Michael Lüders ab der 23. Minute: „Das Problem dieser Sichtweise ist, dass sie völlig ausblendet den westlichen Anteil an dieser Eskalation mit Russland, die es gegeben hat. Ich sage mal so: ohne den Versuch, die Ukraine um jeden Preis in Richtung NATO, in Richtung EU zu bringen, ohne Rücksicht auf die Interessen Russlands und ohne Rücksicht auch auf die Interessen der russisch-sprachigen Bevölkerung, wäre das wahrscheinlich alles so in dieser Form nicht gelaufen.
Es ist ja richtig, dass die russische Politik gegenüber der Ukraine im Wesentlichen darin besteht, vor allem im Osten, die Ukraine zu destabilisieren und dem Land die Möglichkeit zu nehmen, sich zu finden – sofern das möglich ist unter einer Oligarchen-Regierung mit stark rechts-nationalistischem Ausschlag. Aber auf jeden Fall ist die Destabilisierung der Ukraine ein Mittel zum Zweck russischer Politik.
Wer das kritisiert, und zurecht kritisiert, sollte allerdings auch sehen, dass diese russische Politik das Ergebnis ist, eine Reaktion darauf, was der Westen gemacht hat.
Und dieser letzte Truppen-Aufmarsch, den wir gesehen haben, der immer als Argument angeführt wird: 100.000 russische Soldaten an der Grenze zur Ukraine und Gefahr, die Russen könnten einmarschieren – das ist natürlich, nüchtern besehen, ein Akt der Erpressung. Die Russen wollen auf diese Art und Weise den Westen zwingen, mit Russland zu verhandeln. Das kann man und muss man kritisieren.
Man muss allerdings auch die andere Seite der Medaille betrachten: welche Chancen haben denn die Russen, gehört zu werden im Westen? Egal, was Russland sagt, egal, was Russland macht: Russland wird seit Jahren dermaßen dämonisiert in der hiesigen Politik, in den hiesigen Medien, dass auf der Grundlage von Sinn und Verstand und Interessens-Ausgleich eigentlich es nicht möglich ist, hier miteinander ins Benehmen zu kommen. Das weiss die russische Seite auch und deswegen greift sie zu diesem brachialen Mittel.
Wie gesagt: das kann, das muss man kritisieren – aber zur Wahrheit gehört eben auch, dass dies eine Reaktion ist auf die ständigen Versuche des Westens, in Richtung Russland vorzurücken. Die Ost-Erweiterung der NATO ist ein großer Fehler. Spätestens der Versuch, die Ukraine und Georgien aufzunehmen in die NATO, war zuviel des Guten.“
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