die amerikanische Bevölkerung und die prekär lebenden Menschen in den brasilianischen Favelas und die doppelt belasteten im Home Office, mit kleinen Kindern und kleinen Wohnungen und die Omas und Opas und die Risikogruppen wichtig. Und ihr glaubt an Corona, dann bleibt gefälligst zu Hause und protestiert digital oder wartet noch ein paar Wochen. Oder, zweite Möglichkeit, ihr glaubt nicht an Corona. Dann solltet ihr euch aber auch den Corona-Leugnern anschließen und für die Lockerung der Maßnahmen demonstrieren, denn die bringen vielen Armen in der Welt, noch mehr Leid, unnötiges Leid. Oder die dritte Möglichkeit: euch sind die anderen Menschen grundsätzlich egal. Und ihr interessiert euch nur für euch selbst, wie ihr dasteht, wie man von euch denkt, wie tugendhaft ihr seid und was für gute Menschen. Eine dieser drei Möglichkeiten ist es. Das könnt ihr wahrscheinlich nur für euch selbst beantworten.

Und hier gibt's nur zwei Möglichkeiten. Entweder ist Corona gefährlich, dann müssen solche Demos unter strengsten Auflagen stattfinden und bei Zuwiderhandlung aufgelöst und die Veranstalter bestraft werden. Oder Corona ist nicht gefährlich, dann muss alles wieder geöffnet und gelockert werden und man muss über politische Konsequenzen nachdenken. Ihr entscheidet.

Und weil wir schon grade dabei sind, da George Floyd positiv auf Corona getestet wurde, gibt's hier auch nur zwei Möglichkeiten. Entweder Floyd ist an Corona gestorben, dann ist es aber kein Fall von institutionalisiertem Rassismus. Oder er ist mit Corona gestorben. Und das ist ja auch der Fall. Aber dann müssen auch alle anderen Corona-Toten neu gezählt und neu eingeordnet werden, womit die offizielle Statistik doch ganz anders aussähe und auch in Frage steht, ob die Maßnahmen dann noch gerechtfertigt sind.

Also, sehe ich das richtig? Wir befinden uns, laut Angela Merkel immer noch am Anfang der Pandemie. Aber fünfzigtausend Leute hier und fünfzigtausend Leute da, dicht an dicht, auf einem Haufen, ist okay. Sehe ich das richtig? Die Kirchen durften wochenlang keine Messen abhalten und Fronleichnamsprozessionen werden derzeit abgesagt, aber fünfzigtausend Leute dicht an dich auf einem Haufen ist okay.

Immerhin, Jens Spahn hat sich besorgt gezeigt, ja? In einer Meldung, Karl Lauterbach, in einem Tweet. Ja, Berlins Gesundheit s-Senatorin hat zu mehr Verantwortung aller bei Demonstrationen in der Corona-Krise aufgefordert. Immerhin. Aber sonst? Schweigen im Walde. Niemand von denen, die sich vorher so groß aufgeregt haben, hat es gewagt, hier mit gleichen Maßstäben zu messen.

Hat die Polizei etwas getan, wie bei den Hygiene-Demos, ähnliches, haben sie Leute abgeführt, Personalien festgestellt?

Man wollte die Demo nicht auflösen, weil das Infektionsrisiko zusätzlich erhöht werden würde, heißt es. Ja, einfach weil es zu viele waren. Und das ist die Definition von Mob Rule. Die Lehre daraus ist, wenn du nur eine ausreichend große Menge für deine Zwecke organisieren kannst, dann kriegst du alles durch. Ja, dann kriegst du eine Freikarte für alles.

Und damit ist alles entlarvt, dass eure vorige Solidarität nur Heuchelei war, vorgeschoben, weil es gut klingt, ein einfaches Mittel, eure Gutheit zur Schau zu stellen, seht, wie gut wir sind, wir denken an die Alten, wir sind solidarisch. Ja, das ist ein einfaches Mittel, ja? Und es ist auch ein einfaches Mittel, alle auszugrenzen, die das kritisch gesehen haben. Verschwörungstheoretiker, Spinner, Wirrköpfe, das ist einfach. Und jetzt ist das auf einmal alles obsolet und das zeigt, dass ihr nie wirklich daran geglaubt habt. Dass ihr sofort bereit seid, das alles gegen ein noch probateres Mittel für eure Tugendheuchelei aufzugeben. Niemals hätte ihr euch vorher gewagt, das Social Distancing aufzugeben.

Ihr habt die Polizei gerufen, das Ordnungsamt, wenn Leute irgendwo im Park grillen oder zu nah nebeneinander stehen oder wenn Menschen ohne Maske in der U-Bahn sitzen, ja, wenn Kinder auf dem Spielplatz gespielt haben, dann habt ihr die Blockwarte gespielt, ihr habt weggesehen, wenn Leute ihre Jobs verlieren, wenn es heißt, Drohnen werden uns jetzt überwachen, Tracing Apps werden eingeführt und über Immunitätsnachweise wird nachgedacht. Ihr habt weggesehen, wenn die Gefahr besteht, dass unser Land in eine Dystopie à la 1984 verwandelt wird. Und ihr seht jetzt weg. Wenn Teilnehmer eurer Bewegung plündern, marodieren, durch die Straßen ziehen, Geschäfte zerstören, Lebenspläne zerstören, stehlen, verletzen ja sogar Morden, die Tötung von David Dorn oder die Krawalle in Neukölln. Und ihr seht auch weg, dass Schwarze stärker betroffen sind von Corona. Das interessiert euch jetzt nicht mehr. Hauptsache, ich kann zeigen, dass ich gegen Rassismus bin. Und damit ist alles entlarvt, dass ihr nie wirklich daran geglaubt hat.

Und dass auch die Politik gar nicht wirklich willens ist, alles dafür zu tun, dass sich das Killervirus nicht weiter ausbreitet. Es ging niemals um Gesundheit oder um Wissenschaft oder gar um Erkenntnis, um Wahrheit, sondern immer nur um Politik. Oder um Ideologie, es ging darum, auf der Seite der Guten zu stehen, eine eigene Agenda zu pushen. Wenn Corona in die eigene Agenda passt, dann heißt es, Abstand halten, stay at home. Wenn Black Lifes Matter noch besser passt, kommt alle zusammen, scheißt auf Abstand und Beschränkungen. Was ist das für eine Ideologie. Wenn alle großen Kooperationen auf eurer Seite sind und den gewaltsamen Protest unterstützen, ist das dann wirklich noch links? Ist das noch antikapitalistisch? Oder seid ihr nur nützliche Idioten? Also, es ist Heuchelei, diese Doppelstandards.

Es gibt gute Demos, schlechte Demos und es gibt für einige Dinge auch gar keine Demos. Das ist schon eine Ironie, oder? Dass die Corona-Rebellen, die Corona-Leugner, genau für die Demonstrationsrechte derer gekämpft haben, die jetzt auf die Straße gehen für Black Lives Matter und gegen Rassismus. Man musste sich das im März und April nämlich erst mühsam erkämpfen. Und vor dem Verfassungsgericht einklagen, dass man diese Veranstaltung trotz der Maßnahmen machen darf. Und das hat man jetzt erkämpft. Und nächstes Mal, wenn ihr diese Leute als Spinner und Egoisten bezeichnen wollt, dann denkt daran, dass sie genau für eure Rechte gekämpft haben, jetzt auf die Straße, gegen Rassismus zu gehen, für euer gutes Recht, das ich unterstütze, für das Recht, an diesem Wochenende gegen Rassismus und an allen anderen Wochenenden auf die Straße zu gehen.

Das ist Heuchelei, ja? Dass diese Heuchelei nicht auf die Füße fällt, ist euer großes Glück, dass nicht auf einmal ein großes Aha in der Gesellschaft zu vernehmen ist, ein Erwachen, wir werden hier alle grade gewaltig verarscht. Das ist nämlich eine Gefahr, dass dieser Doppelstandard euch irgendwann auf die Füße fällt. Und dass er den eigentlich guten Zweck, den ihr habt und verfolgt, diskreditiert. Oder denkt ihr, ein einziger Rassist würde diesen Doppelstandard sehen und sagen, ach ja, jetzt bin ich überzeugt, Rassismus ist voll doof. Oder ein einziger Rassist würde die Plünderungen und Morde oder die Krawalle in Neukölln sehen und sagen, ach ja, sie haben ein jetzt bin ich kein Rassist mehr. Und dieser double bind, der lähmt auch, der lähmt uns. Diese Forderung war die ganze Zeit stay at home. Und jetzt ist die Forderung, geh auf die Straße, wenn du gut sein willst. Wenn ich eines von beiden lasse, bin ich ein schlechter Mensch.

Naja, aber diese kognitive Disonanz hat die Leute noch nie davon abgehalten, sehr überzeugt von ihrer eigenen Rechtschaffenheit zu sein. Das ist Massenhysterie, was hier gerade abläuft. Und dabei kann man gar nicht die Protestierenden an sich verdammen, die gehen halt dahin, weil sie es für richtig halten, okay.

Verdammen muss man die Verantwortlichen, die sich nicht distanzieren von den Krawallen, von den Plünderungen, von den Morden, von solchen Bildern, es sind durch die Ausschreitungen in den USA bereits mehr Menschen gestorben, als unbewaffnete Schwarze 2020 von der Polizei getötet wurden. Interessiert das irgendeinen von den Demonstranten oder von den Verantwortlichen, gab es da auch Distanzierungen?

Und die Politiker muss man verdammen, die mit zweierlei Maß messen, wie Cem Özdemir. Wer den Mindestabstand nicht einhält, gefährdet sich und andere. Muss durchgesetzt und konsequent geahndet werden. - Wichtig, dass heute so viele Menschen in Deutschland auf die Straße gehen, vielen Dank, ihr macht mir Hoffnung, dass wir als Gesellschaft stärker sein können, als der Hass und dass wir Rassismus gemeinsam bekämpfen. Und die Medien muss man verdammen, die diesen doppelten Standard nicht schonungslos entlarven …

Wollen wir eine Politik haben, die die Teilnahme an Demos, deren Existenz, deren Durchführung von der derzeit herrschenden Mentalität abhängig macht? Wollen wir diese Gesellschaft haben? Aber es ist ja auch nichts Neues. Zweierlei Maß ist ja gewissermaßen der zweite Vorname des letzten Jahrzehnts, aber es hat mit diesen Demonstrationen doch noch mal einen neuen Level der Unverfrorenheit erreicht. Der Offensichtlichkeit auch, ja? Wie man es uns ins Gesicht reibt.

Manchmal frage ich mich, womit haben wir diese Realität verdient? Was haben wir nur angestellt in einem früheren Leben? Das ist doch alles ein Scherz, die wollen uns doch verarschen. Ist das ein Strafplanet hier, wo die Strafe darin besteht, dass man uns täglich verspottet, kann man sich nicht bitte etwas mehr Mühe geben. Ist das Ganze ein Test, wie viel man mit uns machen kann? Und das Schlimme ist, man hält uns offenbar für total bescheuert und wir bestätigen das auch noch, weil wir es mit uns machen lassen. Aber okay, ich bin ja auch selber Schuld. Ja, muss ich sagen, ich hatte den Lockdown beendet in meinem Video vor ein paar Wochen. Und jetzt gibt es natürlich diese Versammlung und Kundgebung, euer gutes Recht. Bitte, dann gilt das eben auch jetzt für alle und die Politik und die Medien werden das ab jetzt auch anerkennen.“

https://www.ansichten-eines-regenwurms.de/index.php/691-black-lives-matter

 

September 2020: Ein Volk von Kriechern

https://www.youtube.com/watch?v=WnfZWsXqyy8

 

„Auf unseren Reisen kamen wir auch nach Argiporea – ein kleines Land, das die gleichnamige Insel inmitten des Piegatischen Meeres vollständig bedeckt, eine fruchtbare und abwechslungsreiche Insel, einige hundert Kilometer westlich des Horns von Otkazati und auf einem Längengrad mit der sagenumwobenen Stadt Laputa gelegen.

Argiporea ist dank seiner Lage ein Land, dem es an nichts mangelt. Seine Einwohner sind überdurchschnittlich intelligent und rühmen sich ihrer weitläufigen Bildung. Die Argiporeer kommen zwar nicht viel herum, aber was sie von der Welt wissen, haben sie aus kundigen Folianten und Reiseberichten ausländischer Abenteurer.

Jeder, der – wie wir – einen Fuß auf Argiporea setzt, erkennt auf den ersten Blick, dass es sich bei dem Volk der Argipoeer um sorgfältige und fleißige Menschen handelt, die gerne ihre Pflicht erledigen, pünktlich und ordnungsliebend bis zu einer liebenswerten Pedanterie sind, ansonsten aber auch gerne einmal dem Bier zusprechen oder einem kleinen Spaziergang durch den lauen Sommerabend.

Doch ich sollte besser sagen: Er würde es erkennen, unser ausgedachter Reisender und Neuankömmling auf der Insel Argiporea, wie auch wir es auf den ersten Blick erkannt hätten, wäre da nicht die seltsame Eigenheit der Argiporeer gewesen, die … nun, ich zögere, ich bin verlegen, die richtigen Worte zu finden… Es war eine Eigenheit, die uns die Argiporeer sogleich als einen vollkommen fremden und unverständlichen Menschenschlag erscheinen ließ. Eben diese Eigenheit, von der ich sogleich sprechen werde, hat meine Männer und mich derart abgestoßen, ja geradezu verwirrt, dass wir uns beim besten Willen nicht hätten vorstellen können, wie ein funktionierendes Leben und Gemeinwesen auf der Insel überhaupt möglich sei. Es war – ich darf nicht länger warten, es zu entdecken – die auf den ersten Blick zu erkennende und verblüffende Eigenheit der Argiporeer, sich stets und zu jeder Zeit auf allen Vieren fortzubewegen.

Der erste, den wir in dieser Stellung antrafen, war der Quartiermeister am Hafen der Hauptstadt. Er kam uns krabbelnd entgegen, dergestalt, dass meine Männer erst zurückschreckten, da sie vermuteten, ein groteskes Ungeheuer, eine riesige Spinne oder ein sehr hässlicher, fellloser und dafür mit Menschenkleid behangener Hund näherte sich uns – dann aber in schallendes Gelächter ausbrachen, weil der Anblick des Mannes, der ansonsten vollkommen bei Sinnen und in voller Kraft seines Geistes und Körpers zu sein schien, einen so belustigenden Eindruck auf uns machte.

Als er zu sprechen anhob, konnten meine Männer ihr Lachen kaum unterdrücken, sodass ich sie von Bord und in die erstbeste Hafenkneipe scheuchen musste. Auf dem Weg dorthin dämmerte uns langsam, dass der Hafenmeister sich weder einen Scherz erlaubt hatte, noch dass er auf grausame Weise entstellt war. Alle Argiporeer, die uns entgegenkamen, bewegten sich auf dieselbe oder eine ähnliche Weise fort.

Sie krabbelten, krauchten, glitten, schlitterten, schleppten sich, robbten, gingen auf allen Vieren. In einem Wort: sie krochen. Auch in der Spelunke bot sich uns dasselbe Bild: Die Neuankömmlinge krabbelten fluchend und johlend herein, hinter dem Tresen war nur hin und wieder ein blonder Haarschopf zu erkennen, die Kellnerinnen bewegten sich erstaunlich geschickt auf zwei Beinen und einem Arm nach der Art der Krebse vorwärts, das Tablett in der freien Hand, und bedienten die auf dem Boden sitzenden Gäste.

Dabei war es offensichtlich, dass kein körperliches Leiden die Menschen zwang, geduckt zu gehen und zu stehen. Sie wirkten sonst von gesundem Körperbau, ja sie bewegten sich sogar erstaunlich flink und behände, sodass ich vermuten musste, dass ihnen diese für das Menschengeschlecht doch recht unnatürliche Eigenheit schon seit langer Zeit in Fleisch und Blut übergegangen sein musste.

Es konnte uns freilich nicht entgehen, dass die Argiporeer uns, den aufrecht gehenden Fremden, mit einem gewissen Argwohn begegneten. Sie sahen uns herablassend aus ihren blauen Augen von unten herauf an, was wiederum Anlass zur Belustigung bot. Doch meine Männer und ich waren von der Selbstverständlichkeit, mit der die Argiporeer ihre schmerzhaft scheinende Lebensweise angenommen hatten, so entgeistert, dass uns das Lachen im Halse stecken blieb.

An den folgenden Tagen wurde unsere Vermutung, dass das gesamte Volk der Argiporeer kriechend durchs Leben ging, zur bitteren Gewissheit. Sowohl auf dem Land, in den Dörfern und Weilern, bei den Fischerhütten, den Gehöften und den Almen, als auch in den Handelsstädten und der Hauptstadt Puzati gingen die Menschen ausnahmslos auf allen Vieren. Ihren Kopf trugen sie niemals höher als etwa anderthalb Meter.

Nur die Kinder gingen noch aufrecht, solange sie klein waren, das heißt, solange sie uns etwa bis zur Hüfte gingen. Die älteren und früh hochgewachsenen Kinder begannen offensichtlich, den Kopf und den Oberkörper so zu beugen, dass sie ihre kriechenden Eltern niemals überragten. Bisweilen sahen wir allerdings auch einige sehr eifrige Kinder, die sich bereits im Vierfüßlergang übten. Wie wir später erfuhren, wurden in den Lehranstalten und Gemeindehäusern, in Genossenschaften und Klubs diejenigen öffentlich ausgezeichnet, die am frühesten und am geschicktesten mit dem Kriechen begannen. Es wurden auch Lehrer mit dem Eisernen Knie am Band geehrt, die ihren Adepten das Kriechen besonders erfolgreich beizubringen wussten.

Erst dachten wir, es sei vielleicht eine Anordnung des Königs, die die Argiporeer dazu zwang, ihren Kopf niemals über eine bestimmte Höhe hinaus zu tragen. Vielleicht war der Regent selber kleinwüchsig und voller Hass und Ressentiment gegen jeden, der ihn in körperlichen Dingen überragte. Vielleicht war es ihm nur durch eine solch menschenverachtende Anordnung möglich, sein Gebrechen zu vergessen. Doch es wäre auf diese Weise nicht zu erklären gewesen, warum die Argiporeer auch in Augenblicken krochen, da sie mit größter Gewissheit unbeobachtet waren.

Meine Männer versuchten, durch geschicktes Ausspähen herauszufinden, ob die Argiporeer bisweilen ihr so unnatürliches Gehaben aufgaben – doch vergebens. Auch in den Häusern, wenn sie sich alleine fühlten, erhoben sich die Argiporeer nicht.

Noch in den wüstesten Einöden sahen wir Mönche, die von unserer Anwesenheit unmöglich erfahren haben konnten, auf allen Vieren gehen. Ganz gleich, in welcher Lage die Einwohner von Argiporea auch sein mochten, stets krabbelten sie und hoben ihren Kopf nicht höher als bis zu dem Punkt, wo etwa ihre Hüfte war.

Ich hoffe, der gütige Leser wird mich entschuldigen, dass ich bei diesen und ähnlichen Umständen so lange verweile; aber es scheint mir notwendig, um ihm das eigenartige Gebaren der Argiporeer vor Augen zu führen. An den Wänden ihrer Wohnungen befanden sich Gemälde, die, wenn sie Menschen zeigten, diese nur in kriechender Form abbildeten. Auch die sagenhafte Gestalt des alten Königs Genoudor bot sich dem Betrachter in Form eines Denkmals auf dem großen Platz der Hauptstadt nur in Gestalt eines wie ein Hase zusammengekauerten Fabelwesens. Halb Mensch, halb Hase, dachte ich beim Anblick des alten Königs und schüttelte den Kopf.

Es musste sich bei dem, was die Argiporeer in die Knie zwang, also um etwas anderes handeln als den unmittelbaren Befehl eines grausamen Gewalthabers. Ich scheute mich nicht, in Momenten der Gastlichkeit, wenn ich mich mit einem der Argiporeer, weil ich ihm gesenkten Hauptes  begegnete, gut zu verstehen schien, nachzufragen.

»Verzeiht die Unwissenheit eines Fremden«, begann ich und senkte Brust und Kopf noch ein paar Zoll mehr in Richtung Boden, »einem Weltenbummler, der bislang keinen Fuß auf Argiporea gesetzt hat. Was ist die Ursache für die eigenartige Fortbewegungsart der Argiporeer?«

Doch trotz seines wohlmeinenden Blicks sah sich der Mann außerstande, mir zu antworten.

»Ich weiß, was ihr meint. Uns ist durchaus bekannt, dass es in fernen Ländern den Brauch gibt, die Hände vom Boden zu heben und die Hüfte so zu überdehnen, dass man regelrecht überlebensgroß wird. So wie ihr es tut. Ich verstehe es nicht, doch mir wurden Höflichkeit und Aufgeschlossenheit beigebracht, und schulterzuckendes Dulden ist in Argiporea seit den Zeiten Genoudors des Geduckten geradezu erste Bürgerpflicht. Allerdings weiß ich beim besten Willen nicht, warum wir es machen, wie wir es machen – wie ihr mir sicherlich auch keinen Grund angeben könnt, warum der Brauch in eurem Lande ein anderer ist. Ihr steht aufrecht, wir kriechen; ich finde nichts dabei. Ihr sagt Rauchfang, wir sagen Kamin. So ist es eben.«

Ähnliche Unwissenheit über den Grund für die bodendeckende Lebensweise der Argiporeer bot sich mir in den weiteren Gesprächen, die ich auf der Insel führte. Erst als ich nach Patka kam, einem kleinen Städtchen, das für seine Kultur und sein reiches Geistesleben bekannt war, traf ich in einer Bibliothek einen Mann, der mir Auskunft geben konnte.

Es handelte sich um den Bibliothekar Kaylekhik Tsurik, einen beinahe erblindeten, weißhaarigen Alten, der so gebeugt ging, dass nicht zu unterscheiden war, ob er ein Krüppel oder ein schon seit sehr vielen Jahren besonders fügsamer Untertan des Königs war. Es mochte auch das eine zu dem anderen geführt haben.

»Verzeiht«, bat ich auch Tsurik, »erklärt einem wissbegierigen Reisenden doch die augenfällige Eigenart Argiporeas.«

»Man hat mir von euch erzählt«, antwortete der Bibliothekar. »Schon vor Tagen erfuhr ich, dass Fremde auf Argiporea umherziehen, und dass sie aufrecht gehen. Ich hatte gehofft, ihr würdet zu mir kommen.«

Erstaunt blickte ich ihn an.

»Es ist gut, dass ihr fragt«, fuhr er fort, »denn das Wissen um diese Frage könnte euer Leben retten.«

»Mein Leben?«

»Und das eurer Mannschaft.«

»Doch wie?«

»Es hat euch niemand gesagt, dass ihr kriechen sollt, nicht wahr?«

»Nein.«

»Man hat euch höchstens missbilligend angesehen …«

»So war es in der Tat. Durchdringende, vorwurfsvolle Blicke, gepaart mit einem kaum zurückgehaltenen Verdruss auf den Lippen.«

»Das ist, weil niemand weiß, wie er es begründen soll, euch zu raten, sich nicht zu weit nach oben zu strecken.«

»Aber wir strecken uns nicht, wir gehen aufrecht. Wir gehen so, wie der liebe Herrgott uns geschaffen hat.«

»Seid ihr da so sicher? Schließlich war euer erster Gang ein krabbelnder, und euer letzter wird es so oder so wieder sein. Aufgerichtet habt ihr euch nur in einem Moment des Übermuts und der Verblendung. Wisst ihr, ob der Herrgott will, dass ihr aufrecht wandelt?«

»Alle Menschen bei uns gehen so. Es kommt mir nicht sonderlich übermütig vor.«

»Dann sind alle Menschen bei euch zu einer gefährlichen Lebensweise verleitet worden. Ihr seid in Unwissenheit gehalten über die tatsächlichen Verhältnisse.«

»Es will mir nicht besonders gefährlich erscheinen, aufrecht zu gehen.«

»Es ist ja nicht eure Schuld. Der niedrige Stand der Bildung in eurem Lande und der Unwille eurer Fürsten, euch zu beschützen, hat euch blind gemacht für die Gefahr.«

»Was ist das für eine Gefahr, von der ihr sprecht?«

»Es ist eine Gefahr, der ihr jederzeit ausgesetzt seid.«

»Auch in diesem Augenblick?«

»Da auch.«

»Und ihr? Seid ihr auch gefährdet?«

»Ich bin sicher, weil ich krieche.«

»Das will mir nicht einleuchten«, warf ich ein.

Behänder, als ich es dem Greis zugetraut hätte, drehte er sich um, schlich geduckt zu einem der Bücherregale hin und kam mit einem Buch, das er mit sicherer Hand hervorgezogen hatte, wieder zurück.

»Hierin ist die vollständige Geschichte der glückseligen Insel und des frommen Landes Argiporea festgehalten, von seiner Geburt aus dem Schaum des Piegatischen Meeres über die Herrschaft Genoudors des Geduckten bis zum heutigen Tage. Auch die Zeit der großen Seuche ist verzeichnet.«

»Die große Seuche?«

»Vor langer, langer Zeit suchte eine grässliche Krankheit unsere schöne Insel heim. Es war dies die Epoche der langen Kerls, wie wir sie heute nennen: Menschen, die vormals auf dieser Insel lebten und aufrecht gingen wie ihr.«

»Was geschah mit ihnen?«

»Sie starben aus, da sie nicht von rechter Einsicht geleitet waren.«

»Die große Seuche raffte sie dahin?«

»So ist es, Fremder. Beinahe wäre das ganze Land entvölkert und zur Wüstenei geworden, wäre nicht unser König Genoudor gewesen. Genoudor war ein ebenso vorsichtiger wie weiser Herrscher. Jegliche Großmannssucht war ihm fremd. Als die Kunde umging, dass die Menschen von Argiporea an einer seltsamen Krankheit litten, zögerte er nicht und rief Forscher und Gelehrte an den Hof, die zu dem Ergebnis kamen, dass sich ein neuartiger Krankheitserreger in der Luft von Argiporea befand – ein gefährlicher Erreger, der vor allem die unteren Atemwege zu befallen schien.

Nach einigen Wochen fiebriger Suche nach einem Antidot entdeckte einer der Gelehrten, Doktor Caninus Pückler, dass der Erreger allein in Tröpfchen vorzufinden war, die etwa anderthalb Meter über dem Boden schwebten. In die unteren Luftschichten drang der Erreger niemals vor. Pücklers Entdeckung rettete unser Volk vor dem Verschwinden. Von dem unerschütterlichen Willen beseelt, seiner Pflicht als Landesherr nachzukommen und sein Volk vor dem unsichtbaren Feind zu schützen, entschied Genoudor, dass fortan die Menschen nur noch kriechend leben sollten – für die Zeit, in der der Erreger grassierte. Viele von uns gehorchten dem weisen König und begannen, Stühle, Tische, Pferde und Leitern fortzuwerfen, und bewegten sich fortan kriechend. Diejenigen, die sich weigerten, weil sie verführt worden waren von der Irrlehren derer, die den Erreger leugneten, starben recht bald und erfuhren ihren gerechten Lohn.

Diejenigen der wenigen Aufrechten aber, die partout nicht sterben wollten, begann das Volk der Kriecher, wie es sich bald liebevoll selber nannte, in einer Welle der Rücksichtnahme und umsichtigen Wachsamkeit zu ertränken – bildlich gesprochen. Bald schon verstand man, dass viel schlimmer als jeder Keim und jede Seuche der Unbelehrbare ist. Der Wille der Kriecher, die Aufrechten als Gefahr, als Schädling, als dem Volkskörper fremd von sich zu weisen, sie zu vereinzeln und aus ihrer Mitte hinauszustoßen oder sie ebenfalls in die Knie zu zwingen, sodass sie keinerlei Schaden mehr anrichten konnten – dieser Wille war so mächtig, dass binnen weniger Jahre die letzten Aufrechten entweder flohen oder sich endlich beugten. Und dies sicherte unser aller Überleben. Der Sohn Genoudors des Gebückten, Magatta der Kleine, verfasste gar ein Pamphlet, das Strafe und Zucht all der Spinner und Wirrköpfe festlegte, die die Maßnahmen keck hinterfragten oder ihnen aufmüpfigen Geistes zuwiderhandelten. Es trägt den Titel ‘Mein Kampf gegen die Aufrechten‘ und steht heute in der Stube jedes Einwohners der Insel.«

»Erstaunlich«, versetzte ich. »Und der Erreger ist seit diesen Zeiten noch immer ab anderthalb Metern Bodenhöhe und aufwärts in der Luft?«

»Das weiß niemand. Es ist aber in Anbetracht unserer Lebensweise auch nicht notwendig, das zu wissen.«

»Weil niemand mehr aufrecht geht.«

»In der Tat. An all dies gewöhnten sich die Argiporeer gerne. Auch die neue Weise, die Aufrechten zu maßregeln wurde ihnen geradezu zu einem Volksvergnügen, und sich selber zu erniedrigen, eine Lust. So wurde bald, was von Genoudor als vorübergehend erdacht worden war, zu einer neuen Normalität. Aus einer Not machte das Volk der Kriecher eine Tugend.«

»Das ist fürwahr verwunderlich.«

»Und was noch viel verwunderlicher war, war unser Bemerken, dass wir durch das Kriechen und das Maßregeln und Heraustreiben der Aufrechten auch allen anderen Gefahren und Herausforderungen, denen sich unser Gemeinwesen gegenübergestellt sah, viel besser entgegentreten konnten – weil in der Folgsamkeit und Artigkeit des Volkes nun mal seine höchste Sittlichkeit besteht. Und so, mein neugieriger Fremder, haben wir das Kriechen gelernt, und auch ihr solltet lieber kriechen, wenn euch euer Leben lieb ist.«

Bei diesem letzten Satz brach der Alte in ein gräusliches Gelächter aus, welches ich ratlos, ob er eine Warnung oder eine Drohung oder gar einen Fluch ausgesprochen hatte, über mich ergehen ließ. Schließlich machte ich mich erschrocken davon und verließ die Bibliothek.

Auf dem Weg durch die Straßen von Patka, zurück zu meiner Mannschaft, die ich im roten Viertel zurückgelassen hatte, befiel mich der Gedanke, ob Tsurik nicht doch recht haben könnte. Vielleicht hatte ja wirklich ein todbringender Bazillus die oberen Luftschichten befallen und ich schwebte in höchster Gefahr, ohne es zu wissen. Unwillkürlich begann ich ein wenig gebeugter zu gehen. Und was, wenn es nicht stimmte, und ich es trotzdem den Argiporeern gleichtat?

Was sollte schon groß schiefgehen – es würde mir ja sicherlich nicht schaden. Das bisschen Kriechen…

Mit einem Mal überkam mich beim Anblick der krabbelnden Menschen um mich herum ein großes Mitgefühl – war es nicht rücksichtslos von mir, weiterhin aufrecht zu gehen? War es nicht, selbst wenn ich zweifelnd blieb, ein Akt der Brüderlichkeit, mich von nun an auf allen vieren zu bewegen? Schließlich wäre es doch nicht nur klüger, aus Vorsicht zu kriechen, selbst wenn es sich irgendwann als unnötig herausstellte, sondern auch der Beweis meines guten Willens und meines Anstands, wenn ich es den Kriechenden gleichtat? Wäre es nicht eine angemessene Art Haltung zu zeigen, indem ich kroch?

Ich widerstand dem Gedanken aus einem Gefühl des verletzten Stolzes heraus, obschon ich nicht umhin konnte, auf meinem Weg durch die Gassen immer ein wenig geduckter zu gehen.

Wie ein Bückling wandernd gelangte ich zu dem Wirtshaus, in dem ich meine Mannschaft zurückgelassen hatte. Ihr Anblick erschreckte mich. Ich fand sie sich auf dem glanzlos fleckigen Boden räkelnd und windend wieder, schleichend und robbend, ganz wie all die anderen Gäste, die das Etablissement bevölkerten. Meine Männer, meine Gefährten so zu sehen, machte mich rasend und voller Weh und Ach zugleich. Ich wollte sie hochziehen, jeden einzelnen von ihnen, doch als ich näher kam und sie packen wollte, traf mich ein herablassender Blick aus ihren trüben Augen, der mich hieß, zurückzutreten.

Ich floh. Den Leser will ich nicht mit den Schwierigkeiten langweilen, die sich mir durch den Umstand boten, dass nirgends Pferde noch Kutschen aufzutreiben waren. Die ganze Nacht und den nächsten Tag lief ich durch die Ebenen Argiporeas, immer wieder dem Drang widerstehend, den Kopf zu beugen und in die Knie zu gehen. Schließlich kam ich ausgehungert und halb verdurstet am Hafen an, wo ich auf einem Schiff anheuerte, das mich wieder in die Heimat brachte.

Seit dieser Zeit hat sich in meine Seele ein Abscheu gegen jegliche Art des Kriechens eingenistet. Noch heute überkommt mich großer Widerwille, wenn ich einen der Bürger meines eigenen Landes in gebückter Haltung gehen sehe.“

https://kaisertv.de/2020/09/11/ein-volk-von-kriechern-2/

 

 

Ich bin Philanthrop, Demokrat und Atheist. Rupert Regenwurm

 

 

Das Böse verlachen

- Satire, Realsatire, ernst Gemeintes -

 

Mehr Waffen mehr Frieden? | Die Schweine Steffi und Torsten

https://www.youtube.com/watch?v=2ICXiDr_WwA

 

Simone Solga: Unsere Maulhelden | Folge 90

https://www.youtube.com/watch?v=PNVorT5Nk3Q

 

Alles Nazis … / Steimles Aktuelle Kamera / Ausgabe 122

https://www.youtube.com/watch?v=GaFZO0wY5hg

 

Übrigens… ein Hoch auf die Kita

https://www.youtube.com/watch?v=4eR7aLcihaA

 

HallMack  Aktuelle Kamera 30

https://www.frei3.de/post/7aab4fa1-202e-47ca-aebf-5a8314177f52

 

HallMack  Bündnis Sahra Wagenknecht - Ein planloser Plan

https://www.frei3.de/post/0d665676-89f2-4948-891c-73c58460acc4